Die Hamburger "Volksinitiative Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" ist mit ihrem Kampf gegen gendergerechte Sprache vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht endgültig gescheitert. Die Richter*innen wiesen alle Anträge der Initiative zurück und erklärten sie für unzulässig beziehungsweise unbegründet. Diese Entscheidung ist ein wichtiger Meilenstein für die Akzeptanz vielfältiger Geschlechtsidentitäten in der öffentlichen Verwaltung.
Der lange Weg zur Niederlage
Das Scheitern der Initiative hatte sich bereits während der mündlichen Verhandlung im Juni abgezeichnet. Gerichtspräsidentin Birgit Voßkühler hatte damals deutlich gemacht: "Wir sind kein Rechtsetzungsorgan". Die Initiative war bereits im Sommer 2024 mit ihrem Volksbegehren gescheitert, als sie nur etwa 55.100 der erforderlichen 65.800 Unterschriften sammeln konnte.
Die Initiatoren der Kampagne hatten versucht, die Niederlage durch rechtliche Schritte zu wenden. Sie warfen der Hamburgischen Bürgerschaft vor, das Volksbegehren absichtlich in die Sommerferien gelegt zu haben, um ihre Erfolgschancen zu schmälern. Auch kritisierten sie, dass der Senat keine Online-Teilnahme ermöglicht und bei der Information der Wahlberechtigten nicht ausreichend kooperiert habe.
Bedeutung für die LGBTQ+-Community
Das Urteil ist ein wichtiger Erfolg für die LGBTQ+-Community in Hamburg und darüber hinaus. Die gendergerechte Sprache, die mit Hilfe von Sonderzeichen wie dem Gendersternchen oder Doppelpunkt verschiedene Geschlechtsidentitäten sichtbar macht, bleibt damit in der Hamburger Verwaltung und in Bildungseinrichtungen weiterhin möglich. Diese Form der inklusiven Sprache ist besonders für trans*, inter* und non-binäre Menschen von großer Bedeutung, da sie ihre Existenz und Identität im öffentlichen Raum anerkennt.
Die Initiative hatte argumentiert, dass gendergerechte Sprache "diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen" sei. Doch für viele LGBTQ+-Aktivist*innen stellt diese Sichtweise eine Umkehrung der Realität dar: Gendergerechte Sprache trägt zur Gleichstellung bei und macht die Vielfalt der Geschlechter sichtbar.
Bundesweite Debatte um Gendersprache
Die Hamburger Entscheidung reiht sich in eine bundesweite Debatte über gendergerechte Sprache ein. Während einige Bundesländer wie Bayern und Sachsen Genderzeichen in Behörden untersagen, haben andere Regionen wie Berlin und Bremen eine offenere Haltung. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich bisher zurückhaltend gezeigt und keine generelle Empfehlung für Genderzeichen ausgesprochen.
Diese unterschiedlichen Ansätze spiegeln die gesellschaftliche Spaltung in der Frage wider. Während Gegner*innen eine "Verkomplizierung" der Sprache beklagen, sehen Befürworter*innen darin einen wichtigen Schritt zu mehr Gleichberechtigung und Sichtbarkeit marginalisierter Gruppen.
Juristische Bewertung
Das Hamburgische Verfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Initiative die erforderliche Antragsbefugnis fehlte und das notwendige Unterschriftenquorum nicht erreicht worden sei. Die Richter*innen stellten klar, dass die rechtlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Volksbegehren nicht erfüllt waren.
Diese Entscheidung zeigt, dass rechtliche Hürden für Genderverbote hoch sind. Verfassungsrechtler*innen argumentieren, dass pauschale Verbote gendergerechter Sprache problematisch sein können, da sie die Meinungsfreiheit einschränken und zur Diskriminierung beitragen könnten.
Ausblick
Das Scheitern der Hamburger Anti-Gender-Initiative sendet ein starkes Signal für die Akzeptanz vielfältiger Geschlechtsidentitäten. Es zeigt, dass direktdemokratische Instrumente nicht automatisch zu einer Einschränkung der Rechte von Minderheiten führen müssen. Die Entscheidung bestärkt Hamburg in seiner Rolle als eine der LGBTQ+-freundlichsten Städte Deutschlands.
Für die LGBTQ+-Community bedeutet dieses Urteil, dass ihre Sichtbarkeit in der öffentlichen Verwaltung und in Bildungseinrichtungen weiterhin gewährleistet bleibt. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft zunehmend bereit ist, über traditionelle Geschlechtervorstellungen hinaus zu denken und allen Menschen einen Platz in der Sprache zu geben.