Der CSD Bielefeld hat zwei Fetischgruppen, Puppy OWL und Leather Social Bielefeld, die Teilnahme an der Demonstration und am StraĂenfest verweigert. Grund dafĂŒr sei ein fehlendes "Konsenskonzept", wie aus einer Meldung des Vereins Rheinfetisch hervorgeht. Die vollstĂ€ndige Berichterstattung findet sich auf queer.de.
Ungleiche Behandlung fĂŒhrt zu Kontroverse
Der CSD-Verein BIEQueer e.V. verlangt in diesem Jahr speziell von "Fetisch/Rollenspiel/Kinkgruppen" ein "Schutz- und Konsenskonzept", wĂ€hrend andere teilnehmende Gruppen von dieser Anforderung ausgenommen sind. In den Teilnahmebedingungen des Vereins heiĂt es, darin solle "der Umgang mit sexualisierter Gewalt, die klare Absprache fĂŒr Konsens und wie Mitspieler*innen erkannt werden, klar benannt werden".
Die betroffenen Gruppen sollten unter anderem Fragen beantworten wie: "An wen können sich Personen wenden, die GrenzĂŒberschreitung erfahren haben?" oder "Was bedeutet Konsens?" Da die genannten Fetischgruppen kein entsprechendes Konzept vorgelegt haben, wurden sie vom CSD ausgeschlossen.
Scharfe Kritik von Rheinfetisch und Die Linke.queer
Der Verein Rheinfetisch kritisiert diese Entscheidung als "eklatantes UnverstĂ€ndnis â oder Desinteresse â gegenĂŒber dem Thema Fetisch in queeren Kontexten". Laut ihrer Stellungnahme werde "Fetisch erneut auf SexualitĂ€t reduziert â ein RĂŒckfall in jene verkĂŒrzten und stigmatisierenden Vorstellungen, gegen die queere Bewegungen eigentlich ankĂ€mpfen."
Auch Die Linke.queer Ă€uĂerte sich kritisch zur "Sonderbehandlung" der Fetischgruppen. Die Bundessprecher Daniel Bache und Frank Laubenburg erklĂ€rten: "Der den CSD Bielefeld veranstaltende Verein BIEQueer e.V. unterstellt einerseits damit Fetisch- und Kink-Gruppen besonders anfĂ€llig fĂŒr sexualisierte Gewalt zu sein â und spricht sich und anderen Gruppen aus den Communities gleichzeitig davon frei, dass es diese bei ihnen geben könne." Sie bezeichneten das Vorgehen des Vereins als "geschichtsvergessen" und bekrĂ€ftigten: "Die Fetisch-Community hat einen wichtigen Platz in der queeren Bewegungsgeschichte und Kultur, der ihr durch diese Art von Ausschluss abgesprochen wird."
Historische Parallelen in der Pride-Bewegung
Dieser Konflikt reiht sich in eine lĂ€ngere Geschichte von Auseinandersetzungen ĂŒber Verhaltensregeln bei Pride-Veranstaltungen ein. Im Jahr 2009 sorgte eine Ă€hnliche Situation fĂŒr Aufregung, als der ColognePride eine "CSD-Charta" einfĂŒhrte, die den Teilnehmenden "TaktgefĂŒhl" bei ihrem Ă€uĂeren Erscheinungsbild und beim Verhalten auferlegte. Nach erheblicher Kritik wurde diese Charta im Folgejahr nicht erneuert.
In Deutschland gehen Verbote bestimmter Fetisch-Gruppen sonst eher von staatlichen Stellen als von CSD-Vereinen selbst aus. So hat die Polizei in der Vergangenheit wiederholt Teilnehmenden der Puppy-Community das Tragen von Masken untersagt.
Bedeutung fĂŒr die deutsche Pride-Bewegung
Der Vorfall in Bielefeld wirft grundsĂ€tzliche Fragen ĂŒber Inklusion und ReprĂ€sentation innerhalb der LGBTQ+-Community auf. In vielen deutschen StĂ€dten wird inzwischen darĂŒber diskutiert, wie CSDs gestaltet werden sollten: als politische Demonstrationen mit Raum fĂŒr alle Facetten queerer IdentitĂ€ten oder als familienfreundliche Veranstaltungen mit stĂ€rkerer Regulierung.
Diese Diskussion spiegelt auch einen breiteren gesellschaftlichen Diskurs wider: Einerseits geht es um die Sichtbarkeit der vielfÀltigen queeren Community in ihrer ganzen Bandbreite, andererseits um die Frage, wie mit unterschiedlichen Ausdrucksformen von SexualitÀt im öffentlichen Raum umgegangen werden soll.
Die Entscheidung des CSD Bielefeld zeigt exemplarisch, wie innerhalb der Community selbst um Inklusion und ReprĂ€sentation gerungen wird â ein Prozess, der die Pride-Bewegung seit ihren AnfĂ€ngen begleitet und der auch in anderen deutschen StĂ€dten immer wieder neu verhandelt wird.