Irische EU-Abgeordnete trotzt ungarischem Pride-Verbot – Deutsche Politiker zeigen Solidarität

Die irische EU-Abgeordnete Cynthia Ní Mhurchú (Fianna Fáil) hat angekündigt, am 28. Juni trotz eines offiziellen Verbots am Budapest Pride teilzunehmen. Wie GCN berichtet, will Ní Mhurchú mit einer parteiübergreifenden Gruppe von EU-Parlamentariern ein Zeichen gegen die zunehmend LGBTQ+-feindliche Politik der Regierung von Viktor Orbán setzen. Auch aus Deutschland kommt breite Unterstützung für diese Protestaktion.

Ungarns systematische Einschränkung von LGBTQ+-Rechten

Die ungarische Regierung hat im März 2025 ein Gesetz verabschiedet, das faktisch Pride-Veranstaltungen verbietet. Das Gesetz koppelt die Versammlungsfreiheit an das bereits 2021 eingeführte sogenannte "Kinderschutzgesetz", das die Darstellung von Homosexualität und Transidentität gegenüber Minderjährigen untersagt. Kritiker bezeichnen diese Gesetzgebung als ungarische Version des russischen "Homosexuellen-Propaganda-Gesetzes".

"Können Sie sich vorstellen, wie es für einen 18-jährigen homosexuellen oder lesbischen Menschen sein muss, diese Entwicklungen in den Nachrichten zu verfolgen? Es sendet eine erschreckende Botschaft der Angst und Scham", erklärte Ní Mhurchú in ihrem Statement zum geplanten Protest.

Deutscher Widerstand gegen Orbáns Politik

Deutschland gehört zu den schärfsten Kritikern der ungarischen Anti-LGBTQ+-Politik. Wie die Tagesschau berichtet, haben Deutschland und 14 weitere EU-Staaten bereits im Mai die Europäische Kommission aufgefordert, alle verfügbaren rechtlichen Mittel gegen Ungarn einzusetzen. Der Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, bezeichnete das ungarische Vorgehen als "erschreckenden Rückschritt für die Menschenrechte in Europa".

Deutsche EU-Abgeordnete verschiedener Parteien haben ihre Unterstützung für die Teilnahme am verbotenen Budapest Pride signalisiert. Ähnlich wie in Ungarn, wo die Polizei nun Gesichtserkennungstechnologie einsetzen darf, um Teilnehmer an verbotenen Veranstaltungen zu identifizieren und mit Geldstrafen zu belegen, erinnern sich viele Deutsche an die Zeit vor der vollständigen Legalisierung von Pride-Paraden in Deutschland.

Breite Solidarität aus dem EU-Parlament

Ní Mhurchú fordert in ihrer Erklärung: "Ich möchte Menschen aus ganz Europa ermutigen, am 28. Juni nach Budapest zu kommen und in Solidarität mit unseren LGBTIQ+-Brüdern und Schwestern zu marschieren. Dies ist ein offensichtlicher Angriff auf unsere bürgerlichen Freiheiten innerhalb der Europäischen Union."

Sie drängt die Europäische Kommission, die rechtlichen Verfahren gegen Ungarns Anti-LGBTQ+-Gesetze zu beschleunigen und vorläufige Maßnahmen vom Europäischen Gerichtshof zu beantragen. Das Europäische Parlament hat die ungarischen Gesetze bereits mehrfach scharf verurteilt und als klaren Verstoß gegen EU-Grundwerte bezeichnet.

Parallelen zu deutschen Erfahrungen

Die Situation in Ungarn erinnert viele deutsche LGBTQ+-Aktivisten an die eigene Geschichte. Bis in die 1990er Jahre hinein mussten deutsche Pride-Veranstaltungen (CSD) oft gegen behördliche Widerstände durchgesetzt werden. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) erinnert daran, dass der Kampf für Pride-Veranstaltungen auch in Deutschland ein langer Weg war.

Der Unterschied: Während in Deutschland die Entwicklung in Richtung mehr Akzeptanz ging, erleben wir in Ungarn einen dramatischen Rückschritt. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit beschreibt die aktuellen Gesetze in Ungarn als Teil einer systematischen Kampagne der Orbán-Regierung gegen die LGBTQ+-Community.

Kritik an Ní Mhurchús eigener Partei

Während Ní Mhurchús Engagement für LGBTQ+-Rechte in Ungarn lobenswert ist, steht ihre eigene Partei, Fianna Fáil, in der Kritik. Trotz Versprechen im Wahlprogramm 2024, sogenannte "Konversionstherapien" zu verbieten und die psychische Gesundheitsversorgung zu verbessern, blieb die Partei bei wichtigen Themen wie der rechtlichen Anerkennung junger trans und nicht-binärer Menschen sowie beim Schutz intergeschlechtlicher Personen hinter den Erwartungen zurück.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte bezieht klare Position

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass Verbote von Pride-Veranstaltungen gegen grundlegende Menschenrechte verstoßen. Die jüngsten Maßnahmen Ungarns stehen somit nicht nur im Widerspruch zu EU-Recht, sondern auch zu verbindlichen Urteilen des EGMR.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland und Europa bleibt die Entwicklung in Ungarn ein alarmierendes Beispiel dafür, wie schnell erkämpfte Rechte wieder in Gefahr geraten können. Die breite internationale Solidarität mit dem Budapest Pride zeigt jedoch, dass der Widerstand gegen solche Rückschritte europaweit stark und entschlossen ist.

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