CSD Berlin startet mit Stadtfest: Zwischen Feier und politischem Widerstand

Eine Woche vor der großen CSD-Demonstration feiert die queere Community in Berlin-Schöneberg ihr traditionelles lesbisch-schwules Stadtfest. Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Gleiche Rechte für Ungleiche – weltweit!" und wird in diesem Jahr von einer besonders aufgeheizten politischen Atmosphäre begleitet.

31 Jahre Tradition im Regenbogenkiez

Am Samstag und Sonntag verwandelt sich der Regenbogenkiez rund um den Nollendorfplatz in eine große Feiermeile. Der Regenbogenfonds der schwulen Wirte e.V. als Veranstalter rechnet mit etwa 350.000 Besucher*innen. Bereits zum 31. Mal findet das Fest statt – am Samstag von 11 bis 24 Uhr, am Sonntag von 11 bis 22 Uhr.

Die Eröffnung übernimmt Elisabeth Ziemer (Grüne), ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg. Der heutige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat sich für einen Rundgang am Samstagnachmittag angekündigt – ein wichtiges Zeichen der politischen Unterstützung in schwierigen Zeiten.

Buntes Programm mit politischer Botschaft

Auf sechs Bühnen präsentieren sich queere Projekte, Initiativen und Vereine mit einem vielfältigen Programm von Rock und Pop bis Klassik. Neu in diesem Jahr ist eine Bühne, die sich dem Thema Fetisch widmet. Ein besonderer Höhepunkt ist die Polit-Talkshow "Das wilde Sofa" am Samstag von 16 bis 18:15 Uhr, bei der prominente Gäste wie die Linke-Abgeordnete Elke Breitenbach, der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und die Frauenrechtlerin Seyran Ateş diskutieren werden.

CSD-Demo: "Nie wieder still"

Eine Woche später, am 26. Juli, folgt die eigentliche CSD-Demonstration unter dem kämpferischen Motto "Nie wieder still". 80 Trucks und 100 verschiedene Gruppen werden durch Berlin ziehen, um ein deutliches Zeichen für Vielfalt und Menschenrechte zu setzen.

"Wir werden bunt und lautstark auf der Straße sein", erklärt Marcel Voges vom Vorstand des Berliner CSD. Die Dringlichkeit sei in diesem Jahr besonders groß, da es in den letzten Wochen regelmäßig organisierte Aktionen gegen die queere Community gegeben habe und die politische Unterstützung nachlasse.

Politische Spannungen und Regenbogenflaggen-Debatte

Die aktuelle politische Stimmung zeigt sich besonders deutlich in der Debatte um die Regenbogenflagge am Bundestag. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hatte das Hissen der Regenbogenfahne verboten, was Kanzler Friedrich Merz (CDU) mit den Worten "Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt" verteidigte. Eine Online-Petition mit über 220.000 Unterschriften fordert ein Umdenken.

Diese Entwicklung spiegelt einen größeren gesellschaftlichen Wandel wider: Während Deutschland in den vergangenen Jahren wichtige Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten erzielt hat – von der Ehe für alle bis zum Antidiskriminierungsgesetz –, wächst gleichzeitig der Widerstand konservativer und rechtspopulistischer Kräfte.

Herausforderungen und Solidarität

Die Veranstalter kämpfen nicht nur mit politischen Widerständen, sondern auch mit finanziellen Schwierigkeiten. Besonders US-Sponsoren haben sich zurückgezogen, vermutlich aus Angst vor möglichen Konsequenzen unter der neuen politischen Konstellation. Für die Sicherheit sorgen die Polizei mit einem größeren Einsatz und 1.000 zusätzliche private Kräfte sowie 280 Ärzt*innen und Sanitäter*innen.

"Es trifft uns in dieser Zeit sehr stark, wenn uns die Solidarität entzogen wird", erklärt das Berliner CSD-Team. Dennoch bleiben sie entschlossen: "Wir wollen uns unseren Platz, den wir in Jahrzehnten erstritten haben, nicht wieder streitig machen lassen."

Das Stadtfest in Schöneberg und die kommende CSD-Demonstration werden damit zu wichtigen Barometern für die Stimmung in Deutschland. In einer Zeit, in der hart erkämpfte Rechte wieder in Frage gestellt werden, setzen sie ein deutliches Zeichen: Die queere Community lässt sich nicht zum Schweigen bringen.

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