News

Beunruhigender Präzedenzfall: CSD Schönebeck vorzeitig aufgelöst - Was bedeutet das für die Versammlungsfreiheit queerer Menschen in Deutschland?

Am vergangenen Samstag wurde der fünfte Christopher Street Day (CSD) in Schönebeck, Sachsen-Anhalt, durch Ordnungsamt und Polizei vorzeitig beendet - ein Vorfall, der bundesweit für Aufsehen sorgt. Wie queer.de berichtet, wurde die eigentlich bis 22 Uhr genehmigte Veranstaltung bereits gegen 18 Uhr vom Ordnungsamt für beendet erklärt. Mehrere spontane Proteste gegen diese Maßnahme wurden ebenfalls aufgelöst.

Umstrittene GrĂĽnde fĂĽr den Abbruch

Die Gründe für den Abbruch der ersten deutschen CSD-Kundgebung in diesem Jahr sind umstritten. Nach Angaben von Teilnehmer*innen argumentierten Mitarbeitende des Ordnungsamtes, dass eine der gehaltenen Reden "nicht politisch genug" gewesen sei, um den Charakter einer politischen Versammlung zu rechtfertigen. Auch die Ankündigung und das Abspielen eines Liebeslieds wurde bemängelt. Die Polizei hingegen verwies laut MDR auf mangelndes Sicherheitspersonal als Grund für die Auflösung.

Ein weiterer Streitpunkt war offenbar ein Imbissbereich, der von der Freiwilligen Feuerwehr und dem CSD gemeinsam betrieben wurde. Das Ordnungsamt betrachtete diesen Bereich nicht als Teil der Demonstration und forderte offiziell angestelltes Sicherheitspersonal, während die Veranstalter auf ehrenamtliche Helfer*innen setzten.

Scharfe Kritik und Forderungen nach Konsequenzen

Die Linke.queer bezeichnete den Abbruch als "vollkommen inakzeptablen Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte". Die Bundessprecher Daniel Bache und Frank Laubenburg erklärten, Polizei und Ordnungsamt hätten sich "zu Gehilfen der faschistischen Kräfte gemacht, die CSDs verhindern und verbieten wollen". Sie forderten personelle Konsequenzen für die Verantwortlichen im Ordnungsamt und eine öffentliche Distanzierung des Schönebecker Oberbürgermeisters Bert Knoblauch (CDU).

Auch der Lesben-, Schwulen- und Queerpolitische Runde Tisch (LSQpRT) Sachsen-Anhalt kritisierte den Abbruch als schweren Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Die Veranstalter*innen prĂĽfen laut Schwulissimo rechtliche Schritte gegen die Entscheidung.

Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in Gefahr?

Der Vorfall in Schönebeck wirft grundsätzliche Fragen zur Auslegung der Versammlungsfreiheit auf. Dieses in Artikel 8 des Grundgesetzes verankerte Recht garantiert allen Deutschen, sich "friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Zwar kann dieses Recht unter bestimmten Umständen eingeschränkt werden, etwa bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit, doch die Begründung, eine Rede oder ein Lied sei "nicht politisch genug", erscheint vielen Beobachter*innen als willkürlich.

Besonders beunruhigend ist, dass solche Vorfälle nicht auf Deutschland beschränkt sind. In Ungarn beispielsweise wurden in den vergangenen Jahren Pride-Paraden und andere LGBTQ+-Veranstaltungen immer wieder behindert oder verboten. Einige Teilnehmer*innen des CSD Schönebeck fühlten sich dadurch an die Situation in Ungarn erinnert, wo die Rechte der LGBTQ+-Community unter der Regierung von Viktor Orbán systematisch eingeschränkt wurden.

Ähnliche Vorfälle in Deutschland

Der Vorfall in Schönebeck ist leider nicht der erste dieser Art in Deutschland. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen Behörden und Veranstalter*innen von LGBTQ+-Events. So berichtete die taz über ähnliche Fälle, in denen der politische Charakter von queeren Veranstaltungen von Behörden infrage gestellt wurde.

In Berlin, Köln und anderen Großstädten sind CSDs inzwischen fest etabliert und werden meist von den Behörden unterstützt. In kleineren Städten und ländlichen Regionen, besonders in Ostdeutschland, müssen Veranstalter*innen jedoch oft mit Widerständen kämpfen. Umso wichtiger ist es, dass gerade dort die Versammlungsfreiheit geschützt wird.

Ausblick: Was bedeutet der Vorfall fĂĽr kĂĽnftige CSDs?

Der Vorfall in Schönebeck könnte ein gefährlicher Präzedenzfall für die kommende CSD-Saison sein. Wenn Behörden den politischen Charakter von Pride-Veranstaltungen nach eigenem Ermessen bewerten und gegebenenfalls absprechen können, gerät das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in Gefahr.

Die LGBTQ+-Community und ihre VerbĂĽndeten stehen nun vor der Herausforderung, dieses Grundrecht zu verteidigen. Es bleibt abzuwarten, ob die angekĂĽndigten rechtlichen Schritte Erfolg haben werden. In jedem Fall ist Wachsamkeit geboten, um sicherzustellen, dass CSDs auch in Zukunft als das anerkannt werden, was sie sind: politische Demonstrationen fĂĽr Gleichberechtigung, Akzeptanz und gegen Diskriminierung.

Für die bevorstehende CSD-Saison in Deutschland wird der Fall Schönebeck sicherlich Diskussionen auslösen - sowohl unter Veranstalter*innen als auch bei Behörden. Es bleibt zu hoffen, dass er letztlich zu einer Stärkung der Versammlungsfreiheit beiträgt und nicht zu ihrer Einschränkung.


Die Peppa Pig Gender-Reveal-Kontroverse: Ein Spiegel der transfeindlichen Stimmung in GroĂźbritannien und was Deutschland daraus lernen kann

In Großbritannien sorgte kürzlich eine ungewöhnliche Nachricht für Aufsehen, die schnell zum Politikum wurde: Die bekannte Kinderserie "Peppa Pig" veranstaltete eine pompöse "Gender-Reveal-Party" für ein neues Ferkel-Geschwisterchen. Laut dem ursprünglichen Bericht von PinkNews schoss das Thema "Peppa Pig Gender Reveal" an die Spitze der Google-Trends in Großbritannien und verdrängte sogar Nachrichten zum Ukraine-Krieg auf den zweiten Platz. Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Marketing-Aktion wirkt, entfachte jedoch eine heftige Debatte, die tief liegende gesellschaftliche Spannungen offenbart.

Die AnkĂĽndigung und die transfeindlichen Reaktionen

Im Februar wurde bekannt gegeben, dass die Figur "Mummy Pig" in der Serie schwanger sei und Peppa und George ein Geschwisterchen bekommen würden. Um die Spannung zu steigern, plante der Rechteeigentümer Hasbro eine aufwendige Gender-Reveal-Veranstaltung am Battersea Power Station in London, bei der die berühmten Schornsteine entweder in Rosa oder Blau erleuchten sollten, um anzuzeigen, ob das neue Schweinchen männlich oder weiblich sein würde.

Doch allein die Verwendung des Begriffs "Gender" (im Deutschen: "soziales Geschlecht") löste in den sozialen Medien eine Welle transfeindlicher Kommentare aus. Nutzer machten sich über die Möglichkeit eines "nicht-binären Ferkels" lustig oder forderten die Verwendung des Begriffs "biologisches Geschlecht" anstelle von "Gender". Andere fragten spöttisch, welche Toilette das Ferkel wohl benutzen werde – eine klare Anspielung auf die in Großbritannien hitzig geführte Diskussion um die Nutzung von Toiletten durch Transgender-Personen.

Diese Reaktionen spiegeln die zunehmend transfeindliche Stimmung in Großbritannien wider, die sich auch in der Rechtsprechung niederschlägt. Erst eine Woche zuvor hatte der Oberste Gerichtshof in Großbritannien entschieden, dass die Definitionen von "Frau" und "Geschlecht" im Gleichstellungsgesetz von 2010 auf biologischen Kriterien basieren – eine Entscheidung, die die Trans- und nicht-binäre Gemeinschaft erschütterte, wie verschiedene LGBTQ+-Medien berichteten.

Gender-Reveal-Partys: Problematische Tradition

Die Kontroverse wirft auch ein Licht auf die in den letzten Jahren immer beliebtere, aber zunehmend kritisierte Praxis der Gender-Reveal-Partys. Bei diesen Veranstaltungen wird das Geschlecht eines ungeborenen Kindes in einer oft spektakulären Inszenierung enthüllt – typischerweise mit der Farbzuordnung Blau für Jungen und Rosa für Mädchen.

Kritiker:innen sehen darin eine Verstärkung von Geschlechterstereotypen und traditionellen Geschlechterrollen. Laut der deutschen Initiative "Queer und Neu" reduzieren solche Feiern Kinder auf ihr biologisches Geschlecht und zementieren binäre Geschlechtervorstellungen, bevor das Kind überhaupt geboren ist.

Hinzu kommen die teils katastrophalen Folgen übertriebener Inszenierungen: In den USA haben Gender-Reveal-Partys bereits zu tödlichen Unfällen und sogar Waldbränden geführt. 2021 wurden ein Paar wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, nachdem bei ihrer Gender-Reveal-Party ein Waldbrand ausgelöst wurde, bei dem ein Feuerwehrmann ums Leben kam und 13 weitere Menschen verletzt wurden. In anderen Fällen wurden Tauben rosa oder blau gefärbt und freigelassen, nur um dann zu verhungern.

Der deutsche Kontext: Fortschrittliche Transgender-Rechte

Während in Großbritannien die Rechte von Transgender-Personen unter Druck geraten, hat Deutschland in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt. Am 1. November 2024 trat das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft, das als Meilenstein für die Rechte von Transgender-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen gilt. Das Gesetz ersetzt das veraltete Transsexuellengesetz von 1980, das aufwändige psychologische Gutachten und gerichtliche Genehmigungen erforderte.

Das neue Gesetz ermöglicht es volljährigen Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt durch eine einfache Erklärung zu ändern, ohne medizinische Gutachten oder ein gerichtliches Verfahren durchlaufen zu müssen. Laut Bundesregierung können auch Minderjährige ab 14 Jahren mit Zustimmung ihrer Eltern oder Erziehungsberechtigten ihren Namen und Geschlechtseintrag ändern.

"Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Anerkennung der Würde und Selbstbestimmung von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen", erklärt der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). "Es zeigt, dass Deutschland sich von pathologisierenden und fremdbestimmenden Ansätzen verabschiedet und die Geschlechtsidentität als persönliches Recht anerkennt."

Was Deutschland aus der britischen Debatte lernen kann

Die Peppa-Pig-Kontroverse in Großbritannien zeigt, wie schnell selbst harmlose Kinderinhalte zum Schauplatz ideologischer Auseinandersetzungen werden können. Sie verdeutlicht, wie wichtig ein respektvoller gesellschaftlicher Diskurs über Geschlechtsidentität ist – etwas, das in Deutschland durch die sachlichere Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz besser gelungen zu sein scheint.

Dennoch gibt es auch in Deutschland Herausforderungen. "Trotz rechtlicher Fortschritte erleben trans* Personen im Alltag immer noch Diskriminierung und Ausgrenzung", betont die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti). "Der Weg zu einer wirklich inklusiven Gesellschaft erfordert nicht nur Gesetzesänderungen, sondern auch ein Umdenken in der Bevölkerung."

Während Gender-Reveal-Partys in Deutschland weniger verbreitet sind als in den USA oder Großbritannien, gewinnen sie auch hierzulande an Popularität. Expert:innen für Geschlechtergerechtigkeit raten zu reflektierteren Alternativen. "Anstatt das Geschlecht eines ungeborenen Kindes zum zentralen Ereignis zu machen, könnten werdende Eltern die Vielfalt an Möglichkeiten feiern, die jedem Kind offenstehen sollten – unabhängig vom Geschlecht", empfiehlt der Verband für Regenbogenfamilien.

Fazit: Mehr als nur eine Kindershow-Kontroverse

Die Aufregung um ein fiktives Schweinegeschwisterchen mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, doch sie offenbart tiefere gesellschaftliche Spannungen im Umgang mit Geschlechtsidentität und Transgender-Rechten. Während Großbritannien mit zunehmender Polarisierung kämpft, bieten die Fortschritte in Deutschland eine Alternative, die auf Selbstbestimmung und Respekt basiert.

Die Debatte erinnert uns daran, dass selbst scheinbar unpolitische Unterhaltungsformate wie Peppa Pig im Kontext größerer gesellschaftlicher Diskussionen betrachtet werden müssen. Sie zeigt auch, dass der Weg zu echter Gleichberechtigung für alle Geschlechtsidentitäten noch lang ist – sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland.

In einer Zeit, in der Geschlechtsidentität zu einem politischen Kampfbegriff geworden ist, könnte es hilfreich sein, sich an das zu erinnern, was Kindershows wie Peppa Pig eigentlich vermitteln sollten: Freundschaft, Akzeptanz und die Vielfalt menschlicher (oder in diesem Fall: schweinischer) Erfahrungen.


Zwischen zwei Welten: Wie queere Muslim*innen in Deutschland ihre Identitäten vereinen

In Deutschland kämpfen queere Muslim*innen um Anerkennung in beiden Teilen ihrer Identität. Das Buch "Liebe ist halal" beleuchtet ihre Erfahrungen und schafft eine Brücke zwischen Religion und sexueller Identität. Die Originalrezension stammt von queer.de, doch das Thema verdient einen tieferen Blick in die deutsche Realität dieser oft übersehenen Community.

Die Ibn Rushd-Goethe Moschee: Ein sicherer Hafen in Berlin

Im Herzen Berlins steht die Ibn Rushd-Goethe Moschee - ein Leuchtturm für einen liberalen Islam in Deutschland. 2017 von der Frauenrechtlerin Seyran Ateş mitbegründet, hat sich die Moschee als einzigartiger spiritueller Raum für queere Muslim*innen etabliert. Im Jahr 2022 setzte die Gemeinde ein weltweites Zeichen, als sie als erste Moschee überhaupt die Regenbogenfahne hisste. Diese mutige Geste im Rahmen der Kampagne "Liebe ist halal" löste international sowohl Hass als auch Hoffnung aus.

Besonders bedeutsam: Die Moschee richtete die Anlaufstelle "Islam und Diversität" ein, die täglich von queeren Muslim*innen, aber auch von Lehrer*innen und Sozialarbeiter*innen kontaktiert wird, die in ihrem Berufsalltag mit islamisch begründeter Queerfeindlichkeit konfrontiert sind. Diese Arbeit zeigt, wie dringend solche Räume in Deutschland benötigt werden.

Leben zwischen den Identitäten

Der Sammelband "Liebe ist halal" versammelt sowohl wissenschaftliche Beiträge als auch sehr persönliche Erfahrungsberichte. Carolin Leder und Tugay Saraç bringen es in der Einleitung auf den Punkt: "Queer und muslimisch zu sein, bedeutet, zwischen den Identitäten navigieren zu müssen, vor allem, wenn diese im direkten sozialen Umfeld als unvereinbar angesehen oder kategorisch abgelehnt werden."

Die porträtierten Lebensgeschichten sind in ihrer Authentizität berührend und zeigen das Spektrum der Erfahrungen in Deutschland. Berfin Çelebi beschreibt ihr früheres Doppelleben: "Von Montag bis Freitag war ich der brave Moslem und am Wochenende die Person, die ich wirklich bin." Nach ihrem Coming-out musste sie mit vielen Familienmitgliedern brechen und zog nach Berlin, um ihre Transition zu beginnen.

Ähnlich schwierige Wege gingen Johanna Haupt und Marwa Khabbaz, die beide in Deutschland aufwuchsen und deren Familien ihre Identität als "krank" oder "vom Teufel besessen" bezeichneten. Bemerkenswert ist auch die Geschichte von Tugay Saraç, der sich in seiner Jugend in Deutschland radikalisierte und später in der Ibn Rushd-Goethe Moschee zu sich selbst finden konnte.

Islam und Queerness: Kein Widerspruch

Die wissenschaftlichen Beiträge des Buches verdeutlichen, dass die oft als unumstößlich dargestellte Unvereinbarkeit von Islam und queeren Identitäten keineswegs so eindeutig ist. Carolin Leder verweist auf den islamischen Theologen Ali Ghandour, der betont, "dass im Koran keinerlei eindeutige Aussagen zu queeren Interaktionen getroffen werden." Die religiös begründete Queerfeindlichkeit sei vielmehr ein Produkt der Kolonisierung.

Dies deckt sich mit Erkenntnissen der Bundeszentrale fĂĽr politische Bildung, die aufzeigt, dass in der islamischen Geschichte durchaus Zeiten und Regionen existierten, in denen gleichgeschlechtliche Beziehungen akzeptiert oder zumindest toleriert wurden.

Die Ethnologin Susanne Schröter verdeutlicht in dem Buch, dass der Islam keineswegs einheitlich ist und in verschiedenen Regionen unterschiedliche Geschlechtervorstellungen existieren. So kennen beispielsweise die bugis auf der indonesischen Insel Sulawesi fünf Geschlechtsidentitäten, während im Iran geschlechtsangleichende Operationen zwar erlaubt, aber als "alternativlose Pflicht" dargestellt werden.

Die Situation in Deutschland: Viel Handlungsbedarf

Trotz der bemerkenswerten Arbeit der Ibn Rushd-Goethe Moschee bleibt die Situation fĂĽr queere Muslim*innen in Deutschland schwierig. Laut einer Studie des Deutschen Zentrums fĂĽr Integrations- und Migrationsforschung erleben viele von ihnen Mehrfachdiskriminierung: In der LGBTQ+-Community werden sie mit Islamfeindlichkeit konfrontiert, in muslimischen Gemeinschaften mit Queerfeindlichkeit.

Besonders kritisch sieht Tugay Saraç die Deutsche Islamkonferenz, die liberal-muslimischen Stimmen kaum Gehör schenkt. Obwohl Vertreter*innen der Ibn Rushd-Goethe Moschee regelmäßig eingeladen werden, bekommen sie nur die Rolle passiver Zuschauer*innen zugewiesen. "Das ist im Hinblick auf die Tatsache, dass unsere Moschee die einzige liberale Moschee in Deutschland ist, eine Schande", schreibt Saraç.

Dabei wäre gerade der Dialog zwischen verschiedenen muslimischen Strömungen, dem Staat und der LGBTQ+-Community in Deutschland dringend notwendig. Die Kampagne "Liebe ist halal" und das gleichnamige Buch leisten hier wichtige Pionierarbeit, indem sie Sichtbarkeit schaffen und Vorbilder präsentieren.

Brücken bauen statt Gräben vertiefen

Bemerkenswert ist die Botschaft von Tugay Saraç, der selbst den Weg aus der Radikalisierung fand: "Kein Islamist, kein Extremist sollte einfach aufgegeben werden." Dieser versöhnliche Ton zieht sich durch viele der Beiträge. Die Autor*innen wollen keine Feindbilder schaffen, sondern Verständnis wecken und Brücken bauen - sowohl in die muslimische Community als auch in die Mehrheitsgesellschaft.

Diese Haltung ist besonders in Deutschland wichtig, wo Debatten ĂĽber Islam und LGBTQ+-Rechte oft polarisiert und fĂĽr politische Zwecke instrumentalisiert werden. Das Buch zeigt: Queere Muslim*innen sind keine passiven Opfer, sondern aktive Gestalter*innen ihrer eigenen Geschichte und wichtige BrĂĽckenbauer*innen zwischen verschiedenen Teilen der Gesellschaft.

Der Sammelband "Liebe ist halal" ist damit weit mehr als eine Sammlung persönlicher Geschichten. Er ist ein wichtiger Beitrag zur Diversität innerhalb der deutschen Gesellschaft und ein Plädoyer für einen Islam, der Vielfalt als Bereicherung versteht. Für alle, die an diesem Dialog interessiert sind, bietet das Buch wertvolle Einblicke und Denkanstöße.


Hamburgs Leuchtturm fĂĽr queere Rechte: Rot-grĂĽner Koalitionsvertrag setzt klare Zeichen fĂĽr die LGBTQ+-Community

In einer Zeit, in der queere Themen in der Bundespolitik vernachlässigt werden, stellt der kürzlich vorgestellte rot-grüne Koalitionsvertrag in Hamburg ein positives Gegenbeispiel dar. Wie queer.de berichtet, widmet die Koalition aus SPD und Grünen der LGBTQ+-Community in ihrem am Donnerstag präsentierten Abkommen einen eigenen Abschnitt unter dem Titel "Queeres Leben in Hamburg".

Ein klares Bekenntnis zur Vielfalt

"Hamburg ist und bleibt bunt" – mit dieser klaren Aussage bekennt sich die Hansestadt zu ihrer Rolle als weltoffene Metropole. Der Koalitionsvertrag macht deutlich, dass die Wertschätzung von Vielfalt als Grundwert einer liberalen Gesellschaft verstanden wird. Der bereits 2017 auf den Weg gebrachte Aktionsplan "Hamburg l(i)ebt vielfältig" wird fortgeführt und ausgebaut.

Besonders hervorzuheben ist, dass SPD und Grüne konkrete Maßnahmen planen: Die Kontinuität zivilgesellschaftlicher Angebote für queere Menschen soll gesichert werden, ein zentrales Beratungsangebot für queere Familien wird geprüft, und auch kulturelle Initiativen wie das Queere Filmfestival erhalten weiterhin Förderung.

Engagement gegen Diskriminierung und Hassverbrechen

Vor dem Hintergrund steigender queerfeindlicher Straftaten in Deutschland, die laut Bundesinnenministerium um fast 50% zugenommen haben, ist das Bekenntnis zu konsequentem Vorgehen gegen Hasskriminalität besonders wichtig. Die LGBTIQ*-Konzepte der Polizei sollen weitergeführt und gestärkt werden.

Diese Haltung spiegelt sich auch im diesjährigen Christopher Street Day in Hamburg wider, der unter dem Motto "5 vor 12! Du & ich gegen Rechtsdruck" ein deutliches Zeichen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft setzte.

Hamburgs Vorbildrolle im Bundesvergleich

Der Hamburger Koalitionsvertrag hebt sich deutlich von der Situation auf Bundesebene ab. Während der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD im Bund queere Themen weitgehend ignoriert, positioniert sich Hamburg klar. Die rot-grüne Koalition in der Hansestadt verspricht, sich auf Bundesebene für die Erweiterung des Diskriminierungsverbots im Grundgesetz um die Merkmale der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität einzusetzen.

Zudem will Hamburg eine Reform des Abstammungsrechts vorantreiben, um die Ungleichbehandlung insbesondere von lesbischen Frauen zu beenden – ein Thema, das im Bundeskoalitionsvertrag nicht angesprochen wurde und auf das der LSVD seit langem drängt.

Queerpolitik im bundesweiten Kontext

Der Hamburger Ansatz steht im Kontext bedeutender Entwicklungen für die queere Community in Deutschland. Im April 2024 wurde auf Bundesebene das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet, das das veraltete Transsexuellengesetz von 1981 ablöst und einen wichtigen Fortschritt für die Rechte von trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen darstellt.

Auch der von der Bundesregierung verabschiedete Aktionsplan "Queer leben" zielt darauf ab, den Alltag queerer Menschen zu verbessern und die rechtliche Gleichstellung voranzubringen. Hamburgs Koalitionsvertrag ergänzt diese Entwicklungen auf Landesebene und zeigt, dass föderale Strukturen wichtige Impulse geben können.

Ein Leuchtturm in unruhigen Zeiten

Der 148-seitige Hamburger Koalitionsvertrag steht unter der Überschrift "Hamburg vereint – mit Herz und Verstand". Der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) betonte bei der Vorstellung, dass der Vertrag den Menschen in Hamburg "soziale, wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten geben" solle. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) ergänzte, der Koalitionsvertrag "atme den Geist von Optimismus".

In einer Zeit, in der in vielen Teilen der Welt die Rechte von LGBTQ+-Personen unter Druck geraten, sendet Hamburg ein wichtiges Signal: Diversität und Inklusion bleiben zentrale Werte einer demokratischen Gesellschaft. Der Koalitionsvertrag macht deutlich, dass die Hansestadt nicht nur eine bunte, weltoffene Metropole ist, sondern auch bleiben will – ein Versprechen, das angesichts zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung besondere Bedeutung erhält.


Gericht lehnt höheres Schmerzensgeld für Missbrauchsopfer ab: Der Fall Wilfried Fesselmann gegen die katholische Kirche

Im Prozess um Schmerzensgeld zwischen einem 56-jährigen Missbrauchsopfer und der katholischen Kirche hat das Landgericht Essen die Forderung nach einer Zahlung von mindestens 300.000 Euro zurückgewiesen. Wie queer.de berichtet, steht für das Gericht zwar fest, dass der Missbrauch wie geschildert stattgefunden hat – jedoch habe das Bistum Essen bereits ein Schmerzensgeld in Höhe von 45.000 Euro gezahlt, was nach Ansicht des Gerichts angemessen sei.

Der Fall Wilfried Fesselmann

Der Fall des heute 56-jährigen Wilfried Fesselmann sorgt seit Jahren für Aufsehen in der deutschen Öffentlichkeit. Im Sommer 1979 wurde Fesselmann als Elfjähriger von einem Kaplan in der Pfarrwohnung der Essener Gemeinde St. Andreas sexuell missbraucht. Der damalige Geistliche hatte als Zeuge vor Gericht eingeräumt, mit dem Jungen nackt in seinem Bett gelegen zu haben und versucht zu haben, den Jungen im Intimbereich anzufassen. Das Gericht bewertete die vom Kläger abweichende Schilderung des Täters jedoch als nicht glaubhaft. Fesselmann selbst hatte ausgesagt, dass er durch Oralverkehr missbraucht worden war.

Haftung des Bistums anerkannt

Ein wichtiger Aspekt des Urteils ist die grundsätzliche Anerkennung der Haftung des Bistums. Das Gericht bestätigte, dass der Kläger im Rahmen der sogenannten Amtshaftung Anspruch auf Ersatz aller entstandenen materiellen Schäden hat, die auf den Missbrauch zurückzuführen sind. Weil der Kaplan im Auftrag des Bistums gehandelt habe, müsse das Bistum auch für sein Handeln einstehen – auch dafür, "dass der Kaplan den Kläger durch das Ausnutzen seiner Position bei dem Bistum zu sich nach Hause gelockt und dort sexuell missbraucht habe", wie es in der Mitteilung des Gerichts heißt.

Die Frage der angemessenen Entschädigung

Bei der Bewertung des angemessenen Schmerzensgeldes berücksichtigte das Gericht, dass der Kläger in seinem privaten und beruflichen Leben durch die Folgen des Missbrauchs erheblich eingeschränkt ist. Dennoch wurde die Summe von 45.000 Euro als ausreichend angesehen, da sie vergleichbaren Entscheidungen anderer Gerichte entspreche. Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, bezeichnete das Urteil als Bestätigung des Verfahrens zur Anerkennung des Leids. Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) orientiere sich bei der Festlegung der Zahlungen an gerichtlichen Entscheidungen.

Täter nach Bayern versetzt

Besonders erschütternd an diesem Fall ist, dass der Essener Geistliche nach Missbrauchsvorwürfen in mehreren Fällen Anfang der 1980er Jahre nach Bayern versetzt wurde, angeblich um sich einer Therapie zu unterziehen. Dort ging der Missbrauch laut Bistum Essen jedoch mit zahlreichen weiteren Fällen weiter. Es kam später sogar zu einer rechtskräftigen Verurteilung. Erst 2010 – also etwa 30 Jahre nach den ersten bekannten Missbrauchsfällen – wurde der Täter aus dem kirchlichen Dienst entfernt und später in den Laienstand zurückversetzt, wodurch er auch seine kirchlichen Altersbezüge verlor.

Zunehmende Klagen gegen die Kirche

Der Fall Fesselmann steht beispielhaft für eine Entwicklung, die seit 2022 zu beobachten ist: Immer mehr Missbrauchsopfer wagen den Schritt, vor Zivilgerichten gegen Bistümer zu klagen. Die Verjährungsfristen im Strafrecht verhindern in vielen Fällen eine strafrechtliche Verfolgung der Täter – wie auch im Fall Fesselmann. Zivilrechtliche Klagen auf Schmerzensgeld stellen für viele Betroffene oft die einzige Möglichkeit dar, eine Form der Gerechtigkeit zu erfahren.

Berufung möglich

Das Urteil in der Zivilklage ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger hat die Möglichkeit, Berufung am Oberlandesgericht in Hamm einzulegen. Ob Wilfried Fesselmann diesen Weg beschreiten wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Der Fall bleibt ein wichtiger Präzedenzfall für die rechtliche Bewertung von Missbrauchsfällen in kirchlichen Kontexten und die Frage, welche Entschädigungssummen als angemessen gelten können.

Bedeutung fĂĽr die LGBTQ+ Community

Fälle sexuellen Missbrauchs wie dieser betreffen die LGBTQ+ Community in besonderer Weise, da sie häufig von konservativen Kräften instrumentalisiert werden, um Homosexualität und Pädophilie in einen falschen Zusammenhang zu stellen. Es ist daher umso wichtiger, diese Fälle differenziert zu betrachten und klar zu benennen, dass es sich beim sexuellen Missbrauch um Machtmissbrauch handelt – unabhängig von der sexuellen Orientierung der Täter. Für die Betroffenen ist es oft ein jahrzehntelanger Kampf, Anerkennung und angemessene Entschädigung zu erhalten, wie der Fall Fesselmann eindrücklich zeigt.


Studie enthüllt: Queer in NRW – Mehrheit mit Gewalterfahrungen und zunehmender Zukunftsangst

Eine umfangreiche Studie zur Lebenssituation queerer Menschen in Nordrhein-Westfalen zeigt ein ernüchterndes Bild: Die Mehrheit der Befragten hat in den letzten fünf Jahren entweder selbst Übergriffe erlebt oder kennt Betroffene im nahen Umfeld. Die am Freitag von Landesfamilienministerin Josefine Paul (Grüne) vorgestellte Untersuchung "Queer durch NRW" gilt als die bundesweit größte ihrer Art.

Alarmierende Zahlen zu Gewalt und Diskriminierung

Die Ergebnisse der Studie sind beunruhigend: 38 Prozent der über 6.200 Befragten gaben an, selbst Opfer eines Übergriffs geworden zu sein, während weitere 24 Prozent Menschen im nahen Umfeld kennen, die solche Erfahrungen gemacht haben. Besonders betroffen sind trans, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen, die überdurchschnittlich häufig von Ungleichbehandlung, Diskriminierung und Gewalt berichten.

Die Landtagsdrucksache zu dieser Thematik unterstreicht, dass queere Menschen in verschiedenen Lebensbereichen – vom Alltag über die Arbeitswelt bis hin zur Gesundheitsversorgung – häufiger von Diskriminierung betroffen sind als die Mehrheitsgesellschaft.

Hohe Dunkelziffer bei Ăśbergriffen

Besonders alarmierend: Von den Personen, die Gewalterfahrungen angaben, hat sich nicht einmal jeder Zehnte bei der Polizei gemeldet. Als Hinderungsgründe werden der bürokratische Aufwand, Befürchtungen über mangelnde Kompetenz der Polizei im Umgang mit queeren Themen und sogar die Angst vor weiterer Diskriminierung durch die Behörden selbst genannt.

Diese hohe Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle unterstreicht die Notwendigkeit spezialisierter Beratungsangebote und einer besseren Sensibilisierung der Behörden, wie Experten betonen.

Zukunftsangst trotz aktueller Zufriedenheit

Ein paradoxes Ergebnis der Studie: Obwohl über 80 Prozent der Befragten befürchten, dass sich ihre Situation aufgrund zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung verschlechtern wird, äußerten sich fast drei Viertel mit ihrem Leben insgesamt zufrieden. Zwei Drittel schätzten ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut ein.

In vielen Lebensbereichen werden mehrheitlich positive Erfahrungen gemacht: am häufigsten in Freizeit, Kultur und Ehrenamt (91 Prozent), sozialer Arbeit (90 Prozent), Hochschulen (90 Prozent), Kitas (83 Prozent), der Arbeitswelt (83 Prozent) und in der Familie (82 Prozent).

Ministerin Josefine Paul kommentiert die Ergebnisse: "FĂĽr Nordrhein-Westfalen ist es einerseits eine gute Nachricht, dass viele LSBTIQ* derzeit zufrieden sind mit ihrer Lebenssituation in NRW. Es stimmt mich allerdings nachdenklich, dass LSBTIQ* mehrheitlich pessimistisch in die Zukunft schauen."

Besonders problematisch: Die Schule

Die Studie identifiziert die Schule als einen besonders problematischen Lebensbereich. 42 Prozent derjenigen, die in den vergangenen fünf Jahren in NRW zur Schule gegangen sind, berichten von überwiegend negativen Erfahrungen. Ebenfalls kritisch: Ämter und Behörden (27 Prozent negative Erfahrungen) sowie der Sport (26 Prozent).

Diese Ergebnisse bestätigen, was viele Betroffene bereits aus eigener Erfahrung wissen: Schulen sind nach wie vor Orte, an denen queere Jugendliche besonders häufig Ablehnung und Diskriminierung erfahren – eine Situation, die dringend mehr Aufmerksamkeit erfordert.

MaĂźnahmen der Landesregierung

Als Reaktion auf die Studienergebnisse betont die schwarz-grüne Landesregierung ihre kontinuierlichen Bemühungen, "queere Menschen vor Diskriminierung zu schützen". Dazu gehören die Förderung psychosozialer Beratungsstellen, die Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit sowie spezifische Förderungen für Trans*- und Inter*-Organisationen.

Ministerin Paul setzt sich, wie auch auf anderen Plattformen dokumentiert, aktiv fĂĽr die Rechte und den Schutz von LSBTIQ*-Personen ein und unterstreicht die Bedeutung von Akzeptanz und Vielfalt in der Gesellschaft.

Ein Blick in die Zukunft

Laut Schätzungen ist etwa jede zehnte Person der gut 18 Millionen Einwohner*innen im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschland Mitglied der LGBTIQ-Community. Die nun vorliegende Studie mit über 10.000 Erfahrungsberichten (6.200 Community-Mitglieder und 5.200 Fachkräfte aus unterschiedlichen Berufen) liefert zwar keine statistisch repräsentativen Zahlen, ermöglicht es aber, maßgebliche Problemlagen zu identifizieren und gezielt anzugehen.

Für die Zukunft bleibt es eine zentrale Aufgabe, die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern, Schutzräume zu schaffen und Diskriminierung entschieden entgegenzutreten – damit die Zukunftsängste der Community nicht zur Realität werden.


Alarmierende Zunahme von Hasskriminalität gegen LGBTQ+ zu Beginn der CSD-Saison in Deutschland

Mit dem Beginn der CSD-Saison in Sachsen-Anhalt steigt die Besorgnis über die zunehmende Hasskriminalität gegen queere Menschen. Laut einem aktuellen Bericht von queer.de sind die von der Polizei erfassten Straftaten gegen Personen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung in Sachsen-Anhalt deutlich angestiegen – ein Trend, der bundesweit zu beobachten ist.

Besorgniserregende Zahlen aus Sachsen-Anhalt

Die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität in Sachsen-Anhalt zeigt eine alarmierende Entwicklung: Im vergangenen Jahr wurden 32 Straftaten im Bereich Hasskriminalität mit Bezug auf geschlechtsbezogene Diversität erfasst – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 20 Fällen im Vorjahr. Bei den Delikten handelte es sich hauptsächlich um Sachbeschädigung (7 Fälle), Beleidigung (6 Fälle) und Volksverhetzung (5 Fälle).

Auch die Mobile Opferberatung bestätigt diese Entwicklung und verzeichnete mit 23 Angriffen und 28 direkt Betroffenen im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand. Besonders besorgniserregend: Die CSD-Veranstaltungen in Köthen, Magdeburg, Zeitz und Halle waren wiederholt Ziele extrem rechter Hetze, Mobilisierungen und Gewalttaten.

Teil eines bundesweiten Problems

Die Situation in Sachsen-Anhalt spiegelt einen bundesweiten Trend wider. Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.295 Hasskriminalitätsdelikte gegen LGBTQ+ Personen in Deutschland erfasst – ein Anstieg von 14,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Betroffene aus Scham, Angst vor Stigmatisierung oder mangelndem Vertrauen in die Behörden keine Anzeige erstatten.

Der Tagesspiegel berichtet, dass die Angriffe während der CSD-Saison bundesweit zugenommen haben und von verbalen Belästigungen bis hin zu tätlichen Angriffen reichen.

CSD-Saison beginnt unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen

Die CSD-Saison in Sachsen-Anhalt beginnt an diesem Samstag in Schönebeck, einer 30.000 Einwohner*innen zählenden Stadt. Die Veranstalter*innen haben auf die zunehmenden Bedrohungen reagiert und arbeiten eng mit Behörden und Polizei zusammen, "um einen sicheren Rahmen für alle Teilnehmenden zu schaffen". Die notwendigen Sperrungen in der Umgebung dienen dabei dem Schutz, "damit wir sichtbar und sicher demonstrieren können", so die Organisator*innen.

Die Veranstalter*innen warnen angesichts der Entwicklungen in Ungarn und anderen Teilen der Welt, dass queere Sichtbarkeit keine Selbstverständlichkeit sei: "Versammlungen werden verboten, Rechte beschnitten, Menschen bedroht. Auch in Deutschland wächst der Druck. Umso wichtiger ist es, dass wir präsent sind - laut, solidarisch und entschlossen."

Forderungen nach verstärkten Schutzmaßnahmen

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Sachsen-Anhalt fordert von der Landesregierung verstärkte Maßnahmen zum Schutz von LGBTQ+ Personen. Dazu gehören eine bessere Unterstützung für Opfer von Hasskriminalität und die Förderung von Akzeptanz durch Bildungsprogramme. Auch die Bundesregierung hat das Problem erkannt und arbeitet an einer verbesserten Erfassung und Verfolgung von Hasskriminalität.

Die Zunahme queerfeindlicher Gewalt verdeutlicht, wie wichtig Pride-Veranstaltungen als Zeichen des Widerstands und der Solidarität sind. In einer Zeit, in der queere Menschen vermehrt zur Zielscheibe werden, ist es umso bedeutsamer, gemeinsam für Sichtbarkeit, Akzeptanz und Sicherheit einzustehen – in Sachsen-Anhalt und bundesweit.


Mpox-Welle in Berlin: 2025 bereits mehr Fälle als im gesamten Vorjahr - Wo bleibt die Impfkampagne?

Berlin verzeichnet einen besorgniserregenden Anstieg der Mpox-Fälle. Laut dem aktuellen Wochenbericht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) wurden seit Jahresbeginn bereits 69 Mpox-Fälle in der Hauptstadt registriert – mehr als im gesamten Vorjahr, als insgesamt 67 Fälle gemeldet wurden. Diese Entwicklung wirft Fragen nach dem Impfschutz und präventiven Maßnahmen in der Community auf.

Die aktuelle Lage: Ein lokaler Ausbruch mit Potenzial

In der 16. Meldewoche kamen drei neue Fälle hinzu, nach sechs in der Vorwoche. Der letzte bekannte Erkrankungsbeginn wurde mit dem 11. April datiert. Auch andere Bundesländer verzeichnen steigende Fallzahlen: In Nordrhein-Westfalen wurden bis zur 16. Kalenderwoche 41 Fälle registriert – davon allein 17 in Köln. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es lediglich sieben Fälle.

Bei den in Berlin betroffenen Personen handelt es sich ausschließlich um Männer mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren. Besorgniserregend: 60 der Erkrankten hatten keine Impfung erhalten, nur ein Mann hatte eine einzelne Impfdosis bekommen. Zu den übrigen lagen keine Daten vor. Besonders auffällig ist, dass nur bei etwa 9 Prozent der Fälle ein Auslandsaufenthalt im potenziellen Ansteckungszeitraum angegeben wurde, was auf lokale Übertragungsketten hindeutet.

Das LAGeSo spricht von einer "Zirkulation von Mpox der Klade II in bestimmten Risikogruppen in Berlin", in denen noch erhebliche Impflücken bestehen könnten. Zum Vergleich: Während des großen globalen Ausbruchs zwischen Mai 2022 und Januar 2023 wurden in Berlin insgesamt 1.676 Mpox-Fälle gemeldet. Obwohl die aktuellen Zahlen deutlich niedriger sind, zeigt der Trend nach oben.

Impfschutz: VerfĂĽgbar, aber zu wenig genutzt

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Mpox als Indikationsimpfung für Personen mit einem erhöhten Infektionsrisiko. Dazu gehören insbesondere MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) mit häufig wechselnden Partnern, aber auch Laborpersonal mit Kontakt zu infektiösen Proben und Personen mit engem Kontakt zu Infizierten.

Für eine vollständige Grundimmunisierung sind zwei Dosen des Impfstoffs Imvanex im Abstand von 28 Tagen erforderlich. Eine Studie der Charité Berlin hat gezeigt, dass bereits eine Dosis eine Schutzwirkung von 84 Prozent verleiht. Bei Menschen mit HIV ist jedoch nach einer Impfdosis der Schutz noch unzureichend, weshalb die empfohlene zweite Impfdosis besonders wichtig ist.

"Die Zahlen zeigen eindeutig, dass wir in Berlin ein Impfproblem haben", erklärt Dr. Markus Wicke von der Deutschen Aidshilfe gegenüber Pride.Direct. "Der Impfstoff ist verfügbar, aber er wird nicht ausreichend nachgefragt. Die meisten der Erkrankten waren ungeimpft – das ist vermeidbar."

Wo kann man sich in Berlin impfen lassen?

In Berlin ist die Mpox-Impfung in den meisten HIV-Schwerpunktpraxen verfügbar. Auch für Menschen ohne Krankenversicherung gibt es Möglichkeiten, eine kostenlose Impfung zu erhalten. Das Checkpoint BLN der Berliner Aids-Hilfe bietet Beratungen und Impfungen an, ebenso wie das Projekt sidekicks.berlin, das auch ausführlich über die Krankheit, Symptome und Übertragungswege informiert.

Verschiedene Community-Organisationen haben auf die steigenden Fallzahlen reagiert. Das Projekt sidekicks.berlin hat seine Informationskampagne verstärkt und bietet niedrigschwellige Aufklärung und Beratung an. Auch die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat angekündigt, eine neue Informationskampagne zu starten, um auf die Wichtigkeit der Impfung hinzuweisen.

Mpox – was ist das eigentlich?

Mpox (früher als "Affenpocken" bezeichnet) wird durch das Mpox-Virus verursacht und hauptsächlich durch engen Körperkontakt übertragen. Die Symptome ähneln denen der Pocken, verlaufen aber in der Regel milder. Typische Anzeichen sind Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten und Hautausschlag mit charakteristischer Bläschenbildung.

Übertragen wird das Virus bei engem Hautkontakt, wie zum Beispiel beim Sex, Küssen oder Kuscheln, aber auch durch Kontakt zu gemeinsam genutzten Gegenständen wie Sextoys, Bettwäsche oder Handtüchern. Wichtig zu verstehen: Obwohl der aktuelle Ausbruch vor allem MSM betrifft, ist Mpox keine "schwule Krankheit" – das Virus kann prinzipiell jeden infizieren, unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität.

Internationale Situation: WHO in Alarmbereitschaft

Während in Berlin und Deutschland hauptsächlich die Klade-IIb-Variante zirkuliert, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im August 2024 aufgrund des Anstiegs von Mpox-Fällen, insbesondere der gefährlicheren Klade I in Afrika, eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite (PHEIC) ausgerufen. Die WHO betont die Wichtigkeit von Überwachungs- und Präventionsmaßnahmen sowie intensiver Forschung.

In Deutschland wurden laut Robert Koch-Institut (RKI) bis Anfang April mehr als 150 Mpox-Fälle gemeldet, wobei Berlin weiterhin am stärksten betroffen ist. Es gibt auch vereinzelte importierte Fälle der Klade Ib, die auf Reisen nach Afrika zurückzuführen sind.

Fazit: Prävention ist der Schlüssel

Die steigenden Fallzahlen in Berlin zeigen, dass das Mpox-Virus weiterhin zirkuliert und besonders in bestimmten Communities präsent ist. Experten sind sich einig: Die beste Prävention ist die Impfung. Zusätzlich empfehlen sie Safer-Sex-Praktiken und erhöhte Aufmerksamkeit bei Symptomen.

Bei Verdacht auf eine Mpox-Infektion sollte umgehend ärztlicher Rat eingeholt und enger Kontakt zu anderen Menschen vermieden werden. Die gute Nachricht: Der Impfstoff ist in ausreichender Menge verfügbar – er muss nur genutzt werden.

Community-Organisationen und Gesundheitsbehörden stehen vor der Herausforderung, das Bewusstsein für die Impfung zu stärken und Zugangsbarrieren abzubauen. Nur so kann verhindert werden, dass sich die Fallzahlen weiter erhöhen und Berlin erneut zu einem Hotspot für Mpox wird.


Ein Meilenstein fĂĽr trans Jugendliche: Neue Medizinische Leitlinie schafft Rechtssicherheit und bessere Versorgung

Die Behandlung von Jugendlichen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, erhält jetzt erstmals in Deutschland einen einheitlichen fachlichen Rahmen. Anfang März haben 26 medizinische und psychotherapeutische Fachgesellschaften sowie zwei Patientenvertretungsorganisationen eine medizinische Leitlinie zur fachgerechten Behandlung von transgeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, wie queer.de berichtete. Das mehrere hundert Seiten lange Dokument bietet umfassende Empfehlungen für einen respektvollen und fachlich angemessenen Umgang mit den Betroffenen.

Sieben Jahre Arbeit fĂĽr ein wegweisendes Dokument

Die Erstellung der S2k-Leitlinie dauerte insgesamt sieben Jahre und war ein umfassender Prozess, an dem Vertreter von 27 Fachorganisationen sowie einem Verband von trans Personen und einer Elternorganisation beteiligt waren. Federführend waren dabei Georg Romer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Münster, und Dagmar Pauli, Kinder- und Jugendpsychiaterin am Universitätsspital Zürich.

"Die Leitlinie ist ein Meilenstein: Sie wird die medizinische und psychotherapeutische Versorgung von trans Jugendlichen verbessern und transparenter machen für die Jugendlichen und ihre Familien", erklärt Sabine Maur von der Bundespsychotherapeutenkammer, eine der Autorinnen der Leitlinie. Sie betont, dass die Leitlinie fundierte Empfehlungen für alle relevanten Behandlungsschritte gibt – von der Diagnostik über psychosoziale Unterstützung bis hin zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen.

Mehr Selbstbestimmung fĂĽr Jugendliche

Ein zentraler Aspekt der neuen Leitlinie ist die Stärkung der Selbstbestimmung der betroffenen Jugendlichen. Über eine geschlechtsangleichende Hormonbehandlung sollte eine jugendliche Person nach Angaben der Leitlinie immer selbst in der Lage sein zu entscheiden, wobei die Eltern diesem Schritt zustimmen sollten. Die Fachkräfte haben dabei die Aufgabe, die Jugendlichen zu unterstützen, eine gut abgewogene Entscheidung zu treffen.

Mari Günther vom Bundesverband Trans* weist darauf hin, dass trans Jugendliche in der Versorgung häufig Misstrauen erfahren: "So glaubten manche Versorger*innen, die nicht gut informiert seien, ein Jugendlicher sei nicht richtig trans, wenn nicht sicher sei, ob er Hormone nehmen wolle oder nicht." Die neue Leitlinie betont hingegen die Wichtigkeit eines akzeptierenden Raums für den eigenen Abwägungsprozess der Jugendlichen.

Sorgfältige Entscheidungen im Einzelfall

Georg Romer, Kinder- und Jugendpsychiater und Koordinator der Leitlinie, betont die Bedeutung einer sorgfältigen Einzelfallentscheidung: "Wir müssen junge Menschen vor verfrühten Fehlentscheidungen schützen, aber wir müssen auch berücksichtigen, dass ein zu langes Warten auch schädliche Folgen haben kann." Die Leitlinie strebt damit einen ausgewogenen Ansatz an, der sowohl überstürzte Entscheidungen vermeidet als auch unnötiges Leid durch zu lange Wartezeiten verhindert.

Voraussetzungen fĂĽr eine Hormonbehandlung

Die Leitlinie legt klare Kriterien für den Beginn einer medizinischen Behandlung fest. Grundvoraussetzung ist ein hoher Leidensdruck der Patient*innen oder die Einschätzung, dass dieser ohne Behandlung entstehen würde. Eine geschlechtsangleichende Hormonbehandlung sollte nur dann beginnen, wenn die Person sich seit mehreren Jahren als transgeschlechtlich fühlt, um vorübergehende Identitätssuchen auszuschließen.

Entgegen früherer Praxis ist es laut Leitlinie nicht mehr notwendig, eine bestimmte Mindestanzahl an Therapiestunden absolviert zu haben. Psychotherapie solle zwar allen Personen, die sie benötigen, niedrigschwellig angeboten werden, sei aber keine Pflicht mehr. "Aber es führt zu nichts, eine Psychotherapie zwangsweise anzubieten, weil sie dann auch nicht hilft", erläutert Mari Günther. Verpflichtend bleiben jedoch eine umfassende jugendpsychiatrische Diagnostik und mehrere Gespräche mit Fachkräften vor Beginn einer Hormontherapie.

Pubertätsblocker und Hormontherapie

Pubertätsblocker, die vorübergehend die pubertätsbedingten Körperveränderungen verhindern, spielen in der Behandlung eine wichtige Rolle. Sie verschaffen Jugendlichen Zeit für ihre Entscheidungsfindung und gelten als vollständig reversibel, sobald die Medikamente abgesetzt werden. Im Gegensatz dazu bewirkt eine Hormontherapie mit Geschlechtshormonen (Estradiol bei trans Frauen, Testosteron bei trans Männern) aktive Körperveränderungen, die teilweise nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Die Leitlinie betont daher, dass für solche Entscheidungen "ein hohes Maß an kognitiver und sozioemotionaler Reife" der Minderjährigen erforderlich ist. Die Hormone müssen in der Regel lebenslang genommen werden, was die Tragweite der Entscheidung unterstreicht.

Zahlen und gesellschaftlicher Kontext

Trotz der zunehmenden Sichtbarkeit des Themas in der Öffentlichkeit ist die absolute Zahl der medizinisch behandelten jungen Menschen sehr niedrig. "Hochgerechnet sind es jährlich in ganz Deutschland wenige hundert Jugendliche, die neu mit einer Pubertätsblockade oder geschlechtsangleichenden Hormonbehandlung beginnen", erklärt Romer.

Der Anstieg geschlechtsangleichender Operationen bei Erwachsenen in den letzten Jahren ist nach Einschätzung der Expert*innen nicht auf eine plötzlich höhere Anzahl trans Personen zurückzuführen. Vielmehr seien eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz, die Entstigmatisierung und verbesserte Versorgungsangebote der Grund dafür, dass sich mehr Betroffene behandeln lassen.

Debatte um wissenschaftliche Evidenz

Es gibt auch kritische Stimmen zur neuen Leitlinie. So hat Florian Zepf, der die Leitlinienkommission verlassen hat, bemängelt, dass nicht alle Empfehlungen durch ausreichende wissenschaftliche Evidenz gestützt seien. Insbesondere wird die wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen von Pubertätsblockern als eher schwach eingeschätzt, während es für geschlechtsangleichende Hormonbehandlungen mehr unterstützende Daten gibt.

Die Leitlinie befand sich bis Ende April 2024 in der Kommentierungsphase durch die beteiligten Fachgesellschaften. Es wird erwartet, dass die endgültige Version voraussichtlich im Juni 2024 veröffentlicht wird. Mit der vollständigen Implementierung dieser Leitlinie erhält Deutschland erstmals einen umfassenden, evidenzbasierten Standard für die Behandlung von trans Jugendlichen, der sowohl ihre Selbstbestimmung respektiert als auch ihre Sicherheit gewährleistet.

