Eine bahnbrechende Ausstellung in den Deichtorhallen Hamburg bringt vom 13. Dezember 2024 bis zum 4. Mai 2025 die wegweisenden Werke vier bedeutender LGBTQ+ Fotografen zusammen. "High Noon" präsentiert etwa 150 Arbeiten von Nan Goldin, David Armstrong, Mark Morrisroe und Philip-Lorca diCorcia aus der renommierten Sammlung F.C. Gundlach.
Die Geschichte dieser Ausstellung beginnt in den späten 1970er Jahren an der School of the Museum of Fine Arts in Boston, wo alle vier Künstler studierten. In einer Zeit, als die LGBTQ+ Community noch stark marginalisiert wurde und die AIDS-Krise ihren düsteren Schatten warf, schufen sie ein visuelles Zeugnis queeren Lebens von außergewöhnlicher Intensität und Intimität.
Besonders Nan Goldin, die heute als eine der einflussreichsten Fotografinnen ihrer Generation gilt, revolutionierte mit ihrem zutiefst persönlichen Ansatz die Dokumentarfotografie. Ihre Bilder sind keine distanzierten Beobachtungen, sondern emotionale Tagebucheinträge, die das Leben ihrer gewählten Familie - überwiegend aus der queeren Community - in all seinen Höhen und Tiefen festhalten. Die frühe Unterstützung durch F.C. Gundlach, der sie zur Produktion großformatiger Abzüge ihrer Dias ermutigte, erwies sich dabei als wegweisend für ihre künstlerische Entwicklung.
David Armstrong und Mark Morrisroe, eng mit Goldin befreundet, teilten ihre Faszination für die authentische Darstellung queerer Lebenswelten. Ihre Werke dokumentieren nicht nur die pulsierende Subkultur New Yorks der 1980er Jahre, sondern erzählen auch von Liebe, Verlust und dem Kampf um Anerkennung in einer oft feindseligen Gesellschaft.
Einen spannenden Kontrapunkt setzt Philip-Lorca diCorcia mit seinen sorgfältig inszenierten Fotografien. Seine Bilder, die zwischen dokumentarischer Authentizität und theatralischer Inszenierung oszillieren, hinterfragen geschickt unsere Vorstellungen von Realität und fotografischer Wahrheit. Auch wenn sein Ansatz sich von dem seiner Zeitgenossen unterscheidet, teilt er mit ihnen das tiefe Interesse an menschlichen Beziehungen und Identitäten.
Die Kuratorin Dr. Sabine Schnakenberg hat mit "High Noon" nicht nur eine Fotografieausstellung geschaffen, sondern auch ein bedeutendes Zeitdokument queerer Geschichte zusammengestellt. Die Werke zeugen von einer Ära des Umbruchs, in der sich die LGBTQ+ Community trotz widriger Umstände ihre eigenen Räume schuf und ihre Geschichten selbstbestimmt erzählte.
Die Ausstellung in den Deichtorhallen verdeutlicht eindrucksvoll, wie diese vier Künstler nicht nur die Grenzen der Fotografie erweiterten, sondern auch maßgeblich zur Sichtbarkeit und Emanzipation der queeren Community beitrugen. Ihre Bilder, die einst als radikal galten, haben den Weg für eine offenere und inklusivere Gesellschaft geebnet.
Für die LGBTQ+ Community und Kunstinteressierte gleichermaßen bietet "High Noon" eine einzigartige Gelegenheit, diese wegweisenden Werke in ihrer ganzen Kraft und Bedeutung zu erleben. Die Ausstellung unterstreicht einmal mehr die zentrale Rolle der Kunst im Kampf um Sichtbarkeit, Akzeptanz und gesellschaftlichen Wandel.