Großbritannien macht einen wichtigen Schritt vorwärts beim Schutz von LGBTQ+-Personen vor Hassverbrechen. Ein neuer Gesetzesentwurf soll LGBTQ+-feindliche Straftaten als verschärfte Vergehen einstufen - genau wie bereits bestehende Regelungen für rassistische und religiöse Hassverbrechen. Diese Entwicklung wirft ein Schlaglicht auf die Situation in Deutschland, wo ähnliche Diskussionen geführt werden.
Großbritannien plant Gleichstellung aller Hassverbrechen
Die Labour-Abgeordnete Rachel Taylor aus North Warwickshire und Bedworth arbeitet gemeinsam mit der LGBTQ+-Organisation Stonewall daran, den Crime and Policing Bill um eine wichtige Klausel zu erweitern. Der Zusatz würde Straftaten aufgrund von LGBTQ+-Identität, sexueller Orientierung oder Behinderung als verschärfte Vergehen einstufen - mit entsprechend höheren Strafen.
Derzeit behandelt das britische Rechtssystem nur rassistische und religiöse Hassverbrechen als verschärfte Vergehen. Taylor argumentiert in ihrer Parlamentsrede eindringlich: "Wir können als Gesellschaft nicht sagen, dass manche Formen des Hasses böser sind als andere." Sie erinnerte dabei an die verheerenden Nagelbombenanschläge von 1999 in London, die gezielt die bengalische, schwarze und LGBTQ+-Community trafen.
Deutsche Rechtslage: Schutz vorhanden, aber verbesserungswürdig
In Deutschland ist die Situation komplexer. Während das Strafgesetzbuch keinen eigenen Tatbestand für "Hasskriminalität" kennt, können LGBTQ+-feindliche Motive bereits heute strafverschärfend wirken. § 46 StGB ermöglicht es Gerichten, "menschenverachtende Motive" bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Zusätzlich kann § 130 StGB zur Volksverhetzung greifen, wenn gegen LGBTQ+-Personen gehetzt wird.
Doch Experten und Aktivisten fordern auch hierzulande eine explizitere Benennung von LGBTQ+-feindlichen Motiven im Strafrecht. Dies würde nicht nur das Bewusstsein schärfen, sondern auch die Strafverfolgung verbessern - ein Ansatz, der dem britischen Vorbild ähnelt.
Erschreckende Zahlen unterstreichen Handlungsbedarf
Die Statistiken aus Großbritannien verdeutlichen das Ausmaß des Problems: Im Jahr bis März 2024 wurden 22.839 Hassverbrechen aufgrund sexueller Orientierung und 4.780 aufgrund der Transgender-Identität registriert. Insgesamt gingen die Hassverbrechen um 5% auf 140.561 Fälle zurück - dennoch bleiben die Zahlen alarmierend hoch.
Auch in Deutschland steigt die Zahl gemeldeter Straftaten gegen LGBTQ+-Personen kontinuierlich an. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, bestehende Schutzmaßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls zu verschärfen.
Würde und Gerechtigkeit für alle
Labour-Abgeordneter Jacob Collier bringt die menschliche Dimension auf den Punkt: "Es geht um Würde. Es geht darum anzuerkennen, dass alle Menschen - ob ein trans Teenager, der im Park angegriffen wird, ein schwules Paar, das in der U-Bahn angespieen wird, oder ein behinderter Mann, der auf dem Weg zur Arbeit belästigt wird - den vollen Schutz des Gesetzes verdienen."
Simon Blake, CEO von Stonewall, sieht in der geplanten Gesetzesänderung einen "wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung von LGBTQ+-Personen vor dem Gesetz". Die Änderung würde Strafmaße auf eine Stufe mit religiösen und rassistischen Hassverbrechen stellen.
Ein Signal für ganz Europa
Die britische Initiative kommt zu einem symbolträchtigen Zeitpunkt - im Pride Month und nach kontroversen Gerichtsentscheidungen, die die Trans-Community belasten. Sie sendet ein klares Signal: Hassverbrechen gegen LGBTQ+-Personen werden nicht toleriert und müssen mit derselben Entschlossenheit verfolgt werden wie andere Formen der Diskriminierung.
Für Deutschland könnte das britische Vorbild Impulse geben, die eigenen Gesetze zu überprüfen und zu stärken. Denn wie Rachel Taylor treffend formuliert: "Aller Hass ist gleich. Und alle, die abscheuliche Hassverbrechen begehen, müssen mit denselben schwerwiegenden Konsequenzen rechnen."