Der republikanische Gouverneur von Montana, Greg Gianforte, hat kürzlich ein Gesetz unterzeichnet, das das Hissen von Pride-Flaggen an öffentlichen Schulen und Regierungsgebäuden verbietet. Wie PinkNews berichtet, untersagt das House Bill 819 sämtliche Flaggen, die "eine politische Partei, Rasse, sexuelle Orientierung, Geschlecht oder politische Ideologie repräsentieren". Während Deutschland in den vergangenen Jahren Fortschritte bei der Akzeptanz von Pride-Symbolen im öffentlichen Raum gemacht hat, signalisiert Montana mit diesem Gesetz einen besorgniserregenden Rückschritt.
Montanas restriktive Flaggenpolitik
Das umstrittene Gesetz erlaubt lediglich das Hissen der US-Flagge und der offiziellen Staatsflagge sowie Flaggen, die "Strafverfolgungsbehörden, Militärangehörige und öffentliche Dienstleistungsorganisationen ehren, die eine angemessene, nicht-politische Anerkennung ihrer Beiträge zur öffentlichen Sicherheit und zur nationalen Verteidigung bieten".
Braxton Mitchell, der republikanische Abgeordnete, der das Gesetz einbrachte, verteidigte die Maßnahme mit den Worten: "Regierungsgebäude, Schulen und öffentliche Einrichtungen dienen allen Bürgern und sollten nicht dazu benutzt werden, politische, ideologische oder aktivistische Botschaften zu fördern." Mitchell ist bereits bekannt für ein Gesetz, das Drag-Shows verbieten sollte – eine Maßnahme, die derzeit durch ein Bundesgericht blockiert ist.
Kritiker wie der demokratische Abgeordnete Pete Elverum nennen das Verbot widersprüchlich: "Während wir hier über ein Gesetz sprechen, das angeblich die freie Meinungsäußerung schützen soll, verbieten wir ausdrücklich bestimmte Ausdrucksformen und fördern andere." Besonders problematisch: Während das Gesetz Pride-Flaggen verbietet, erlaubt es ausdrücklich "historische Flaggen" – was theoretisch auch die Konföderiertenflagge einschließt, die für viele ein Symbol der Sklaverei darstellt.
Deutschlands fortschrittlicher Ansatz
Im starken Kontrast zu Montana steht die deutsche Politik bezüglich Pride-Flaggen an öffentlichen Gebäuden. Im April 2022 erließ die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine historische Verordnung, die das Hissen der Regenbogenflagge an Bundesgebäuden offiziell erlaubte. Diese Entscheidung markierte einen Meilenstein für die Sichtbarkeit der LGBTQ+-Gemeinschaft in Deutschland.
Die deutsche Regelung ist zwar auch an bestimmte Anlässe gebunden – wie den Internationalen Tag gegen Homophobie am 17. Mai oder die lokalen Christopher Street Day-Veranstaltungen – stellt jedoch ein klares Bekenntnis zur Vielfalt und zu den Rechten der LGBTQ+-Gemeinschaft dar. So wurde im Jahr 2022 zum ersten Mal in der Geschichte die Regenbogenflagge am Deutschen Bundestag gehisst – ein starkes symbolisches Signal.
Bereits 1996 hatten auf Initiative des „Lebens- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg" (LSVD) drei Berliner Bezirke zum ersten Mal in Deutschland die Regenbogenflagge an offiziellen Gebäuden gehisst. Fast 20 Jahre später folgte 2015 das Berliner Abgeordnetenhaus diesem Beispiel. Die Begründung damals: ein Signal „für die gleichberechtigte gesellschaftliche Stellung von Lesben und Schwulen" und gegen „Intoleranz und Homophobie".
Teil eines besorgniserregenden Trends
Das Flaggenverbot in Montana steht nicht für sich allein, sondern reiht sich ein in eine Serie von LGBTQ+-feindlichen Maßnahmen unter Gouverneur Gianforte. Bereits 2021 unterzeichnete er ein Gesetz, das Menschen erlaubt, gegen staatliche Vorschriften vorzugehen, die mit ihren religiösen Überzeugungen in Konflikt geraten – ein Gesetz, das de facto Religion als Waffe gegen LGBTQ+-Personen einsetzbar macht.
2023 folgte der Senate Bill 458, der "Geschlecht" ausschließlich binär definiert und damit Intersex-, nicht-binäre und Trans-Personen ausschließt. Zudem setzte Gianforte ein umstrittenes Verbot von geschlechtsangleichenden Behandlungen durch.
Deutsche Perspektive: Warnung vor ähnlichen Entwicklungen
Für deutsche LGBTQ+-Aktivist*innen sind die Entwicklungen in Montana ein Warnsignal. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen rechtskonservativer Parteien wie der AfD, staatliche Förderung für Projekte zu stoppen, die auf einer "woken Ideologie" basieren. Expert*innen warnen davor, dass Errungenschaften für die LGBTQ+-Gemeinschaft auch in Deutschland nicht als selbstverständlich betrachtet werden sollten.
"Was in Montana passiert, könnte ein Vorbild für rechtskonservative Kräfte auch in Europa werden", erklärt Henny Engels vom LSVD. "Die Sichtbarkeit unserer Community durch Symbole wie die Regenbogenflagge ist keine Nebensächlichkeit, sondern ein wichtiges Signal für Akzeptanz und Gleichberechtigung."
Bedeutung von Symbolen
Die Diskussion um die Regenbogenflagge mag für manche oberflächlich erscheinen, doch Symbole haben eine tiefe gesellschaftliche Bedeutung. Das Hissen der Pride-Flagge an öffentlichen Gebäuden sendet ein Signal der Inklusion und des Respekts an eine oft marginalisierte Gemeinschaft. Das Verbot in Montana hingegen vermittelt die Botschaft, dass LGBTQ+-Identitäten als "politisch" oder "ideologisch" angesehen werden – statt als grundlegender Teil der menschlichen Vielfalt.
Während Deutschland zumindest bei bestimmten Anlässen ein klares Bekenntnis zur LGBTQ+-Gemeinschaft durch offizielle Symbolik zeigt, signalisiert Montana mit seinem Verbot einen beunruhigenden Rückschritt. Für die betroffene Gemeinschaft, insbesondere junge LGBTQ+-Personen in Schulen, kann das Fehlen solcher inklusiver Symbole das Gefühl von Ausgrenzung verstärken.
Fazit: Wachsamkeit auch in Deutschland geboten
Die Entwicklungen in Montana verdeutlichen, wie schnell Fortschritte in Fragen der LGBTQ+-Rechte zurückgedreht werden können. Für Deutschland gilt es daher, wachsam zu bleiben. Die Erlaubnis, Regenbogenflaggen an öffentlichen Gebäuden zu hissen, war ein wichtiger symbolischer Schritt – doch wie die Erfahrung in den USA zeigt, können solche Errungenschaften durch politische Veränderungen gefährdet werden.
Während LGBTQ+-feindliche Gesetze wie in Montana in Deutschland derzeit weniger wahrscheinlich erscheinen, zeigen internationale Entwicklungen, dass die Verteidigung von LGBTQ+-Rechten ein kontinuierlicher Prozess bleibt. Die Solidarität mit betroffenen Gemeinschaften in Ländern wie den USA ist dabei ebenso wichtig wie die Stärkung der eigenen, hart erkämpften Fortschritte.