Viktor Orbáns jüngste Aussage zur Budapest Pride offenbart eine perfide Strategie: Die Polizei werde die verbotene CSD-Demo nicht auflösen, weil "Ungarn ein zivilisiertes Land" sei. Eine zynische Aussage angesichts der systematischen Unterdrückung queerer Menschen in seinem Land.
Gesichtserkennung statt Gewalt - moderne Repression
Während Orbán sich als zivilisiert inszeniert, drohen den Demonstrierenden drakonische Strafen: Bis zu 500 Euro Geldstrafe für Teilnehmende, ein Jahr Haft für Organisator*innen. Besonders perfide: Die Polizei darf Gesichtserkennungstechnologie einsetzen, um später gegen die Menschen vorzugehen, die für ihre Grundrechte auf die Straße gehen.
Diese Taktik erinnert fatal an autoritäre Systeme: Keine offene Gewalt, die internationale Aufmerksamkeit erregen könnte, sondern stillose Überwachung und nachgelagerte Bestrafung. Ein Vorgehen, das auch in Deutschland bei Demonstrationen zunehmend kritisch beäugt wird.
Gefährliche Provokation: Rechtsextreme Gegendemos genehmigt
Besonders brisant: Während die Pride verboten ist, hat die Polizei Demonstrationen der rechtsextremen "Mi Hazánk Mozgalom" (Unsere-Heimat-Bewegung) genehmigt - strategisch platziert an Punkten, wo es zu Konfrontationen kommen könnte. Die Parallelen zu Deutschland sind unübersehbar: Auch hierzulande kämpfen LGBTQ*-Aktivist*innen gegen rechtsextreme Hetze und organisierte Gegendemonstrationen.
Die christlich-fundamentalistische Organisation CitizenGo, die auch in Deutschland durch die "Demo für alle" aktiv ist, plant ebenfalls eine Kundgebung. Diese internationale Vernetzung homophober Organisationen zeigt: Der Kampf um LGBTQ*-Rechte ist längst grenzüberschreitend geworden.
Putins Vorbild, Breschnjews Schatten
Orbáns "Homo-Propaganda"-Gesetz von 2021 folgt unverkennbar dem russischen Modell der Unterdrückung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten. Gleichzeitig vergleicht er EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem sowjetischen Diktator Leonid Breschnew - eine Geschichtsverdrehung, die besonders zynisch wirkt, wenn sie von jemandem kommt, der selbst autoritäre Methoden einsetzt.
Die EU-Rechtslage ist eindeutig: Im Juni stellte die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs fest, dass Ungarn mit seinen Anti-LGBTQ*-Gesetzen gegen EU-Recht verstößt. Deutschland und Frankreich unterstützen aktiv die Klage gegen Budapest.
Deutsche Solidarität als wichtiges Zeichen
Dass der deutsche Europaabgeordnete Rasmus Andresen (Grüne) seine Teilnahme an der Budapest Pride angekündigt hat, ist mehr als symbolisch. "Wir dürfen nicht wegschauen, wenn bei unseren Nachbarn Minderheiten unter Hass und Hetze leiden", betont der 39-Jährige. Diese Haltung spiegelt die Verantwortung wider, die Deutschland als EU-Mitglied für die Grundrechte in ganz Europa trägt.
Die über 60 Europaabgeordneten, die ihre Teilnahme angekündigt haben, senden ein starkes Signal: Die Isolation Ungarns in der Europäischen Union wächst. Während in Deutschland die Ehe für alle seit 2017 Realität ist und der Aktionsplan "Queer leben" queere Rechte stärkt, geht Ungarn den entgegengesetzten Weg.
Ein Kampf um Europas Seele
Die Budapest Pride ist längst mehr als eine lokale Demonstration - sie ist zum Symbol für den Kampf um die Werte der Europäischen Union geworden. Während Orbán versucht, mit taktischen Manövern sein Image zu schonen, bleibt die Botschaft klar: Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Die queere Community in Deutschland sollte die Ereignisse in Budapest als Warnung verstehen: Errungene Rechte sind nie für die Ewigkeit gesichert. Die internationale Solidarität, die sich an diesem Wochenende in Budapest zeigt, ist deshalb so wichtig - für Ungarn, für Europa und für uns alle.