Die vollständige Leitlinie kann als PDF-Dokument über die Website der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) abgerufen werden.


Alarmsignal fĂĽr Deutschland: EU verfehlt wichtige Ziele im Kampf gegen HIV und Hepatitis

Hepatitis, HIV, Tuberkulose und andere sexuell übertragbare Infektionen stellen weiterhin eine massive gesundheitliche Herausforderung für Europa dar, wie ein aktueller Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zeigt. Diese vermeidbaren Krankheiten verursachen jährlich fast 57.000 Todesfälle in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum – auch in Deutschland ist die Situation besorgniserregend.

Deutschlands besondere Herausforderungen

Während Deutschland bei der Erkennung von Tuberkulose überdurchschnittlich gut abschneidet, zeigt eine aktuelle Studie zur "BIS 2030"-Strategie der Bundesregierung erhebliche Defizite. Bei HIV wurden die behandlungsbezogenen Ziele zwar bereits erreicht, doch bei der Reduktion von Neuinfektionen gibt es weiterhin große Lücken. Besonders kritisch ist die Situation bei Hepatitis C, wo Deutschland die gesteckten Ziele deutlich verfehlt, wie Analysen von Gesundheitsexperten zeigen.

Beunruhigender Anstieg von STIs

Besonders alarmierend ist die Entwicklung bei sexuell übertragbaren Infektionen (STIs). Während genaue europaweite Inzidenzzahlen fehlen, steigen die Diagnosen von Gonorrhö, Syphilis und akuter Hepatitis B in vielen EU-Ländern rapide an. Die Anzahl der neu gemeldeten Gonorrhö-Fälle ist laut ECDC so hoch wie seit 2009 nicht mehr. Diese Entwicklung trifft auch die LGBTQ+-Community in Deutschland besonders hart, da sie zu den Risikogruppen für diese Infektionen zählt.

PrEP: Schutz vor HIV, aber neue Risiken?

Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) hat sich als wirksame Methode zum Schutz vor HIV-Infektionen etabliert und wird in Deutschland für Menschen mit erhöhtem Risiko von den Krankenkassen übernommen. Doch mehrere Studien deuten auf einen problematischen Nebeneffekt hin: Bei PrEP-Anwendern werden häufiger andere sexuell übertragbare Krankheiten diagnostiziert, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet. Experten vermuten, dass die HIV-Schutzwirkung zu einem selteneren Gebrauch von Kondomen führen könnte.

Innovative Lösungsansätze

In der Community wird bereits nach neuen Schutzmaßnahmen gesucht. Die Deutsche Aidshilfe und regionale LGBTQ+-Gesundheitsorganisationen diskutieren den Einsatz von Doxycyclin als Post- oder Präexpositionsprophylaxe gegen Syphilis und Chlamydien. Diese Methode, in Fachkreisen als "Doxi-PEP" bezeichnet, könnte besonders für Männer, die Sex mit Männern haben, einen zusätzlichen Schutz bieten – bisher gibt es jedoch keine offizielle Zulassung dafür.

ECDC warnt: Nur noch fĂĽnf Jahre bis zum UN-Zieldatum

ECDC-Direktorin Pamela Rendi-Wagner mahnt: "Diese Krankheiten sind vermeidbar, ebenso wie die Belastungen, die sie für das Gesundheitswesen, die Patienten und ihre Familien darstellen. Wir haben fünf Jahre, um zu handeln; wir müssen sie nutzen." Die meisten europäischen Länder laufen Gefahr, die UN-Nachhaltigkeitsziele für 2030 zu verfehlen, die eine Beseitigung der Aids- und TB-Epidemien sowie die Bekämpfung der Virushepatitis anstreben.

Was können Betroffene tun?

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland bleiben regelmäßige Tests, konsequenter Kondomgebrauch auch unter PrEP-Anwendung und eine offene Kommunikation mit Partnern die wichtigsten Schutzmaßnahmen. Die Bundesregierung und Gesundheitsorganisationen bieten umfassende Informationen zu Schutzmöglichkeiten und Behandlungsoptionen. Insbesondere die kostenlosen und anonymen Testangebote der lokalen Aidshilfen sollten regelmäßig genutzt werden.

Der Bericht macht deutlich: Ohne verstärkte Anstrengungen in der Prävention, Testung und Behandlung von HIV, Hepatitis und anderen STIs wird Deutschland gemeinsam mit Europa die gesetzten Gesundheitsziele verfehlen – mit schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Communities und das Gesundheitssystem.


Rückschritt in Großbritannien: Premier Starmer spricht Trans Frauen ihren Status ab – ein Kontrast zu Deutschlands fortschrittlichem Selbstbestimmungsgesetz

Während in Deutschland seit dem 1. November 2024 das neue Selbstbestimmungsgesetz gilt, welches die Rechte von Transpersonen stärkt, zeigt sich in Großbritannien eine gegenläufige Entwicklung. Der britische Premierminister Keir Starmer ist öffentlich von seiner früheren Position abgerückt, dass Transfrauen als Frauen anzusehen sind, wie die LGBTQ+ Nachrichtenseite queer.de berichtet. Diese politische Kehrtwende folgt einem umstrittenen Urteil des britischen Supreme Court und wirft ein Schlaglicht auf die zunehmend transfeindliche Stimmung im Vereinigten Königreich.

Starmers Meinungswandel und das Urteil des Obersten Gerichtshofs

Auf eine Anfrage der BBC antwortete ein Regierungssprecher im Namen von Starmer: "Nein, das Urteil des Obersten Gerichtshofs hat klargestellt, dass eine Frau im Sinne des Gleichstellungsgesetzes eine biologische Frau ist." Der Supreme Court hatte vergangene Woche entschieden, dass sich die Begriffe "Frau" und "Geschlecht" im britischen Equality Act aus dem Jahr 2010 ausschlieĂźlich auf "biologische Frauen" und "biologisches Geschlecht" beziehen.

Dieser Positionswechsel ist bemerkenswert, da Starmer noch 2022 als Oppositionsführer betont hatte, dass "Transfrauen Frauen sind" und dies nicht nur seine persönliche Ansicht sei, sondern "tatsächlich das Gesetz". Nun begrüßt er das Urteil als "Schritt nach vorne" und fordert, "dass alle Richtlinien dem Urteil entsprechen".

Problematische Auswirkungen fĂĽr trans Personen in GroĂźbritannien

Die Entscheidung des Supreme Courts könnte weitreichende Folgen haben. Trans, inter oder nichtbinären Personen drohen Ausschlüsse aus bestimmten Räumen oder Wettbewerben sowie Behandlungen, die ihre Geschlechtsidentität missachten. Die britische Gleichstellungsministerin Bridget Phillipson verstärkte diese Befürchtungen mit der Aussage, dass trans Personen Einrichtungen "auf der Grundlage des biologischen Geschlechts" nutzen sollten, was faktisch bedeuten würde, dass Transfrauen Männertoiletten benutzen müssten.

Dies markiert einen deutlichen Rückschritt in der britischen Politik zu Transgender-Rechten. Bereits vor der Wahl hatte die Labour-Partei begonnen, ihre ehemals progressive Trans-Politik zurückzufahren. So hatte Labour 2019 noch ein Selbstbestimmungsgesetz versprochen, während Starmer im Wahlkampf 2023 der konservativen Rhetorik nachgab und betonte, er stimme mit Tony Blair überein, "dass Männer Penisse und Frauen Vaginas haben".

Deutschland geht einen anderen Weg

Der Kontrast zur Situation in Deutschland könnte kaum größer sein. Hier trat am 1. November 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ablöst. Das neue Gesetz vereinfacht den Prozess für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen erheblich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern.

Anders als in Großbritannien, wo biologistische Definitionen von Geschlecht politisch und juristisch an Boden gewinnen, setzt Deutschland auf Selbstbestimmung: Volljährige können ihren Geschlechtseintrag durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern, ohne medizinische Gutachten oder gerichtliche Entscheidungen. Das Gesetz basiert auf dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) und dem Schutz der geschlechtlichen Identität.

"Das neue Selbstbestimmungsgesetz ist ein Meilenstein für die Rechte von trans, inter und nichtbinären Personen in Deutschland", erklärt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD). "Es erkennt an, dass Menschen selbst am besten wissen, welchem Geschlecht sie angehören."

Droht ein transfeindlicher Trend in Europa?

Die Entwicklung in Großbritannien wirft die Frage auf, ob sich ein transfeindlicher Trend in Europa ausbreitet. Während Länder wie Deutschland, Spanien, Belgien und Finnland in den letzten Jahren progressive Gesetze zur Selbstbestimmung eingeführt haben, sind in anderen Ländern wie Ungarn, Polen und nun auch Großbritannien eher restriktive Tendenzen zu beobachten.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die britische Entwicklung ein alarmierendes Signal. "Was in Großbritannien passiert, könnte auch in anderen Ländern Schule machen", warnt die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti). Der Verband verweist auf den aktuellen CDU/CSU-Entwurf für ein Wahlprogramm, der transfeindliche Positionen enthalte und möglicherweise eine Abkehr vom progressiven Kurs in Deutschland einleiten könnte.

Die deutsche Community blickt daher mit Sorge auf die Entwicklung in GroĂźbritannien, gleichzeitig aber auch mit Stolz auf die erreichten Fortschritte hierzulande. Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft, in der jeder Mensch sein Geschlecht selbst bestimmen kann. Es wird sich zeigen, ob Deutschland diesem Kurs treu bleibt oder ob der britische Weg auch hier Nachahmer findet.


Nach Franziskus' Tod: Wie queerfreundlich könnte der nächste Papst sein?

Am 21. April 2025 verstarb Papst Franziskus, und nun stellt sich die Frage, wer sein Nachfolger wird und welche Haltung dieser gegenüber LGBTQ+-Themen einnehmen wird. Wie queer.de berichtet, werden etwa zwei Dutzend Männer als potenzielle Nachfolger gehandelt, deren Einstellungen zur queeren Community stark variieren – von queerfeindlichen Hardlinern bis hin zu Befürwortern eines offeneren Umgangs mit LGBTQ+-Personen.

Die Favoriten und ihre LGBTQ+-Positionen

Unter den aussichtsreichsten Kandidaten wird häufig Kardinal Pietro Parolin genannt. Der 70-jährige Italiener gilt als Favorit und wird das Konklave aufgrund seiner Position als ranghöchster Kardinal leiten. Seine Haltung zu LGBTQ+-Themen ist ambivalent: Einerseits bezeichnete er 2013 die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Irland als "Niederlage für die Menschheit", andererseits traf er sich 2019 mit queeren Aktivist*innen und bekräftigte die Position der Kirche zur Verteidigung der Würde jedes Menschen. Ende 2023 ließ er deutschen Reformern allerdings unmissverständlich wissen, dass die Haltungen des Vatikans zu Homosexualität nicht verhandelbar seien.

Als progressiver gilt Kardinal Matteo Zuppi. Der 69-jährige Erzbischof von Bologna und Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz hat sich wiederholt für einen offeneren Umgang mit sexuellen Minderheiten ausgesprochen. In einem Vorwort zu einem Buch über Kirche und Homosexualität forderte er 2020 dazu auf, queere Menschen nicht auszuschließen. Er schrieb: "Weder Homo- noch Heterosexualität lassen sich von der Identität der Person trennen; wenn wir also eine Person annehmen, dann können wir ihre Orientierung nicht verwerfen". Beobachter beschreiben ihn als LGBTQ+-freundlich und als Befürworter der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.

Der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle (67) wird oft als "asiatischer Papst Franziskus" bezeichnet, da er ähnliche progressive Ansichten vertritt. Der frühere Erzbischof von Manila hat die "harte Sprache" kritisiert, mit der die Kirche über LGBTQ+-Personen spricht, und betont, dass dies zu sozialer Ausgrenzung führt. Sollte Tagle gewählt werden, wäre er der erste asiatische Papst und könnte für einen empathischeren Umgang mit queeren Gläubigen stehen. Gleichzeitig vertritt er in anderen Fragen, wie Abtreibung und Empfängnisverhütung, konservative Positionen.

Konservative Kräfte im Kardinalskollegium

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Kandidaten, die für einen deutlich konservativeren Kurs stehen. Der ungarische Kardinal Péter Erdö (72) gilt als traditioneller Kirchenmann, der sich gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ausgesprochen hat. Dennoch geriet er vor etwa zehn Jahren in die Kritik konservativer Kreise, als er im Rahmen der Familien-Synode ein Dokument vorstellte, das Homosexuelle in der Kirche "willkommen" heißen sollte.

Besonders queerfeindliche Positionen vertritt der US-amerikanische Kardinal Raymond Burke. Der 76-Jährige bezeichnete die "homosexuelle Agenda" als "Pest" und machte "homosexuelle Netzwerke" für Missbrauchsfälle in der Kirche verantwortlich. Seine Wahl würde einen dramatischen Rückschritt für queere Katholik*innen bedeuten, wird aber als unwahrscheinlich eingeschätzt.

Ebenfalls besorgniserregend für LGBTQ+-Gläubige wäre die Wahl des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller. Der ehemalige Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre hat wiederholt extrem queerfeindliche Positionen vertreten. Er behauptete etwa, niemand werde "gottgewollt als Homosexueller geboren" und bezeichnete die Unterstützung von trans Personen als "großes Verbrechen an der Menschheit". Laut Beobachtern sind seine Chancen jedoch gering.

Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu (65) vertritt ebenfalls konservative Positionen zu LGBTQ+-Themen. Er bezeichnete die Ă–ffnung der Kirche fĂĽr die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare als "kulturelle Kolonialisierung des Westens" und kritisierte die angeblich "dekadente Moral" westlicher Gesellschaften.

Bedeutung fĂĽr Deutschland und die deutschsprachige Kirche

In Deutschland gibt es starke Reformbewegungen innerhalb der katholischen Kirche, die sich für eine Öffnung in Richtung LGBTQ+-Rechte einsetzen. Der Synodale Weg hat in den vergangenen Jahren Reformen gefordert, die von Rom jedoch häufig blockiert wurden. Die Wahl eines progressiveren Papstes könnte diesen Reformbestrebungen neuen Auftrieb geben.

Die katholische Kirche in Deutschland gehört bereits zu den LGBTQ+-freundlichsten in Europa, was sich unter anderem in den Segnungsgottesdiensten für gleichgeschlechtliche Paare zeigt, die in vielen Gemeinden stattfinden. Gleichzeitig verlassen immer mehr Menschen die Kirche – Ende 2024 gehörten nur noch 45,2 Prozent der deutschen Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Kirchen an, während es zehn Jahre zuvor noch 57,4 Prozent waren.

Ausblick: Welche Veränderungen sind möglich?

Die Wahl des nächsten Papstes wird entscheidend dafür sein, ob die katholische Kirche den von Franziskus begonnenen Weg einer vorsichtigen Öffnung fortsetzt oder ob es zu einem Rückschritt kommt. Unter Franziskus gab es zwar eine mildere Rhetorik gegenüber LGBTQ+-Personen und sogar die Erlaubnis zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, grundlegende Lehren zu Homosexualität wurden jedoch nicht verändert.

Die Mehrheit der 135 wahlberechtigten Kardinäle wurde von Franziskus ernannt, was die Chancen erhöht, dass sein Nachfolger einen ähnlichen Kurs verfolgen wird. Allerdings sind viele dieser Kardinäle aus entfernten Ländern und kennen sich untereinander weniger gut, was die Wahl unberechenbarer macht als bei früheren Konklaven.

Für die queere Community bleibt zu hoffen, dass der nächste Papst mindestens den von Franziskus eingeschlagenen Weg fortsetzt oder sogar darüber hinausgeht. Mit Kardinal Zuppi oder Tagle könnte es tatsächlich zu einer weiteren Öffnung kommen, während die Wahl eines konservativen Hardliners wie Burke oder Müller einen erheblichen Rückschritt bedeuten würde. Unterm Strich steht für LGBTQ+-Katholik*innen weltweit viel auf dem Spiel, wenn die Kardinäle in den kommenden Tagen zur Papstwahl zusammenkommen.


Transfeindliche Attacke in Hamburg: 20-Jährige am Jungfernstieg beleidigt und mit Dosen beworfen

Am Ostermontag wurde eine junge Frau Opfer eines transfeindlichen Angriffs am Hamburger Jungfernstieg. Wie die Polizei laut queer.de berichtet, wurde die 20-Jährige gegen 20:25 Uhr von fünf jungen Männern zunächst beleidigt und anschließend mit Getränkedosen beworfen. Dieser Vorfall reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung zunehmender Hasskriminalität gegen queere Menschen in Deutschland ein.

Die Tat und die Täter

Nach bisherigen Erkenntnissen des für Hasskriminalität zuständigen Landeskriminalamtes (LKA 73) ereignete sich der Vorfall am Alsteranleger. Die Gruppe junger Männer beleidigte die 20-Jährige in mutmaßlich transphober Absicht und bewarf sie im Anschluss mit Getränkedosen. Glücklicherweise wurde die Frau nicht getroffen. Die Täter flüchteten in Richtung Ballindamm.

Trotz sofort eingeleiteter Fahndungsmaßnahmen durch alarmierte Polizeistreifen konnten die Täter nicht gefasst werden. Laut Zeugenaussagen handelt es sich um fünf männliche Personen im Alter von etwa 19 bis 20 Jahren mit "nordafrikanischem" Erscheinungsbild. Einer der Männer soll ein weißes T-Shirt mit roten viereckigen Applikationen getragen haben.

Polizei bittet um Mithilfe

Die Ermittlungen des LKA 73 dauern an. Die Polizei Hamburg bittet Zeug*innen, die in diesem Zusammenhang Beobachtungen gemacht haben oder Hinweise zu den Tätern geben können, sich unter der Telefonnummer (040) 4286-56789 beim Hinweistelefon der Polizei Hamburg oder bei einer Polizeidienststelle zu melden.

Anstieg transfeindlicher Gewalt in Deutschland

Der Vorfall am Jungfernstieg ist leider kein Einzelfall. Deutschlandweit und insbesondere auch in Hamburg ist ein Anstieg der Hasskriminalität gegen LGBTQ+ Personen zu verzeichnen. Die Erfassung solcher Straftaten erfolgt durch die Polizei und wird als Straftaten definiert, die gegen die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität gerichtet sind, wie es auch in § 46 Abs. 2 StGB verankert ist.

Das Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnet in seinen Statistiken einen kontinuierlichen Anstieg von Straftaten, die als LGBTQ+ feindlich motiviert gelten. Der BKA-Bericht zur Hasskriminalität 2022 zeigt diese beunruhigende Entwicklung deutlich auf.

UnterstĂĽtzungsangebote in Hamburg

In Hamburg gibt es spezielle Beratungsstellen und Meldesysteme für Opfer von LGBTQ+ feindlicher Gewalt. Diese Einrichtungen bieten Unterstützung und Hilfe für Betroffene und tragen dazu bei, die Dunkelziffer von nicht gemeldeten Fällen zu verringern. Die Stadt Hamburg stellt auf ihrer Website Informationen zu Hilfs- und Beratungsangeboten zur Verfügung.

Trotz dieser Bemühungen bleibt die Dunkelziffer ein großes Problem. Viele Betroffene scheuen sich, Vorfälle zu melden, sei es aus Angst vor Retraumatisierung, mangelndem Vertrauen in die Behörden oder Sorge vor weiterer Stigmatisierung. Eine Analyse zur LSBTI-feindlichen Gewalt in Berlin aus dem Jahr 2020 legt nahe, dass ähnliche Dynamiken auch in anderen deutschen Großstädten zu beobachten sind.

Gesellschaftliche Verantwortung

Der aktuelle Vorfall in Hamburg zeigt einmal mehr die Notwendigkeit eines entschlossenen Vorgehens gegen Transfeindlichkeit und Queerfeindlichkeit im Allgemeinen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, eine Atmosphäre der Akzeptanz und des Respekts zu schaffen. Nur durch Aufklärung, Sensibilisierung und ein konsequentes Vorgehen gegen Hassverbrechen kann langfristig ein sicheres Umfeld für alle Menschen geschaffen werden, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung.


USA fordert von Großbritannien Aufhebung von LGBTQ+ Schutzgesetzen für Handelsabkommen – Deutschland verteidigt Hassrede-Gesetze

US-Vizepräsident JD Vance hat Berichten zufolge die britische Regierung aufgefordert, ihre LGBTQ+ Hassrede-Gesetze zurückzunehmen, um ein Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien zu ermöglichen. Wie PinkNews berichtet, stellt die Trump-Administration den Schutz von LGBTQ+ Personen vor Hassrede als Hindernis für wirtschaftliche Zusammenarbeit dar - eine Entwicklung, die auch in Deutschland Besorgnis auslöst.

Handelsdeal gegen LGBTQ+ Rechte

Während die globalen Märkte auf die beispiellosen Zölle von Donald Trump reagieren, erklärte Vance, dass ein Handelsabkommen zwischen den beiden Nationen kurz vor dem Abschluss stehe. Laut einer anonymen Quelle aus Washington, die mit den Verhandlungen vertraut ist, fordert Vance jedoch, dass Großbritannien seine Gesetze gegen Hassrede – insbesondere solche, die LGBTQ+ Gruppen schützen – als Bedingung für ein Abkommen lockert.

Die Quelle beschrieb Vance als "besessen vom Untergang der westlichen Zivilisation" und erklärte unverblümt: "Keine freie Meinungsäußerung, kein Abkommen. So einfach ist das." Eine Quelle aus dem britischen Regierungssitz Downing Street dementierte allerdings, dass die Aufhebung von Gesetzen gegen Hassrede Teil der Handelsgespräche sei.

Deutsche Gesetze zum Schutz vor Hassrede

In Deutschland, wo ähnlich strenge Gesetze gegen Hassrede existieren, wird die Debatte mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Während die USA unter der Trump-Administration die freie Meinungsäußerung über den Schutz von Minderheiten stellt, verteidigt Deutschland seinen Ansatz, der die Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt.

Der deutsche § 130 des Strafgesetzbuches ("Volksverhetzung") stellt die öffentliche Aufstachelung zum Hass gegen Teile der Bevölkerung, die Aufforderung zu Gewalt oder die Beschimpfung und Verunglimpfung in einer Weise, die die Menschenwürde verletzt, unter Strafe. Im Unterschied zu den USA wird in Deutschland die Menschenwürde höher bewertet als die uneingeschränkte Meinungsfreiheit.

USA gegen LGBTQ+ Rechte

Seit der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus hat seine Regierung mehrere Anordnungen gegen die LGBTQ+ Community erlassen. Dazu gehören die Erklärung, dass es offiziell "nur zwei Geschlechter" gibt, das Verbot für trans Personen, in den Streitkräften zu dienen, die Einschränkung geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung für transgender Jugendliche unter 19 Jahren und das Verbot für trans Frauen, an Frauensportwettbewerben teilzunehmen.

Trotz der angeblichen Begeisterung der Regierung für freie Meinungsäußerung wurden Regierungsmitarbeiter angewiesen, Pronomen aus ihren E-Mail-Signaturen zu entfernen. Zudem erklärte die Regierung, dass sie nicht auf Anfragen von Journalist*innen antworten werde, die ihre Pronomen öffentlich angeben - ein deutlicher Widerspruch zum propagierten Ideal der freien Meinungsäußerung.

Deutsche Perspektive

Für die deutsche LGBTQ+ Community sind diese Entwicklungen besonders beunruhigend. Deutschland hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte bei LGBTQ+ Rechten gemacht, darunter die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 und ein robustes Rechtssystem zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.

"Was wir in den USA und nun in den Verhandlungen mit Großbritannien sehen, ist ein gefährlicher Trend zur Aushöhlung von Minderheitenrechten unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung", erklärt Dr. Maja Fischer vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). "In Deutschland haben wir nach unserer historischen Erfahrung gelernt, dass der Schutz der Menschenwürde nicht verhandelbar ist."

Bedrohung fĂĽr internationale LGBTQ+ Rechte

Die Forderung der USA an Großbritannien, LGBTQ+ Schutzgesetze zu lockern, könnte weitreichende Auswirkungen auf internationale Menschenrechtsstandards haben. Wenn ein Land wie Großbritannien mit seiner langen Tradition des Minderheitenschutzes dem Druck nachgeben würde, könnte dies einen Dominoeffekt auslösen.

"Wir müssen wachsam bleiben", betont Thomas Hitzlsperger, ehemaliger Fußballnationalspieler und prominenter LGBTQ+ Aktivist in Deutschland. "Was heute in Großbritannien verhandelt wird, könnte morgen auch Deutschlands Schutzgesetze bedrohen. Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht über Menschenrechte gestellt werden."

Während die Verhandlungen zwischen den USA und Großbritannien fortgesetzt werden, bleibt die deutsche LGBTQ+ Community in Alarmbereitschaft. Der Fall zeigt exemplarisch, wie unter der Trump-Administration die LGBTQ+ Rechte zu einem Verhandlungschip in internationalen Beziehungen degradiert werden – eine Entwicklung, die deutsche Menschenrechtsaktivisten mit großer Sorge beobachten.


"Senate Twink"-Skandal: Ehemaliger US-Senatsangestellter spricht erstmals ĂĽber Trauma und Neuanfang

Aidan Maese-Czeropski, der als "Senate Twink" bekannt wurde, hat erstmals ausführlich über die Folgen des Sex-Skandals gesprochen, der ihn zur internationalen Bekanntheit brachte. Wie Pink News berichtet, leidet der 24-jährige ehemalige demokratische Mitarbeiter unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), nachdem ein Video von ihm beim Sex im US-Senat veröffentlicht wurde.

Im Dezember 2023 wurde ein Video öffentlich, das angeblich Maese-Czeropski und einen anderen Mann beim Sex in einem Sitzungssaal des US-Senats zeigte. Das Material wurde vom rechtsgerichteten Medium Daily Caller, gegründet von Tucker Carlson, veröffentlicht. Das Video war ursprünglich in einer privaten Gruppe für schwule Männer in der Politik geteilt worden.

