Die Olympiasiegerin Imane Khelif darf nicht mehr boxen - zumindest nicht bei Wettkämpfen des Verbandes World Boxing. Ein Skandal, der weit über den Sport hinausgeht und zeigt, wie systematische Diskriminierung unter dem Deckmantel der "Fairness" betrieben wird. Der aktuelle Fall, bei dem Khelif von einem Turnier in den Niederlanden ausgeschlossen wurde, ist nur die Spitze des Eisbergs einer problematischen Entwicklung im Leistungssport.
Ein Verband macht sich unglaubwürdig
World Boxing, der neue internationale Boxverband, hat sich mit seiner Entscheidung selbst ins Abseits gestellt. Die "Geschlechtertests" sind diskriminierend und unwürdig - darüber sind sich Menschenrechtsorganisationen einig. Dass der Verband Khelifs Namen zunächst explizit nannte und sich später dafür entschuldigen musste, zeigt die Unprofessionalität des Vorgehens.
Besonders perfide: Die 26-jährige Algerierin ist als Frau geboren, hat einen weiblichen Geschlechtseintrag und lebt ihr Leben lang als Frau. Das Internationale Olympische Komitee bestätigte ihr Recht zur Teilnahme an den Olympischen Spielen - und dort holte sie Gold. Jetzt wird sie durch genetische Tests diskriminiert, die historisch vor allem Frauen aus dem Globalen Süden trafen.
Deutschland: Ein Blick auf die eigene Vergangenheit
Auch in Deutschland gibt es eine dunkle Geschichte der Geschlechterüberprüfung im Sport. Während der DDR-Zeit wurden systematisch Dopingprogramme betrieben, die oft zu einer Vermännlichung der Athletinnen führten. Nach der Wende entstanden Diskussionen über "unfaire Vorteile" und Geschlechtsidentität im Sport - Debatten, die bis heute nachwirken.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat in den vergangenen Jahren wichtige Schritte zur Inklusion trans- und intersexueller Athletinnen unternommen. Dennoch zeigen Studien, dass auch hierzulande LGBTQ+-Personen im Sport oft Diskriminierung erfahren. Die Problematik von Intersexualität im Leistungssport wird auch in deutschen Medien kontrovers diskutiert.
Solidarität aus unerwarteter Ecke
Hoffnung macht die Reaktion aus Eindhoven: Bürgermeister Jeroen Dijsselbloem stellte sich klar gegen die Diskriminierung und forderte, Khelif dennoch einzuladen. "Athleten auf der Basis umstrittener Geschlechtertests auszuschließen, passt nicht dazu", schrieb er in einem offenen Brief. Auch der Mediendirektor des Turniers distanzierte sich von der Entscheidung: "Die Entscheidung zum Ausschluss von Imane ist nicht unsere. Wir bedauern dies."
Diese Haltung zeigt, dass sich gesellschaftlicher Widerstand gegen diskriminierende Praktiken formiert. Ähnliche Solidarität kennen wir aus Deutschland, wo sich Städte wie Berlin, Köln oder München regelmäßig für LGBTQ+-Rechte einsetzen - auch gegen Widerstände aus Sportverbänden.
Ein Muster der Diskriminierung
Der Fall Khelif reiht sich ein in eine lange Geschichte der Diskriminierung im Sport. Historisch wurden vor allem Sportlerinnen aus dem Globalen Süden unverhältnismäßig oft zu Geschlechtertests gedrängt - ein Muster, das sich bis heute fortsetzt. Es geht nicht um Fairness, sondern um Rassismus und Queerfeindlichkeit.
Die Geschlechterpanik rund um das Frauen-Boxen bei Olympia 2024 zeigte bereits, wie schnell aus sportlichen Wettkämpfen ideologische Schlachtfelder werden. Khelif wurde Ziel von Cybermobbing und Hasskommentaren, die nichts mit Sport zu tun hatten.
Was jetzt zu tun ist
World Boxing muss seine diskriminierende Politik sofort beenden. Geschlechtertests verletzen die Menschenwürde und schaffen keine Fairness - sie schaffen Ausgrenzung. Stattdessen braucht es:
- Klare Richtlinien für Inklusion aller Athletinnen
- Schutz der Privatsphäre von Sportlerinnen
- Sensibilisierung für die Vielfalt menschlicher Körper
- Null Toleranz für Diskriminierung jeder Art
Der Sport soll Menschen verbinden, nicht spalten. Imane Khelif verdient es, für ihre sportlichen Leistungen gefeiert zu werden - nicht für ihre Biologie beurteilt zu werden. Es ist Zeit, dass sich die Sportwelt für Vielfalt und gegen Diskriminierung entscheidet. Nur so kann Sport seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden.