Rekord-Pride in der ewigen Stadt: Roma Pride trotzt Hitze und politischem Gegenwind

Bei rekordverdächtigen 36 Grad tanzten am Samstag Hunderttausende Menschen beim Roma Pride durch die italienische Hauptstadt – ein kraftvolles Zeichen für LGBTQ+-Rechte in einem Land, das zunehmend unter politischem Druck steht.

Ein Meer aus Regenbogenfahnen trotz glühender Hitze

Die 31. Ausgabe des Roma Pride verwandelte das historische Zentrum Roms in ein farbenfrohes Spektakel. Vorbei am majestätischen Kolosseum und den antiken Caracalla-Thermen zogen 40 Festwagen mit jubelnden Menschen, die trotz der ersten großen Hitzewelle des Sommers ihre Sichtbarkeit feierten. Nach Angaben der Organisator*innen nahmen eine Million Menschen teil – eine Rekordzahl, die die Entschlossenheit der italienischen LGBTQ+-Community widerspiegelt.

Das Motto "Fuorilegge" (außerhalb des Gesetzes) war dabei kein Zufall gewählt. Es spielt bewusst auf die Situation queerer Menschen in Italien an, die sich in einem rechtlichen Graubereich bewegen und oft als "Gesetzlose" abgestempelt werden.

Politischer Protest zwischen Palästina-Solidarität und Putin-Kritik

Die Pride-Parade war nicht nur ein Fest der Vielfalt, sondern auch eine politische Demonstration. Zahlreiche Pro-Palästina- und Anti-Putin-Plakate prägten das Bild, während Vertreter*innen verschiedener Parteien und Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri ihre Unterstützung bekundeten. Diese internationale Solidarität zeigt, wie die italienische LGBTQ+-Bewegung globale Menschenrechtskämpfe miteinander verknüpft.

Italien vs. Deutschland: Ein Blick über die Alpen

Während in Deutschland das Selbstbestimmungsgesetz seit November 2024 trans* und intergeschlechtlichen Menschen mehr Rechte gibt und drei von vier Deutschen laut Umfragen LGBTQ+-Rechte unterstützen, kämpft Italien mit ganz anderen Herausforderungen. Das Land gehört zu den wenigen EU-Staaten ohne Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare und sieht sich einer Regierung gegenüber, die systematisch LGBTQ+-Rechte einschränkt.

Besonders dramatisch: Während in Deutschland der Christopher Street Day in über 100 Städten gefeiert wird und breite gesellschaftliche Unterstützung genießt, müssen italienische Aktivist*innen noch um grundlegende Anerkennung kämpfen. Die italienische Regierung stimmte sogar für einen Antrag "gegen Geschlechterpropaganda in Schulen" – ein Schritt, der in Deutschland undenkbar wäre.

Hoffnung trotz widrigen Umständen

Dennoch gibt es Lichtblicke: Das italienische Kassationsgericht stärkte kürzlich die Rechte von Regenbogenfamilien und betonte, dass gleichgeschlechtliche Paare vollwertige Familien mit gleichen Rechten bilden. Diese juristischen Erfolge zeigen, dass sich auch in Italien etwas bewegt – wenn auch langsamer als in Deutschland.

Der Rekord-Pride in Rom sendet eine klare Botschaft: Die italienische LGBTQ+-Community lässt sich weder von politischen Rückschritten noch von glühender Hitze aufhalten. Ihre Sichtbarkeit und ihr Mut sind ein Vorbild für queere Menschen überall – auch für uns in Deutschland, wo wir manchmal unsere Privilegien als selbstverständlich betrachten.

Die Million Menschen auf Roms Straßen haben bewiesen: Liebe und Stolz sind stärker als Diskriminierung und politische Repression. Ein Zeichen der Hoffnung, das von der ewigen Stadt bis nach Deutschland strahlt.

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