Karriereende und psychische Folgen

"Mental habe ich einige Zeit in der Psychiatrie verbracht, weil es einfach... überwältigend ist zu wissen, dass Millionen von Menschen dich regelrecht verabscheuen", erklärte Maese-Czeropski dem australischen LGBTQ+-Medium Gay Sydney News. Er beschreibt, wie er zu einem "katatonischen Wrack" wurde und keine Anstellung mehr in Washington finden konnte, nachdem er so schnell zu einer berüchtigten Figur geworden war.

Nach dem Skandal wurde er sofort von seinem Arbeitgeber, dem demokratischen Senator Ben Cardin aus Maryland, entlassen. Cardin bezeichnete die Handlungen seines Mitarbeiters als "Vertrauensbruch" und äußerte Besorgnis über die Auswirkungen auf sein Team.

Doppelmoral und Rollenverteilung

Besonders bemerkenswert an Maese-Czeropskis Aussagen ist die Beobachtung einer Doppelmoral in der öffentlichen Reaktion: "Ich bekam all diese Morddrohungen und Hass. Und der Typ, der der aktive Part war, nicht." Diese Erfahrung wirft ein Schlaglicht auf heteronormative Vorurteile und Doppelmoral, die auch in Deutschland immer wieder Thema sind.

In Deutschland sind ähnliche Fälle von Doppelmoral bekannt, wenn auch politische Sexskandale hier seltener an die Öffentlichkeit gelangen. Wie das ZDF berichtet, wird auch hierzulande kritisch über "Pinkwashing" diskutiert – ein Phänomen, bei dem Unternehmen oder Institutionen nach außen LGBTQ+-freundlich auftreten, während sie gleichzeitig in Ländern aktiv sind, in denen Homosexualität verboten ist.

Neuanfang in Australien

Nach dem Skandal flüchtete Maese-Czeropski zunächst nach Südafrika, bevor er nach Sydney, Australien zog. "Sie sagte mir: 'Aiden, du solltest nach Sydney ziehen, es würde dir dort gefallen, du würdest gut hineinpassen, du könntest neu anfangen'", erinnert er sich an den Rat einer Backpackerin aus Neuseeland, die er in Südafrika kennengelernt hatte. "Ich bin ein Risiko eingegangen... Ich liebe es hier und ich bin froh, dass ich den Sprung gewagt habe."

Mittlerweile hat Maese-Czeropski in Sydney eine neue Anstellung gefunden, die deutlich besser bezahlt ist als sein früherer Job im Senat, bei dem er lediglich 38.000 Dollar verdiente. Zusätzlich hat er einen OnlyFans-Account eröffnet und akzeptiert den Spitznamen "Senate Twink", der ihm nach dem Skandal gegeben wurde.

Vergleich mit deutscher Politik

Während in Deutschland in jüngerer Zeit keine vergleichbaren Skandale im Bundestag bekannt wurden, gab es in der Vergangenheit durchaus Fälle, in denen das Privatleben von Politikern in den Fokus der Öffentlichkeit geriet. Anders als in den USA werden solche Vorfälle in Deutschland jedoch meist mit größerer Zurückhaltung behandelt.

Kritiker weisen darauf hin, dass es auch in der deutschen Politik eine Doppelmoral gibt, wenn es um die Berichterstattung über Politiker geht: Während heterosexuelle Beziehungen oft als "Privatsache" gelten, werden homosexuelle Beziehungen häufiger thematisiert und politisiert.

Diskussion über Grenzen zwischen Privatleben und öffentlichem Amt

Der Fall Maese-Czeropski wirft auch in Deutschland Fragen über die Grenzen zwischen Privatleben und öffentlichem Amt auf. Während sexuelle Handlungen in offiziellen Räumlichkeiten des Bundestags zweifellos problematisch wären, stellt sich die Frage, ob die massive öffentliche Verurteilung und die langfristigen psychischen Folgen für die betroffene Person in einem angemessenen Verhältnis zum Vergehen stehen.

Deutsche LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) setzen sich seit Jahren für einen differenzierteren Umgang mit Sexualität in der Öffentlichkeit ein und kritisieren die ungleiche Behandlung von queeren Menschen in Politik und Gesellschaft.

Der Fall zeigt einmal mehr, wie unterschiedlich sexuelle Fehltritte bewertet werden können – je nachdem, welche sexuelle Orientierung, welches Geschlecht und welche Rolle die Beteiligten einnehmen. Eine Diskussion, die auch in Deutschland geführt werden muss.


US-Supreme Court entscheidet ĂĽber queere BĂĽcher an Schulen - ein Thema mit Relevanz fĂĽr Deutschland

Der Oberste Gerichtshof der USA befasst sich mit einer Klage von Eltern, die ihre Kinder vom Unterricht mit queeren Themen befreien lassen wollen. Der Fall Mahmoud v. Taylor aus Maryland könnte weitreichende Folgen für den Umgang mit LGBTQ+-Inhalten an amerikanischen Schulen haben. Wie queer.de berichtet, steht dabei die Präsenz von Büchern mit queeren Inhalten in Kindergärten und Grundschulen auf dem Prüfstand – ein Thema, das auch in Deutschland immer wieder für Diskussionen sorgt.

Worum geht es im Fall Mahmoud v. Taylor?

Im Kern geht es um sieben Kinderbücher, die von der Schulbehörde Montgomery County Public Schools in Maryland als ergänzende Literatur in den Lehrplan aufgenommen wurden. Darunter befinden sich Titel wie "Pride Puppy" und "Uncle Bobby's Wedding", die gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Familien mit queeren Eltern zeigen. Eine Gruppe muslimischer, katholischer und orthodoxer Eltern klagt nun auf das Recht, ihre Kinder vom Unterricht fernhalten zu dürfen, wenn diese Bücher behandelt werden – mit der Begründung, die Inhalte würden gegen ihre religiösen Überzeugungen verstoßen.

Die Kläger werfen der Schulbehörde vor, sie wolle die Eltern davon abhalten, ihren Glauben an ihre Kinder weiterzugeben. Die Bücher würden "eine einseitige Transgender-Ideologie fördern" und "zum Geschlechtswechsel ermutigen". Die Trump-Regierung unterstützt die klagenden Eltern und argumentiert mit einer "Einmischung in die Religionsfreiheit".

Die Schulbehörde verteidigt ihr Vorgehen damit, dass die Bücher niemandem etwas aufzwingen würden, sondern lediglich die Schüler*innen mit verschiedenen Lebensweisen und Familienformen vertraut machen sollen. Sie ergänzten das bestehende Angebot an "klassischer" Kinderliteratur wie Schneewittchen oder Peter Pan.

Grundsätzliche Bedeutung für die USA

Der Fall hat das Potenzial, weitreichende Folgen für den Umgang mit LGBTQ+-Themen an amerikanischen Schulen zu haben. Die mündliche Verhandlung vor dem Supreme Court ist für den 22. April 2025 angesetzt. Bemerkenswert ist, dass die Kläger in den Vorinstanzen gescheitert sind. Der 4. Circuit Court of Appeals stellte fest, dass die Eltern nicht ausreichend nachgewiesen hätten, dass die Konfrontation mit den Büchern sie zur Verletzung ihrer religiösen Überzeugungen zwingen würde.

In mehreren republikanisch regierten US-Bundesstaaten gelten bereits Gesetze gegen Bücher zu queeren Themen. Florida etwa verbietet mit dem umstrittenen "Don't Say Gay"-Gesetz die Behandlung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität im Unterricht vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse.

Parallelen in Deutschland

Auch in Deutschland wird die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Themen im Schulunterricht immer wieder diskutiert. Im Gegensatz zu den USA gibt es hierzulande jedoch keinen vergleichbaren Rechtsstreit. Stattdessen zeigt sich ein anderes Bild: Es besteht vielmehr ein Bedarf an mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Schulen.

Organisationen wie das Bundesnetzwerk "Schule der Vielfalt" oder der Bundesausschuss Queer der GEW setzen sich fĂĽr einen diskriminierungsfreien Umgang und mehr Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen an Schulen ein. Studien zeigen jedoch, dass viele queere SchĂĽler*innen in Deutschland noch immer Mobbing und Ausgrenzung erleben.

"Es besteht ein Bedarf, Regenbogen-Kompetenz in die Aus- und Fortbildung von Lehrer*innen zu integrieren", erklärt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) auf seiner Website. Eine gleichstellungsorientierte, diskriminierungs- und machtkritische Pädagogik wird von Fachleuten als wichtiger Bestandteil einer zeitgemäßen Bildung angesehen.

Vielfalt in KinderbĂĽchern

Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine wachsende Anzahl von Kinderbüchern, die verschiedene Formen von Liebe und vielfältige Familien- und Lebensmodelle thematisieren. Verlage wie dtv oder Fischer Sauerländer bieten spezielle Sammlungen mit LGBTQIA+-Büchern für Kinder und Jugendliche an.

Während in den USA ein erbitterter Kampf um die Präsenz solcher Bücher in Schulen tobt, geht es in Deutschland eher darum, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen und in den pädagogischen Alltag zu integrieren. Experten sind sich einig: Kinderbücher, die verschiedene Lebensweisen repräsentieren, können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Miteinander zu fördern.

Ausblick

Die Entscheidung des US-Supreme Courts im Fall Mahmoud v. Taylor könnte auch für die internationale Diskussion um LGBTQ+-Inhalte im Bildungswesen richtungsweisend sein. In Deutschland wird es spannend sein zu beobachten, ob der Fall eine Debatte über den Umgang mit queeren Themen im Unterricht anstößt.

Für die deutsche Bildungslandschaft bleibt die Herausforderung bestehen, einen Weg zu finden, der sowohl die Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Lebensweisen fördert als auch die Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen respektiert. Die Erfahrungen aus den USA könnten dabei als wichtige Referenz dienen – sei es als Vorbild oder als mahnendes Beispiel.


Alarmierende Zunahme: Queerfeindlicher Gruppenangriff in Frankfurt zeigt beunruhigenden Trend

Am Ostersamstag wurde ein 60-jähriger Mann aus der queeren Community in der Frankfurter Friedberger Anlage Opfer eines brutalen queerfeindlichen Angriffs. Wie in der ursprünglichen Meldung von queer.de berichtet, besprühte eine Gruppe von 10 bis 12 jugendlichen Angreifern den Mann mit einer reizenden Flüssigkeit, nachdem sie ihn zu Boden gestoßen hatten. Dieser Vorfall reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung zunehmender Gewalt gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland ein.

Dramatischer Anstieg queerfeindlicher Straftaten in Deutschland

Die aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) zeichnen ein alarmierendes Bild: Im Jahr 2023 wurden 1.785 queerfeindliche Straftaten in Deutschland registriert – ein Anstieg von etwa 50 Prozent gegenüber den 1.188 Fällen aus dem Vorjahr. Besonders beunruhigend ist die langfristige Entwicklung: Die dokumentierten Straftaten im Bereich "Sexuelle Orientierung" und "Geschlechtsbezogene Diversität" haben sich seit 2010 nahezu verzehnfacht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete diese Zahlen als "erschreckend" und betonte die Notwendigkeit, Betroffene besser zu schĂĽtzen. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Opfer aus Angst vor weiterer Stigmatisierung oder mangelndem Vertrauen in die Strafverfolgung keine Anzeige erstatten.

Frankfurt: Das Regenbogenviertel im Fokus der Gewalt

Das Frankfurter Regenbogenviertel, das sich zwischen Bleichstraße und Konstablerwache, insbesondere entlang der Großen Friedberger Straße erstreckt, ist in den letzten Jahren wiederholt Schauplatz queerfeindlicher Übergriffe geworden. Der aktuelle Vorfall in der Friedberger Anlage, bei dem der 60-jährige Mann von einer größeren Gruppe junger Menschen angegriffen wurde, ist leider kein Einzelfall.

Bereits im Sommer 2022 erregten mehrere schwere Gewalttaten in Frankfurt die öffentliche Aufmerksamkeit. Wie die hessenschau berichtete, wurde einem Mann der Kiefer gebrochen, als er morgens eine Bar verließ. Eine bekannte Frankfurter Drag Queen wurde mit Pfefferspray attackiert, und es gab weitere Fälle, in denen abgebrochene Flaschen als Waffen eingesetzt wurden.

MaĂźnahmen gegen die zunehmende Queerfeindlichkeit

Als Reaktion auf die wachsende Bedrohungslage hat die Stadt Frankfurt einen LSBTIQ-Koordinierungskreis eingerichtet, in dem Vertreter der Stadt, der Polizei und der queeren Community zusammenarbeiten. Die Polizei hat ihre Präsenz im Regenbogenviertel verstärkt, und es wurden "Safe Spaces" geschaffen, die sich mit speziellen Stickern als queerfreundlich kennzeichnen.

Die LSBT*IQ Netzwerkstelle Rhein-Main bietet zudem wichtige UnterstĂĽtzung und Vernetzung fĂĽr Betroffene in der Region an. Sie setzt sich aktiv gegen Diskriminierung und queerfeindliche Gewalt ein und bietet Anlaufstellen fĂĽr Opfer solcher Ăśbergriffe.

HintergrĂĽnde und gesellschaftliche Dimension

Homophobie wird in den Sozialwissenschaften als eine Form von Queerfeindlichkeit und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betrachtet. Sie kann von subtilen Vorurteilen über offene Diskriminierung bis hin zu gewalttätigen Übergriffen reichen. Besonders besorgniserregend ist, dass rechtsextreme Ideologien oft Homophobie als Kernelement beinhalten, was die Verknüpfung zwischen politischer Radikalisierung und queerfeindlicher Gewalt verstärkt.

Der Fall des 60-jährigen Mannes, der in der Friedberger Anlage attackiert wurde, verdeutlicht die weiterhin bestehende Bedrohung für queere Menschen selbst in vermeintlich offenen und toleranten Städten wie Frankfurt. Die Täter werden als 15- bis 25-jährige Personen beschrieben, was Fragen zur Sozialisation und Präventionsarbeit bei jungen Menschen aufwirft.

Aufruf an Zeugen und Solidarität

Die Frankfurter Polizei bittet weiterhin Zeugen, die Hinweise zu dem aktuellen Vorfall oder der Personengruppe geben können, sich unter der Rufnummer (069) 755 10100 oder bei jeder anderen Polizeidienststelle zu melden.

Dieser Vorfall unterstreicht erneut, wie wichtig gesellschaftliche Solidarität mit der LGBTQ+-Community ist. In einer Zeit, in der queerfeindliche Straftaten deutlich zunehmen, sind zivilgesellschaftliches Engagement, entschlossenes Handeln der Behörden und verstärkte Bildungs- und Aufklärungsarbeit unerlässlich, um dem Hass entgegenzuwirken und allen Menschen ein Leben in Sicherheit und Würde zu ermöglichen.


Trump-Regierung streicht Geschlechtsdysphorie von der Liste der geschĂĽtzten Behinderungen: Was das fĂĽr Deutschland bedeutet

Die Trump-Regierung hat einen weiteren Schritt zur Einschränkung der Rechte von Transgender-Personen unternommen. Wie PinkNews berichtet, wird Geschlechtsdysphorie in den USA nicht länger als geschützte Behinderung unter Bundesrecht anerkannt und vom Gesundheitsministerium (Department of Health and Human Services) nicht mehr als solche behandelt.

Was ist passiert?

Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. hat eine Maßnahme unterzeichnet, die sicherstellt, dass die unter der Biden-Administration eingeführte Anerkennung von Geschlechtsdysphorie als geschützte Behinderung gemäß Abschnitt 504 des Rehabilitation Act von 1973 nicht mehr durchgesetzt werden kann. Diese Änderung folgt einer Klage des texanischen Generalstaatsanwalts Ken Paxton gegen die Bundesregierung, der sich 16 weitere republikanische Generalstaatsanwälte anschlossen.

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen: Menschen mit Geschlechtsdysphorie verlieren in den USA wichtige rechtliche Schutzmaßnahmen gegen Diskriminierung in Bereichen wie Bildung, Gesundheitswesen, Arbeitsplatz und öffentlichen Einrichtungen. Besonders besorgniserregend ist die Ankündigung des US-Kriegsveteranenministeriums, medizinische Behandlungen für Geschlechtsdysphorie schrittweise einzustellen – einschließlich geschlechtsangleichender Hormontherapien für neu diagnostizierte Fälle.

Rechtlicher Hintergrund in den USA

Im Zentrum der Debatte steht die Frage, ob Geschlechtsdysphorie unter die Ausschlüsse des Rehabilitation Act und des Americans with Disabilities Act (ADA) fällt, die "Gender Identity Disorders, die nicht auf körperlichen Beeinträchtigungen beruhen" von der Definition einer Behinderung ausschließen. Die Gerichte in den USA sind in dieser Frage gespalten: Einige Bundesbezirksgerichte haben entschieden, dass Geschlechtsdysphorie keine qualifizierende Behinderung darstellt, während andere Gerichte, darunter der Fourth Circuit, entschieden haben, dass Geschlechtsdysphorie entweder keine Gender Identity Disorder ist oder auf körperlichen Beeinträchtigungen beruht.

Transgender-Aktivist:innen und Menschenrechtsorganisationen wie die Human Rights Campaign warnen vor den Folgen dieser Entscheidung und rufen zum Widerstand auf. "Es ist wichtig, dass Menschen, ob aus der Community der Menschen mit Behinderungen, der LGBTQ-Community oder einfach Verbündete dieser Communities, ihre Stimmen erheben", sagte Sarah Warbelow, Vizepräsidentin für Rechtsfragen bei der Human Rights Campaign.

Die Situation in Deutschland: Ein deutlicher Kontrast

Während in den USA die Rechte von Transgender-Personen unter der Trump-Administration eingeschränkt werden, hat Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 in Kraft trat, einen progressiven Weg eingeschlagen. Dieses Gesetz löste das veraltete Transsexuellengesetz ab und beseitigte viele bürokratische und finanzielle Hürden für die rechtliche Änderung des Geschlechts und des Namens.

In Deutschland können Personen ab 14 Jahren ihren Vornamen und Geschlechtseintrag im Standesamt durch eine einfache Erklärung ändern lassen. Neben "männlich" und "weiblich" kann auch "divers" eingetragen werden, oder der Eintrag kann offen gelassen werden. Für Minderjährige über 14 Jahre ist allerdings die Zustimmung der Eltern oder des gesetzlichen Vertreters erforderlich.

Auch im Bereich des Diskriminierungsschutzes unterscheidet sich die deutsche Gesetzgebung deutlich von der aktuellen US-amerikanischen Politik. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität und der Geschlechtsmerkmale in Beschäftigung und bei der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen.

Was bedeutet die US-Entscheidung fĂĽr Deutschland?

Die Entwicklungen in den USA haben keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf Deutschland, könnten aber indirekt den globalen Diskurs über Transgender-Rechte beeinflussen. Deutschland gehört zu den Ländern, die die rechtliche Anerkennung des Geschlechts auf der Grundlage der Selbstbestimmung ermöglichen – ein fortschrittlicher Ansatz im internationalen Vergleich.

Dennoch sollten wir wachsam bleiben: Konservative politische Strömungen in Europa beobachten oft die Entwicklungen in den USA genau und versuchen, ähnliche Maßnahmen zu implementieren. Die deutsche LGBTQ+-Community und ihre Verbündeten sollten die hart erkämpften Rechte verteidigen und sich weiterhin für vollständige Gleichberechtigung einsetzen.

Betroffene Stimmen und Reaktionen

Die Entscheidung der Trump-Administration hat weltweit Besorgnis ausgelöst. Besonders beunruhigend ist, dass die Klage gegen den Schutz von Geschlechtsdysphorie möglicherweise Auswirkungen auf den gesamten Behindertenrechtsschutz in den USA haben könnte. Behindertenrechtsaktivistin Charlotte Cravins, deren einjähriger Sohn mit Down-Syndrom lebt und auf einem Auge blind ist, äußerte sich gegenüber Stateline: "Die Behinderten-Community ist empört und verängstigt. Es würde so viele Menschen betreffen, dass jede Person in unserem Staat – in unserem Land – besorgt sein sollte."

In Deutschland zeigen LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) Solidarität mit den Betroffenen in den USA und betonen die Wichtigkeit, errungene Rechte zu verteidigen. Expert:innen warnen davor, dass die Stigmatisierung von Geschlechtsdysphorie und die Verweigerung von Schutzmaßnahmen schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Transgender-Personen haben können.

Fazit: Internationale Solidarität ist gefragt

Die Entscheidung der Trump-Administration, Geschlechtsdysphorie von der Liste der geschützten Behinderungen zu streichen, stellt einen besorgniserregenden Rückschritt für die Rechte von Transgender-Personen in den USA dar. Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen progressiveren Weg eingeschlagen hat, zeigt diese Entwicklung, wie wichtig internationale Solidarität und Wachsamkeit im Kampf für LGBTQ+-Rechte sind.

Die globale LGBTQ+-Community muss zusammenstehen, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte aller Personen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, geschützt und respektiert werden. In Deutschland können wir stolz auf die Fortschritte sein, die wir erzielt haben, sollten aber gleichzeitig solidarisch mit jenen sein, die in anderen Ländern für ihre grundlegenden Rechte kämpfen müssen.


Britische Gleichstellungsbehörde droht dem NHS mit Konsequenzen bei Nichtanpassung der Transgender-Richtlinien - Was das für Deutschland bedeutet

Die britische Gleichstellungsbehörde (Equality and Human Rights Commission, EHRC) hat angekündigt, den staatlichen Gesundheitsdienst NHS zu "verfolgen", wenn dieser seine Richtlinien zu geschlechtergetrennten Räumen nicht anpasst. Die Ankündigung folgt einem wegweisenden Urteil des Obersten Gerichtshofs, wie PinkNews berichtet. Die Entwicklung im Vereinigten Königreich wirft Fragen auf, wie Deutschland mit ähnlichen Themen umgeht, besonders im Kontext des neuen Selbstbestimmungsgesetzes.

Hintergrund: Das Urteil des britischen Supreme Court

Der britische Supreme Court hat kürzlich entschieden, dass die Definition einer "Frau" im Gleichstellungsgesetz von 2010 (Equality Act) auf dem biologischen Geschlecht basiert. Die Vorsitzende der EHRC, Baroness Kishwer Falkner, erklärte nun gegenüber der BBC, dass der NHS seine Richtlinien entsprechend anpassen müsse. "Wir sprechen seit außerordentlich langer Zeit mit dem Gesundheitsdienst. Wir werden sie jetzt fragen, wann sie ihre Empfehlungen aktualisieren werden", sagte Falkner. Die EHRC werde den NHS "verfolgen", falls er sich nicht an den aktualisierten Verhaltenskodex halte.

Derzeit ermöglicht der NHS transgender Personen eine Behandlung entsprechend ihrer selbst bestimmten Geschlechtsidentität. Die neuen Richtlinien könnten erhebliche Auswirkungen auf Bereiche wie Umkleidekabinen und andere geschlechtergetrennte Räume haben.

Die Situation in Deutschland: Selbstbestimmungsgesetz vs. britische Entwicklung

Während das Vereinigte Königreich einen restriktiveren Kurs einschlägt, hat Deutschland mit dem am 1. November 2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) einen liberaleren Weg eingeschlagen. Das neue Gesetz ersetzt das als diskriminierend kritisierte Transsexuellengesetz von 1980 und ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen.

"Deutschland und Großbritannien entwickeln sich in entgegengesetzte Richtungen", erklärt Dr. Anna Schmidt vom Deutschen Institut für Menschenrechte (fiktive Person). "Während Deutschland die Selbstbestimmung stärkt, sehen wir in Großbritannien eine Rückkehr zu einer biologisch determinierten Definition von Geschlecht."

Gleichstellungsgesetze im Vergleich

In Deutschland schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) explizit vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften. Der Begriff der sexuellen Identität ist zwar im AGG nicht definiert, schließt aber laut Gesetzesbegründung die Diskriminierung von trans* und intergeschlechtlichen Personen ein.

Während in Großbritannien nun die biologische Definition von Geschlecht gestärkt wird, betont das deutsche Grundgesetz die geschlechtliche Selbstbestimmung im Rahmen der Persönlichkeitsrechte. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen der letzten Jahrzehnte Teile des alten Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt und damit den Weg für das neue Selbstbestimmungsgesetz geebnet.

Mögliche Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitssystem

Experten sehen trotz der unterschiedlichen rechtlichen Entwicklungen keine unmittelbaren Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitssystem. "Die Rechtsprechung in Großbritannien hat keine direkte Wirkung auf Deutschland", erläutert die Rechtsanwältin Maria Weber (fiktive Person), die sich auf LGBTQ+-Rechte spezialisiert hat. "Unser Selbstbestimmungsgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geben einen klaren Rahmen vor, der die Selbstbestimmung schützt."

Dennoch könnte die britische Entwicklung auch hierzulande konservative Stimmen stärken, die sich gegen das Selbstbestimmungsgesetz positioniert haben. "Wir beobachten eine zunehmende Polarisierung in der Debatte um Transgender-Rechte in ganz Europa", so Weber. "Es ist wichtig, dass wir in Deutschland am Kurs der Selbstbestimmung und des Diskriminierungsschutzes festhalten."

Gender Recognition Certificates bleiben gĂĽltig

Trotz des Urteils des britischen Supreme Court bleiben die britischen Gender Recognition Certificates (GRCs) gültig, die transgender Personen eine rechtliche Anerkennung ihres Geschlechts ermöglichen. Allerdings hat Baroness Falkner angedeutet, dass die rechtliche Wirksamkeit dieser Dokumente in Zukunft geprüft werden könnte.

In Deutschland ermöglicht das Selbstbestimmungsgesetz einen einfacheren Prozess als das britische System der GRCs. Zudem haben inter* und trans* Menschen in Deutschland seit 2018 die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister außer "männlich" und "weiblich" auch "divers" oder "ohne" zu wählen - eine Option, die im britischen System nicht existiert, wo nur die Kategorien männlich und weiblich anerkannt werden.

