Der scheidende Oberbürgermeister von Neubrandenburg, Silvio Witt, setzte kurz vor seinem Amtsende noch einmal ein deutliches Zeichen für die Akzeptanz queerer Menschen. Wie queer.de berichtet, ließ der parteilose Politiker am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) drei Regenbogenfahnen vor dem Rathaus hissen – ein symbolischer Akt mit Vorgeschichte.
Flaggenstreit führte zum Rücktritt
Witts Entscheidung, sein Amt am 31. Mai niederzulegen, steht in direktem Zusammenhang mit einem Beschluss der Stadtvertretung, das Hissen der Regenbogenfahne auf dem Bahnhofsvorplatz zu verbieten. Dieser Vorgang, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte, war für den offen homosexuell lebenden Oberbürgermeister der ausschlaggebende Grund, seinen Rücktritt im Oktober letzten Jahres anzukündigen.
Bei der Flaggenhissung vor rund 70 Teilnehmer*innen kritisierte Witt die Doppelmoral in der öffentlichen Wahrnehmung: Während 340 Tage im Jahr verschiedene offizielle Flaggen vor dem Rathaus wehen, ohne dass jemand Notiz davon nimmt, sorgt ausgerechnet die Regenbogenfahne für Hass-Kommentare.
Symbol mit politischer Dimension
Das Hissen der Regenbogenfahne an öffentlichen Gebäuden ist in Deutschland nach wie vor ein politisch aufgeladenes Thema. In vielen Kommunen gibt es ähnliche Debatten wie in Neubrandenburg. Die Bundesstiftung Rosa Luxemburg betont die Bedeutung des IDAHOBIT als wichtigen Gedenktag, der auf die fortbestehende Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTQ+ Personen aufmerksam macht.
Debatten wie in Neubrandenburg zeigen, dass die Unterstützung und Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der deutschen Kommunalpolitik nicht selbstverständlich sind. Nach Informationen von Tag24 hatte es in der Vergangenheit bereits Kontroversen um das Thema gegeben, die zu erheblichem öffentlichen Druck führten.
Ungewisse Zukunft für LGBTQ+-Rechte in Neubrandenburg
Mit Witts Ausscheiden aus dem Amt stellt sich die Frage, wie sich die drittgrößte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns künftig zu LGBTQ+-Themen positionieren wird. Am 25. Mai entscheidet eine Stichwahl über seine Nachfolge. Für die queere Community bleibt zu hoffen, dass auch die neue Stadtspitze ein Zeichen für Vielfalt und gegen Diskriminierung setzen wird.
Silvio Witts letzte Amtshandlung mit den Regenbogenfahnen kann als Vermächtnis verstanden werden: Niemand solle sich ausgegrenzt fühlen oder das Gefühl haben, nicht erwünscht zu sein, betonte er bei der Zeremonie – eine Botschaft, die über seine Amtszeit hinaus Bestand haben sollte.
Der Fall Neubrandenburg verdeutlicht exemplarisch die Herausforderungen, mit denen LGBTQ+-Personen in Deutschland noch immer konfrontiert sind. Während in Großstädten wie Berlin, Köln oder Hamburg Regenbogenfahnen längst zum selbstverständlichen Stadtbild gehören, werden sie in kleineren Städten und ländlichen Regionen teilweise noch als kontrovers wahrgenommen.