Puerto Rico erlaubt "X" als Geschlechtseintrag: Was dies für die nicht-binäre Community bedeutet und wie Deutschland vergleichbar ist

Der Oberste Gerichtshof von Puerto Rico hat entschieden, dass nicht-binäre und geschlechtlich diverse Personen das Recht haben, ein "X" als Geschlechtseintrag in ihren Geburtsurkunden führen zu dürfen. Die historische Entscheidung, die am 3. Juni 2025 verkündet wurde, stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Anerkennung der Geschlechtervielfalt in dem US-Territorium dar. Wie PinkNews berichtet, erfolgte die Entscheidung nach einer Klage von sechs nicht-binären Personen gegen die Regierung Puerto Ricos.

Ein Meilenstein fĂĽr die LGBTQ+-Rechte in Puerto Rico

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Puerto Rico wurde von LGBTQ+-Aktivist Pedro Julio Serrano von der LGBTQ+-Föderation Puerto Ricos als "historische Entscheidung für die Gleichheit" gefeiert. Der Gerichtshof betonte in seiner Urteilsbegründung, dass es keine rationale Grundlage für eine unterschiedliche Behandlung von binären und nicht-binären Personen gebe. Mit dieser Entscheidung schließt sich Puerto Rico mindestens 17 US-Bundesstaaten an, die bereits nicht-binäre oder geschlechtsneutrale Kennzeichnungen auf Geburtsurkunden erlauben.

Gouverneurin Jenniffer González Colón erklärte, dass sie auf Empfehlungen des Justizministeriums zur Umsetzung der Entscheidung warte. Die praktische Implementierung dieses Urteils wird in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle für die tatsächliche Anerkennung nicht-binärer Identitäten in Puerto Rico spielen.

Die Situation in Deutschland: Das Selbstbestimmungsgesetz

Während Puerto Rico gerade erst diesen Schritt macht, hat Deutschland bereits eine fortschrittliche Gesetzgebung zur Anerkennung diverser Geschlechtsidentitäten etabliert. Am 1. November 2024 trat das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft, das das veraltete Transsexuellengesetz von 1980 ersetzt.

Im Gegensatz zum früheren Verfahren, das aufwändige psychiatrische Gutachten und gerichtliche Prozesse erforderte, ermöglicht das Selbstbestimmungsgesetz eine einfachere Änderung des Geschlechtseintrags durch eine Erklärung beim Standesamt. Deutsche Staatsbürger:innen können zwischen den Geschlechtsmarkierungen "männlich", "weiblich" und "divers" wählen oder den Geschlechtseintrag komplett streichen lassen. Der Eintrag "divers" sowie ein gestrichener Eintrag werden im Reisepass mit einem "X" gekennzeichnet – ähnlich wie die neue Option in Puerto Rico.

"Die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes in Deutschland war ein wichtiger Schritt zur Anerkennung der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten", erklärt Tessa Ganserer, Bundestagsabgeordnete und eine der ersten trans Politikerinnen im deutschen Parlament. "Es ist ermutigend zu sehen, dass auch andere Länder und Territorien wie Puerto Rico ähnliche Fortschritte erzielen."

Internationale Entwicklungen bei der Anerkennung nicht-binärer Identitäten

Die Entscheidung in Puerto Rico reiht sich in eine wachsende globale Bewegung ein, die auf die rechtliche Anerkennung nicht-binärer und diverser Geschlechtsidentitäten abzielt. Neben Deutschland haben bereits zahlreiche Länder wie die Schweiz, Kanada, Australien und Neuseeland ähnliche Optionen eingeführt.

In den USA erlauben neben Puerto Rico bereits 17 Bundesstaaten nicht-binäre oder geschlechtsneutrale Kennzeichnungen auf Geburtsurkunden, darunter Kalifornien, Colorado, Connecticut, Illinois, Maine, Michigan, Nevada, New Jersey, New Mexico, New York, Ohio, Oregon, Rhode Island, Utah, Vermont, Washington und der District of Columbia.

Bedeutung für die nicht-binäre Community

"Amtliche Dokumente, die die eigene Geschlechtsidentität korrekt widerspiegeln, sind für viele nicht-binäre Menschen von enormer Bedeutung", erklärt Lex Nonbinary, Aktivist:in aus Berlin. "Es geht nicht nur um ein Symbol oder einen Buchstaben auf einem Dokument – es geht um die grundlegende Anerkennung unserer Existenz im rechtlichen Rahmen."

Die Einführung von "X" als Geschlechtsoption in offiziellen Dokumenten kann für viele nicht-binäre Personen einen bedeutenden Unterschied im Alltag machen. Von medizinischer Versorgung bis hin zu alltäglichen Behördengängen ermöglicht die offizielle Anerkennung ihrer Identität mehr Respekt und angemessene Behandlung.

Herausforderungen und Ausblick

Trotz dieser positiven Entwicklungen stehen nicht-binäre und trans Personen sowohl in Deutschland als auch international weiterhin vor zahlreichen Herausforderungen. Die rechtliche Anerkennung ist nur ein Schritt auf dem Weg zur vollständigen gesellschaftlichen Akzeptanz.

"Es geht nicht nur um Gesetze und Dokumente", betont Dr. Julia Ehrt, Geschäftsführerin der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA World). "Es geht um eine Gesellschaft, die die Vielfalt menschlicher Geschlechtsidentitäten respektiert und feiert."

Mit der Entscheidung in Puerto Rico und der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes in Deutschland bewegen wir uns in die richtige Richtung. Diese rechtlichen Fortschritte bieten eine Grundlage für weitere Entwicklungen hin zu einer inklusiveren Gesellschaft, in der jeder Mensch in seiner authentischen Identität leben kann – unabhängig davon, ob diese binär ist oder nicht.

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