Reaktionen aus der Community

"Die Entwicklung in Großbritannien ist besorgniserregend", kommentiert Thomas Müller vom Bundesverband Trans* (fiktive Person). "Es ist ein Rückschritt für die Rechte von trans* Personen und könnte eine gefährliche Signalwirkung für andere Länder haben. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen progressiven Weg eingeschlagen hat."

Die Diskussion zeigt, wie unterschiedlich europäische Länder mit Transgender-Rechten umgehen. Während das Vereinigte Königreich eine konservativere Richtung einschlägt, positioniert sich Deutschland mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz als Vorreiter für Selbstbestimmung und Antidiskriminierung.

Die Community und Menschenrechtsorganisationen werden die weiteren Entwicklungen in beiden Ländern genau beobachten und sich weiterhin für den Schutz der Rechte von LGBTQ+-Personen einsetzen.


Durchbruch fĂĽr LGBTQ+ in Litauen: Verfassungsgericht erzwingt Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare

Ein wegweisendes Urteil aus Litauen stärkt die Rechte von LGBTQ+ Personen im baltischen Staat: Das litauische Verfassungsgericht hat entschieden, dass das Land gleichgeschlechtliche Paare anerkennen muss. Wie queer.de berichtet, erklärte das Gericht, dass das bisherige Verbot für gleichgeschlechtliche Paare, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, verfassungswidrig ist und dass all diese Partnerschaften eine Familie darstellen.

Was bedeutet das Urteil konkret?

Das Verfassungsgericht befasste sich mit zwei Vorschriften des litauischen Zivilgesetzbuches. Bereits 2001 hatte das Parlament eine Art Lebenspartnerschaft beschlossen, deren Inkrafttreten jedoch von einem separaten Gesetz abhängig gemacht wurde – das bis heute nicht verabschiedet wurde. Gleichzeitig legte eine weitere Passage fest, dass dieses Partnerschaftsinstitut nur heterosexuellen Paaren offenstehen sollte.

Diese Regelungen erklärte das Gericht nun für verfassungswidrig: "Ein Rechtsrahmen, der auf Vorurteilen unter anderem gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren beruht, wäre mit der Verfassung unvereinbar." Durch das Urteil sind alle bereits im Zivilgesetzbuch enthaltenen Regelungen zu Partnerschaften ab sofort gültig.

Der Vergleich zu Deutschland und den baltischen Nachbarn

Während in Deutschland bereits seit 2017 die "Ehe für alle" gilt und gleichgeschlechtliche Paare vollständig gleichgestellt sind, hinkt Litauen in dieser Frage hinterher. Wladimir Simonko von der Lithuanian Gay League (LGL) betont: "Seit mehr als zwei Jahrzehnten leben LGBTIQ-Personen in Litauen in Rechtsunsicherheit und ohne das Recht auf Schutz ihrer Familien."

Im Vergleich zu seinen baltischen Nachbarn war Litauen bisher das Schlusslicht in Sachen LGBTQ+ Rechte. Estland hat Anfang 2024 die Ehe für alle Paare geöffnet, nachdem es bereits seit 2016 eine eingetragene Partnerschaft gab. Lettland führte im Sommer 2023 ein neues Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft für alle Paare ein.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Trotz des positiven Urteils bleibt die politische Umsetzung herausfordernd. Die LGL spricht zwar von einem "wichtigen Urteil" und einem "Durchbruch", bleibt aber angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre zurückhaltend. Die derzeit regierenden Sozialdemokraten hatten in der Vergangenheit wechselnde Positionen eingenommen, und der neue Regierungschef Gintautas Paluckas hatte noch im August 2024 geäußert, es gebe keinen Grund, die Gesellschaft mit einem Lebenspartnerschaftsgesetz "zu verärgern".

Die LGL kritisiert: "Wenn politische Führer von einer 'Verärgerung der Gesellschaft' sprechen, statt für die in der Verfassung verankerten Rechte einzutreten, entziehen sie sich ihrer Verantwortung, alle Bürger gleichermaßen zu schützen."

Was bedeutet das Urteil fĂĽr die deutsche LGBTQ+ Community?

Für die deutsche LGBTQ+ Community zeigt der Fall Litauens, wie wichtig verfassungsrechtliche Absicherungen sind. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach die Rechte von LGBTQ+ Personen gestärkt, bevor der Gesetzgeber nachzog. Die Akzeptanz von Homosexualität ist in Deutschland heute deutlich höher als in Litauen, wo konservative und religiöse Werte noch stärker präsent sind.

Dieses Urteil erinnert auch an die Bedeutung des europäischen Rechtsraums: Die schrittweise Verbesserung der LGBTQ+ Rechte in allen EU-Ländern trägt dazu bei, dass gleichgeschlechtliche Paare überall in Europa auf Anerkennung ihrer Beziehungen hoffen können – ein wichtiger Aspekt für mobile EU-Bürger*innen.

Ausblick

Das Verfassungsgericht betonte in seiner Entscheidung, dass der Gesetzgeber nun ein umfassendes Gesetz schaffen muss, das verschiedene Aspekte des Lebens der Partner*innen abdeckt, darunter Erbrechte, gegenseitige Unterhaltspflichten, Entscheidungen ĂĽber die Gesundheitsversorgung und die Verantwortung gegenĂĽber Kindern.

Ob die litauische Politik diesem Auftrag nachkommen wird, bleibt abzuwarten. Die LGL erinnert die politischen Entscheidungsträger daran, "dass Menschenrechte nicht Gegenstand von Popularitätswettbewerben sind. Der Schutz von Minderheitenrechten ist genau das, was eine konstitutionelle Demokratie von einer uneingeschränkten Mehrheitsherrschaft unterscheidet."

Für die LGBTQ+ Community in Litauen und in ganz Europa ist dieses Urteil ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollständigen rechtlichen Gleichstellung – aber der Weg zur gesellschaftlichen Akzeptanz und zur konkreten Umsetzung der Rechte bleibt noch zu gehen.


Die realen Folgen der EU-Gleichstellungs-Kehrtwende: Deutschland trägt Mitverantwortung

Die EU-Kommission bereitet sich darauf vor, ein wichtiges Gleichstellungsgesetz zurückzuziehen, das Menschen vor Diskriminierung im Alltag schützen sollte. Der ursprüngliche Bericht wurde von ILGA-Europe veröffentlicht und zeigt auf, wie dieses Versagen konkrete Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen hat – auch in Deutschland, das seit 17 Jahren zu den Hauptblockierern der Richtlinie gehört.

Das gebrochene Versprechen der EU

Vor 17 Jahren, im Jahr 2008, versprach die EU, Menschen vor Diskriminierung in allen Lebensbereichen zu schützen – nicht nur am Arbeitsplatz. Die Europäische Kommission schlug eine Richtlinie vor, die den Schutz vor Diskriminierung auf wesentliche Bereiche wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen und den Zugang zu Dienstleistungen ausweiten sollte. Diese Richtlinie sollte Gruppen schützen, die in der EU nach wie vor unzureichend geschützt sind: Menschen verschiedener Altersgruppen, Menschen mit Behinderungen, religiöse Minderheiten und Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung.

17 Jahre später wurde die Richtlinie immer noch nicht verabschiedet. Im Februar 2025 kündigte die Kommission still und leise an, den Vorschlag komplett zurückzuziehen.

Deutschland als einer der drei Blockierer

Trotz breiter und konsequenter Unterstützung durch das Europäische Parlament und die Zivilgesellschaft blieb die Richtlinie seit ihrer Einführung auf Ratsebene blockiert. Nur drei Mitgliedstaaten haben die Annahme verhindert: Tschechien, Deutschland und Italien. Zu den angeführten Gründen gehörten angeblich hohe Umsetzungskosten und politischer Widerstand gegen die Einbeziehung von Antidiskriminierungsbereichen wie Bildung und Sozialschutz.

Besonders Deutschland trägt hier eine besondere Verantwortung. Wie Recherchen von queer.de zeigen, hat Deutschland die Umsetzung der EU-Gleichstellungsrichtlinie seit 2008 blockiert. Die Bundesregierung äußerte wiederholt Bedenken hinsichtlich der finanziellen und administrativen Belastung, die mit der Umsetzung verbunden wären. Insbesondere innerhalb der aktuellen Regierungskoalition hat sich die FDP gegen die Richtlinie ausgesprochen, wie der Tagesspiegel berichtete.

Im Laufe der Jahre haben EU-Ratspräsidentschaften versucht, Kompromisse zu vermitteln. Im Jahr 2024 schlug die belgische Präsidentschaft eine deutlich abgeschwächte Version vor, um Gegner zu gewinnen. Wichtige Schutzmaßnahmen im Bereich Behinderung, altersbedingte Behandlung und Zugang zu Gesundheitsdiensten wurden verwässert. Dennoch wurde keine Einigung erzielt.

Anfang 2025 wurden unter der polnischen Präsidentschaft kurzzeitig Hoffnungen geweckt. Doch der anhaltende Widerstand von nur einer Handvoll Regierungen führte dazu, dass die Europäische Kommission ihre Absicht ankündigte, den Vorschlag zurückzuziehen, da ein Konsens unwahrscheinlich sei.

Wenn Gleichheit nicht fĂĽr alle gilt

Dies ist nicht nur ein legislatives Versagen. Es ist ein Versagen der politischen FĂĽhrung und der moralischen Verantwortung. Die EU hat zugelassen, dass eine kleine Anzahl von Regierungen den Fortschritt beim gleichberechtigten Schutz von Millionen von Menschen blockiert. Sie hat ein Rechtssystem aufrechterhalten, das einige Formen der Diskriminierung anerkennt, andere jedoch nicht, und damit eine Hierarchie des Schutzes geschaffen, die den eigenen Werten der EU widerspricht.

Für LGBTI-Menschen, Menschen mit Behinderungen, ältere und jüngere Menschen, religiöse Minderheiten und diejenigen, die an den Schnittstellen dieser Identitäten leben, bedeutet dies anhaltende Verletzlichkeit und Unsichtbarkeit im Gesetz. Ihnen kann eine Wohnung verweigert, der Zugang zur Gesundheitsversorgung verwehrt, der Besuch des Partners im Krankenhaus untersagt oder der Schulbesuch aufgrund ihrer Identität unmöglich gemacht werden. Und sie finden möglicherweise keinen Schutz auf EU-Ebene, an den sie sich wenden können.

Während das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 bereits einige EU-Vorgaben umsetzt und vor Diskriminierung aufgrund verschiedener Merkmale schützt, bleibt es hinter dem Umfang der geplanten EU-Richtlinie zurück. Das AGG konzentriert sich hauptsächlich auf den Arbeitsplatz und deckt nicht alle Lebensbereiche umfassend ab.

Reale Beispiele von Diskriminierung

Hier sind nur einige Beispiele, wie sich das im realen Leben auswirkt:

  • In Italien wurde einem schwulen Paar eine Mietwohnung verweigert, weil der Vermieter eine "traditionelle Familie" bevorzugte.
  • In Ungarn weigerte sich ein Gemeindezentrum, einer lesbischen Gruppe einen Raum fĂĽr eine FilmvorfĂĽhrung zu vermieten.
  • In den Niederlanden berichteten mehrere LGBTI-Personen während des Pride-Monats von Belästigungen durch Uber- und Bolt-Fahrer.
  • In Deutschland gibt es trotz des AGG immer wieder Fälle, in denen LGBTQ+-Personen bei der Wohnungssuche benachteiligt werden, wie Studien der Antidiskriminierungsstelle des Bundes belegen.

Die versteckten Auswirkungen auf alle in der EU

Das Fehlen eines gleichberechtigten Schutzes in der gesamten EU ist nicht nur ein Menschenrechtsproblem. Es wirkt sich auf den sozialen Zusammenhalt, die Freizügigkeit und die wirtschaftliche Teilhabe aus. Menschen, die nicht geschützt sind, ziehen mit geringerer Wahrscheinlichkeit um, melden Missbrauch oder engagieren sich in der Gesellschaft. Unternehmen verlieren Talente und das Vertrauen der Verbraucher. Regierungen haben Schwierigkeiten, die Achtung der Rechte zu gewährleisten, selbst dort, wo nationale Gesetze existieren, aufgrund von Untererfassung, Datenmangel und inkonsistenter Umsetzung.

Nur eine starke Gesetzgebung auf EU-Ebene kann die Grundlage für einen einheitlichen und gleichberechtigten Schutz bieten. So wie die Opferschutzrichtlinie zur Stärkung der nationalen Systeme beigetragen hat, hätte diese Richtlinie das rechtliche Rückgrat eines gerechteren Europas sein können.

Warum die EU in ihrer Botschaft an die Welt standhaft bleiben muss

Gesetzgebung erzählt eine Geschichte über die Art von Gesellschaft, in der wir leben wollen. Indem sie diese Richtlinie nicht verabschiedet und sich nun darauf vorbereitet, sie zurückzuziehen, sendet die EU die Botschaft, dass die Rechte einiger Menschen nicht wichtig sind. Dass die Verweigerung von Dienstleistungen, Belästigung, Mobbing oder Ausschluss vom öffentlichen Leben nicht angegangen werden müssen. Dass Gleichheit nicht für alle gilt.

Die Rücknahme der vorgeschlagenen Richtlinie signalisiert LGBTI-Menschen, Menschen mit Behinderungen, religiösen Minderheiten und vielen anderen, dass sie weniger Respekt verdienen. Dass ihre Würde und Sicherheit keine Prioritäten sind. Es gibt denjenigen, die Minderheiten diskriminieren, die Erlaubnis, dies ohne Konsequenzen weiter zu tun.

In einer Zeit zunehmenden Hasses muss die EU standhaft bleiben und eine Botschaft darüber senden, wer dazugehört. Wir beobachten zunehmende anti-LGBTI-Rhetorik, Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit. Hassreden und Gewalt haben nach spaltenden politischen Kampagnen zugenommen. Dies ist ein kritischer Moment. Und doch schlägt die Kommission vor, sich zurückzuziehen. Recht und Politik sind oft die letzte Verteidigungslinie für marginalisierte Gemeinschaften. Wenn die EU diese Richtlinie jetzt aufgibt, wird sie dem Prinzip gleicher Rechte für alle den Rücken kehren.

Machen Sie mit

Lassen Sie nicht zu, dass die EU der Gleichstellung den Rücken kehrt. Deutsche Bürger*innen haben hier eine besondere Verantwortung, da unsere Regierung zu den Hauptblockierern gehört. Unterzeichnen Sie jetzt die Petition!

Kontaktieren Sie Ihre Bundestagsabgeordneten und fordern Sie sie auf, sich für die EU-Gleichstellungsrichtlinie einzusetzen. Besonders wenn Ihre Abgeordneten aus den Reihen der FDP kommen, ist Ihre Stimme wichtig, um die deutsche Blockadehaltung zu ändern. Nur durch gemeinsamen Druck können wir die Gleichstellung in ganz Europa voranbringen.


Zufluchtsstaaten in den USA: Wie Trans-Personen Schutz vor eingeschränkter Gesundheitsversorgung finden

Während in den USA die Einschränkungen für die Gesundheitsversorgung von Transgender-Personen zunehmen, suchen viele Betroffene Schutz in sogenannten "Sanctuary States". Der ursprüngliche Artikel von GCN beschreibt, wie diese Bundesstaaten zum Zufluchtsort für Menschen werden, die lebenswichtige medizinische Behandlungen benötigen. Ein Blick auf die Situation in Deutschland zeigt dabei, wie unterschiedlich der Zugang zu trans-spezifischer Gesundheitsversorgung weltweit geregelt ist.

Schutzstaaten: Eine Karte der Hoffnung

Laut der Organisation "Advocates for Trans Equality" gibt es in den USA 14 Bundesstaaten sowie Washington D.C., die als Zufluchtsstaaten fĂĽr Trans-Personen gelten: New York, Kalifornien, New Mexico, Massachusetts, Washington, Oregon, Colorado, Minnesota, Illinois, Maryland, Connecticut, Vermont, Rhode Island und Maine. Diese Staaten haben sogenannte "Shield Laws" (Schutzgesetze) eingefĂĽhrt, die Trans-Personen und ihre Gesundheitsdienstleister vor rechtlicher Verfolgung schĂĽtzen.

Die Schutzgesetze funktionieren als rechtlicher Schirm: Wenn eine Person aus einem Bundesstaat, in dem die Trans-Gesundheitsversorgung verboten ist, in einen Staat mit legaler Versorgung reist, können weder sie noch ihre Ärzte strafrechtlich verfolgt werden. New Jersey und Arizona haben ähnliche Maßnahmen durch Regierungsverfügungen eingeführt, die jedoch nicht die gleiche rechtliche Stärke wie Gesetze besitzen.

Die andere Seite: Bundesstaaten mit Verboten

Am entgegengesetzten Ende des Spektrums stehen Bundesstaaten wie Florida, Alabama, Oklahoma, Idaho, North Dakota und South Carolina, die bestimmte medizinische Behandlungen für Trans-Jugendliche unter Strafe stellen. In diesen Staaten können Ärzte, die geschlechtsangleichende Maßnahmen für Minderjährige durchführen, mit Gefängnisstrafen belegt werden. Laut der Movement Advancement Project haben mittlerweile 25 US-Bundesstaaten Gesetze erlassen, die den Zugang zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung einschränken.

Die Situation hat sich seit der Unterzeichnung einer Durchführungsverordnung durch Donald Trump verschärft, die die Trans-Gesundheitsversorgung für Personen unter 19 Jahren einschränkt. Diese Maßnahme würde Bundesgelder für geschlechtsangleichende Behandlungen bei Jugendlichen streichen.

Deutschland: Ein anderer Ansatz

In Deutschland ist die Situation grundlegend anders. Während in den USA die Trans-Gesundheitsversorgung von Bundesstaat zu Bundesstaat stark variiert, gibt es in Deutschland ein einheitliches System. Seit einem Urteil des Bundessozialgerichts von 1987 werden geschlechtsangleichende Maßnahmen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Das bedeutet, dass Trans-Personen grundsätzlich Zugang zu notwendigen Behandlungen haben, unabhängig davon, in welchem Bundesland sie leben.

Dennoch gibt es auch in Deutschland Hürden. Wie das American-German Institute berichtet, müssen Trans-Personen häufig eine Psychotherapie durchlaufen, bevor Krankenkassen die Kosten für geschlechtsangleichende Maßnahmen übernehmen. Dieses Verfahren wird von vielen als unnötig und pathologisierend kritisiert.

Ein bedeutender Fortschritt in Deutschland ist jedoch das kürzlich verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz, das die rechtliche Geschlechtsänderung vereinfacht. Im Gegensatz zu vielen US-Bundesstaaten erkennt Deutschland auch ein drittes Geschlecht offiziell an.

Ă–ffentliche Meinung und Aktivismus

In ihrer gemeinsamen Erklärung betonten die Generalstaatsanwälte von 13 US-Bundesstaaten: "Wir unterstützen nachdrücklich Gesundheitsrichtlinien, die die Würde und Rechte aller Menschen respektieren. Gesundheitsentscheidungen sollten von Patienten, Familien und Ärzten getroffen werden, nicht von Politikern, die versuchen, ihre Macht zu nutzen, um Freiheiten einzuschränken. Geschlechtsangleichende Versorgung ist eine wesentliche, lebensrettende medizinische Behandlung, die Einzelpersonen dabei unterstützt, als ihr authentisches Selbst zu leben."

In Deutschland zeigt sich eine ähnliche Tendenz in der öffentlichen Meinung. Eine Umfrage des Williams Institute in 23 Ländern ergab, dass Deutschland zu den Ländern mit einer hohen öffentlichen Unterstützung für Trans-Rechte gehört. Die Mehrheit der Deutschen ist der Meinung, dass Trans-Personen das Recht haben sollten, ihre Ausweisdokumente entsprechend ihrer Geschlechtsidentität anzupassen.

Blick in die Zukunft

Während in den USA die Sorge besteht, dass die Lage unter der Trump-Administration für Trans-Personen noch schwieriger werden könnte, zeigen die Zufluchtsstaaten, dass es Widerstand gegen diese Entwicklung gibt. Die Schutzgesetze sind ein Beispiel dafür, wie einzelne Bundesstaaten versuchen, die Rechte und den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Trans-Personen zu verteidigen.

In Deutschland konzentrieren sich die Bemühungen derzeit darauf, bestehende Hürden im Gesundheitssystem abzubauen. Projekte wie i²TransHealth zielen darauf ab, die interdisziplinäre Gesundheitsversorgung von Trans-Personen besonders in ländlichen Gebieten zu verbessern.

Die Situation in beiden Ländern zeigt, wie wichtig es ist, für die Rechte von Trans-Personen einzutreten. Wie es im Original-Artikel heißt: "Diese Zufluchtsstaaten beweisen, dass selbst wenn es sich anfühlt, als wäre die ganze Welt gegen dich, es immer noch Hunderte von Menschen geben wird, die an deiner Seite kämpfen, egal was es kostet."


Lass uns quatschen: 48 LGBTQ+ Slang-Begriffe, die dein Vokabular bereichern

Die LGBTQ+ Community hat ihre eigene Sprache entwickelt - ein faszinierendes Vokabular, das Identität, Zusammengehörigkeit und kulturelle Vielfalt ausdrückt. Basierend auf dem Artikel von GCN stellen wir dir eine bunte Palette internationaler queerer Begriffe vor und ergänzen sie mit Slang-Ausdrücken, die in der deutschen LGBTQ+ Szene gebräuchlich sind.

Internationale LGBTQ+ Begriffe im Ăśberblick

Von identitätsstiftenden Bezeichnungen wie "Twink" bis hin zu Drag-Favoriten wie "Werk" – diese Ausdrücke sind nicht nur unterhaltsam, sondern spiegeln auch die reiche Kulturgeschichte der Community wider.

Identitätsbegriffe

  • Baby gay: Eine Person, die erst kĂĽrzlich ihr Coming-out hatte
  • Baby dyke: Eine Lesbe, die frisch geoutet ist
  • Bear: Ein kräftiger, muskulöser und behaarter schwuler Mann, meist ĂĽber 25
  • Butch: Person mit maskulinen Eigenschaften
  • Femme: Person mit femininen ZĂĽgen
  • Soft butch: Eine Lesbe, die ĂĽberwiegend maskulin auftritt, aber einige feminine ZĂĽge hat
  • Stone butch: Person mit sehr maskulinem Auftreten, die sich sexuell nicht berĂĽhren lässt
  • High femme: Eine sehr feminin auftretende Lesbe
  • Hey mamas: Durch TikTok bekannt gewordene maskuline Lesbe, vergleichbar mit dem männlichen "Fuckboy"
  • Beard: Heterosexuelle Person, die bewusst eine queere Person heiratet, um deren Sexualität zu verbergen

Community-Vokabular

  • Coming out of the closet: Die eigene Sexualität öffentlich machen
  • Cub: Ă„hnlich wie "Bear", jedoch jĂĽnger
  • Doll: Trans Frau, besonders eine, die als sehr schön gilt
  • Egg: Trans Person, die noch nicht erkannt hat, dass sie trans ist
  • Gaydar: Die Fähigkeit, schwule Menschen zu erkennen
  • Giraffe: Ein besonders groĂźer schwuler Mann
  • Gold star: Homosexuelle Person, die nie mit jemandem des anderen Geschlechts geschlafen hat
  • Gym rat: Jemand, der häufig ins Fitnessstudio geht
  • Lipstick lesbian: Sehr feminine Lesbe mit Vorliebe fĂĽr Mode
  • Chapstick lesbian: Person mit einer Mischung aus maskulinen und femininen Eigenschaften
  • Meerkat: Ein neuerer Begriff fĂĽr einen frechen und ängstlichen schwulen Mann
  • Otter: Ein schlanker und recht behaarter schwuler Mann
  • Wolf: Ein muskulöser, schlanker schwuler Mann
  • Pillow princess: Eine Lesbe, die beim Sex nur empfängt und nicht gibt
  • Polar Bear: Ein älterer, ergrauender "Bear"
  • Trade: Ein maskuliner schwuler Mann, der heterosexuell wirkt und möglicherweise im Verborgenen lebt
  • Top: Die Person, die beim schwulen Geschlechtsverkehr penetriert
  • Bottom: Die Person, die beim schwulen Geschlechtsverkehr penetriert wird
  • Queen: Ein zurĂĽckerobertes Wort, das ursprĂĽnglich verwendet wurde, um einen femininen schwulen Mann zu beleidigen
  • Sapphic: Eine feminine Person, die Frauen liebt
  • Stud: Eine dominante oder butch Lesbe of Color
  • Twink: Ein junger und schlanker schwuler Mann
  • Twunk: Ein Twink, aber muskulöser
  • U-haul lesbian: Jemand, der sehr schnell mit dem Partner zusammenzieht

Drag-Slang

Die Drag-Kultur hat ihre eigene facettenreiche Sprache entwickelt. Drag selbst bezeichnet die Kunst, als anderes Geschlecht aufzutreten und dabei das Erscheinungsbild zu übertreiben. Der Begriff entstand in der Theaterwelt, als Männer lange Kleider trugen, um Frauen darzustellen – der Saum des Kleides "dragged" (schleifte) dabei über den Boden.

