Am Samstag wird in Eberswalde Geschichte geschrieben - zum zweiten Mal zieht ein bunter Christopher Street Day durch die Straßen der brandenburgischen Stadt. Doch die Freude ist überschattet von einer wachsenden Bedrohung: Rechtsextreme Kräfte versuchen zunehmend, queere Menschen einzuschüchtern. Wie queer.de berichtet, findet der CSD unter erhöhtem Polizeischutz statt - während zeitgleich die AfD ein "Sommerfest" auf dem Marktplatz abhält.
Ein beunruhigender Trend: CSD-Saison 2024 unter Beschuss
Was in Eberswalde geschieht, spiegelt einen bundesweiten Trend wider. Die CSD-Saison 2024 war geprägt von einer Ambivalenz: Einerseits gingen mehr Menschen denn je auf die Straße - über 200 CSD-Veranstaltungen fanden bundesweit statt, viele davon in kleineren Städten und ländlichen Regionen. Andererseits nahmen auch die Angriffe und Gegenproteste von rechtsextremer Seite dramatisch zu.
Besonders erschütternd: Der gewaltsame Angriff vermummter Rechtsextremer auf ein Fest für Vielfalt im nahegelegenen Bad Freienwalde. Diese Attacke macht deutlich, dass es sich nicht mehr nur um verbale Anfeindungen handelt - junge rechtsextreme Gruppen mobilisieren gezielt über soziale Medien gegen Pride-Veranstaltungen.
Mut trotz Bedrohung: Eberswaldes queere Community steht zusammen
Maximilian Armonies vom CSD-Team Eberswalde lässt sich nicht einschüchtern: "Das werden wir dieses Jahr übertreffen", sagt er über die erwarteten 1.500 bis 2.000 Teilnehmer*innen. Der erste CSD 2023 hatte bereits 1.000 Menschen mobilisiert - ein starkes Zeichen für eine Stadt mit knapp 40.000 Einwohner*innen.
Die Botschaft ist klar: Queere Menschen lassen sich nicht aus dem öffentlichen Raum verdrängen. Gerade auf dem Land, wo LGBTQ+-Menschen oft isoliert leben, sind solche Sichtbarkeitsveranstaltungen von enormer Bedeutung. Wie Belltower News analysiert, haben rechte Diskurse das Wahljahr 2024 in Brandenburg geprägt - umso wichtiger wird es, für Vielfalt und Toleranz einzustehen.
AfD als Störfaktor: Systematic Unterwanderung der Demokratie
Dass die AfD ausgerechnet zeitgleich zum CSD ihr "Sommerfest" abhält, ist kein Zufall. Die Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet wird, versucht systematisch, queere Sichtbarkeit zu bekämpfen. In Eberswalde fordert sie ein Verbot der Regenbogenfahne an öffentlichen Gebäuden - ein direkter Angriff auf die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
Bundesweit zeigt sich ein ähnliches Muster: Die AfD stellt in kommunalen Parlamenten Anträge gegen "Wokismus" und für ein "Genderverbot", während rechtsextreme Jugendgruppen zu Gegenaktionen mobilisieren. Diese Doppelstrategie aus parlamentarischer Opposition und außerparlamentarischer Bedrohung setzt queere Communities unter enormen Druck.
Polizeischutz und zivilgesellschaftliche Solidarität
Die Polizei reagiert auf die verschärfte Lage: Staatsschutz-Beamt*innen und Polizist*innen mit Hunden werden den CSD begleiten. Diese Maßnahmen sind bitter nötig, zeigen aber auch die Erosion der Sicherheit für queere Menschen im öffentlichen Raum.
Umso wichtiger wird die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Wie die Amadeu Antonio Stiftung betont, müssen CSD-Veranstaltungen durch breite gesellschaftliche Bündnisse geschützt werden. In anderen Städten haben sich bereits Initiativen gebildet, die Pride-Veranstaltungen vor rechten Störungen abschirmen.
Ein Signal für ganz Brandenburg
Der CSD in Eberswalde ist mehr als eine lokale Veranstaltung - er ist ein Signal für ganz Brandenburg und darüber hinaus. In einem Bundesland, wo die AfD bei den letzten Wahlen über 29 Prozent erreichte, braucht es solche mutigen Aktionen umso mehr.
Die Organisator*innen haben bereits weitere CSDs in Brandenburg angekündigt: Falkensee, Wittenberge, Luckenwalde, Neuruppin, Bad Belzig und Bernau bei Berlin. Diese "Landnahme der Regenbogenfahne" zeigt: Queere Menschen erobern sich ihre Räume zurück - trotz und gerade wegen der wachsenden Bedrohung von rechts.
Am Samstag wird sich zeigen, ob Mut und Solidarität stärker sind als Hass und Einschüchterung. Die 2.000 erwarteten Teilnehmer*innen in Eberswalde werden diese Frage beantworten - mit ihrer bloßen Anwesenheit auf der Straße.