Ein 50-jĂ€hriger Mann muss sich vor dem Amtsgericht Augsburg verantworten, nachdem er versucht haben soll, einen homosexuellen Priester mit Nacktfotos zu erpressen. Wie queer.de berichtet, soll der Angeklagte die Bilder von einer Dating-Plattform fĂŒr schwule und bisexuelle MĂ€nner heruntergeladen und 50.000 Euro fĂŒr sein Schweigen verlangt haben.
Drohung mit Veröffentlichung
Laut Staatsanwaltschaft ereigneten sich die VorfĂ€lle zwischen November 2022 und Januar 2023. Der Beschuldigte schickte dem Geistlichen ĂŒber einen Messaging-Dienst die Nacktbilder zusammen mit einem Foto, das ihn in seiner Funktion als Priester zeigt. Er drohte damit, das kompromittierende Material ans Fernsehen weiterzugeben und in der Pfarrgemeinde im Landkreis Aichach-Friedberg zu veröffentlichen.
Als der Priester nicht reagierte, ging der TĂ€ter noch einen Schritt weiter und sandte die Bilder per E-Mail direkt an das Pfarramt. Doch anstatt auf die Erpressung einzugehen, zeigte der Geistliche den Vorfall bei der Polizei an. Der Beschuldigte muss sich nun wegen versuchter Erpressung vor Gericht verantworten.
Kein Einzelfall in der katholischen Kirche
Dieser Fall reiht sich in eine problematische Geschichte der Erpressung homosexueller Geistlicher ein. Die katholische Kirche hat historisch eine komplexe Beziehung zur HomosexualitĂ€t: Einerseits bot sie schwulen MĂ€nnern einen Zufluchtsort im Priesteramt, andererseits lehnt ihre offizielle Doktrin gleichgeschlechtliche Beziehungen ab â ein Spannungsfeld, das Erpressern AngriffsflĂ€che bietet.
Wie das Mannschaft Magazin in einem Ă€hnlichen Fall berichtete, wurde in der Vergangenheit ein schwuler Pfarrer mit Sex-Bildern erpresst, was fĂŒr den TĂ€ter mit einer GefĂ€ngnisstrafe von 5,5 Jahren endete. Solche FĂ€lle verdeutlichen die besondere Verletzlichkeit homosexueller Geistlicher.
Kirchliche Haltung im Wandel
In den letzten Jahren hat die katholische Kirche ihre Position zu HomosexualitĂ€t teilweise gelockert. Im Dezember 2023 erlaubte der Vatikan erstmals offiziell die Segnung homosexueller Paare, wobei betont wurde, dass diese nicht mit einer kirchlichen EheschlieĂung zu verwechseln sei. Die Deutsche Bischofskonferenz hat im April 2025 eine Handreichung verabschiedet, die Segnungen fĂŒr "Paare aller geschlechtlichen IdentitĂ€ten und sexuellen Orientierungen" ermöglicht.
Dennoch bleibt die Situation fĂŒr homosexuelle Priester schwierig. Die katholische Kirche unterscheidet offiziell zwischen homosexuellen Neigungen, die als "objektiv ungeordnet" gelten, und homosexuellen Handlungen, die als "moralische Unordnung" betrachtet werden. Diese Doppelmoral schafft oft ein Klima der VerdrĂ€ngung und des Selbsthasses, das Erpressungsversuche wie im aktuellen Fall begĂŒnstigen kann.
Forderungen nach Reformen
Reformgruppen wie "OutInChurch" setzen sich fĂŒr eine offenere und akzeptierende Haltung der Kirche gegenĂŒber LGBTQ+-Personen ein. Sie kritisieren unter anderem, dass selbst die neuen Segensrituale eine "Segnung zweiter Klasse" darstellten, da es kein verbindliches Textbuch fĂŒr deren liturgische Gestaltung gebe.
Der aktuelle Fall in Augsburg zeigt, dass trotz aller Reformbestrebungen homosexuelle Geistliche weiterhin Ziel von Erpressungsversuchen werden können. Er verdeutlicht auch, wie wichtig es ist, solche VorfĂ€lle anzuzeigen statt auf Forderungen einzugehen â ein mutiger Schritt, den der betroffene Priester im Landkreis Aichach-Friedberg gegangen ist.
Das Verfahren am Amtsgericht Augsburg wird nicht nur ĂŒber die strafrechtlichen Konsequenzen fĂŒr den Angeklagten entscheiden, sondern auch Aufmerksamkeit auf die weiterhin schwierige Situation homosexueller Menschen in kirchlichen Ămtern lenken.