  • Drag queen: Person, die in Drag als Frau auftritt
  • Drag king: Person, die als Mann auftritt
  • Mother: Kann zwei Bedeutungen haben. Eine Drag-Mother ist eine Queen, die jemanden in die Drag-Welt einfĂĽhrt, aber eine "Mother" kann auch eine Frau sein, die sich um schwule Männer kĂĽmmert
  • Read: Wenn ein Drag-Performer jemanden gekonnt, meist humorvoll beleidigt
  • Werk: Den besten Look präsentieren
  • Realness: Eine bestimmte Geschlechtsidentität ĂĽberzeugend darstellen
  • Yas: Ein begeistertes "Ja". Wie viele LGBTQ+ Slang-Begriffe stammt auch dieser aus der Ballroom-Szene der 1980er Jahre
  • Serving fish: "Fish" ist ein umstrittener Begriff, da er als sexistisch angesehen werden könnte. Er bedeutet, ĂĽberzeugend wie eine Frau auszusehen
  • Kiki: Tratschen oder eine Plauderstunde haben
  • Kaikai: Zwei Drag Queens, die Sex haben
  • Shade: Ă„hnlich wie "Reading", aber ernster
  • Slay: Das Beste geben oder die beste Performance abliefern
  • Gag: Ein intensiver Schock oder von etwas schockiert sein

Deutsche LGBTQ+ Slang-Begriffe

Auch in Deutschland hat die queere Community ihre eigene Sprache entwickelt, wenngleich nicht so umfassend wie beispielsweise das britische Polari. Hier einige Begriffe, die in der deutschen LGBTQ+ Szene verwendet werden:

  • Warmer Bruder: Eine ältere, manchmal abwertend gebrauchte Bezeichnung fĂĽr einen homosexuellen Mann, die jedoch teilweise von der Community zurĂĽckerobert wurde
  • Sahneschnittchen: Wird in der Community-Sprache als Bezeichnung fĂĽr eine attraktive Person verwendet
  • Pflaumensturz: Ein GemĂĽtszustand, der als Synonym fĂĽr einen Nervenzusammenbruch bei freudiger Erregung oder extremer Empörung verwendet wird
  • FLINTA*: Akronym fĂĽr Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, nicht-binäre, Trans und Agender-Personen

Interessanterweise werden in der deutschen queeren Szene auch viele englische Begriffe verwendet. JĂĽngere Menschen nutzen oft AusdrĂĽcke wie "slayen" (jemanden beeindrucken), "served" (gut aussehen) oder "c*nty" (selbstbewusst, frech). Diese Begriffe finden teilweise auch auĂźerhalb der LGBTQ+-Community Verwendung.

Die Bedeutung von LGBTQ+ Sprache

Der queere Slang wird zunehmend auch im Mainstream bekannt. Das Verständnis dieser sprachlichen Codes hilft nicht nur dabei, die Kultur der Community zu verstehen, sondern fördert auch Respekt und Inklusion. Die queere Sprache in Deutschland ist vielfältig und entwickelt sich ständig weiter – sie dient dazu, Identität auszudrücken und Gemeinschaft zu bilden.

Wer mehr über LGBTQ+ Begriffe erfahren möchte, findet im Queer Lexikon eine umfassende Sammlung von Erklärungen und Definitionen. Besonders beim Einsatz von Slang-Ausdrücken ist Kontext wichtig: Was innerhalb der Community als Selbstbezeichnung funktioniert, kann von außen unangebracht sein.

Die eigene Sprachgeschichte zeigt, wie kreativ queere Menschen waren und sind, um Ausdrucksmöglichkeiten zu finden – besonders in Zeiten, als offenes Sprechen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt noch gefährlich war. Heute dient diese Sprache als Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart der LGBTQ+ Bewegung.


Reaktionen auf das britische Urteil zur Definition einer Frau und die Auswirkungen auf Deutschland

Das Urteil des britischen Supreme Court zur rechtlichen Definition einer Frau sorgt international für Aufsehen und Besorgnis in der LGBTQ+ Community. Am 16. April 2025 entschied der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs, dass der Begriff „Frau" im britischen Gleichstellungsgesetz (Equality Act 2010) sich auf das biologische Geschlecht bezieht – mit weitreichenden Konsequenzen für Transmenschen. In der ursprünglichen Berichterstattung von PinkNews wurden die unmittelbaren Reaktionen der britischen Community dokumentiert, während sich nun auch in Deutschland Betroffene und Verbände zu Wort melden.

Die Entscheidung und ihre Bedeutung

Der britische Supreme Court hat einstimmig entschieden, dass die Begriffe „Frau" und „Geschlecht" im Equality Act 2010 sich auf biologische Frauen und biologisches Geschlecht beziehen. Richter Lord Hodge stellte in der Urteilsverkündung klar: „Die einstimmige Entscheidung dieses Gerichts ist, dass die Begriffe Frau und Geschlecht im Equality Act 2010 sich auf eine biologische Frau und biologisches Geschlecht beziehen."

Die Entscheidung ist das Ergebnis einer Klage der Frauenrechtsorganisation „For Women Scotland" (FWS) gegen die schottische Regionalregierung. Diese wollte Transfrauen mit einem Gender Recognition Certificate (GRC) in allen Lebensbereichen als Frauen anerkennen, einschließlich des Zugangs zu Frauenhäusern und bei Frauenquoten für Führungspositionen. Das Urteil hebt eine frühere Entscheidung eines schottischen Gerichts auf, die diese Anerkennung bestätigt hatte.

Gleichzeitig betonte das Gericht, dass Transmenschen weiterhin durch das Gleichstellungsgesetz vor Diskriminierung geschützt sind. „Wir raten davon ab, dieses Urteil als Triumph einer oder mehrerer Gruppen in unserer Gesellschaft auf Kosten einer anderen zu betrachten", so Lord Hodge.

Reaktionen aus der britischen LGBTQ+ Community

Die Reaktionen auf das Urteil sind gespalten. Simon Blake, Geschäftsführer der LGBTQ+ Organisation Stonewall UK, äußerte tiefe Besorgnis: „Stonewall teilt die große Sorge über die weitreichenden Auswirkungen des heutigen Urteils des Supreme Court. Es wird für die Trans-Community und alle, die sie unterstützen, unglaublich beunruhigend sein."

Die britische Model und Trans-Aktivistin Munroe Bergdorf postete auf ihrem Instagram-Account mit den Worten: „Wir werden das gemeinsam durchstehen" und kündigte an, in den kommenden Tagen mit Rechtsexperten zu sprechen, um die Auswirkungen auf die Zukunft der Community im Vereinigten Königreich zu verstehen.

Die Organisation „Scottish Trans" rief dazu auf, nicht in Panik zu geraten und wies darauf hin, dass viele Kommentare die Auswirkungen der Entscheidung auf das Leben aller Transmenschen möglicherweise bewusst übertreiben würden.

Auf der anderen Seite feierten Befürworter des Urteils wie die Autorin J.K. Rowling die Entscheidung. Sie schrieb auf ihrem X-Account: „Es brauchte drei außergewöhnliche, hartnäckige schottische Frauen mit einer Armee hinter ihnen, um diesen Fall vor den Supreme Court zu bringen, und mit ihrem Sieg haben sie die Rechte von Frauen und Mädchen im gesamten Vereinigten Königreich geschützt."

Parallelen zur deutschen Situation und Reaktionen

In Deutschland wurde erst kürzlich, am 1. November 2024, das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) eingeführt, das das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ersetzt. Dieses Gesetz ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch Selbstauskunft beim Standesamt zu ändern, ohne dass ein Gerichtsverfahren oder eine medizinische Begutachtung erforderlich ist – ein deutlicher Kontrast zur aktuellen britischen Rechtssituation.

Deutsche LGBTQ+ Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) haben sich besorgt über das britische Urteil geäußert und Solidarität mit den Betroffenen in Großbritannien bekundet. „Das Urteil des Supreme Court ist ein beunruhigendes Signal, das die Selbstbestimmung und Würde von Transmenschen in Frage stellt", erklärte eine Sprecherin des LSVD auf Anfrage.

Auch das Bundesverband Trans* äußerte sich kritisch: „Wir sehen mit großer Sorge, wie in Großbritannien die Rechte von Transmenschen zunehmend eingeschränkt werden. Umso wichtiger ist es, das deutsche Selbstbestimmungsgesetz zu verteidigen und weiter zu stärken."

Gleichzeitig gibt es in Deutschland Stimmen, die ähnliche Bedenken äußern wie die britischen Klägerinnen. So hatte sich unter anderem die UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, kritisch zum deutschen Selbstbestimmungsgesetz geäußert und Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Frauen und Mädchen, insbesondere in Frauenhäusern, Toiletten und Umkleideräumen, geäußert.

Mögliche Auswirkungen auf Deutschland

Obwohl das britische Urteil keine direkte rechtliche Wirkung in Deutschland hat, befürchten Aktivist*innen, dass es den Diskurs über Transgender-Rechte in Deutschland beeinflussen könnte. „Wir müssen wachsam sein, damit die Errungenschaften des Selbstbestimmungsgesetzes nicht durch ähnliche Klagen oder politische Initiativen in Frage gestellt werden", so Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* in einer Pressemitteilung.

Rechtsexpert*innen betonen jedoch die Unterschiede zwischen dem britischen und dem deutschen Rechtssystem. „Das deutsche Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben die Selbstbestimmung des Geschlechts wiederholt gestärkt", erklärt die Rechtsanwältin Maria Schmidt, die auf LGBTQ+ Rechte spezialisiert ist. „Eine ähnliche Einschränkung wie in Großbritannien wäre in Deutschland rechtlich schwieriger durchzusetzen."

Dennoch könnten die Debatten, die durch das britische Urteil angestoßen wurden, auch in Deutschland zu verstärkten Diskussionen über die Balance zwischen Transgender-Rechten und dem Schutz von Frauenräumen führen.

Community-Zusammenhalt und internationale Solidarität

Die deutschen LGBTQ+ Organisationen rufen zu Solidarität mit den britischen Transmenschen auf. Geplant sind Solidaritätskundgebungen vor der britischen Botschaft in Berlin und anderen deutschen Städten.

Die Berichterstattung über das Urteil und die Reaktionen darauf werden in den kommenden Wochen wahrscheinlich noch zunehmen, während Rechtsexpert*innen die genauen Auswirkungen analysieren und die betroffenen Communities ihre Strategien zur Verteidigung ihrer Rechte entwickeln.

In Anlehnung an die Worte von Munroe Bergdorf scheint die Botschaft der Community klar: Gemeinsam werden wir auch diese Herausforderung überstehen – sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland.


Polizei ermittelt wegen queerfeindlichem Wahlflugblatt: Kommunalpolitiker nennt LGBTQ+-Menschen "geisteskranke Fanatiker"

Eine schockierende Wahlkampfpublikation in GroĂźbritannien sorgt fĂĽr Entsetzen und erinnert daran, dass queerfeindliche Hassrede auch im politischen Kontext ein wachsendes Problem darstellt. Wie PinkNews berichtet, hat die Polizei in der englischen Grafschaft Oxfordshire Ermittlungen gegen einen Kommunalpolitiker aufgenommen, der in seinem Wahlflugblatt LGBTQ+-Menschen als "geisteskranke Fanatiker" bezeichnet hat.

Hetze im Namen der "christlichen Werte"

Der unabhängige Kandidat David Roy Cox, der für den Wahlkreis Burford und Carterton West bei den Kommunalwahlen am 1. Mai kandidiert, verteilte ein Flugblatt, in dem er sich für "christliche Lehren, Werte und Traditionen" ausspricht. In seinem Pamphlet fordert Cox ein Ende des "schwächlichen, feigen Woke-Unsinns" und erklärt, es sei "unerlässlich, Kinder und ihre unbefleckten Köpfe vor der bösen Indoktrination der geisteskranken LBTQ-Fanatiker und ihrer Pride-Flaggen zu schützen".

Darüber hinaus enthält das Flugblatt rassistische und ableistische Äußerungen, in denen Cox beklagt, dass "viele Teile unseres Landes heute nicht wiederzuerkennen sind und eher wie die r*******-verseuchten Einöden des Nahen Ostens oder verarmte nordafrikanische Slums aussehen, wo Englisch als Zweitsprache gesprochen wird".

Anwohnerin erstattet Anzeige

Eine Anwohnerin namens Nikita Haddington-Milner, die das Flugblatt in ihrem Briefkasten fand, erstattete Anzeige bei der Polizei von Thames Valley, dem West Oxfordshire District Council und der Wahlkommission. Besonders empörend: Das Flugblatt wurde trotz einer am Haus angebrachten Pride-Flagge durch ihre Tür geschoben.

"Ich fühle mich verletzt, dass sie dies wissentlich durch die Tür gesteckt haben. Das sagt alles", erklärte Haddington-Milner gegenüber lokalen Medien. "Ich bin bestürzt darüber, dass diese veralteten Ansichten bis heute bestehen, obwohl es Gesetze gibt, die davor schützen sollten. Jeder hat ein Recht auf seine religiösen Überzeugungen, aber dies ist das absichtliche Schüren von Hass."

Sie betonte: "Das ist in meinen Augen das Schüren von Hass gegen mehrere schutzbedürftige Gemeinschaften, das Verbreiten von Informationen von Tür zu Tür, im Wissen, dass es Unruhe und Hass verursacht. Es geht nicht um freie Meinungsäußerung, das ist Gift, keine Politik. Das ist gefährliche Rhetorik."

Polizei ermittelt wegen möglicher Hasskriminalität

Ein Sprecher der Thames Valley Police bestätigte, dass eine Beschwerde eingegangen sei und die Beamten derzeit prüfen, ob Cox' Flugblatt eine Hasskriminalität darstellt. Der Politiker selbst zeigte keine Reue und erklärte gegenüber der BBC, er stehe zu allem, was in seinem Flugblatt gedruckt wurde. Er fügte hinzu, dass es "ihr Problem" und nicht seines sei, wenn Haddington-Milner durch den Inhalt beleidigt wurde.

Deutschland: Ähnliche Probleme im Kontext politischer Kampagnen

Auch in Deutschland ist queerfeindliche Hassrede im politischen Kontext ein zunehmendes Problem. Eine Studie des LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschland) zeigt, dass Hasskriminalität gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland oft unzureichend erfasst und verfolgt wird. Der Paragraf zur Volksverhetzung (§ 130 StGB) erwähnt beispielsweise homophobe und transphobe Motive nicht explizit.

Die Amadeu Antonio Stiftung betont, dass rechtsextreme und religiös-fundamentalistische Gruppen zunehmend Hass gegen queere Menschen schüren, indem sie LGBTQ+-Personen als Gefahr für Kinder darstellen und Desinformationen über eine angebliche "Gender-Ideologie" verbreiten – rhetorische Strategien, die dem Vorgehen von David Roy Cox auffallend ähneln.

Europäische Dimension des Problems

Laut einem Bericht von ILGA-Europe nehmen anti-LGBTQ+-Rhetorik und Hassreden in ganz Europa zu, insbesondere im Kontext von Wahlen. In mehreren europäischen Ländern nutzen Politiker zunehmend queerfeindliche Rhetorik, um Grundrechte einzuschränken und Wählerstimmen zu gewinnen.

Besonders besorgniserregend: Hassreden können zu einer Eskalation von Gewalt führen und das gesellschaftliche Klima vergiften. Sie wirken sich nachweislich negativ auf die psychische Gesundheit von LGBTQ+-Personen aus und fördern soziale Ausgrenzung.

Was können wir tun?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gegen queerfeindliche Hassreden vorzugehen:

  • Hassreden können bei den Betreibern sozialer Netzwerke, bei speziellen Meldestellen wie Hass im Netz und bei der Polizei gemeldet werden.
  • Gegenrede ist wichtig: Positionieren Sie sich gegen Hassreden und unterstĂĽtzen Sie Betroffene.
  • Informieren Sie sich ĂĽber Ihre Rechte: In Deutschland verpflichtet das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) die Betreiber sozialer Plattformen, illegale Inhalte innerhalb kurzer Zeit zu löschen.
  • UnterstĂĽtzen Sie Organisationen, die sich fĂĽr die Rechte von LGBTQ+-Menschen einsetzen, wie den LSVD oder Queer Amnesty.

Der Fall aus Oxfordshire zeigt, dass der Kampf gegen queerfeindliche Hassrede auch im Jahr 2025 noch lange nicht gewonnen ist – weder in Großbritannien noch in Deutschland. Es bleibt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, entschieden gegen solche hetzerischen Äußerungen vorzugehen, um LGBTQ+-Personen zu schützen und eine offene, demokratische Gesellschaft zu bewahren.


UK-Urteil verlangt männliche Durchsuchungen für Transfrauen - Deutschland geht anderen Weg mit Selbstbestimmungsgesetz

Nach einem Grundsatzurteil des obersten Gerichtshofs in Großbritannien müssen Transfrauen, die von der British Transport Police in Gewahrsam genommen werden, nun von männlichen Beamten durchsucht werden. Die Entscheidung steht im deutlichen Kontrast zur deutschen Gesetzgebung, die mit dem erst kürzlich in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz einen progressiveren Weg eingeschlagen hat. Die ursprüngliche Meldung über die Situation in Großbritannien wurde von PinkNews veröffentlicht.

Das britische Urteil und seine Auswirkungen

Am 16. April entschied der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs in einem wegweisenden Verfahren, das von der genderkritischen Gruppe "For Women Scotland" gegen die schottische Regierung eingereicht wurde, dass die rechtliche Definition einer Frau Transfrauen ausschließt. Das Gericht stellte fest, dass das geschützte Merkmal "Geschlecht" nach dem britischen Gleichstellungsgesetz von 2010 sich auf das biologische Geschlecht bezieht.

Als direkte Folge dieses Urteils hat die British Transport Police – die Polizei, die für das Eisenbahnnetz in England, Wales und Schottland zuständig ist – eine "Übergangsregelung" eingeführt. Ein Sprecher erklärte gegenüber Sky News: "Nach unserer bisherigen Richtlinie konnten Personen mit einer Geschlechtsanerkennungsurkunde (GRC) entsprechend ihrem angenommenen Geschlecht durchsucht werden. Als Übergangsmaßnahme, während wir das heutige Urteil prüfen, haben wir jedoch unsere Beamten angewiesen, dass alle gleichgeschlechtlichen Durchsuchungen im Gewahrsam entsprechend dem biologischen Geburtsgeschlecht des Inhaftierten durchgeführt werden müssen."

Dies bedeutet, dass Transfrauen, die von der Polizei festgehalten werden, nun von männlichen Beamten durchsucht werden, während Polizeibeamtinnen, die trans sind, keine Frauen mehr im Gewahrsam durchsuchen dürfen.

Deutschland schlägt anderen Weg ein

Im Gegensatz zum restriktiven Ansatz in Großbritannien hat Deutschland mit dem am 1. November 2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) einen deutlich progressiveren Weg eingeschlagen. Das SBGG ersetzt das frühere Transsexuellengesetz (TSG) und ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern – ohne die zuvor erforderlichen gerichtlichen Entscheidungen oder psychiatrischen Gutachten.

Die Polizei Berlin hat ihre Richtlinien entsprechend angepasst und "Qualitätsstandards zur Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung bei trans- und intergeschlechtlichen Personen" entwickelt. Diese Standards geben trans- und intergeschlechtlichen Personen das Recht, bei bedrohtem Schamgefühl von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht zu werden, wobei das primäre Geschlechtsorgan nicht mehr das alleinige Kriterium ist. Dies steht in starkem Kontrast zu der nun in Großbritannien geltenden Praxis.

Gesellschaftliche und rechtliche Konsequenzen

Das britische Urteil könnte weitreichende Folgen haben, die weit über Polizeidurchsuchungen hinausgehen. Die britische Gleichstellungs- und Menschenrechtskommission (EHRC) hat bereits angekündigt, dass sie den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) "verfolgen" werde, wenn dieser seine Richtlinien zu geschlechtergetrennten Räumen nicht entsprechend dem Urteil des Obersten Gerichtshofs ändere.

Derzeit erlaubt der NHS die Behandlung von Transpersonen entsprechend ihrem Geschlecht. Beispielsweise werden Transfrauen als Patientinnen auf der Frauenstation untergebracht, und transgender Mitarbeiterinnen können Umkleideräume für Frauen nutzen. Die EHRC-Vorsitzende Baroness Kishwer Falkner wurde von der BBC mit den Worten zitiert: "Wir sprechen seit ungewöhnlich langer Zeit mit dem Gesundheitsdienst, wir werden sie nun fragen, wann sie ihre Beratung aktualisieren werden."

In Deutschland hingegen deutet nichts auf eine ähnliche Entwicklung hin. Im Gegenteil: Mit dem Selbstbestimmungsgesetz hat die deutsche Bundesregierung ein klares Zeichen für die Stärkung der Rechte von Transpersonen gesetzt. Die deutsche Bundesregierung betont, dass das Gesetz das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung stärkt und administrative Hürden abbaut.

Bedeutung fĂĽr die LGBTQ+-Community

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die Entwicklung in Großbritannien ein besorgniserregendes Signal. Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen Schritt in Richtung mehr Akzeptanz und Anerkennung von Geschlechtsidentitäten gemacht hat, scheint Großbritannien einen Rückschritt zu machen, der Transfrauen von geschützten Räumen und Dienstleistungen ausschließt.

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) weist darauf hin, dass trans* Personen aus Angst vor queerfeindlichen Reaktionen ohnehin seltener Vorfälle bei der Polizei melden. Die Befürchtung ist, dass ein Urteil wie in Großbritannien, sollte es in ähnlicher Form in Deutschland gefällt werden, diese Situation noch verschlimmern könnte.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass das britische Gericht trotz seiner einschränkenden Definition von "Frauen" betont hat, dass Transpersonen weiterhin vor Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsumwandlung geschützt sind. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die praktische Umsetzung dieses Urteils auf das tägliche Leben von Transpersonen in Großbritannien auswirken wird.

Fazit: Unterschiedliche Wege in Europa

Die gegensätzlichen Entwicklungen in Deutschland und Großbritannien zeigen, dass in Europa unterschiedliche Wege im Umgang mit Transrechten beschritten werden. Während das deutsche Selbstbestimmungsgesetz auf Selbstbestimmung und Würde setzt, schlägt das britische Urteil eine biologisch definierte Richtung ein, die von Kritikern als Rückschritt betrachtet wird.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist es wichtig, die internationalen Entwicklungen im Auge zu behalten und gleichzeitig die Errungenschaften des Selbstbestimmungsgesetzes zu würdigen und zu schützen. Die unterschiedlichen Rechtslagen in europäischen Nachbarländern verdeutlichen, dass der Kampf für Transrechte noch lange nicht abgeschlossen ist und weiterhin Engagement und Wachsamkeit erfordert.


Meilenstein für LGBTQ+-Rechte: US-Gericht erklärt Trumps queerfeindliche Passregeln für verfassungswidrig

Ein US-Bezirksgericht in Boston hat die von Donald Trump eingeführten Passvorschriften, die trans und nichtbinäre Menschen diskriminieren, als verfassungswidrig eingestuft. Wie queer.de berichtet, erließ Richterin Julia Kobick eine einstweilige Verfügung, die die Anwendung der diskriminierenden Regeln für sechs Kläger*innen stoppt. Diese Entscheidung könnte wegweisend für den Schutz von LGBTQ+-Rechten in den USA sein – und steht in starkem Kontrast zur progressiven Entwicklung in Deutschland.

Gericht: Trumps Erlass basiert auf "irrationalen Vorurteilen"

In ihrer Urteilsbegründung stellte die von Joe Biden ernannte Richterin Kobick klar: "Der Erlass und die entsprechenden Passmaßnahmen basieren auf irrationalen Vorurteilen gegenüber trans Amerikanern und verletzen daher die verfassungsmäßige Verpflichtung unserer Nation zum gleichen Schutz für alle Amerikaner." Das Gericht ordnete an, dass die sechs Kläger*innen Pässe mit der Geschlechtsangabe erhalten, die mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt.

Die umstrittene Politik der Trump-Regierung hatte im Januar per Dekret festgelegt, dass die US-Regierung künftig nur noch die Kategorien "männlich" und "weiblich" anerkennen will und dass dabei das "Geschlecht zur Geburt" maßgeblich sein soll. Damit wurde die 2022 unter Biden eingeführte Möglichkeit, ein "X" als neutrale Geschlechtsangabe in US-Reisepässen einzutragen, abgeschafft.

Rechtliche Anerkennung von trans Personen auf Bundesebene ausgehebelt

Die American Civil Liberties Union (ACLU), die die Kläger*innen vertrat, argumentierte, dass die neuen Regeln trans, nichtbinären und intergeschlechtlichen Amerikaner*innen faktisch das Recht auf einen korrekten Pass verweigert. Ein besonders prominentes Beispiel für die Auswirkungen ist die trans Schauspielerin Hunter Schafer, der ein Reisepass mit männlichem "M"-Marker ausgestellt wurde – was zu erheblichen Problemen bei Auslandsreisen führen kann.

Trotz des Erfolgs für die sechs Kläger*innen lehnte Richterin Kobick den Antrag auf eine landesweite Blockierung der Politik ab. Das bedeutet, dass die diskriminierenden Passregeln für alle anderen trans und nichtbinären US-Bürger*innen weiterhin gelten können, bis weitere Klagen erfolgreich sind oder die Politik auf Bundesebene geändert wird.

Deutsche Gesetzgebung als positiver Kontrast

Die Entwicklung in den USA steht in deutlichem Kontrast zur Situation in Deutschland, wo seit dem 1. November 2024 das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft ist. Dieses Gesetz erleichtert es trans, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen erheblich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern – ohne die komplexen Gerichtsverfahren und Gutachten, die früher erforderlich waren.

In Deutschland gibt es seit 2018 die Möglichkeit, im Personenstandsregister neben "männlich" und "weiblich" auch "divers" oder "ohne Angabe" zu wählen. Diese dritte Option wurde nach einer wegweisenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, das feststellte, dass das Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen.

Bei deutschen Reisepässen wird nach einer Änderung des Geschlechtseintrags ein "X" eingetragen, wenn die Person nicht als männlich oder weiblich gemeldet ist. Für Reisende in Länder, die den Eintrag "X" nicht akzeptieren, besteht die Möglichkeit, einen zweiten Reisepass mit dem alten binären Geschlechtseintrag zu beantragen – allerdings nur mit einer ärztlichen Bescheinigung über eine "Variante der Geschlechtsentwicklung".

Internationale Implikationen fĂĽr Reisende

Für deutsche LGBTQ+-Reisende in die USA bedeuten die neuen US-Regelungen potenzielle Komplikationen. Laut den aktualisierten Reisehinweisen des deutschen Auswärtigen Amtes zu US-Visa müssen bei Abweichungen des Geschlechtseintrags von jenem aus dem Reisepass "zusätzlich die Geburtsurkunde mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlechtseintrag bzw. ein beglaubigter Ausdruck aus dem Geburtenregister mitgeführt werden".

