Systematische LGBTQ-Diskriminierung bei der indonesischen Polizei: Was deutsche Bürger dagegen tun können

In Indonesien findet derzeit eine besorgniserregende Entwicklung statt: Die indonesische Nationalpolizei (POLRI) hat ein systematisches Programm zur "Früherkennung" und Ausgrenzung von LGBT-Personen bei der Rekrutierung neuer Polizeianwärter eingeführt. Diese institutionalisierte Diskriminierung wird als "Bedrohungsabwehr" getarnt und zeigt die zunehmende staatlich geförderte Feindseligkeit gegenüber sexuellen Minderheiten im größten muslimischen Land der Welt.

Staatlich sanktionierte Diskriminierung im Namen der "Sicherheit"

Die im Security Intelligence Terrorism Journal veröffentlichte Forschungsarbeit von Firso Trapsilo offenbart erschreckende Details über ein formalisiertes System zur Identifizierung und Ausgrenzung von LGBT-Personen im Polizeidienst. Im Rahmen sogenannter "Mental- und Persönlichkeitsuntersuchungen" (PMK) werden Bewerber:innen gezielt auf ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität überprüft - mit dem expliziten Ziel, LGBT-Personen auszusortieren.

Besonders alarmierend: Die indonesische Polizei betrachtet LGBT-Personen explizit als "Bedrohung" für die Institution und rechtfertigt die systematische Diskriminierung mit dem Verweis auf religiöse und kulturelle Werte. Die Studie berichtet von 193 polizeilichen Mitarbeiter:innen, die zwischen 2019 und 2023 als LGBT identifiziert wurden, darunter sogar ein General. Zudem wurden im gleichen Zeitraum 62 Polizeianwärter:innen aufgrund ihrer vermuteten sexuellen Orientierung abgelehnt.

Überwachungsmethoden und Social-Media-Screening

Die Forschung enthüllt die zunehmend invasiven Methoden, mit denen die Polizei versucht, LGBT-Personen zu identifizieren. Dazu gehören nicht nur psychologische Tests und persönliche Interviews, sondern auch Hintergrundüberprüfungen und zunehmend Social-Media-Analysen. Der Autor empfiehlt sogar eine Ausweitung dieser Überwachungspraktiken, um die "Erkennung" noch effektiver zu gestalten.

Bewerber:innen mit "femininen Gesten" oder anderen vermeintlichen Anzeichen für Homosexualität werden besonders kritisch beäugt, obwohl die Studie selbst einräumt, dass solche äußeren Merkmale keine verlässlichen Indikatoren für die sexuelle Orientierung sind.

Die Rolle Deutschlands: Entwicklungshilfe und Einfluss

Deutschland ist ein wichtiger Partner Indonesiens - sowohl wirtschaftlich als auch in der Entwicklungszusammenarbeit. Die beiden Länder pflegen seit den 1960er Jahren freundschaftliche Beziehungen, die 2012 durch die "Jakarta Declaration" noch verstärkt wurden. Deutschland unterstützt Indonesien mit erheblichen finanziellen Mitteln, vor allem in den Bereichen Klima- und Umweltschutz sowie bei der Energiewende. Als Co-Vorsitz der International Partners Group der Just Energy Transition Partnership (JETP) nimmt Deutschland eine zentrale Rolle in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ein.

Diese partnerschaftliche Verbindung gibt Deutschland Einflussmöglichkeiten, die auch für die Stärkung von LGBTQ-Rechten genutzt werden könnten. Die finanzielle Unterstützung könnte stärker an die Einhaltung von Menschenrechtsstandards geknüpft werden.

An diese deutschen Politiker*innen können Sie sich wenden

Um auf die systematische Diskriminierung von LGBTQ-Personen in Indonesien aufmerksam zu machen, können Sie folgende Ansprechpartner*innen kontaktieren:

  • Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD), die für die Entwicklungshilfe verantwortlich ist.
  • Die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die eine explizit feministische Außenpolitik vertritt, die auch LGBTQ-Rechte weltweit stärken soll.
  • Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, die direkt für Menschenrechtsthemen zuständig ist.
  • Die Mitglieder des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, insbesondere die Vorsitzende Renata Alt (FDP).
  • Den Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), der sich speziell für LGBTQ-Rechte einsetzt.

So können Sie konkret aktiv werden

Als deutsche Bürger*innen können Sie mehrere Wege nutzen, um gegen die LGBTQ-Diskriminierung in Indonesien aktiv zu werden:

  • Petitionen unterstützen: Organisationen wie Amnesty International oder All Out starten regelmäßig Petitionen zu LGBTQ-Rechten weltweit.
  • Briefe an Abgeordnete schreiben: Formulieren Sie persönliche Briefe an Bundestags- oder Europaabgeordnete, in denen Sie auf die systematische Diskriminierung aufmerksam machen und eine Konditionierung der Entwicklungshilfe an Menschenrechtsstandards fordern.
  • Menschenrechtsorganisationen unterstützen: Organisationen wie die Hirschfeld-Eddy-Stiftung setzen sich international für LGBTQ-Rechte ein und arbeiten eng mit lokalen Organisationen zusammen.
  • Öffentlichkeit schaffen: Teilen Sie Informationen über soziale Medien, organisieren Sie Informationsveranstaltungen oder kontaktieren Sie Journalist*innen, um das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen.

Die Yogyakarta-Prinzipien: Ein Widerspruch in der indonesischen Politik

Interessanterweise wurden die international anerkannten Yogyakarta-Prinzipien, die als wichtiges Rechtsinstrument für LGBTQ-Bewegungen weltweit dienen, 2006 in Indonesien selbst entwickelt. Dieser Widerspruch zeigt die besorgniserregende Entwicklung in Indonesien: Während das Land einst ein Ort war, an dem zentrale LGBTQ-Rechtsprinzipien formuliert wurden, wendet es sich nun zunehmend gegen diese Gemeinschaft.

Fazit: Gemeinsam für Menschenrechte eintreten

Die systematische Ausgrenzung von LGBT-Personen bei der indonesischen Polizei zeigt die tiefe Kluft zwischen dem Auftrag von Sicherheitsbehörden, alle Bürger:innen zu schützen, und der Realität staatlich sanktionierter Diskriminierung. Als deutsche Bürger*innen sollten wir unsere demokratischen Möglichkeiten nutzen, um Einfluss zu nehmen und die deutsch-indonesischen Beziehungen als Hebel für Menschenrechte zu nutzen.

Die aktuelle Bundesregierung hat sich zu einer feministischen Außenpolitik bekannt, die explizit die Rechte marginalisierter Gruppen fördern soll. Fordern wir sie auf, diesen Grundsätzen auch in den Beziehungen zu Indonesien treu zu bleiben und die systematische Diskriminierung bei der indonesischen Polizei konsequent zu thematisieren.

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