Pride-Event Liverpool abgesagt: Ein Weckruf für deutsche CSD-Veranstalter

Die Absage der Liverpool Pride 2025 aufgrund finanzieller Schwierigkeiten schlägt Wellen durch die internationale LGBTQ+-Community und zeigt ein besorgniserregendes Muster auf, das auch in Deutschland immer spürbarer wird. Liverpool Pride musste ihre für den 26. Juli geplante Veranstaltung streichen, nachdem sie nicht nur mit steigenden Kosten und schwieriger Finanzierungslage zu kämpfen hatte, sondern auch die Entscheidung traf, ihre Partnerschaft mit Barclays zu beenden.

Deutsche Pride-Landschaft unter Druck

Die finanziellen Herausforderungen, die Liverpool Pride zu Fall brachten, spiegeln sich zunehmend auch in der deutschen CSD-Landschaft wider. Große CSD-Veranstaltungen in Berlin, Köln und München berichten von einem dramatischen Rückgang der Sponsoring-Gelder, insbesondere von US-amerikanischen Unternehmen.

Dem Berliner CSD fehlen beispielsweise rund 200.000 Euro an geplanten Einnahmen – eine Summe, die nicht nur die Durchführung der Veranstaltung gefährdet, sondern vor allem barrierefreie Angebote, politische Kampagnen und inklusive Programmpunkte bedroht. Diese Entwicklung zeigt, wie verwundbar auch etablierte Pride-Veranstaltungen sind, wenn sich die Finanzierungsgrundlage verschiebt.

Ein transatlantischer Kulturkampf mit lokalen Folgen

Die Ursachen für diese Finanzierungskrise liegen teilweise in einem "Kulturkampf" begründet, der in den USA gegen Diversity, Equity und Inclusion (DEI) Programme geführt wird. US-Unternehmen befürchten, ihr Heimatgeschäft zu gefährden oder keine Regierungsaufträge mehr zu erhalten, wenn sie weiterhin DEI-Initiativen unterstützen.

Gleichzeitig steigen auch in Deutschland die Kosten für Sicherheitsdienste, technische Ausstattung und Genehmigungsverfahren kontinuierlich an. Diese Kostenexplosion trifft Veranstalter zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da gleichzeitig die Sponsoring-Gelder zurückgehen.

Mehr als nur eine Party: Die politische Bedeutung

Die Absage von Liverpool Pride – einer Veranstaltung, die im vergangenen Jahr mit ihrer Solidaritätsaktion für Kyiv Pride 60.000 Teilnehmer*innen anzog – verdeutlicht, was auf dem Spiel steht. Pride-Veranstaltungen sind weit mehr als bunte Paraden: Sie sind politische Demonstrationen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung.

Andi Herring, ehemalige Geschäftsführerin der LCR Pride Foundation, brachte es auf den Punkt: "Egal wo auf der Welt du bist, du bist betroffen von Menschen, die unsere Rechte beschneiden wollen." Diese Worte bekommen angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen eine neue Dringlichkeit.

Deutsche Lösungsansätze und Solidarität

Während internationale Konzerne ihre Unterstützung zurückziehen, setzen deutsche CSD-Veranstalter verstärkt auf lokale und regionale Partnerschaften. Städte wie Frankfurt stellen gezielt Fördermittel für Pride-Veranstaltungen bereit, um die politische und gesellschaftliche Bedeutung dieser Events zu würdigen.

Auch die Community selbst organisiert sich neu: Spendenkampagnen, Crowdfunding und verstärkte ehrenamtliche Arbeit sollen die Finanzierungslücken schließen. Der CSD Deutschland e.V. koordiniert diese Bemühungen und unterstützt lokale Veranstalter bei der Vernetzung.

Ein Weckruf für die Community

Die Absage von Liverpool Pride sollte als Weckruf verstanden werden. Sie zeigt, dass auch scheinbar etablierte und erfolgreiche Pride-Veranstaltungen nicht vor finanziellen Schwierigkeiten gefeit sind. Die LCR Pride Foundation plant bereits für 2026 ein Comeback – ein Zeichen der Hoffnung und des Durchhaltewillens.

Für deutsche CSD-Veranstalter bedeutet dies: Die Zeit für Diversifizierung der Finanzierungsquellen ist jetzt. Wer sich zu stark auf internationale Konzernsponsoring verlässt, macht sich angreifbar für politische Entwicklungen jenseits der eigenen Kontrolle. Die Zukunft der Pride-Bewegung liegt in starken lokalen Netzwerken, politischer Unterstützung und einer Community, die bereit ist, für ihre Rechte nicht nur auf die Straße zu gehen, sondern auch finanziell einzustehen.

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