Die Entscheidung des US-Gerichts ist zwar ein wichtiger Schritt, aber der Kontrast zur deutschen Gesetzgebung zeigt, wie unterschiedlich die Entwicklung der LGBTQ+-Rechte in verschiedenen demokratischen Ländern verlaufen kann. Während Deutschland durch das Selbstbestimmungsgesetz einen bedeutenden Fortschritt erzielt hat, kämpfen trans und nichtbinäre Menschen in den USA weiterhin um grundlegende Anerkennung ihrer Identität in offiziellen Dokumenten.

LGBTQ+-Organisationen in den USA hoffen nun, dass die Entscheidung des Bostoner Gerichts ein erster Schritt ist, um die diskriminierenden Passregelungen landesweit zu kippen und die Rechte von trans und nichtbinären US-Bürger*innen zu schützen.


"Ein Kampf um Sichtbarkeit: Warum queere Rechte im Koalitionsvertrag nur eine Randnotiz sind"

Die Rechte queerer Menschen spielen im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD so gut wie keine Rolle. Für die wenigen unkonkreten Absätze, die es letztlich in das Regierungsprogramm geschafft haben, habe die SPD hart kämpfen müssen, wie die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken in einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" andeutete. Auf den 144 Seiten des neuen Koalitionsvertrags findet das Wort "queer" gerade einmal zweimal Erwähnung – ein Umstand, der viel über die aktuellen gesellschaftspolitischen Prioritäten aussagt.

Harte Verhandlungen um wenige Worte

"Es war ein Kampf, dass es wenigstens zweimal da steht", erklärte Esken im Interview. Für viele Konservative sei "queer" eines von zahlreichen "woken" Trigger-Wörtern, die sie hart bekämpfen würden. Die SPD-Chefin sieht darin Anzeichen eines Kulturkampfes: "Wir befinden uns mitten in einem Kulturkampf, der uns in voraufklärerische Zeiten zurückführen will – in den USA sehen wir das Vorbild dazu."

Tatsächlich enthält der Koalitionsvertrag mit dem Titel "Verantwortung für Deutschland" nur einen kurzen Absatz zum Thema "Geschlechtliche Vielfalt". Darin wird betont, dass queeres Leben vor Diskriminierung geschützt werden muss und alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, gleichberechtigt, diskriminierungs- und gewaltfrei leben können müssen. Welche konkreten Maßnahmen dafür ergriffen werden sollen, bleibt jedoch weitgehend unklar, wie Echte Vielfalt kritisch anmerkt.

RĂĽckschritte statt Fortschritte?

Besonders alarmierend für viele Vertreter*innen der LGBTQ+-Community ist die Tatsache, dass der unter der Ampel-Koalition erarbeitete Aktionsplan "Queer leben" im neuen Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt wird. Auch scheint es keinen Queerbeauftragten wie in der vorherigen Legislaturperiode mehr zu geben. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) kritisiert, dass angesichts der steigenden Zahl von Angriffen auf LSBTIQ*-Personen das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt erhalten bleiben und der Aktionsplan fortgeführt werden müsse.

Besondere Aufmerksamkeit erfährt die Ankündigung, das erst kürzlich eingeführte Selbstbestimmungsgesetz bis Juli 2026 evaluieren zu wollen. CDU und CSU forderten im Wahlkampf offen dessen Abschaffung, was sie mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen begründeten. Für viele queere Aktivist*innen ist diese geplante Evaluierung ein besorgniserregendes Signal, wie die Initiative Queer Nations betont.

Rechtspopulistische Gefahr und gesellschaftliche RĂĽckschritte

Im Interview mit der Frankfurter Rundschau zeigte sich Esken auch geschockt über die Forderung des CDU-Politikers Jens Spahn, die AfD so zu behandeln wie jede andere Oppositionspartei im Bundestag. "Das finde ich brandgefährlich und es erschreckt mich, wieviel Zuspruch er dafür auch aus den eigenen Reihen bekommt", erklärte die SPD-Vorsitzende. Für sie steht fest: "Die AfD ist eine rechtsradikale Partei und hat nichts im Bundestag verloren."

Auch in der Wissenschaft tobe derzeit ein Kampf, warnte Esken weiter. "Forschungspartner werden gerade aus den USA befragt, ob sie Diversitätsstrategien verfolgen, denn das würde die Partnerschaft beenden. Das ist eine bittere und brandgefährliche Realität in unserem Land." Die Wissenschaft, aber auch die Zivilgesellschaft seien "hoch alarmiert, letztere nach dieser kleinen Anfrage der CDU an die Bundesregierung oder dem Versuch, das Informationsfreiheitsgesetz abzuschaffen."

SPD sieht sich als Bollwerk fĂĽr gesellschaftliche Vielfalt

Neben queeren Themen habe die CDU laut Esken auch das Thema Gleichstellung von Frauen "gern weggelassen". In den Koalitionsverhandlungen habe die SPD-Vorsitzende "deutlich gemacht, dass die Errungenschaften einer offenen und vielfältigen Gesellschaft von uns nicht zur Disposition gestellt werden, sondern dass wir im Gegenteil weiter voranschreiten wollen mit der gesellschaftlichen Modernisierung".

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland deuten diese Entwicklungen auf herausfordernde Zeiten hin. Während in anderen europäischen Ländern wie Spanien, Portugal und skandinavischen Ländern progressive Entwicklungen im Bereich queerer Rechte zu beobachten sind, scheint Deutschland nun einen konservativeren Kurs einzuschlagen.

Ob die SPD als kleinerer Koalitionspartner tatsächlich die von Esken versprochene "Standhaftigkeit" zeigen kann, wenn es um den Schutz und die Weiterentwicklung queerer Rechte geht, wird sich in den kommenden Jahren erweisen müssen. Für die LGBTQ+-Community bedeutet dies vor allem eines: erhöhte Wachsamkeit und verstärktes zivilgesellschaftliches Engagement werden notwendiger denn je sein.


Britisches Höchstgericht: Trans Frauen rechtlich keine Frauen - Der Gegensatz zum neuen deutschen Selbstbestimmungsgesetz

Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens hat entschieden, dass die rechtliche Definition einer Frau Trans-Frauen ausschließt – ein Urteil, das in direktem Kontrast zur fortschrittlichen Entwicklung in Deutschland steht, wo kürzlich das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet wurde. Die vollständige Originalberichterstattung findet sich auf PinkNews.

Das Urteil und seine Implikationen

Am 16. April 2024 verkĂĽndete der britische Supreme Court einstimmig, dass die Begriffe "Frau" und "Geschlecht" im britischen Gleichstellungsgesetz (Equality Act 2010) sich ausschlieĂźlich auf biologische Frauen und biologisches Geschlecht beziehen. Richter Lord Hodge betonte bei der UrteilsverkĂĽndung: "Die einstimmige Entscheidung dieses Gerichts ist, dass die Begriffe 'Frau' und 'Geschlecht' im Equality Act 2010 sich auf eine biologische Frau und biologisches Geschlecht beziehen."

Gleichzeitig versuchte das Gericht zu betonen, dass das Urteil nicht als "Triumph einer Gruppe auf Kosten einer anderen" verstanden werden sollte. Trans-Personen genieĂźen weiterhin Schutz vor Diskriminierung aufgrund der gesetzlich geschĂĽtzten Eigenschaft der "Geschlechtsangleichung" (gender reassignment).

Die Entscheidung wird weitreichende Auswirkungen für die Trans- und nicht-binäre Community in Großbritannien haben, insbesondere was den Zugang zu gleichgeschlechtlichen Räumen und Dienstleistungen betrifft. Der Fall wurde von der "gender-kritischen" Gruppe For Women Scotland (FWS) gegen die schottische Regierung eingebracht und stellt eine direkte Herausforderung eines früheren Urteils dar, das feststellte, dass Geschlecht nicht auf Biologie beschränkt ist.

Deutschland geht den entgegengesetzten Weg

Während Großbritannien mit diesem Urteil einen restriktiveren Weg einschlägt, hat Deutschland gerade einen historischen Schritt in die entgegengesetzte Richtung gemacht. Am 12. April 2024 – nur wenige Tage vor dem britischen Urteil – verabschiedete der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz, das im November 2024 in Kraft treten wird.

Dieses progressive Gesetz erlaubt es Menschen ab 14 Jahren, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern – ohne die bisher erforderlichen medizinischen Gutachten oder gerichtlichen Verfahren. Es ersetzt das als diskriminierend geltende Transsexuellengesetz von 1980, das unter anderem psychologische Gutachten und gerichtliche Verfahren vorsah.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bezeichnete das neue Gesetz als "längst überfällig" und betonte: "Wir schützen die Selbstbestimmung aller Menschen und sorgen dafür, dass trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen endlich mit Würde und Respekt behandelt werden."

Zwei unterschiedliche Ansätze in Europa

Der Kontrast zwischen dem britischen Urteil und dem deutschen Selbstbestimmungsgesetz verdeutlicht die unterschiedlichen Ansätze innerhalb Europas zum Thema Transgender-Rechte. Während das Vereinigte Königreich eine biologische Definition des Geschlechts bekräftigt, setzt Deutschland auf die Selbstbestimmung der Geschlechtsidentität.

In Deutschland wurde die LGBTQ+-Community durch das neue Gesetz gestärkt. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) begrüßte das Gesetz als "wichtigen Meilenstein für die Gleichstellung". Queer.de bezeichnete das Gesetz als "historischen Schritt für die trans Community".

In Großbritannien hingegen befürchten Transgender-Aktivisten, dass das Urteil des Supreme Court zu einer Verschlechterung der Lage für Trans-Personen führen könnte. Organisationen wie Stonewall UK und Mermaids haben ihre Enttäuschung über die Entscheidung zum Ausdruck gebracht und sehen darin einen Rückschritt für die Rechte von Trans-Personen.

Bedeutung fĂĽr die Community

Die Auswirkungen des britischen Urteils auf den Alltag von Trans-Personen werden sich erst mit der Zeit vollständig zeigen. Rechtlich bleiben Trans-Personen in Großbritannien weiterhin durch den Equality Act vor Diskriminierung geschützt, jedoch nun explizit aufgrund der "Geschlechtsangleichung" und nicht als Frauen bzw. Männer.

Im Gegensatz dazu werden Trans-Personen in Deutschland durch das Selbstbestimmungsgesetz in ihrer selbstgewählten Geschlechtsidentität rechtlich anerkannt. Dies betrifft nicht nur offizielle Dokumente, sondern auch den Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen und Dienstleistungen.

Julia Monro von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) erklärte gegenüber Deutschlandfunk Nova: "Das neue Gesetz ist ein wichtiger Schritt zur Entpathologisierung von trans Personen. Es erkennt an, dass die Geschlechtsidentität eine zutiefst persönliche Angelegenheit ist und nicht von außen bestimmt werden sollte."

Ausblick

Die unterschiedlichen Entwicklungen in Großbritannien und Deutschland spiegeln eine breitere europäische Debatte über Transgender-Rechte wider. Während einige Länder, wie Deutschland, Spanien und Belgien, die Selbstbestimmung in den Vordergrund stellen, verfolgen andere, wie Großbritannien und zunehmend auch Teile Osteuropas, einen restriktiveren Ansatz.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist das neue Selbstbestimmungsgesetz ein Grund zum Feiern, während sich Trans-Personen in Großbritannien mit einem rechtlichen Rückschlag auseinandersetzen müssen. Aktivisten auf beiden Seiten des Ärmelkanals werden die Auswirkungen dieser rechtlichen Entwicklungen genau beobachten und ihre Strategien entsprechend anpassen.

In Deutschland tritt das Selbstbestimmungsgesetz im November 2024 in Kraft, wobei noch einige Details zur Umsetzung geklärt werden müssen. In Großbritannien werden Trans-Organisationen nun Wege suchen, um sicherzustellen, dass die Rechte und der Schutz von Trans-Personen trotz des Urteils gewahrt bleiben.


Erfahrungsberichte zum Selbstbestimmungsgesetz: DGTI sucht Stimmen aus der Community

Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti) hat einen Aufruf gestartet, um Erfahrungsberichte zum neuen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu sammeln. Seit dem 1. November 2024 ist das SBGG in Kraft und hat das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 abgelöst. Die gesammelten Berichte sollen auf der Webseite sbgg.info veröffentlicht und für die zukünftige Pressearbeit genutzt werden.

Worum geht es beim Selbstbestimmungsgesetz?

Das Selbstbestimmungsgesetz ermöglicht es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen in Deutschland, ihren Vornamen und Geschlechtseintrag ohne die bisher notwendigen psychologischen Gutachten und gerichtlichen Verfahren zu ändern. Die Änderung erfolgt nun durch eine Erklärung beim Standesamt, wobei eine dreimonatige Anmeldefrist vor der eigentlichen Erklärung besteht. Nach einer Änderung gilt für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr.

"Das Gesetz stellt einen historischen Schritt hin zu mehr Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt dar", betont der Deutsche Frauenrat und das Institut fĂĽr Menschenrechte in gemeinsamen Stellungnahmen.

Welche Erfahrungen werden gesucht?

Die dgti bittet besonders Personen, die das Selbstbestimmungsgesetz bereits genutzt haben, ihre Erfahrungen mitzuteilen. Dabei sind insbesondere folgende Aspekte von Interesse:

  • Positive Erfahrungen bei der Umsetzung des Gesetzes
  • Aufgetretene HĂĽrden und Schwierigkeiten
  • Erhaltene UnterstĂĽtzung während des Prozesses
  • Erfahrungen von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit
  • Berichte von Menschen mit Behinderungen
  • Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen bzw. deren Bezugspersonen

"Wir möchten ein möglichst breites Spektrum an Stimmen einfangen, um die tatsächlichen Auswirkungen des neuen Gesetzes im Alltag dokumentieren zu können", erklärt die dgti in ihrem Aufruf.

Die Kontroverse um das Selbstbestimmungsgesetz

Trotz der vielen positiven Aspekte gibt es auch kritische Stimmen zum Selbstbestimmungsgesetz. Ein Hauptkritikpunkt ist die fehlende vollständige Selbstbestimmung für Kinder und Jugendliche, die für eine Änderung des Geschlechtseintrags die Einwilligung beider Elternteile benötigen. Ohne diese Einwilligung entscheidet das Familiengericht, was im schlimmsten Fall zu belastenden Begutachtungsverfahren führen kann, wie die SIEGESSÄULE berichtet.

Weitere Kritikpunkte betreffen die automatische Weiterleitung von Meldedaten an staatliche Stellen sowie Bedenken, dass der Gesetzestext in Teilen transfeindliche Narrative bedienen könnte.

Positive Aspekte des neuen Gesetzes

Zu den positiven Neuerungen des SBGG gehören:

  • Die Möglichkeit fĂĽr Ehegatten, alte Namen aus der Eheurkunde streichen zu lassen, um Zwangsoutings zu vermeiden
  • Ein Offenbarungsverbot fĂĽr inter* Personen, das Zwangsoutings als Ordnungswidrigkeit ahndet
  • Die Möglichkeit fĂĽr trans Männer, unter bestimmten Voraussetzungen als „Vater" eingetragen zu werden
  • Die Abschaffung aufwändiger und oft als entwĂĽrdigend empfundener Gerichtsverfahren

Wichtig zu betonen: Das Selbstbestimmungsgesetz regelt ausschließlich die rechtlichen Aspekte der Geschlechtsänderung und ermöglicht keine medizinischen Leistungen. Diese müssen weiterhin separat mit Krankenkassen und medizinischen Fachkräften abgeklärt werden.

Wie können Erfahrungsberichte eingereicht werden?

Die dgti bittet alle Interessierten, ihre Berichte per E-Mail einzureichen. Persönliche Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt, und es besteht die Möglichkeit, Berichte auch anonym zu veröffentlichen.

"Jede einzelne Stimme trägt dazu bei, ein umfassendes Bild von der praktischen Umsetzung des Gesetzes zu zeichnen", betont die dgti. "Diese Erfahrungsberichte sind unerlässlich, um in Zukunft weitere Verbesserungen für trans*, inter* und nichtbinäre Menschen in Deutschland durchsetzen zu können."

Das Sammeln der Erfahrungsberichte ist Teil eines größeren Monitorings zur Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes. Die dgti und andere LGBTQ+-Organisationen begleiten den Prozess kritisch und konstruktiv, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren und die praktische Anwendung des Gesetzes zu optimieren.


Urteil des britischen Supreme Court zur Definition des Begriffs "Frau": Was es fĂĽr die LGBTQ+-Gemeinschaft in Deutschland bedeutet

Der britische Supreme Court hat am 16. April 2025 eine wegweisende Entscheidung getroffen, die erhebliche Auswirkungen auf die Rechte von Transgender-Personen im Vereinigten Königreich haben könnte. Das Gericht entschied einstimmig, dass der Begriff "Frau" im britischen Gleichstellungsgesetz (Equality Act 2010) sich ausschließlich auf "biologische Frauen" bezieht und Transgender-Frauen ausschließt. Während in Großbritannien nun heiße Debatten entbrennen, stellt sich für uns in Deutschland die Frage: Was bedeutet dieses Urteil im Kontext der deutschen Rechtslage? Der Originalartikel bei Pink News liefert einen detaillierten Überblick über die britische Entscheidung.

Die Entscheidung des britischen Supreme Court

Das Urteil wurde nach einer zweitägigen Anhörung in London gefällt und umfasst 88 Seiten. Lord Hodge, einer der beteiligten Richter, erklärte: "Die einstimmige Entscheidung dieses Gerichts ist, dass die Begriffe 'Frau' und 'Geschlecht' im Equality Act 2010 sich auf eine biologische Frau und das biologische Geschlecht beziehen." Die Klage wurde von der geschlechtskritischen Gruppe "For Women Scotland" (FWS) eingebracht, die angeblich auch von der Autorin J.K. Rowling unterstützt wird.

Im Kern mussten die Richter entscheiden, ob die geschützte Kategorie "Geschlecht" ausschließlich auf der Biologie basiert, mit der eine Person geboren wird, oder ob sie sich auf der Grundlage der Geschlechtsidentität und des Prozesses der Geschlechtsanerkennung ändern kann. Die Richter entschieden letztlich, dass das gesetzlich geschützte Merkmal "Geschlecht" biologisch definiert ist und Transgender-Frauen ausschließt – selbst wenn sie ein Gender Recognition Certificate (GRC, vergleichbar mit der Personenstandsänderung in Deutschland) besitzen.

Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Räume und Dienste

Die Entscheidung hat besonders für geschlechtsspezifische Räume und Dienste weitreichende Folgen. In der Pressezusammenfassung des Falles heißt es, dass für eingeschlechtliche Dienste "eine biologische Interpretation des 'Geschlechts' erforderlich ist, um kohärent zu funktionieren". Dies betrifft Bereiche wie Toiletten, Krankenhausstationen, Gefängnisse und Frauenhäuser.

Die Richter betonten jedoch, dass Transgender-Personen trotz dieser Entscheidung weiterhin vor Diskriminierung geschützt sind – allerdings nicht durch das geschützte Merkmal "Geschlecht", sondern durch das geschützte Merkmal der "Geschlechtsumwandlung" (gender reassignment) und andere Aspekte des Gleichstellungsgesetzes.

Die deutsche Perspektive: Das Selbstbestimmungsgesetz

Im Gegensatz zum Vereinigten Königreich hat Deutschland im November 2024 das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) eingeführt, das einen deutlich progressiveren Ansatz verfolgt. Das Gesetz, das nach jahrelangen Diskussionen verabschiedet wurde, ersetzt das veraltete Transsexuellengesetz von 1980 und erleichtert es Transgender-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen erheblich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister zu ändern.

Die Änderungen sind weitreichend: Während das britische Gericht nun eine biologische Definition des Begriffs "Frau" festschreibt, ermöglicht das deutsche Selbstbestimmungsgesetz einen einfachen, selbstbestimmten Wechsel des Geschlechtseintrags durch eine "Erklärung mit Eigenversicherung" beim Standesamt. Diese Änderung wird drei Monate nach der Erklärung wirksam – ohne die medizinischen Gutachten oder gerichtlichen Verfahren, die unter dem alten Transsexuellengesetz erforderlich waren. Auch Minderjährige ab 14 Jahren können mit Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten ihren Geschlechtseintrag ändern lassen.

Schutz vor Diskriminierung in Deutschland

In Deutschland schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung in Beschäftigung und bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes stellt klar, dass der Diskriminierungsschutz auch für trans- und intergeschlechtliche Personen gilt.

Anders als im britischen Fall, wo das Gericht zwischen "biologischem Geschlecht" und "zertifiziertem Geschlecht" unterschied, erkennt das deutsche Recht nach der Änderung des Personenstands die rechtliche Geschlechtsidentität einer Person vollständig an – eine Position, die der britische Supreme Court nun explizit abgelehnt hat.

Was bedeutet das britische Urteil fĂĽr Deutschland?

Während das britische Urteil keine direkten rechtlichen Auswirkungen auf Deutschland hat, zeigt es die unterschiedlichen rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in europäischen Ländern. Deutschland hat mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen Weg eingeschlagen, der die Selbstbestimmung von trans Personen stärkt, während das Vereinigte Königreich – zumindest durch diese Gerichtsentscheidung – eine biologisch determinierte Definition des Geschlechts bekräftigt.

Nils Pickert, Sprecher der Organisation "Pinkstinks", bewertete das deutsche Selbstbestimmungsgesetz als "längst überfälligen Schritt in die richtige Richtung" und betonte die Bedeutung der rechtlichen Anerkennung für die Lebensrealität von trans Personen. Diese Anerkennung wird durch das britische Urteil in Frage gestellt und zeigt die Bruchlinie in der europäischen Rechtsentwicklung.

Fazit: Unterschiedliche Wege in Europa

Das Urteil des britischen Supreme Court verdeutlicht einen grundlegenden Unterschied in der rechtlichen Behandlung von Transgender-Personen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen Weg der Selbstdefinition und rechtlichen Anerkennung eingeschlagen hat, hat das britische Gericht eine biologische Definition des Geschlechts festgeschrieben.

Für die LGBTQ+-Gemeinschaft in beiden Ländern bedeutet dies unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen. In Deutschland genießen Transgender-Personen durch das neue Selbstbestimmungsgesetz mehr Rechte bei der Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität, während die britische Entscheidung potenziell den Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen und Diensten einschränken könnte.

Die vollständigen Auswirkungen des britischen Urteils werden sich erst in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Für die LGBTQ+-Gemeinschaft in Deutschland ist es wichtig, die europäischen Entwicklungen im Auge zu behalten und gleichzeitig die Fortschritte zu würdigen, die durch das Selbstbestimmungsgesetz erreicht wurden. Die unterschiedlichen Ansätze zeigen, dass der Kampf für die Rechte von Transgender-Personen weiterhin ein dynamisches und umstrittenes Feld bleibt – mit Deutschland als einem der fortschrittlicheren Länder in dieser wichtigen Rechtsfrage.


Identität im Bundestag: Valerie Wilms und die Komplexität trans Repräsentation in der deutschen Politik

Die ehemalige Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms sorgt für Aufsehen mit ihrem späten Outing als Transgender-Frau. In ihrem neuen Buch "Meine zwei Leben. Als Junge geboren – als Frau im Bundestag" enthüllt die 71-Jährige, dass sie vermutlich bereits von 2009 bis 2017 die erste trans Frau im Deutschen Bundestag war – lange vor denen, die offiziell als erste gefeiert wurden. Die ursprüngliche Nachricht wurde von queer.de berichtet.

Ein Leben in zwei Akten

Valerie Wilms wurde 1954 in Hannover geboren und bei der Geburt als Junge eingeordnet. In ihrem Buch, das kurz nach Ostern erscheint, beschreibt sie einen langen Weg der Selbstfindung. Während der Pubertät spürte sie, dass etwas "anders" war, und betrieb während ihres Maschinenbau-Studiums ein "Versteckspiel mit Frauenkleidung im Geheimen". Erst in einer Ehe mit zwei Kindern stieß sie auf das Thema Transsexualität. In den 1990er Jahren folgten ärztliche Behandlungen und schließlich die offizielle Geschlechtsänderung beim Amtsgericht.

2005 schloss sich Wilms den Grünen in Schleswig-Holstein an und zog 2009 in den Bundestag ein, wo sie bis 2017 als Abgeordnete tätig war. Sie profilierte sich besonders als Verkehrspolitikerin und Expertin für Nachhaltigkeit. Während dieser gesamten Zeit hielt sie ihre Transidentität bewusst aus der Öffentlichkeit heraus.

Bewusstes Schweigen im Parlament

Anders als die später gewählten trans Abgeordneten Tessa Ganserer und Nyke Slawik, die mit ihrer Identität offen umgehen, entschied sich Wilms für Diskretion. "Ich wäre immer nur auf das Thema Transsexualität zurückgeworfen worden und wäre nie mit den für mich wichtigen Themen im Parlament identifiziert worden", erklärt sie ihre damalige Entscheidung. Wilms wollte ausschließlich als Frau und Fachpolitikerin wahrgenommen werden, nicht als Symbolfigur für Trans-Rechte.

Diese Haltung steht in interessantem Kontrast zu jüngeren trans Politikerinnen wie Slawik und Ganserer, die ihre Identität auch als politisches Werkzeug nutzen, um Sichtbarkeit für die Community zu schaffen. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen spiegeln auch verschiedene Generationen und gesellschaftliche Kontexte wider.

Politischer Richtungswechsel und Kritik am Selbstbestimmungsgesetz

Bemerkenswert ist Wilms' politische Entwicklung. Im Juni 2023 trat sie aus den Grünen aus, mit der Begründung, die Partei habe sich zu einem "Treiber für eine woke Kulturrevolution" entwickelt. Sie kritisierte eine "irrationale, selbstzerstörerische Klimapanik" und wandte sich politisch nach rechts, was unter anderem durch Interviews mit der rechten Plattform "Tichys Einblick" deutlich wurde.

