Mut zum Widerstand: Wie eine Trans-Frau mit ihrem Oben-ohne-Protest Diskriminierung im Sport sichtbar macht

Die 67-jährige Schwimmerin Anne Isabella Coombes hat mit einem mutigen Akt des zivilen Ungehorsams auf die diskriminierende Behandlung von Trans-Frauen im Schwimmsport aufmerksam gemacht. Laut einem Bericht von PinkNews schwamm sie bei einem Wettkampf in der neu geschaffenen „Open"-Kategorie oben ohne, nachdem der britische Schwimmverband Swim England sie aus den Frauenwettkämpfen ausgeschlossen hatte – ein Protest, der weit über die Schwimmhalle hinaus Bedeutung erlangt.

Ein Protest mit Symbolkraft

Coombes' Aktion war eine direkte Antwort auf die paradoxe Situation, in der sie sich befand: Obwohl sie in der „Open"-Kategorie gegen Männer antreten musste, verlangte der Verband von ihr, einen Damenbadeanzug zu tragen – was sie als Trans-Frau öffentlich geoutet hätte. „Ich versuche zu zeigen, dass diese Richtlinie nicht durchdacht ist und darauf abzielt, Trans-Menschen zu treffen und niemanden sonst", erklärte sie gegenüber der lokalen Presse.

Die Schwimmerin hatte ursprünglich 2022 erfolgreich die Erlaubnis erhalten, in Frauenwettkämpfen zu starten, nachdem sie Ende 2020 ihre Transition begonnen hatte. Doch mit der neuen Richtlinie von 2023, die alle Personen mit „männlichem Geburtsgeschlecht" pauschal von Frauenwettkämpfen ausschließt, wurde ihr diese Möglichkeit wieder genommen.

Deutsche Parallelen: Zwischen Fortschritt und Widerstand

Coombes' Protest erinnert an ähnliche Aktionen in Deutschland, wo Aktivistinnen in verschiedenen Städten für das Recht auf Oben-ohne-Schwimmen demonstriert haben. Nach Protesten in Bremen und anderen Städten haben bereits mehrere deutsche Kommunen wie Göttingen und Siegen das Oben-ohne-Baden für alle Geschlechter erlaubt.

Während es in Deutschland Fortschritte bei der Gleichberechtigung in öffentlichen Schwimmbädern gibt, bleibt die Situation für Trans-Personen im Sport komplex. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt zwar vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität, doch internationale Sportverbände haben zunehmend restriktive Regeln eingeführt.

Die Wissenschaft hinter der Debatte

Coombes betonte in ihrem Statement: „Viele sagen, ich sollte nur gegen Männer antreten, weil ich einen männlichen Vorteil habe, aber das ist einfach nicht der Fall." Tatsächlich gibt es keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege dafür, dass Trans-Frauen grundsätzlich Vorteile gegenüber cis-geschlechtlichen Frauen im Sport haben – ein Punkt, der in der oft emotional geführten Debatte häufig übersehen wird.

Die Kontroverse um Trans-Schwimmerin Lia Thomas, die vor dem Internationalen Sportgerichtshof gegen die restriktiven Regeln des Schwimm-Weltverbands klagte und scheiterte, zeigt, wie komplex und emotional aufgeladen diese Thematik international geworden ist.

Solidarität und Sichtbarkeit

Coombes' Protest steht in einer Tradition des zivilen Ungehorsams, die auch in Deutschland Resonanz findet. Im Mai hatten Trans-Aktivistinnen vor dem schottischen Parlament eine ähnliche topless-Demonstration veranstaltet, um gegen diskriminierende Gesetze zu protestieren. Eine der Demonstrantinnen erklärte: „Wenn der Oberste Gerichtshof diese Frauen rechtlich als Männer betrachten kann, dann wird er kein Problem damit haben, dass sie oben ohne gehen."

In Deutschland gibt es bereits Initiativen für geschützte Räume in Schwimmbädern für Trans- und intersexuelle Menschen, um Diskriminierung und Stigmatisierung zu vermeiden. Diese Ansätze zeigen, dass konstruktive Lösungen möglich sind, die die Würde und Sicherheit aller Beteiligten respektieren.

Ein Aufruf zur Reflexion

Anne Isabella Coombes' mutiger Protest macht deutlich, dass die aktuellen Regelungen im Sport oft nicht durchdacht sind und Trans-Personen in unmögliche Situationen bringen. Ihr Akt des zivilen Ungehorsams zwingt uns dazu, über die Widersprüche in unseren Richtlinien nachzudenken und nach Lösungen zu suchen, die sowohl fair als auch inklusiv sind.

Während Deutschland in einigen Bereichen Fortschritte bei der Gleichberechtigung macht, zeigt Coombes' Geschichte, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, um eine wirklich inklusive Gesellschaft zu schaffen – eine Gesellschaft, in der Trans-Menschen nicht zwischen Unsichtbarkeit und öffentlicher Bloßstellung wählen müssen, um ihre Rechte zu verteidigen.

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