"Es fühlt sich wie Zensur an": Meta entfernt LGBTQ+ Werbeanzeigen von misterb&b

"Es fühlt sich wie Zensur an": Meta entfernt LGBTQ+ Werbeanzeigen von misterb&b

Der Gründer der LGBTQ+-Reiseplattform misterb&b äußert sich enttäuscht über Metas Entscheidung, Werbeanzeigen mit queeren Inhalten zu löschen. Wie PinkNews berichtet, spricht Matthieu Jost von einer klaren Form der Zensur und zeigt sich frustriert über die neue Richtlinie des Social-Media-Giganten.

Werbeanzeigen wegen "sexueller Orientierung" blockiert

Matthieu Jost gründete misterb&b im Jahr 2014, nachdem er selbst bei einer Reise mit seinem Partner Homophobie erlebt hatte. Die Plattform hilft seither LGBTQ+-Personen, queere und freundliche Unterkünfte weltweit zu finden. Vergangene Woche teilte Jost auf LinkedIn mit, dass Meta – der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und Threads – die Werbeanzeigen von misterb&b auf seinen Plattformen "auf die schwarze Liste gesetzt" habe, mit der Begründung, sie enthielten "Themen im Zusammenhang mit Sexualität oder sexueller Orientierung" oder seien "an Personen mit einer bestimmten Geschlechtsidentität gerichtet".

"Wir waren überrascht und frustriert", erklärte Jost gegenüber PinkNews. "Natürlich hatten wir von Metas neuen Richtlinien gehört, aber wir dachten nie, dass es so weit kommen würde. Unsere Anzeigen sollten inklusiv sein und sichere Reisemöglichkeiten für LGBTQ+-Reisende fördern."

Ein bekanntes Problem auch in Deutschland

Die Situation bei misterb&b steht nicht allein – auch in Deutschland gibt es immer wieder Kritik an der Moderationspraxis von Meta bezüglich queerer Inhalte. Wie der Tagesspiegel berichtet, werden LGBTQ+-Inhalte unverhältnismäßig oft zensiert oder eingeschränkt, während gleichzeitig Hassrede gegen queere Menschen nicht ausreichend moderiert wird.

Deutsche LGBTQ+-Organisationen und -Unternehmen sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Trotz des in Deutschland geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), das eigentlich gegen Hassrede vorgehen soll, berichten queere Content-Creator immer wieder von Einschränkungen ihrer Reichweite und Sichtbarkeit.

"Machen Sie Ihre Anzeigen weniger schwul"

Besonders frustrierend sei laut Jost der Versuch, das Problem zu lösen. "Der Berufungsprozess ist oft langsam und undurchsichtig, mit wenig Transparenz darüber, warum eine Anzeige abgelehnt wurde", erklärte er. Besonders besorgniserregend: Meta-Mitarbeiter schienen von den neuen Richtlinien selbst überrascht zu sein und rieten dem Unternehmen, ihre Anzeigen "weniger schwul" zu gestalten, indem Regenbogenfarben entfernt, das Wort "schwul" gestrichen oder Bilder mit homosexuellen Personen ausgetauscht werden sollten.

Die Erfahrungen von misterb&b spiegeln einen beunruhigenden Trend wider, der auch in anderen Ländern beobachtet wird. Anzeigen, die explizit LGBTQ+-Reisen erwähnen oder gleichgeschlechtliche Paare zeigen, werden häufiger markiert – selbst wenn sie allen Werberichtlinien entsprechen.

Metas Richtlinienänderung im größeren Kontext

Die Änderungen bei Meta sind Teil eines breiteren Trends gegen Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) und sogenannte "woke" Politiken in den USA. Im vergangenen Monat kündigte Meta-CEO Mark Zuckerberg an, dass das Unternehmen Beiträge zu Themen wie Einwanderung und Gender nicht mehr moderieren werde, wenn diese "Gegenstand häufiger politischer Diskussionen und Debatten" seien.

Die aktualisierten Richtlinien, die angeblich "freie Meinungsäußerung wiederhergestellt" haben, erlauben es Nutzern, LGBTQ+-Personen als psychisch krank zu bezeichnen und transgender oder nicht-binäre Personen als "es" zu beschreiben. Meta hat außerdem DEI-Initiativen innerhalb des Unternehmens zurückgefahren und Pride- und LGBTQ+-Themen aus dem Facebook Messenger entfernt.

Auswirkungen für die deutsche Community

Für die deutsche LGBTQ+-Gemeinschaft könnten diese Entwicklungen weitreichende Folgen haben. Während in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz theoretisch vor Hassrede schützen soll, zeigt die Praxis oft Lücken. Kleine queere Unternehmen und Organisationen, die auf Social-Media-Plattformen angewiesen sind, um ihre Zielgruppe zu erreichen, könnten durch solche Richtlinien unverhältnismäßig benachteiligt werden.

"Es fühlt sich an, als würden LGBTQ+-Unternehmen mit einem inkonsistenten System alleingelassen, ohne angemessene Unterstützung oder Rechtsmittel", fasst Jost das Problem zusammen – eine Erfahrung, die viele queere Unternehmer:innen und Aktivist:innen auch in Deutschland teilen dürften.

Bedenken von Expertin

Die Ko-Vorsitzende des Aufsichtsgremiums von Meta, Helle Thorning-Schmidt, ehemalige Ministerpräsidentin Dänemarks, hat ihre Besorgnis über die von dem Social-Media-Giganten vorgenommenen Änderungen zum Ausdruck gebracht. Gegenüber der BBC erklärte sie: "Wir sind sehr besorgt über Geschlechterrechte, LGBTQ+-Rechte und die Rechte von Transpersonen auf den Plattformen, denn wir sehen viele Fälle, in denen Hassrede zu realen Schäden führen kann."

Auf Anfrage von PinkNews reagierte Meta nicht. Der Fall von misterb&b bleibt nach zwei Wochen ungelöst und wirft wichtige Fragen zur Zukunft der digitalen Sichtbarkeit und Repräsentation queerer Menschen auf – nicht nur in den USA, sondern weltweit.

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