Ein brutaler Angriff auf eine friedliche Kundgebung für Vielfalt und Demokratie in Bad Freienwalde hat die queere Community und die demokratische Gesellschaft Brandenburgs erschüttert. Bei der Sommerveranstaltung des Bündnisses "Bad Freienwalde ist bunt" attackierten am Sonntag 10 bis 15 vermummte Angreifer mit Teleskopschlagstöcken und Quarzhandschuhen die Teilnehmenden, darunter auch Mitglieder der queeren Community.
Geplante Gewalt gegen Familienfest
Was als fröhliches Familienfest mit Kinderprogramm, Livemusik und Graffitiworkshop geplant war, wurde zu einem Schauplatz rechter Gewalt. Die Angreifer schlugen gezielt auf Menschen ein, die sich "gegen Rechtsruck, gegen Hass und Hetze" versammelt hatten. Mindestens zwei, nach Angaben der Veranstalter sogar drei Menschen wurden verletzt – ein direkter Angriff auf das Herz unserer demokratischen Gesellschaft.
Besonders besorgniserregend: Die Polizei war zum Zeitpunkt des Überfalls noch nicht vor Ort. Erst nach der Attacke schützten 25 schwer bewaffnete Beamte die Veranstaltung vor weiteren Angriffen. Dies wirft Fragen zur Sicherheit von LGBTQ+-Veranstaltungen in Brandenburg auf.
Systematische Einschüchterung der queeren Community
Der Angriff war kein Einzelfall, sondern Teil einer systematischen Kampagne der Einschüchterung. Bereits im Vorfeld hatten Unbekannte rund 40 Plakate abgerissen, die auf die Veranstaltung hinwiesen. Diese Strategie der Bedrohung und Gewalt gegen queere Menschen und ihre Unterstützer*innen wird in ganz Brandenburg beobachtet.
Die Opferperspektive e.V. berichtet, dass Teilnehmende von Pride-Veranstaltungen in Brandenburg verstärkt ins Visier rechter Gewalt geraten. LGBTQIA*-Feindlichkeit und Antifeminismus seien zentrale Elemente rechter Propaganda geworden – eine Entwicklung, die auch in anderen Bundesländern zu beobachten ist.
Politische Reaktionen und gesellschaftlicher Aufschrei
Brandenburgs Innenminister René Wilke reagierte sofort und fuhr persönlich nach Bad Freienwalde. Seine klaren Worte: "Wer Menschen attackiert, die ein Familien- und Kinderfest organisieren oder daran teilnehmen, bewegt sich weit außerhalb dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren können und dürfen." Der parteilose Politiker betonte, dass solche Angriffe "unser Zusammenleben als Gesellschaft selbst" bedrohen.
Diese politische Klarstellung ist wichtig, denn sie macht deutlich: Der Schutz der queeren Community und aller Demokrat*innen ist keine Parteifrage, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Mut trotz wachsender Bedrohung
Trotz der Gewalt ließen sich die Organisator*innen nicht einschüchtern – die Veranstaltung wurde nach dem Angriff fortgesetzt. Diese Widerstandskraft der queeren Community zeigt sich überall in Brandenburg: Dieses Jahr gab es so viele CSDs wie noch nie – als direkter Protest gegen den wachsenden Einfluss der Rechten.
Das Bündnis "Bad Freienwalde ist bunt", das vor vier Jahren gegründet wurde, steht exemplarisch für viele Initiativen in kleineren Städten, die sich mutig für Vielfalt einsetzen. In einer Stadt, in der bei der letzten Bundestagswahl über 40 Prozent der Menschen die AfD wählten, ist dieser Einsatz besonders wertvoll und gefährlich zugleich.
Solidarität und Unterstützung
Die Gewalt in Bad Freienwalde macht deutlich, wie wichtig Solidarität und Unterstützung für die queere Community sind. Organisationen wie die Kampagne "Schöner leben ohne Nazis" organisieren eine Sommertour unter dem Motto "Regenbogensommer", um gerade in ländlichen Regionen Solidarität zu zeigen.
Für Betroffene rechter Gewalt bietet die Opferperspektive e.V. Beratung und Unterstützung. Denn viele queere Menschen verzichten aus Angst vor mangelnder Ernstnahme auf eine Anzeige bei der Polizei – ein Problem, das dringend angegangen werden muss.
Der Angriff in Bad Freienwalde ist ein Angriff auf uns alle. Er zeigt, dass der Kampf für eine offene, vielfältige Gesellschaft noch lange nicht gewonnen ist. Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenstehen – für Demokratie, für Vielfalt und für das Recht aller Menschen, angstfrei und selbstbestimmt zu leben.