Die Zahl der Hassverbrechen gegen queere Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ist alarmierend gestiegen. Wie das Landeskriminalamt mitteilte, wurden im Jahr 2024 insgesamt 663 queerfeindliche Straftaten erfasst – ein Anstieg von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr, als 461 Fälle registriert wurden. Die Originalmeldung wurde von queer.de veröffentlicht.
Dramatischer Anstieg der Opferzahlen
Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung bei den Opferzahlen: Während 2023 noch 21 Personen als Opfer queerfeindlicher Straftaten gezählt wurden, stieg diese Zahl 2024 auf 61 – eine Verdreifachung innerhalb eines Jahres. Unter den Delikten finden sich neben Beleidigungen und Sachbeschädigungen auch schwerwiegende Gewaltverbrechen wie Körperverletzungen, ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs, räuberischer Diebstahl sowie zwei schwere Brandstiftungen.
Teil eines bundesweiten Trends
Die Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern spiegelt einen bundesweiten Trend wider. Laut einem Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA) vom Dezember 2023 wurden bundesweit 17.007 Fälle von Hasskriminalität erfasst. Mehr als jeder zehnte dieser Fälle richtete sich gegen LGBTIQ*-Personen. Wie der LSVD (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) berichtet, hat sich die Zahl der Straftaten im Bereich "Sexuelle Orientierung" und "Geschlechtsbezogene Diversität" seit 2010 bundesweit nahezu verzehnfacht.
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gab bekannt, dass 2023 insgesamt 1.785 Straftaten gegen LSBTIQ*-Personen verübt wurden – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 1.188 Fällen im Jahr 2022.
Hohe Dunkelziffer vermutet
Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher liegen, da viele Betroffene Übergriffe nicht zur Anzeige bringen. "Die offizielle Statistik bildet nur die Spitze des Eisbergs ab", erklärt Alfonso Pantisano, Bundesvorstand des LSVD. "Viele Betroffene melden Vorfälle nicht, sei es aus Angst vor weiterer Diskriminierung, aus Scham oder weil sie kein Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden haben."
MaĂźnahmen der Landesregierung
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns hat die besorgniserregende Entwicklung erkannt und bemĂĽht sich, GegenmaĂźnahmen zu ergreifen. Wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Landtag hervorgeht, betrachtet die Landesregierung die gestiegenen Fallzahlen mit Sorge und verurteilt jegliche Gewalt gegen LSBTIQ*-Personen.
Im Oktober 2023 fand in Schwerin eine Fachkonferenz statt, um der Queerfeindlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern entgegenzuwirken. Die Landesregierung unterstĂĽtzt zudem Initiativen und Beratungsstellen, die queere Menschen schĂĽtzen und beraten.
Forderungen der Zivilgesellschaft
Organisationen wie der LSVD fordern angesichts der alarmierenden Zahlen verstärkte Maßnahmen zum Schutz von LGBTIQ*-Personen. "Die Bundesregierung muss sich durch Gesetzesanpassungen unmissverständlich für die Sicherheit und Menschenrechte von LSBTIQ* einsetzen", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands.
Zu den geforderten Maßnahmen gehören eine bessere Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz im Umgang mit queerfeindlichen Straftaten, niedrigschwellige Meldemöglichkeiten für Betroffene sowie mehr Präventionsarbeit in Schulen und öffentlichen Einrichtungen.
Was können Betroffene tun?
Für Betroffene queerfeindlicher Gewalt gibt es verschiedene Anlaufstellen. In Mecklenburg-Vorpommern bieten unter anderem der LSVD Mecklenburg-Vorpommern und das Projekt Zeig sie an! Unterstützung und Beratung an. Betroffene werden ermutigt, Vorfälle zur Anzeige zu bringen, um die tatsächliche Dimension queerfeindlicher Gewalt sichtbar zu machen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Trotz aller Bemühungen bleibt die Bekämpfung queerfeindlicher Hasskriminalität eine große gesellschaftliche Herausforderung. Die steigenden Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern und bundesweit machen deutlich, dass verstärkte Anstrengungen notwendig sind, um allen Menschen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität – ein sicheres und diskriminierungsfreies Leben zu ermöglichen.