Homophobe Messerattacke in Kiel: Nach zwei Jahren konkrete VerdĂ€chtige ermittelt – Lackierte FingernĂ€gel als Auslöser?

Mehr als zwei Jahre nach einem blutigen Überfall in der Kieler Innenstadt, bei dem mehrere Personen verletzt wurden, gibt es nun vier konkrete TatverdĂ€chtige. Der ursprĂŒngliche Vorfall im November 2022, bei dem laut queer.de lackierte FingernĂ€gel eines Mannes der Auslöser des Angriffs gewesen sein könnten, wird nun intensiver untersucht. Bei Durchsuchungen der Wohnungen der VerdĂ€chtigen wurden DatentrĂ€ger sichergestellt, die möglicherweise Aufschluss ĂŒber ein homophobes Motiv geben könnten.

Der Fall und seine Vorgeschichte

In der ursprĂŒnglichen Auseinandersetzung im November 2022 vor dem Lokal "Mum & Dad" erlitt ein 23-JĂ€hriger eine lebensbedrohliche Stichverletzung am Oberkörper, als er einen Streit zwischen zwei MĂ€nnergruppen schlichten wollte. Zwei weitere MĂ€nner im Alter von 23 und 27 Jahren erlitten Schnittverletzungen an den Armen, wĂ€hrend ein Dritter durch SchlĂ€ge im Gesicht verletzt wurde. Nach der Tat flĂŒchteten die Angreifer, eine Fahndung verlief damals erfolglos.

Laut dem Kieler Oberstaatsanwalt Michael Bimler sind die Ermittlungen besonders schwierig, da es keine Verbindung zwischen Opfern und TĂ€tern gibt. "Was das Motiv angeht, sind wir noch nicht richtig weitergekommen", erklĂ€rte er gegenĂŒber der Deutschen Presse-Agentur. Die Ermittler hoffen, durch die Auswertung der sichergestellten DatentrĂ€ger klĂ€ren zu können, "ob wirklich ein schwulenfeindlicher Hintergrund besteht oder ob das sozusagen nur ein Auslöser gewesen ist von Leuten, die sowieso Randale gesucht haben".

Ein vermutlich homophober Hintergrund

Nach Befragungen von Zeugen und GeschĂ€digten deutet vieles darauf hin, dass die lackierten FingernĂ€gel eines Mannes den Streit ausgelöst hatten. Der Mann sei zunĂ€chst beleidigt worden, bevor die Situation eskalierte und mindestens ein Angreifer mit einem Messer zustach. Diese Details lassen einen homophoben Hintergrund vermuten, auch wenn die Ermittler dies noch nicht abschließend bestĂ€tigen können.

Bereits im August 2023 hatte laut Leipziger Internet Zeitung ein Prozess gegen einen HauptverdÀchtigen begonnen. Im November 2023 wurde dieser wegen gefÀhrlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, wie der NDR berichtete. Ein homophobes Motiv konnte damals jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

SolidaritÀt mit der LGBTQ+-Community

Die Attacke löste damals eine Welle der SolidaritĂ€t aus. Nur zwei Tage nach dem Vorfall demonstrierten 800 Menschen am Tatort – viele trugen aus SolidaritĂ€t bunt lackierte FingernĂ€gel. Alle demokratischen Fraktionen im Kieler Stadtrat erklĂ€rten im Anschluss ihre SolidaritĂ€t mit der LGBTI-Community.

Die neuen Ermittlungen gegen die vier TatverdĂ€chtigen könnten nun mehr Licht in den Fall bringen. Die Staatsanwaltschaft hatte zur AufklĂ€rung der Tat bereits eine Belohnung von 2.000 Euro fĂŒr Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der TĂ€ter fĂŒhren.

Homophobe Gewalt in Deutschland

Der Fall in Kiel reiht sich leider in eine zunehmende Zahl von Übergriffen gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland ein. Nach Angaben des Bundesverbands der Lesben und Schwulen in Deutschland (LSVD) steigt die Zahl der gemeldeten queerfeindlichen VorfĂ€lle seit Jahren kontinuierlich an. Besonders besorgniserregend ist, dass viele Opfer aus Angst oder fehlendem Vertrauen in die Behörden keine Anzeige erstatten, wodurch eine hohe Dunkelziffer vermutet wird.

Die AufklĂ€rung solcher FĂ€lle ist daher nicht nur fĂŒr die direkt Betroffenen von großer Bedeutung, sondern sendet auch ein wichtiges Signal an die gesamte LGBTQ+-Community: Queerfeindliche Gewalt wird in Deutschland ernst genommen und strafrechtlich verfolgt. Der Ausgang der aktuellen Ermittlungen in Kiel wird daher mit großem Interesse verfolgt.

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