Die britische Equality and Human Rights Commission (EHRC) hat eine bemerkenswerte Kehrtwende vollzogen: Nach rechtlichem Druck musste die Gleichstellungskommission zugeben, dass Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, getrennte Toiletten für Männer und Frauen bereitzustellen. Die Kontroverse um die ursprünglichen Richtlinien wirft wichtige Fragen über Trans-Rechte und Gleichstellung auf – auch für Deutschland.
Rückzieher nach juristischem Druck
Das Good Law Project, eine britische Rechtsorganisation, hatte die EHRC mit einem Schreiben vor Klageerhebung konfrontiert. Der Vorwurf: Die im April veröffentlichte Richtlinie behauptete fälschlicherweise, es sei "verpflichtend" für Arbeitgeber, getrennte Toiletten für Männer und Frauen anzubieten. In ihrer Antwort musste die Kommission diese Aussage korrigieren.
Die überarbeitete Position der EHRC besagt nun, dass dort, wo getrennte Einrichtungen "rechtmäßig" für Männer und Frauen bereitgestellt werden, diese für "biologische Männer und Frauen" gedacht seien. Entscheidend ist jedoch: Wenn eine Toilette in einem separaten Raum mit abschließbarer Tür steht, erfüllt der Arbeitgeber bereits seine Verpflichtungen – unabhängig vom Geschlecht der Nutzer*innen.
Zwischen Geschäftsinteressen und Menschenrechten
Die ursprünglichen Richtlinien entstanden als Reaktion auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, das bestimmte, dass sich die Begriffe "Frau" und "Geschlecht" im Equality Act 2010 auf das biologische Geschlecht beziehen. Doch die Umsetzung dieser rechtlichen Interpretation in praktische Richtlinien erwies sich als problematisch.
Besonders beunruhigend ist, wie die EHRC die Bedeutung ihrer eigenen Richtlinien herunterspielt. In der Antwort an das Good Law Project bezeichnet die Kommission ihre Empfehlungen als bloße "Beobachtungen – kurz und oberflächlich", die "Änderungen unterliegen" könnten. Diese Wortwahl lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Gleichstellungsarbeit aufkommen.
Deutsche Perspektive: Pragmatische Lösungen statt Ausgrenzung
In Deutschland verfolgt man einen anderen Ansatz. Während es keine bundesweiten Regelungen zur Toilettenbenutzung für Trans-Personen gibt, setzen sich Organisationen wie TransInterQueer erfolgreich für inklusive Lösungen ein. Unisex-Toiletten, die mit "WC für alle Geschlechter" oder einfach "WC" beschildert sind, werden zunehmend zur Norm.
Das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet bereits Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Hinzu kommt das neue Selbstbestimmungsgesetz, das Trans-Personen den Weg zur rechtlichen Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität erleichtert – ein Fortschritt, der in Großbritannien gerade rückgängig gemacht zu werden scheint.
Wenn Gleichstellungskommissionen spalten statt einen
Die hastige Konsultation der EHRC – ursprünglich auf nur zwei Wochen angesetzt und nach Kritik auf sechs Wochen verlängert – wurde von Menschenrechtsorganisationen als "rechtswidrig" kritisiert. EHRC-Vorsitzende Kishwer Falkner verteidigte das Vorgehen mit dem Versuch, "Genauigkeit und Klarheit einerseits und Geschwindigkeit andererseits" in Einklang zu bringen.
Doch Geschwindigkeit auf Kosten der Gründlichkeit ist bei Menschenrechten der falsche Ansatz. Die geschätzten "sieben oder acht Monate" bis zur rechtlichen Verbindlichkeit der finalen Richtlinien zeigen, dass hier Zeit für eine durchdachte, inklusive Lösung vorhanden gewesen wäre.
Ausblick: Juristische Auseinandersetzung geht weiter
Das Good Law Project hat angekündigt, trotz der Korrektur vor dem High Court zu argumentieren, dass auch die überarbeitete Position der EHRC "falsch" sei. Der Rechtsstreit wird zeigen, ob britische Gerichte bereit sind, Trans-Rechte zu stärken oder weiter zu beschneiden.
Für die deutsche LGBTQ+-Community zeigt der britische Fall, wie wichtig es ist, errungene Rechte zu verteidigen und pragmatische, inklusive Lösungen zu fördern. Während Großbritannien über Toilettenzugänge streitet, können deutsche Städte und Unternehmen mit geschlechtsneutralen Sanitäranlagen Vorreiter für eine diskriminierungsfreie Zukunft sein.
Die Entwicklungen in Großbritannien erinnern daran, dass Gleichstellungsfortschritte nicht selbstverständlich sind. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland seinen inklusiven Kurs beibehält und trans-freundliche Infrastrukturen weiter ausbaut – für eine Gesellschaft, in der alle Menschen ihre Grundbedürfnisse in Würde erfüllen können.