Zirkus protestiert mit Regenbogenflagge gegen Merz' "Zirkuszelt"-Vergleich

Als kraftvolles Zeichen des Protests gegen die umstrittenen Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat der Zirkus Charles Knie in Bielefeld eine Regenbogenflagge über seinem Zelt gehisst. Die Aktion entstand als direkte Reaktion auf Merz' Aussage "Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt", mit der er das Verbot der Regenbogenflagge auf dem Reichstag während des Christopher Street Day in Berlin verteidigte.

Respekt für Zirkus und LGBTQ+ Community gefordert

Ein Sprecher des niedersächsischen Zirkus Charles Knie bezeichnete Merz' Wortwahl als respektlos gegenüber sowohl der LGBTQ+ Community als auch der Zirkusbranche. "Wir sind ernst zu nehmen. Wir wünschen uns mehr Respekt", erklärte er und betonte die Bedeutung beider Gemeinschaften in der deutschen Gesellschaft.

Die symbolische Geste ging weit über einen einfachen Protest hinaus: Ein Hochseilartist des Zirkus befestigte die Regenbogenflagge in einer spektakulären Aktion über dem Zirkuszelt. Das bunte Banner soll mindestens bis zum CSD in Berlin am 26. Juli hängen bleiben und wird den Zirkus auf seiner Tour durch Deutschland begleiten – mit Stationen in Limburg, Bad Kreuznach und Heidelberg.

Politische Kontroverse um Reichstag-Flagge

Der Streit um die Regenbogenflagge auf dem Reichstag hat eine tieferliegende politische Dimension. Während unter der Ampel-Regierung das Hissen der Regenbogenflagge problemlos möglich war, untersagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) dies während des diesjährigen Christopher Street Day. Die Beflaggungsrichtlinien des Bundestages sind dabei zu einem Streitpunkt geworden, der die unterschiedlichen Haltungen zur LGBTQ+ Sichtbarkeit verdeutlicht.

Sophie Koch, die Queerbeauftragte der Bundesregierung, kritisierte Merz' Vergleich scharf: "Wenn die Regenbogenfahne die Fahne auf einem Zirkuszelt ist, was sind dann queere Menschen? Zirkustierchen, die sich zur Erheiterung des Publikums zum Affen machen?" Diese Aussage verdeutlicht die Verletzung, die viele LGBTQ+ Menschen durch den Vergleich empfinden.

Kritik auch aus den eigenen Reihen

Besonders bemerkenswert ist die Kritik aus den eigenen Reihen der CDU. Sönke Siegmann, Vorsitzender des Bundesverbands Lesben und Schwule in der Union (LSU), bezeichnete die Wortwahl seines Parteifreundes als "unglücklich". Der LSU plant bereits ein Gespräch mit dem Kanzler über diese Äußerungen – ein Termin steht bereits fest.

Diese parteiinterne Kritik zeigt, dass auch innerhalb der CDU die Sensibilität für LGBTQ+ Themen gewachsen ist. Die LSU arbeitet kontinuierlich daran, die Partei für queere Belange zu sensibilisieren und setzt sich für eine respektvolle Sprache ein.

Kreative Proteste als Zeichen der Solidarität

Der Protest des Zirkus Charles Knie steht exemplarisch für die Kreativität und Solidarität, mit der die deutsche Gesellschaft auf diskriminierende Äußerungen reagiert. Der Zirkus nutzte dabei bewusst die Ironie der Situation: Wenn der Bundestag "kein Zirkuszelt" sein soll, dann hisst eben der echte Zirkus stolz die Regenbogenflagge.

Diese Aktion reiht sich ein in eine lange Tradition des kreativen Protests in Deutschland, wo Kunst und Kultur immer wieder als Sprachrohr für gesellschaftliche Veränderungen dienen. Sie zeigt auch, dass LGBTQ+ Solidarität alle Bereiche der Gesellschaft durchdringt – vom Bundestag bis zum Zirkuszelt.

Die Tournee des Zirkus durch Deutschland wird damit zu einer wandernden Demonstration für Respekt und Akzeptanz, die weit über den ursprünglichen Anlass hinausgeht und ein starkes Zeichen für die Vielfalt der deutschen Gesellschaft setzt.

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