In einem besorgniserregenden Rückschritt für die Rechte von Transgender-Personen in den USA hat der US-Bundesstaat Iowa ein neues Gesetz verabschiedet, das den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität aus dem Bürgerrechtsgesetz des Staates streicht. Wie Pink News berichtet, wurde das Gesetz trotz massiver Proteste von Hunderten Bewohnern im Kapitol von Iowa von der republikanisch dominierten Legislative verabschiedet.
Drastischer Gegensatz zur deutschen Gesetzgebung
Während in Iowa Transgender-Personen bald ohne gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung in Bereichen wie Wohnen, Beschäftigung und öffentlichen Einrichtungen dastehen werden, hat Deutschland einen völlig entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Seit dem 1. November 2024 gilt in der Bundesrepublik das Selbstbestimmungsgesetz, welches es Transgender- und nicht-binären Menschen ermöglicht, ihre Geschlechtsidentität und Vornamen durch ein einfaches Verfahren beim Standesamt selbstbestimmt ändern zu lassen – ohne medizinische Gutachten oder gerichtliche Verfahren.
Diese Entwicklungen zeigen die zunehmende Polarisierung in der globalen Debatte um Transgender-Rechte: Während einige Länder wie Deutschland progressive Schutzmaßnahmen einführen, erleben andere einen dramatischen Rückschritt.
Was bedeutet das Gesetz in Iowa?
Der als "Senate File 418" bekannte Gesetzentwurf entfernt den Begriff "Geschlechtsidentität" aus dem Iowa Civil Rights Act, der seit 2007 Transgender-Personen vor Diskriminierung schützte. Darüber hinaus definiert das Gesetz "Geschlecht" neu als "den bei der Geburt beobachteten oder klinisch verifizierten Zustand, entweder männlich oder weiblich". Dies spiegelt einen ähnlichen Ansatz wider, wie er kürzlich durch eine Exekutivanordnung von Ex-Präsident Donald Trump auf nationaler Ebene eingeführt wurde.
Gouverneurin Kim Reynolds, die das Gesetz voraussichtlich unterzeichnen wird, beendet damit 18 Jahre staatlichen Schutzes für Transgender-Personen in Iowa. Ab dem 1. Juli 2025 werden Transgender-Iowan*innen nicht mehr vor Diskriminierung in lebenswichtigen Bereichen wie Wohnen, Beschäftigung, Löhnen, öffentlichen Unterkünften und Bildung geschützt sein.
Massive Proteste und Widerstand
Die Verabschiedung des Gesetzes führte zu erheblichen Protesten. Hunderte von Demonstranten füllten das Kapitolgebäude in Iowa, schwenkten Regenbogenflaggen und riefen "Schande!" nach der Abstimmung. Die erste offen transgender Abgeordnete in Iowas Legislative, Aime Wichtendahl, warnte eindringlich vor den Folgen: "Es entzieht uns den Schutz unserer Arbeitsplätze, unserer Wohnungen und unserer Fähigkeit, Kredite zu erhalten. Mit anderen Worten, es beraubt uns unseres Lebens, unserer Freiheit und unseres Strebens nach Glück."
Diese Entwicklung steht in starkem Kontrast zu den Fortschritten in Deutschland, wo das neue Selbstbestimmungsgesetz das veraltete Transsexuellengesetz von 1980 ersetzte, das von vielen als entwürdigend und pathologisierend kritisiert wurde.
Deutschlands föderale Struktur garantiert einheitlichen Schutz
Ein wichtiger Unterschied zwischen den USA und Deutschland liegt in der föderalen Struktur: Während US-Bundesstaaten wie Iowa weitreichende Autonomie in Bürgerrechtsfragen haben, sorgt das deutsche Grundgesetz für mehr Einheitlichkeit. Das Prinzip "Bundesrecht bricht Landesrecht" (Artikel 31 GG) stellt sicher, dass das Selbstbestimmungsgesetz in allen Bundesländern gilt und nicht – wie in den USA – von einzelnen Bundesländern ausgehebelt werden kann.
Sören Landmann vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) erklärt: "Im Gegensatz zu den USA können deutsche Bundesländer in Fragen des Personenstandsrechts nicht vom Bundesgesetz abweichen. Das Selbstbestimmungsgesetz gilt einheitlich in ganz Deutschland und schützt die Rechte von trans* Personen überall im Land."
Zwar können die Bundesländer in bestimmten Bereichen wie dem Strafvollzug eigene Regelungen treffen, grundlegende Bürgerrechte wie die im Selbstbestimmungsgesetz verankerten können jedoch nicht eingeschränkt werden.
Auswirkungen auf die betroffene Community
Viele Transgender-Personen in Iowa erwägen nun, den Bundesstaat zu verlassen. Eine betroffene Person erklärte gegenüber dem Des Moines Register, dass sie über einen Umzug nachdenke, obwohl sie durch die zahlreichen Unterstützer*innen bei den Protesten ermutigt wurde.
Rachel Gulick, eine langjährige Einwohnerin Iowas, beschrieb ihre Gefühle drastisch: Sie habe das Gefühl, "den Mord an Amerika durch Amerikaner zu beobachten".
Was bedeutet dies im globalen Kontext?
Die Entwicklungen in Iowa reihen sich ein in eine besorgniserregende Welle von Anti-LGBTQ+-Gesetzgebungen in den USA. Laut dem Human Rights Campaign wurden allein im Jahr 2023 über 500 anti-LGBTQ+-Gesetzesentwürfe in verschiedenen US-Bundesstaaten eingebracht, wovon viele speziell auf Transgender-Personen abzielen.
Für LGBTQ+-Aktivist*innen in Deutschland zeigen diese Entwicklungen, wie fragil erkämpfte Rechte sein können und wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben. Der Verfassungsschutz in Deutschland warnt bereits vor zunehmenden Angriffen auf die Rechte von Minderheiten, auch hierzulande.
Julia Monro von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) kommentiert: "Wir beobachten die Entwicklungen in den USA mit großer Sorge. Sie zeigen, dass auch bereits erreichte Fortschritte wieder rückgängig gemacht werden können. In Deutschland haben wir mit dem Selbstbestimmungsgesetz zwar einen wichtigen Meilenstein erreicht, aber wir müssen weiterhin für den Erhalt und Ausbau unserer Rechte kämpfen."
Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht hat, erinnern uns die Rückschritte in Regionen wie Iowa daran, dass der Kampf für LGBTQ+-Rechte weltweit noch lange nicht abgeschlossen ist und dass progressive Gesetzgebungen aktiv vor Rückschritten geschützt werden müssen.