In einem bemerkenswerten Akt des Widerstands hat Budapests Bürgermeister Gergely Karácsony angekündigt, die jährliche Pride-Parade der Stadt am 28. Juni trotz eines polizeilichen Verbots und Drohungen mit strafrechtlichen Konsequenzen zu veranstalten. Diese Entwicklung in Budapest zeigt die zunehmenden Spannungen zwischen lokalen Behörden und der ungarischen Regierung unter Viktor Orbán auf.
Ein Bürgermeister als Brückenbauer
Karácsony, der seit 2019 als Bürgermeister amtiert und ursprünglich über die Grünen in die Politik einstieg, bezeichnete die Drohungen mit Gefängnis als "Ehre" und betonte: "Das Gesetz sollte diese Würde schützen... aber Würde steht über dem Gesetz. Der Schutz der Menschenwürde ist ein moralischer Imperativ." Seine Worte erinnern an ähnliche Kämpfe, die auch deutsche Kommunalpolitiker in den Nachkriegsjahrzehnten für Bürgerrechte führten.
Der findige Ansatz des Bürgermeisters, die Parade als städtische Veranstaltung zu deklarieren, um sie den nationalen Versammlungsgesetzen zu entziehen, zeigt eine Kreativität, die an deutsche Städte erinnert, die sich gegen diskriminierende Bundesgesetze stellten. Obwohl Orbáns Stabschef Gergely Gulyás diese Interpretation bestreitet, demonstriert Karácsony damit kommunalen Widerstand gegen autoritäre Tendenzen.
Internationale Solidarität in Zeiten der Unterdrückung
Die Unterstützung für Budapests Pride ist beeindruckend: Mehr als 70 Amnesty International-Delegierte aus 17 europäischen Ländern, darunter die irische Europaabgeordnete Cynthia Ní Mhurchú, werden an der Demonstration teilnehmen. Diese internationale Solidarität erinnert an die Unterstützung, die deutsche LGBTQ+-Aktivisten in den 1970er und 80er Jahren von internationalen Bewegungen erhielten.
Dávid Vig, Direktor von Amnesty International Ungarn, erklärte: "Die rechtswidrige Einschränkung unseres Rechts auf friedliche Versammlung ist das neueste Kapitel in diesem Prozess. Wir werden weiterhin an der Seite aller kämpfen, die in einem rechtsachtenden, freien und gleichberechtigten Ungarn leben wollen."
Parallelen zur deutschen Geschichte
Die Situation in Budapest spiegelt historische Kämpfe wider, die auch Deutschland durchlaufen hat. Wie Human Rights Watch berichtet, hob bereits im Juli 2024 ein Gericht ein ähnliches Verbot als rechtswidrig auf – ein Erfolg, der deutsche LGBTQ+-Aktivisten an ihre eigenen juristischen Siege erinnert, etwa bei der Abschaffung des Paragraphen 175.
Während Deutschland heute als Vorreiter für LGBTQ+-Rechte gilt, zeigt die Situation in Ungarn, wie fragil errungene Rechte sein können. Amnesty International Deutschland warnt kontinuierlich vor den repressiven Gesetzen der Orbán-Regierung, die 2021 ein Gesetz verabschiedete, das die Darstellung von LGBTQ+-Themen bei Minderjährigen einschränkt.
Ein Aufruf für eine neue Verfassung
Karácsony beschränkt sich nicht nur auf die Organisation der Pride-Parade. Er fordert eine neue ungarische Verfassung, die den Schutz der Menschenwürde und Minderheitenrechte gewährleistet – eine Vision, die über das Wochenende hinausgeht und strukturelle Veränderungen anstrebt. Diese Forderung erinnert an die grundlegenden Verfassungsreformen, die Deutschland nach 1949 zu einem der LGBTQ+-freundlichsten Länder Europas machten.
Trotz aller Spannungen zeigt sich der Bürgermeister zuversichtlich: "Ich glaube, dass jeder am 28. Juni sicher teilnehmen kann." Diese Worte stehen sinnbildlich für den Mut lokaler Politiker, die sich gegen diskriminierende nationale Politik stellen – ein Mut, der auch in Deutschland immer wieder gebraucht wird, um errungene Rechte zu verteidigen und auszubauen.