Texas verbietet LGBTQ+-Schulgruppen – Wie steht es um die Lage in Deutschland?

Republikanische Abgeordnete in Texas haben ein Gesetz verabschiedet, das LGBTQ+-Schulclubs verbietet und behauptet, diese würden Kinder "sexualisieren". Das umstrittene Gesetz wurde am 31. Mai mit 77 zu 40 Stimmen angenommen und soll voraussichtlich ab August oder September in Kraft treten, sobald es von Gouverneur Greg Abbott unterzeichnet wird.

Das bedeutet das neue Gesetz in Texas

Der Gesetzesentwurf mit dem Namen "Senate Bill 12", auch bekannt als "Parental Bill of Rights" (Elterliches Rechtsgesetz), untersagt öffentlichen Schulen in Texas - vom Kindergarten bis zur 12. Klasse - die Unterstützung von LGBTQ+-Schülergruppen wie etwa Gay-Straight Alliances (GSA). Der Gesetzestext ist eindeutig: "Ein Schulbezirk oder eine Charter-Schule darf keinen Schülerclub auf Basis sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität genehmigen oder fördern."

Darüber hinaus zielt das Gesetz auf Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) in Schulen ab und betont, dass Eltern ein grundlegendes Recht haben, die moralische und religiöse Erziehung ihrer Kinder sowie deren medizinische und psychologische Behandlung zu kontrollieren.

Heftige Debatte und demokratischer Widerstand

Während der emotionalen Debatte verurteilten demokratische Abgeordnete den Gesetzentwurf und warnten vor den möglichen Auswirkungen auf LGBTQ+-Jugendliche. Der Abgeordnete Gene Wu erklärte: "Die wahren Monster sind nicht die Kinder, die versuchen herauszufinden, wer sie sind. Die Monster sind nicht die Lehrkräfte, die sie lieben, ermutigen und unterstützen. Es sind nicht die Bücher, die ihnen Trost und Informationen bieten. Die wahren Monster sind hier."

Die bisexuelle demokratische Abgeordnete Erin Zwiener beschrieb das vorgeschlagene Gesetz als "einen der offenkundigsten hasserfüllten Gesetzesentwürfe, die wir je im Plenum dieses Hauses hatten" und fügte hinzu: "Die LGBTQ-Community in Schulen zum Schweigen zu bringen, was dieses Gesetz bezweckt, wird nicht verhindern, dass Ihr Kind homosexuell ist. Es wird sie nur ängstigen, sich zu outen. Es wird sie davor ängstigen, ihr Leben in ihrer vollen Identität zu leben. Es wird sie ängstigen, Ihnen zu sagen, wenn sie herausfinden, dass sie LGBTQ sind, und es könnte Ihre Beziehung zu ihnen für immer beschädigen."

Was sind LGBTQ+-Schulgruppen wirklich?

Rafael Anchía, dessen Tochter eine LGBTQ+-Gruppe an ihrer Schule besucht hat, wies die Behauptungen der Republikaner zurück, solche Aktivitäten seien unangemessen: "Es war kein Sex-Club," stellte Anchía klar. "Sie trafen sich, um Filme zu schauen, zu malen, Musicals zu besuchen. Es ging um ein Kind, das sich anders fühlte, das seine Leute gefunden hat, und alles daran war gut. Ich verstehe nicht, warum Erwachsene in diesem Gremium so getriggert sind, wenn meine Tochter sich mit ihren Klassenkameraden in einer von der Schule geförderten Aktivität trifft."

Zwiener unterstrich diese Aussage und betonte: "Die Existenz von LGBTQ-Menschen ist nicht inhärent sexueller als die Existenz heterosexueller Menschen. Wenn wir besorgt über übermäßig sexualisiertes Verhalten in unseren Schulen sind, würde ich hoffen, dass Sie sich mehr auf die Kommentare konzentrieren, die junge Männer über junge Frauen in der Umkleidekabine machen, als auf eine Gruppe queerer Kinder, die zusammenkommen, um sich gegenseitig zu unterstützen."

Der republikanische Abgeordnete Jeff Leach verteidigte hingegen das Gesetz: "Wir werden weder schwule Clubs noch heterosexuelle Clubs zulassen. Wir sollten unsere Kinder in öffentlichen Schulen nicht sexualisieren, Punkt. Wir sollten keine Clubs haben, die auf Sex basieren."

Rechtliche Bedenken

Rechtsexperten äußern ernsthafte Bedenken, dass dieses Verbot gegen den ersten Verfassungszusatz und gegen den Equal Access Act von 1984 verstößt. Dieses Bundesgesetz garantiert, dass Schülergruppen nicht aufgrund des "religiösen, politischen, philosophischen oder anderen Inhalts ihrer Rede" der Zugang verweigert werden darf – ein Schutz, der explizit auch für LGBTQ+-Schülergruppen gilt.

Die Situation in Deutschland

In Deutschland sind LGBTQ+-Schulgruppen deutlich weniger reglementiert. Während es in Texas nun ein explizites Verbot gibt, werden in Deutschland solche Gruppen sogar oft gefördert. Die deutsche Organisation SCHLAU beispielsweise bietet Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt an Schulen an und wird in vielen Bundesländern aktiv unterstützt.

An deutschen Schulen existieren ebenfalls GSA-ähnliche Gruppen, wenn auch nicht so formalisiert wie in den USA. Diese werden meist als AG (Arbeitsgemeinschaft) oder Schulgruppe geführt und bieten LGBTQ+-Jugendlichen einen sicheren Raum zum Austausch. Im Gegensatz zu Texas, wo nun ein gesetzliches Verbot solcher Gruppen besteht, sind diese in Deutschland durch das Grundgesetz und Anti-Diskriminierungsgesetze geschützt.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes betont, dass Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität an Bildungseinrichtungen verboten ist. Dies schließt implizit auch das Recht auf Bildung von LGBTQ+-Schülergruppen ein.

Was bedeutet die Entwicklung in Texas für die weltweite LGBTQ+-Community?

Das Verbot in Texas ist Teil einer besorgniserregenden globalen Tendenz zunehmender anti-LGBTQ+-Gesetzgebung. Während in Deutschland der rechtliche Schutz für LGBTQ+-Personen in den letzten Jahren eher ausgebaut wurde, zeigen Entwicklungen wie in Texas, wie fragil erreichte Fortschritte sein können.

Für deutsche LGBTQ+-Jugendliche und ihre Unterstützer ist es wichtig, den rechtlichen Rahmen zu kennen und zu nutzen. Schulgruppen und Initiativen wie Queere Bildung e.V. oder lokale LGBTQ+-Jugendzentren bieten wertvolle Ressourcen und Unterstützung.

Der Fall Texas mahnt uns, wachsam zu bleiben und die Rechte von LGBTQ+-Jugendlichen aktiv zu verteidigen – auch in Deutschland, wo trotz besserer rechtlicher Lage der Alltag für viele junge LGBTQ+-Menschen nach wie vor von Diskriminierung und Ausgrenzung geprägt sein kann.

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