Das Jobcenter Düsseldorf hat seinen Mitarbeitenden eine öffentlich sichtbare Teilnahme am Christopher Street Day (CSD) untersagt, wie die Rheinische Post berichtete. Während im vergangenen Jahr noch eine offizielle Fußgruppe mit Bannern und T-Shirts des Arbeitgebers mitlief, müssen sich die Beschäftigten nun anonym beteiligen - ein Rückschritt, der symptomatisch für eine beunruhigende Entwicklung in Deutschland steht.
Von Flagge zeigen zu anonymer Teilnahme
Die interne E-Mail der Gleichstellungsbeauftragten des Jobcenters bringt die Frustration deutlich zum Ausdruck: "Leider dürfen die von der Dienststelle teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen erstmalig nicht mehr Flagge zeigen." Jedes "Sichtbarmachen einer Verbindung der Teilnehmenden zum Jobcenter auf dem CSD" sei verboten worden. Die Entscheidung kam überraschend - so überraschend, dass die Mitarbeitenden nun als "Bürofreunde Düsseldorf" am CSD teilnehmen wollen.
Geschäftsführer Ingo Zielonkowsky versuchte das Verbot zu relativieren: Man wolle die Aktivitäten "deutlich zurückfahren", weil ihm die geplanten Aktivitäten "zu viel" geworden seien. Gleichzeitig widersprach er seiner eigenen Gleichstellungsbeauftragten und behauptete, eine sichtbare Teilnahme sei zu keinem Zeitpunkt untersagt worden - lediglich eine Abstimmung mit der Pressestelle sei erforderlich.
Symptom einer größeren Krise der Solidarität
Der Fall in Düsseldorf steht nicht isoliert da. In ganz Deutschland ziehen sich Behörden und Unternehmen zunehmend von CSDs zurück. Die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) erteilte der Bundestagsverwaltung bereits ein CSD-Verbot. Die Amadeu Antonio Stiftung dokumentierte 2024 bereits 55 Fälle von rechtsextremen Angriffen gegen CSD-Veranstaltungen - eine alarmierende Entwicklung, die zeigt, wie der gesellschaftliche Wind rauer wird.
Wenn internationale Politik lokale Solidarität untergräbt
Besonders perfide ist der Mechanismus, durch den die Trump'sche Anti-Diversity-Politik deutsche CSDs schwächt. Unternehmen befürchten, ihr US-Geschäft zu schwächen oder keine Aufträge von der US-Regierung mehr zu erhalten, wenn sie Diversity-Programme unterstützen. So wird queere Sichtbarkeit in Deutschland zum Kollateralschaden einer autoritären Politik jenseits des Atlantiks.
Thomas Hoffmann vom Berliner CSD berichtete, dass 2025 zum ersten Mal kein einziges US-Unternehmen als Sponsor dabei ist. Warum Sichtbarkeit im öffentlichen Dienst besonders wichtig ist
Dabei zeigen gerade solche Institutionen wie Jobcenter, dass LGBTQ+-Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen präsent und kompetent sind. Die Gleichstellungsbeauftragte des Düsseldorfer Jobcenters beschrieb ihre "Ratlosigkeit" und ihr "Kopfschütteln" über die Entscheidung - Emotionen, die viele queere Menschen in Deutschland derzeit teilen dürften.
Widerstand und Hoffnung
Doch es gibt auch positive Signale: Unternehmen wie Microsoft Deutschland halten weiterhin an ihrem CSD-Sponsoring fest. Die Düsseldorfer Jobcenter-Mitarbeitenden finden kreative Wege, als "Bürofreunde" trotzdem teilzunehmen. Der Berliner CSD entwickelt politische Kampagnenpläne, um den Druck auf Entscheidungsträger zu erhöhen.
Der CSD Düsseldorf findet am Samstag ab 13 Uhr am Graf-Adolf-Platz statt - mit oder ohne offizielle Beteiligung des Jobcenters. Denn letztendlich geht es nicht um Institutionen oder Firmenlogos, sondern um Menschen, die für ihre Rechte und ihre Sichtbarkeit einstehen. Die Geschichte der queeren Bewegung zeigt: Solidarität lässt sich nicht per Dekret verbieten, sie findet immer einen Weg.
In Zeiten, in denen internationale Einflüsse die lokale Solidarität untergraben wollen, wird jede Form der Sichtbarkeit - sei es als "Bürofreunde" oder in Regenbogenfarben - zu einem Akt des Widerstands. Der Düsseldorfer CSD wird zeigen, dass queere Menschen sich nicht verstecken lassen - auch nicht von ängstlichen Behördenleitern.