Gerichtsverfahren gefährdet einzige regulierte Privatklinik für trans Jugendliche in Großbritannien

Ein Gerichtsverfahren in Großbritannien stellt die Zukunft einer "herausragenden" privaten trans Gesundheitseinrichtung in Frage – während in Deutschland ein anderer Weg eingeschlagen wird.

Die Gender Plus Hormone Clinic steht im Zentrum einer juristischen Auseinandersetzung, die ihre regulierte Zulassung gefährdet. Das Verfahren wurde von einem ehemaligen Mitarbeiter der Tavistock-Klinik und einer anonymen Mutter angestrengt und richtet sich gegen die Entscheidung der Care Quality Commission (CQC), der Klinik den regulierten Status zu verleihen.

Einzige regulierte Option für trans Jugendliche

Gender Plus ist derzeit die einzige regulierte unabhängige trans Gesundheitseinrichtung für Patienten ab 16 Jahren in Großbritannien. Die Klinik arbeitet nach "strengen NHS-Richtlinien" zur Behandlung von Geschlechtsdysphorie und verschreibt keine Pubertätsblocker. Im Januar 2024 erhielt sie den regulierten Status und wurde später mit "herausragend" – der höchstmöglichen Bewertung – ausgezeichnet.

Dr. Aidan Kelly, klinischer Psychologe und Direktor von Gender Plus, betont gegenüber PinkNews: "Unser multidisziplinäres Team verfügt über jahrzehntelange kombinierte Erfahrung in der Arbeit mit jungen Menschen." Die Klinik habe sich verpflichtet, "sichere, effektive und essentielle Gesundheitsversorgung" zu bieten.

Kontroverse um den Cass-Review

Die juristische Herausforderung erfolgt vor dem Hintergrund des umstrittenen Cass-Reviews von 2024, der zu dem Schluss kam, es gebe "unzureichende Belege" für routinemäßige Hormonbehandlungen bei jungen Menschen. Kritiker argumentieren jedoch, dass die Kläger dieselben Personen seien, "die bereits versucht haben, den Zugang zur Versorgung für transgender Jugendliche im NHS zu verhindern".

Ohne eine regulierte private Gesundheitsversorgung wären trans Jugendliche in Großbritannien gezwungen, entweder die jahrelangen Wartezeiten in regionalen Zentren zu ertragen, unregulierte private Anbieter aufzusuchen oder sich selbst zu behandeln – was erhebliche Gesundheitsrisiken bergen könnte.

Deutschland geht anderen Weg

Während Großbritannien zunehmend restriktive Maßnahmen ergreift, zeigt sich in Deutschland ein anderes Bild. Neue Leitlinien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bekräftigen die Bedeutung geschlechtsangleichender Versorgung für transgender Jugendliche und kritisieren den Cass-Review wegen methodischer Mängel.

Diese Leitlinien, die von 26 medizinischen und psychotherapeutischen Fachorganisationen sowie Selbstvertretungsorganisationen entwickelt wurden, stellen fest, dass es "keine bewährten wirksamen Behandlungsalternativen ohne körpermodifizierende medizinische Maßnahmen" für Menschen mit anhaltender Geschlechtsinkongruenz gibt. Sie empfehlen Pubertätsblocker und individualisierte Betreuung für transgender Jugendliche.

Rechtliche Entwicklungen in Deutschland

Deutschland hat im April 2024 ein wegweisendes Gesetz verabschiedet, das transgender und nicht-binären Menschen ermöglicht, ihre rechtlichen Dokumente durch Selbstbestimmung zu ändern. Dies ersetzt das veraltete Transsexuellengesetz von 1980, das Gutachten erforderte und bis zu 20 Monate dauern konnte.

Dennoch gibt es auch in Deutschland kontroverse Diskussionen: Die Deutsche Ärzteschaft hat eine Resolution verabschiedet, die Pubertätsblocker, geschlechtsangleichende Hormontherapien oder Operationen bei unter 18-Jährigen auf kontrollierte wissenschaftliche Studien beschränkt.

Internationale Kritik am Cass-Review

Der Cass-Review stößt international auf zunehmende Kritik. Ein US-Richter erklärte den Review erst kürzlich für unwürdig, vor einem Bundesgericht berücksichtigt zu werden. Die Yale School of Medicine kritisiert, dass der Review "wiederholt Daten missbraucht und seine eigenen Beweisstandards verletzt".

Deutsche Medizingesellschaften betrachten den Cass-Review als weitgehend ungeeignet für ihre Leitlinien aufgrund methodischer Mängel, einschließlich mangelnder Transparenz und begrenzter Expertise der Beteiligten.

Auswirkungen auf trans Jugendliche

Die Entscheidung des Gerichts über Gender Plus wird weitreichende Folgen haben. Wie Dr. Kelly warnt: "Die sehr realen Gefahren dieses Ansatzes sind nicht schwer zu verstehen. Die Entfernung dieser Versorgung wird Menschen nicht davon abhalten, eine Transition zu durchlaufen, sondern sie nur einem größeren Risiko aussetzen."

Patient*innen der Klinik loben die erhaltene Hilfe. Eine Person berichtet: "Die Erfahrung war fantastisch, und ich fühlte mich wirklich umsorgt von Menschen, deren einziges Ziel es ist, dass ich eine sichere und gesunde Transition durchlaufe."

Während Großbritannien einen zunehmend restriktiven Kurs einschlägt, zeigt der deutsche Ansatz, dass evidenzbasierte, trans-affirmative Gesundheitsversorgung möglich bleibt – auch wenn die Debatte um die beste Behandlung transgender Jugendlicher international weitergeht.

Terug naar blog