Familienministerium zeigt Flagge beim CSD - Bundestag jedoch nicht

Das Bundesfamilienministerium wird auch 2025 wieder mit einem eigenen Wagen beim Berliner Christopher Street Day am 26. Juli teilnehmen. Ministerin Karin Prien (CDU) betonte gegenüber der taz, dass diese Teilnahme "ein wichtiges Zeichen für die Anerkennung und den Respekt vor der Vielfalt in unserer Gesellschaft" sei - besonders angesichts zunehmender Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität.

Zwiespältige Signale aus der Politik

Während das Familienministerium Kontinuität in der CSD-Teilnahme zeigt, sorgt ein gegenteiliger Beschluss der Bundestagsverwaltung für Aufsehen. Mitarbeitende des Bundestags dürfen 2025 auf Anweisung der Verwaltungsspitze nicht mehr als eigene Gruppe am Berliner CSD teilnehmen. Der neue Bundestagsdirektor Paul Göttke, der von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) berufen wurde, begründet dies mit einer "gebotenen Neutralitätspflicht".

Diese Entscheidung ist besonders bemerkenswert, da das Regenbogennetzwerk der Bundestagsmitarbeitenden in den Vorjahren regelmäßig am CSD teilgenommen hatte. Der Rückzug steht im Kontrast zur bisherigen Praxis und sendet ein ambivalentes Signal über die Haltung der neuen Bundesregierung zu LGBTQ+-Themen.

Karin Prien zwischen Tradition und neuen Tönen

Die Haltung von Familienministerin Karin Prien zu LGBTQ+-Themen ist durchaus zwiespältig zu bewerten. Während sie die CSD-Teilnahme ihres Ministeriums fortsetzt, hatte sie nach der Bundestagswahl angekündigt, mit dem "woken Kram" Schluss machen zu wollen. Diese Aussage sorgte in der LGBTQ+-Community für Verunsicherung über die künftige Ausrichtung der Familienpolitik.

Besonders fraglich ist, ob das Amt der Queer-Beauftragten in ihrem Ministerium erhalten bleibt und welchen Stellenwert LGBTQ+-Themen künftig in der Familienpolitik einnehmen werden. Bisher hat sich Prien kaum zu LGBTQ+-spezifischen Themen geäußert, was weitere Unsicherheit schafft.

Der CSD als Gradmesser gesellschaftlicher Akzeptanz

Der Berliner CSD, der am 26. Juli 2025 stattfindet, ist mit Hunderttausenden Teilnehmenden eine der größten LGBTQ+-Veranstaltungen Europas. Die Demonstration beginnt um 12:00 Uhr in der Leipziger Straße und führt über Potsdamer Platz und Nollendorfplatz zum Brandenburger Tor, wo die Abschlusskundgebung stattfindet.

Die Teilnahme staatlicher Institutionen am CSD ist längst zu einem wichtigen Symbol für gesellschaftliche Akzeptanz und politisches Bekenntnis geworden. Umso bedeutsamer ist es, wenn - wie im Fall der Bundestagsverwaltung - diese Teilnahme plötzlich untersagt wird. Der CSD Berlin steht in der Tradition der Stonewall-Aufstände von 1969 und kämpft weiterhin für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung.

Herausforderungen für die LGBTQ+-Politik

Die aktuelle politische Landschaft in Deutschland zeigt eine zunehmende Polarisierung bei LGBTQ+-Themen. Während Parteien wie SPD, Grüne und Die Linke sich klar für Gleichberechtigung und den Schutz von LGBTQ+-Personen einsetzen, nehmen CDU/CSU eine ambivalente Haltung ein. Einerseits lehnen sie das Selbstbestimmungsgesetz ab, andererseits beziehen sie lesbische, schwule und bisexuelle Interessen in ihre Definition von Ehe und Familie ein.

Besonders besorgniserregend ist die Haltung der AfD, die das Selbstbestimmungsgesetz komplett ablehnt und gegen die sogenannte "Gender-Ideologie" polemisiert. Es gibt wachsende Befürchtungen, dass Konservative mit der AfD stimmen könnten, um weitere Fortschritte zu blockieren und bestehende Schutzmaßnahmen zurückzudrängen.

Ein Zeichen der Hoffnung trotz Widersprüchen

Trotz der widersprüchlichen Signale aus der Politik ist die fortgesetzte Teilnahme des Familienministeriums am CSD ein wichtiges Zeichen. Es zeigt, dass auch in schwierigen politischen Zeiten staatliche Institutionen Verantwortung für die Akzeptanz von Vielfalt übernehmen können. Die Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch, sieht trotz aller Herausforderungen Offenheit für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt auch in der CDU.

Der Berliner CSD 2025 wird somit nicht nur ein Fest der Vielfalt, sondern auch ein wichtiger Gradmesser für die gesellschaftliche und politische Stimmung in Deutschland. Die Teilnahme des Familienministeriums unterstreicht die Bedeutung staatlicher Unterstützung für die LGBTQ+-Community - auch wenn andere Bereiche der Verwaltung einen gegenteiligen Weg einschlagen.

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