Ein schockierender Vorfall in Südtirol zeigt, wie Politiker rechter Parteien die Regenbogenfahne als Angriffsziel nutzen: Diego Salvadori, Gemeinderat der rechten Partei Fratelli d'Italia in Bozen, hat mit einem Verweis auf den Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels massive Empörung ausgelöst. Wie das Online-Portal queer.de berichtet, schrieb Salvadori auf Facebook zu einem Bild einer Regenbogenfahne: "Die Fahne folgt nicht dem Volk, sondern das Volk muss der Fahne folgen. Joseph Goebbels, Propagandaminister des Dritten Reichs."
Regenbogenfahne als "ideologisch" diffamiert
Die Regenbogenfahne, die vor einem Technologiepark in Bozen hängt, bezeichnete Salvadori als Symbol, das einen "neutralen Raum in einen ideologisch geprägten" verwandele. Besonders perfide: Die Regenbogenfahne stehe für Bewegungen und Agenden, die "ebenso spaltend wie inakzeptabel sind". Dass er den Beitrag später löschte, ändert nichts an der Tragweite seiner Aussage. Noch brisanter: Der Südtiroler Vize-Regierungschef Marco Galateo, ebenfalls von der Fratelli d'Italia, hatte den Beitrag mit einem Like versehen.
Solche Angriffe auf LGBTQ+-Symbole sind in Deutschland leider nicht unbekannt. Auch hierzulande erleben wir immer wieder, wie Regenbogenfahnen vandalisiert werden oder Kommunen unter Druck gesetzt werden, die Fahnen nicht zu hissen. Die Bundesvereinigung Trans* und andere Organisationen dokumentieren regelmäßig entsprechende Vorfälle.
Schwache Entschuldigungen und politische Scheinheiligkeit
Die Reaktionen auf den Skandal entlarvten das wahre Gesicht der Beteiligten. Vize-Regierungschef Galateo entschuldigte sich zwar im Namen seiner Partei, erklärte seinen Like aber mit einem "Tippfehler" – eine Ausrede, die niemand ernst nehmen kann. Salvadori selbst sprach von einem "unangebrachten Zitat", als wäre es nur ein kleiner Fehltritt gewesen.
Diese Art der Verharmlosung kennen wir auch aus Deutschland. Wenn AfD-Politiker hetzen oder andere rechte Akteure gegen LGBTQ+-Personen agieren, folgen oft ähnlich schwache Entschuldigungen. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur warnt regelmäßig vor solchen rhetorischen Strategien, die darauf abzielen, extremistische Positionen zu normalisieren.
Fratelli d'Italia: Postfaschistische Wurzeln und Queerfeindlichkeit
Der Vorfall reiht sich ein in die Politik der Fratelli d'Italia, die unter Giorgia Melonis Führung seit 2022 Italiens Regierung anführt. Die Partei hat ihre Wurzeln in der postfaschistischen Bewegung und setzt bewusst auf Queerfeindlichkeit als politisches Instrument. Dass eine solche Partei in Südtirol mit der konservativen Südtiroler Volkspartei (SVP) koaliert, zeigt, wie normalisiert rechte Positionen inzwischen sind.
Auch in Deutschland beobachten wir diese Entwicklung mit Sorge. Die Amadeu Antonio Stiftung dokumentiert, wie rechte Parteien LGBTQ+-Themen als Mobilisierungsinstrument nutzen. Von "Gender-Ideologie" bis hin zu Angriffen auf Christopher Street Days – die Strategien ähneln sich international.
Historische Verantwortung und Widerstand
Besonders schockierend ist der Vorfall, weil er ausgerechnet in Südtirol stattfand – einer Region, die selbst unter dem Nationalsozialismus gelitten hat. Goebbels zu zitieren, um gegen Vielfalt und Toleranz zu hetzen, ist nicht nur geschmacklos, sondern zeigt eine gefährliche Geschichtsvergessenheit.
Die breite Kritik aus allen politischen Lagern in Südtirol macht jedoch Mut. Sie zeigt, dass die Mehrheit der Gesellschaft solche Entgleisungen nicht hinnimmt. Auch die Lesben- und Schwulenverband Deutschland betont immer wieder, wie wichtig es ist, geschlossen gegen Diskriminierung aufzustehen.
Der Fall Salvadori ist ein Warnsignal für uns alle. Wenn Politiker ungestraft Nazi-Rhetorik gegen LGBTQ+-Symbole einsetzen können, steht die Demokratie selbst auf dem Spiel. Es liegt an uns allen, solche Angriffe zu dokumentieren, zu kritisieren und ihnen entschlossen entgegenzutreten.