Historischer Schritt für Regenbogenfamilien: Bundesrat fordert Gleichbehandlung von Zwei-Mütter-Familien

Der Bundesrat hat am Freitag einen bedeutenden Schritt für die Gleichstellung von LGBTQ+-Familien in Deutschland unternommen. In einer historischen Entschließung fordert die Länderkammer die Bundesregierung auf, die Diskriminierung von Zwei-Mütter-Regenbogenfamilien im deutschen Abstammungsrecht zu beenden. Der Antrag, ursprünglich vom Land Rheinland-Pfalz eingebracht und von Niedersachsen sowie Mecklenburg-Vorpommern unterstützt, zielt darauf ab, dass Kinder in Zwei-Mütter-Familien von Geburt an zwei rechtliche Elternteile haben können.

Aktuelle Rechtslage: Eine Frage der Gerechtigkeit

Die derzeitige Situation ist für viele Regenbogenfamilien belastend: Während bei heterosexuellen Eheleuten der Mann automatisch als Vater anerkannt wird – unabhängig von der biologischen Abstammung – müssen Co-Mütter in lesbischen Beziehungen ein langwieriges und kostspieliges Adoptionsverfahren durchlaufen. Diese Ungleichbehandlung stellt laut Bundesrat eine klare Diskriminierung dar, "die es abzuschaffen gilt".

Die rheinland-pfälzische Familienministerin Katharina Binz betonte: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum für Zwei-Mütter-Familien noch immer andere Regeln gelten als für heterosexuelle Paare." Die Ministerin hob hervor, dass die Reform nicht nur eine Frage der Gleichberechtigung sei, sondern vor allem dem Kindeswohl diene.

Konkrete Forderungen des Bundesrates

Die vom Bundesrat beschlossene Entschließung enthält zwei Kernforderungen:

  • Bei verheirateten lesbischen Paaren soll die Ehefrau der gebärenden Frau automatisch als rechtliche Mutter des Kindes anerkannt werden
  • Bei unverheirateten Zwei-Mütter-Familien soll eine Anerkennung der Mutterschaft ermöglicht werden – analog zur Vaterschaftsanerkennung bei heterosexuellen Paaren

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) begrüßt den Beschluss und fordert die Bundesregierung auf, "endlich ein verfassungskonformes Abstammungsrecht zu schaffen, das alle Familien rechtlich anerkennt, in denen der zweite Elternteil nicht männlich ist."

Lange Vorgeschichte mit wenig Fortschritt

Die Debatte über die Reform des Abstammungsrechts zugunsten von Regenbogenfamilien ist nicht neu. Bereits seit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2017 weisen LGBTQ+-Organisationen auf diese Ungleichbehandlung hin. Die vorherige Bundesregierung hatte zwar einen Referentenentwurf zur Reform des Abstammungsrechts vorgelegt, dieser wurde jedoch nie im Bundestag beraten.

Besonders enttäuschend für viele Betroffene: Obwohl ein Entwurf des aktuellen Koalitionsvertrags im März 2025 eine entsprechende Reform vorgesehen hatte, fehlt im letztlich beschlossenen Koalitionsvertrag jede Erwähnung des Abstammungsrechts.

Alltägliche Herausforderungen für Regenbogenfamilien

Die rechtliche Benachteiligung hat konkrete Auswirkungen auf den Alltag betroffener Familien. Lisa K. aus Berlin berichtet: "Als meine Partnerin unser Kind zur Welt brachte, war ich rechtlich gesehen eine Fremde – trotz unserer Ehe und obwohl wir gemeinsam entschieden hatten, eine Familie zu gründen. Ich durfte nicht einmal ein Rezept für unser krankes Kind in der Apotheke abholen, bevor die Adoption durch war."

Der Adoptionsprozess dauert oft mehrere Monate bis zu einem Jahr und beinhaltet unter anderem Hausbesuche vom Jugendamt, psychologische Gutachten und hohe Kosten. Eine Belastung, die heterosexuelle Familien nicht tragen müssen.

Wie geht es weiter?

Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sich damit befassen kann. Allerdings gibt es keine gesetzliche Frist, innerhalb derer die Regierung reagieren muss. Es bleibt abzuwarten, ob und wann die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen wird.

Für die etwa 10.000 Regenbogenfamilien in Deutschland bedeutet der Bundesratsbeschluss dennoch Hoffnung auf eine längst überfällige rechtliche Gleichstellung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Rheinland-Pfalz bezeichnen den Beschluss als "Meilenstein für das Kindeswohl und Regenbogenfamilien".

Fachleute betonen, dass die Reform nicht nur der Gleichstellung dient, sondern vor allem im Sinne der betroffenen Kinder ist, die ein Recht darauf haben, von Geburt an zwei rechtlich anerkannte Elternteile zu haben – unabhängig von deren Geschlecht.

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