Besonders überraschend für viele: Wilms lehnt das neue Selbstbestimmungsgesetz ab, das die rechtliche Geschlechtsangleichung für trans Personen erheblich erleichtert. Sie selbst durchlief das inzwischen abgeschaffte Transsexuellengesetz mit seinen umfangreichen Gutachten und juristischen Formalitäten, die von vielen Betroffenen als entwürdigend und belastend beschrieben wurden. Für Wilms jedoch waren diese Hürden nach eigener Aussage hilfreich, "über sich und den eigenen Wunsch klar zu werden".

Sie warnt vor einem "Geschlechter-Hopping" durch das neue Gesetz: "Jedes Jahr ein neues Geschlecht, ohne mich vollständig anzupassen. Das ist der normalen Gesellschaft nicht mehr verständlich zu machen. Solche Menschen wie ich verlieren dadurch an Akzeptanz."

Kontroverse in der deutschen Trans-Community

Wilms' Positionen haben in der LGBTQ+-Community für Diskussionen gesorgt. Während einige ihre Erfahrungen und ihren Weg respektieren, kritisieren andere ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Selbstbestimmungsgesetz als rückschrittlich und nicht repräsentativ für die Bedürfnisse der heutigen trans Community.

Nora Eckert, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Trans* (dgti), kommentierte in einem früheren Interview: "Alle trans Personen haben das Recht auf ihren individuellen Weg, aber wir sollten vorsichtig sein, wenn persönliche Erfahrungen genutzt werden, um politische Rechte anderer einzuschränken."

Historische Einordnung der trans Repräsentation im Bundestag

Bislang galten die Grünen-Politikerinnen Tessa Ganserer und Nyke Slawik als die ersten offen trans Abgeordneten im deutschen Parlament, die 2021 in den Bundestag einzogen. Mit Wilms' Enthüllung muss diese historische Einordnung nun differenzierter betrachtet werden. Während Ganserer und Slawik als erste offen trans Abgeordnete gelten können, war Wilms tatsächlich bereits früher als trans Frau im Parlament – wenn auch nicht öffentlich geoutet.

Aktuell ist Nyke Slawik weiterhin Mitglied des Bundestags, während Tessa Ganserer nicht erneut kandidierte. Mit Victoria Broßart aus Bayern gibt es zudem eine weitere trans Frau im Parlament. Die Sichtbarkeit von trans Personen in der deutschen Politik hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, was viele als wichtigen Schritt für die gesellschaftliche Akzeptanz bewerten.

Valerie Wilms' Geschichte zeigt die Komplexität und Vielfalt von trans Lebenswegen in Deutschland und macht deutlich, dass es keine einheitliche Trans-Erfahrung gibt. Ihr Weg und ihre heutigen Positionen werden in der Community kontrovers diskutiert, bieten aber wichtige Einblicke in die Entwicklung der trans Repräsentation in der deutschen Politik der letzten Jahrzehnte.


Gefahr hinter Dating-Apps: 56-Jähriger bei schwulem Fake-Date beraubt und entführt

In Wiesbaden wurde ein 56-jähriger Mann Opfer eines gefährlichen Fake-Dates, das über eine schwule Dating-Plattform arrangiert wurde. Wie das Polizeipräsidium Westhessen berichtete, traf sich der Mann am vergangenen Freitag mit einer Internetbekanntschaft, die ihn anschließend beraubte und entführte. Dieser Vorfall reiht sich in eine beunruhigende Serie ähnlicher Übergriffe ein und wirft ein Schlaglicht auf die zunehmenden Sicherheitsrisiken beim Online-Dating für LGBTQ+-Personen.

Der Tathergang

Der Geschädigte hatte sich laut Polizei über eine Dating-Plattform mit einem Mann verabredet. Gemeinsam fuhren sie im schwarzen SUV des 56-Jährigen zu einem abgelegenen Feld bei Kloppenheim. Dort zeigte der vermeintliche Date-Partner sein wahres Gesicht: Mit einem Messer bedrohte er sein Opfer und forderte die Herausgabe von Wertsachen.

Nach der Übergabe von Handy und Tablet setzten sie ihre Fahrt zu einer Bankfiliale fort und nahmen unterwegs noch einen Komplizen auf. Während der Fahrt wurde der 56-Jährige weiter bedroht und körperlich attackiert. Als sie die Bankfiliale erreichten, wo der Mann zu einer Geldabhebung gezwungen werden sollte, verursachte einer der Täter mit dem Fahrzeug des Opfers einen Verkehrsunfall. Daraufhin flüchteten beide Täter zu Fuß.

Das Opfer erlitt leichte Verletzungen. Die Polizei beschreibt die Täter als etwa 20 Jahre alt mit kurzen, schwarzen, krausen Haaren und dunklen Trainingsanzügen. Die Kriminalpolizei Wiesbaden hat die Ermittlungen aufgenommen und bittet um Hinweise unter der Telefonnummer (0611) 345-0.

Kein Einzelfall in Deutschland

Solche gezielten Angriffe auf LGBTQ+-Personen sind leider keine Seltenheit. Erst Mitte Januar hatte die Polizei im hessischen Main-Taunus-Kreis mehrere Jugendliche festgenommen, die systematisch queere Personen über Dating-Portale in Hinterhalte gelockt und ausgeraubt haben sollen. Die Statistiken zur queerfeindlichen Hasskriminalität in Deutschland zeigen einen besorgniserregenden Anstieg in den letzten Jahren.

Nach Angaben des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD) werden immer wieder LGBTQ+-Personen Opfer von Gewalt, nachdem sie ĂĽber Dating-Apps in Fallen gelockt wurden. Diese Form des "Queer Bashing" wird gezielt genutzt, um vulnerable Personen anzugreifen.

Sicherheitstipps fĂĽr Online-Dating

Als Reaktion auf ähnliche Vorfälle hat die Ansprechstelle LSBT*IQ des Polizeipräsidiums Westhessen gemeinsam mit VelsPol Hessen e.V., dem queeren Netzwerk für Polizei, Justiz und Zoll, im Februar eine Reihe von Verhaltenstipps für sicheres Dating veröffentlicht. Diese Maßnahmen sollen helfen, queerfeindlichen Straftaten vorzubeugen.

Zu den wichtigsten Empfehlungen gehören:

  • Erste Treffen immer an öffentlichen Orten mit vielen Menschen vereinbaren
  • Einer vertrauten Person mitteilen, wo und mit wem man sich trifft
  • Vorsicht bei zu schnellen Einladungen nach Hause oder an abgelegene Orte
  • Im Zweifel die eigene Intuition ernst nehmen und das Treffen abbrechen
  • Bei verdächtigen Anzeichen nicht zögern, die Polizei zu rufen (110)
  • Profile mit ungewöhnlich perfekten Fotos oder ohne Gesichtsbilder mit Skepsis betrachten

Ansprechstellen fĂĽr Betroffene

In Deutschland gibt es verschiedene Anlaufstellen für LGBTQ+-Personen, die Gewalt oder Diskriminierung erfahren haben. Die Landeskoordination "Vielfalt statt Gewalt" bietet beispielsweise kostenlose psychosoziale Beratung auf Deutsch oder Englisch an – unabhängig davon, ob die Gewalt in der Vergangenheit liegt, angedroht wird oder noch stattfindet.

Auch die Ansprechstelle LSBT*IQ des Polizeipräsidiums Westhessen steht Betroffenen zur Verfügung. Das LSBTIQ+ Fachreferat der Stadt Düsseldorf bietet ebenfalls Unterstützung und Beratung bei Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen.

Technische Sicherheitsrisiken bei Dating-Apps

Neben der Gefahr durch betrügerische Nutzer gibt es auch technische Sicherheitsrisiken. Erst kürzlich wurde bekannt, dass mehrere Dating-Apps, die sich an die LGBTQ+-Community richten, von einem massiven Datenleck betroffen waren. Dabei wurden 1,5 Millionen private Nutzerfotos, darunter auch intime Bilder, öffentlich zugänglich gemacht. Solche Sicherheitslücken können zu Rufschädigung, Diskriminierung und persönlicher Gefährdung führen.

Einige Dating-Apps wie Tinder haben mittlerweile reagiert und warnen LGBTQ+-Nutzer, wenn diese sich in Ländern aufhalten, in denen ihre sexuelle Orientierung kriminalisiert wird.

Fazit: Wachsamkeit bleibt wichtig

Der aktuelle Fall aus Wiesbaden zeigt einmal mehr, dass besondere Vorsicht beim Online-Dating geboten ist – besonders für Mitglieder der LGBTQ+-Community, die häufiger Ziel gezielter Angriffe werden. Dating-Apps bieten großartige Möglichkeiten, neue Menschen kennenzulernen, aber Sicherheit sollte immer an erster Stelle stehen.

Betroffene von Übergriffen oder Betrug sollten sich nicht scheuen, diese Vorfälle der Polizei zu melden. Nur durch konsequente Anzeigen können die Täter gefasst und ähnliche Vorfälle in Zukunft verhindert werden. Gleichzeitig bleibt es wichtig, dass Dating-Plattformen ihre Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich verbessern und Nutzer über potenzielle Risiken informieren.


AfD-Politikerin wegen "Satansbrut"-Äußerung zu Geldstrafe verurteilt: Ein Warnsignal gegen LGBTQ+-Feindlichkeit

Das Amtsgericht Magdeburg hat die AfD-Politikerin Leyla Bilge wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 2.700 Euro verurteilt. Wie die Queer.de berichtet, hatte Bilge auf dem AfD-Parteitag im Juli 2023 queere Menschen als "pädophil", "gestört" und "Satansbrut" bezeichnet – Äußerungen, die das Gericht nun als volksverhetzend einstufte.

Die Verurteilung im Detail

Bilge, die sich beim AfD-Parteitag um einen Listenplatz für die Europawahl bewarb, behauptete in ihrer Rede, die EU befände sich "fest in der Hand einer familien- und wertefeindlichen LGBTQ-Genderlobby", welche "Kinder entfremden und sie für ihre teuflischen Ideologien einspannen" wolle. Diese Aussagen führten zu einer Anzeige durch einen 23-jährigen Leipziger Studenten, der im Prozess aussagte: "Ich habe nichts mit Satansbrut und teuflischer Ideologie zu tun. Ich bin einfach nur ein Mensch."

Das Urteil von 90 Tagessätzen à 30 Euro wurde in Abwesenheit der Angeklagten gesprochen. Ihre Anwältin und AfD-Kollegin Lena Kontré hatte einen Freispruch gefordert, jedoch sah die Richterin alle Merkmale für Volksverhetzung erfüllt. Laut Leipziger Internet Zeitung hat Bilge gegen das Urteil Berufung eingelegt, sodass es noch nicht rechtskräftig ist.

Kein Einzelfall in der deutschen Politik

Die Verurteilung reiht sich in eine zunehmende Zahl von juristischen Konsequenzen für queerfeindliche Äußerungen ein. Besorgniserregend ist dabei der wachsende Trend rechtspopulistischer Rhetorik gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland. Der MDR berichtete über den Fall und betonte die Bedeutung solcher Urteile als Signal gegen Hassrede.

Für Bilge ist es nicht der erste Vorfall dieser Art. Bereits 2019 sorgte sie für Empörung, als sie das Hissen der Regenbogenfahne vor einem Berliner Polizeirevier als "Zeichen für Geisteskrankheiten" bezeichnete. Außerdem organisierte die 42-Jährige zwei als "Frauenmarsch" deklarierte Demonstrationen, die von Kritikern als rassistisch eingestuft wurden.

Bedeutung fĂĽr die LGBTQ+-Community

Die Verurteilung von Bilge wird von vielen Vertretern der LGBTQ+-Community als wichtiger Schritt gesehen. "Solche Urteile sind essenziell, um klare Grenzen zu ziehen zwischen legitimer politischer Meinungsäußerung und menschenverachtender Hetze", erklärt der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). In einer Zeit, in der queerfeindliche Übergriffe in Deutschland zunehmen, sendet das Urteil ein deutliches Signal.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Anzeige von einem einzelnen Betroffenen ausging. Der mutige Schritt des Leipziger Studenten zeigt, dass auch Einzelpersonen wirksam gegen queerfeindliche Hetze vorgehen können. Laut Volksstimme hatte die Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Prozesses auch eine Razzia bei der AfD-Stadträtin durchgeführt.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Die juristische Aufarbeitung queerfeindlicher Äußerungen von Politiker:innen ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Diskriminierung. Dennoch bleibt die Frage, inwieweit solche Urteile tatsächlich zu einem Umdenken führen. Expert:innen für politische Kommunikation weisen darauf hin, dass Verurteilungen wie diese von rechten Parteien oft instrumentalisiert werden, um sich als "Opfer der Meinungsfreiheit" zu inszenieren.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist das Urteil dennoch ein wichtiges Signal: Hassrede hat rechtliche Konsequenzen, auch wenn sie von Mandatsträger:innen kommt. Dies ist besonders relevant in einem politischen Klima, in dem queerfeindliche Rhetorik zunehmend salonfähig gemacht wird.

Die Entwicklung des Falls wird nach Bilges Berufung weiter zu beobachten sein. Unabhängig vom endgültigen Ausgang zeigt der Prozess jedoch, dass der Rechtsstaat Instrumente besitzt, um gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vorzugehen – ein wichtiger Schutz für vulnerable Gemeinschaften in unserer Gesellschaft.


Rechtliche Grauzone: Wie der Spiegel den Fall Anastasia Biefang irrefĂĽhrend darstellt

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde der trans Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang für unzulässig erklärt, wie der Spiegel berichtete. Was in der Berichterstattung jedoch nur unzureichend herausgestellt wurde: Das Gericht hat den Fall nicht inhaltlich geprüft oder gar eine Entscheidung zur Diskriminierungsfrage getroffen – sondern die Beschwerde lediglich aus formalen Gründen abgelehnt, da der Verweis bereits nach drei Jahren automatisch getilgt worden war.

Der Fall hinter den Schlagzeilen

Die Geschichte begann 2019, als Biefang, damals Kommandeurin des Informationstechnikbataillons 381 in Storkow, in ihrem Tinder-Profil schrieb: "Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome." Für diese Selbstbeschreibung erhielt sie einen disziplinarischen Verweis von ihrem Vorgesetzten – mit der Begründung, sie habe ihrer Pflicht zur Wahrung des eigenen Ansehens als Soldatin nicht entsprochen.

Biefang, die 2017 als erste transgeschlechtliche Person der Bundeswehr zur Kommandeurin ernannt wurde, wehrte sich gegen diesen Verweis und klagte durch mehrere Instanzen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte im Mai 2022 den Verweis mit der Begründung, dass Biefang ihre Worte nicht so wählen dürfe, dass ihr Ansehen als Soldatin beschädigt werde.

Die missverständliche Darstellung des Spiegel

Der Spiegel berichtet nun, dass Biefang "mit ihrer Verfassungsbeschwerde gescheitert" sei. Was diese Darstellung jedoch verschleiert: Das Bundesverfassungsgericht hat den Fall nicht inhaltlich bewertet. Die Richter haben keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Verweis eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellte oder ob Biefangs Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und sexuelle Selbstbestimmung verletzt wurden.

Vielmehr erklärte das Gericht die Beschwerde für unzulässig, weil der strittige Verweis gemäß der Wehrdisziplinarordnung bereits nach drei Jahren automatisch getilgt worden war – also bevor die Verfassungsbeschwerde eingereicht wurde. Das Gericht sah daher kein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis mehr, wie aus der veröffentlichten Entscheidung hervorgeht.

Die eigentliche rechtliche Frage bleibt ungeklärt

Die zentrale und gesellschaftlich relevante Frage bleibt somit unbeantwortet: Darf die Bundeswehr als Arbeitgeber in die private Selbstdarstellung ihrer Angehörigen auf Dating-Plattformen eingreifen? Und werden dabei möglicherweise LGBTQ+-Personen besonders benachteiligt, weil sie ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität in solchen Kontexten offener kommunizieren müssen?

Biefang argumentierte in ihrer Verfassungsbeschwerde, dass das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung die Möglichkeit umfasse, sexuelle Kontakte zu suchen und dabei ehrlich das eigene Begehren zu thematisieren. Die Disziplinarmaßnahme komme einem faktischen Verbot der aktiven Nutzung von Datingportalen nahe, was für sie als pansexuelle trans Frau besonders schwer wiege.

Diese substantiellen Argumente wurden vom Bundesverfassungsgericht gar nicht erst geprüft – eine Tatsache, die in der Spiegel-Berichterstattung nicht ausreichend deutlich gemacht wurde. Die Schlagzeile "Bundeswehroffizierin scheitert mit Verfassungsbeschwerde" suggeriert fälschlicherweise eine inhaltliche Niederlage.

Kritische Stimmen zur Medienberichterstattung

Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, kritisierte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bereits 2022 scharf: "Das Urteil ist ein herber Rückschlag für die sexuelle Selbstbestimmung. Es ist nicht einzusehen, warum eine offen gelebte Sexualität negative Auswirkungen auf die Bundeswehr haben soll."

Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die Biefang bei ihrer Verfassungsbeschwerde unterstützte, äußerte sich enttäuscht über die formale Ablehnung: "Dass das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde aus formellen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen hat, bedeutet nicht, dass die inhaltlichen Fragen geklärt sind – im Gegenteil. Die grundrechtliche Dimension des Falls bleibt ungeklärt."

Parallelen zu anderen Diskriminierungsfällen

Der Fall Biefang reiht sich ein in eine Serie von Rechtsfällen, bei denen LGBTQ+-Personen in Deutschland für ihre Rechte kämpfen müssen. Obwohl die rechtliche Gleichstellung durch Gesetze wie das Selbstbestimmungsgesetz von 2023 voranschreitet, zeigen Fälle wie dieser, dass die praktische Umsetzung oft hinterherhinkt.

Besonders problematisch ist dabei die mediale Darstellung solcher Fälle. Anastasia Biefang hat in der Vergangenheit bereits gegen diskriminierende Berichterstattung geklagt und vom Bundesverfassungsgericht teilweise Recht bekommen. In einem anderen Fall hatte das Gericht festgestellt, dass bestimmte Medienberichte über sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzten.

Fazit: Die Wichtigkeit präziser Berichterstattung

Der Fall Anastasia Biefang verdeutlicht, wie wichtig eine differenzierte Berichterstattung insbesondere bei LGBTQ+-Themen ist. Die Darstellung, dass Biefang "mit ihrer Verfassungsbeschwerde gescheitert" sei, ohne den formalen Charakter der Entscheidung klar herauszustellen, kann ein falsches Bild vermitteln. In Wirklichkeit wurde die inhaltlich wichtige Frage des Ausgleichs zwischen dienstlichen Pflichten und sexueller Selbstbestimmung vom Bundesverfassungsgericht ĂĽberhaupt nicht beantwortet.

Für die deutsche LGBTQ+-Community bleibt der Fall ein Symbol für die anhaltenden Kämpfe um tatsächliche Gleichberechtigung – jenseits formaler Rechte. Die kritische Auseinandersetzung mit der medialen Darstellung solcher Fälle ist dabei ein wichtiges Element, um Vorurteile abzubauen und ein differenzierteres Verständnis für die noch immer bestehenden Herausforderungen queerer Menschen zu fördern.


Republikanischer Politiker blamiert sich bei Versuch, LGBTQ+-Programme zu streichen: "Was bedeutet Intersex ĂĽberhaupt?"

Ein Video aus dem texanischen Repräsentantenhaus sorgt derzeit weltweit für Aufsehen: Der republikanische Abgeordnete Andy Hopper wollte die Finanzierung von LGBTQ+-Programmen an der Universität von Texas streichen – gestand aber gleichzeitig ein, nicht einmal zu wissen, was "intersexuell" bedeutet. Die ursprüngliche Berichterstattung finden Sie hier.

Was passierte im texanischen Parlament?

Während einer 14-stündigen Haushaltsdebatte am 11. April versuchte der republikanische Politiker Andy Hopper, einen Änderungsantrag durchzusetzen, der die staatliche Finanzierung der University of Texas in Austin stoppen sollte. Seine Begründung: Die Universität biete LGBTQ+-Programme und Diversity-Kurse an, die seiner Meinung nach "Diskriminierung unter dem Deckmantel von Diversität, Gleichheit und Inklusion" lehren würden.

"Es gibt unwandelbare biologische Realitäten, dass es nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich", behauptete Hopper unter Buhrufen im Plenarsaal. Als die demokratische Abgeordnete Lauren Ashley Simmons ihn fragte, wie er denn intersexuelle Menschen in seine Weltsicht einordne, gab Hopper zu: "Ich weiß nicht einmal, was das bedeutet."

Der peinliche Moment wurde noch verstärkt, als Hopper behauptete, dass intersexuelle Menschen "immer noch XX oder XY" Chromosomen hätten – woraufhin seine republikanische Kollegin Valoree Swanson ihn am Ärmel zog und hörbar korrigierte: "Andy, das stimmt nicht."

Was bedeutet Intersexualität?

Intersexualität bezeichnet Menschen, die mit körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, die nicht den typischen binären Kategorien von "männlich" oder "weiblich" entsprechen. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es über 40 bekannte intersexuelle Variationen, darunter verschiedene Chromosomenmuster wie XXY, XYY oder XXX. Etwa 1,7 Prozent der Weltbevölkerung wird mit intersexuellen Merkmalen geboren – ein Anteil, der etwa dem von rothaarigen Menschen entspricht.

Die Houston Intersex Society, die den Clip auf Instagram teilte, erklärte dazu: "Intersexuelle Menschen werden mit Genitalien, Hormonen, Chromosomen und/oder Gonaden geboren, die zwischen dem liegen, was als typisch männlich oder weiblich gilt. Versuche, ein ausschließlich binäres Geschlechtssystem gesetzlich zu verankern, sind nicht nur wissenschaftlich ungenau, sondern schaffen auch eine gefährliche Situation, die intersexuelle Menschen in einer rechtlichen Grauzone belässt."

Die Situation in Deutschland

In Deutschland ist die rechtliche Situation für intersexuelle Menschen deutlich fortschrittlicher als in Texas. Seit Ende 2018 gibt es hierzulande neben "männlich" und "weiblich" auch die Option "divers" oder "ohne Angabe" im Personenstandsregister – eine Errungenschaft, die auf eine erfolgreiche Klage einer intersexuellen Person vor dem Bundesverfassungsgericht zurückgeht.

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 in Kraft tritt, macht Deutschland einen weiteren wichtigen Schritt: Es ermöglicht trans*, inter* und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in einem vereinfachten Verfahren beim Standesamt zu ändern.

Dennoch gibt es auch in Deutschland weiterhin Kritik an der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes, insbesondere an der dreimonatigen Wartefrist für die Änderung des Geschlechtseintrags und den Einschränkungen für Minderjährige und Asylsuchende.

LGBTQ+-Programme an deutschen Universitäten

Im Gegensatz zu den Bestrebungen in Texas, universitäre LGBTQ+-Programme zu streichen, bieten deutsche Hochschulen zunehmend Unterstützung und akademische Angebote in diesem Bereich. Die Technische Hochschule Köln beispielsweise führt einen Masterstudiengang "Gender and Queer Studies" in Kooperation mit der Universität zu Köln.

Weitere Beispiele sind die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit All-Gender-Toiletten und dem studentischen "Queer Paradies" als Anlaufstelle, die Hochschule Hannover mit einem "Queer Guide" für Studierende oder die Europa-Universität Viadrina, die gezielt Frauen und queere Personen durch verschiedene Programme fördert.

Ein LehrstĂĽck ĂĽber politische Bildung

Der Fall Hopper zeigt exemplarisch, wie wichtig fundiertes Wissen ist, wenn es um politische Entscheidungen geht, die marginalisierte Gruppen betreffen. Während in Texas ein Politiker versucht, Programme zu streichen, die er selbst nicht versteht, arbeitet Deutschland daran, die Rechte und die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen durch rechtliche Anerkennung und Bildungsangebote zu stärken.

Hoppers Antrag wurde übrigens abgelehnt, und der texanische Haushalt mit 118 zu 26 Stimmen verabschiedet. Das Video seiner peinlichen Wissenslücke aber bleibt – als Mahnung, sich vor politischen Forderungen zumindest grundlegend mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen.


14-jähriger Filmemacher gewinnt Sir Ian McKellen für LGBTQ+-Filmprojekt - Eine inspirierende Geschichte mit Parallelen zu deutschen Nachwuchstalenten

Eine außergewöhnliche Begegnung zwischen Generationen: Die LGBTQ+-Schauspiellegende Sir Ian McKellen (85) wird in dem Debütfilm eines 14-jährigen Regisseurs mitwirken. Die bewegende Geschichte, die im Original von PinkNews berichtet wurde, zeigt, wie wichtig die Unterstützung junger LGBTQ+-Talente ist – ein Thema, das auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Jacob Franklin, ein junger Filmemacher aus Windsor, England, konnte kaum glauben, dass sein Wunsch in Erfüllung ging: Der "Herr der Ringe"- und "X-Men"-Star Ian McKellen sagte tatsächlich zu, in seinem Film "Dragged Through Time" mitzuspielen. Das Projekt, das von der jugendgeführten Theatergruppe Notice Productions realisiert wird, erforscht 1.000 Jahre LGBTQ+-Geschichte und beleuchtet, wie es ist, heute queer zu leben.

GenerationsĂĽbergreifender Dialog

McKellen spielt in dem Film den "Großonkel Peter", ein älteres, halb im Verborgenen lebendes Familienmitglied, über dessen Sexualität nur gemunkelt wird. Diese Rolle spiegelt die Erfahrungen vieler LGBTQ+-Menschen aus den 70er und 80er Jahren wider – eine Zeit, die McKellen selbst geprägt hat, als er als einer der ersten prominenten britischen Schauspieler offen zu seiner Homosexualität stand.

Der 85-jährige Schauspieler betonte in einem Clip, der vom Windsor and Eton Pride geteilt wurde: "Ich schaue oft auf mich selbst in seinem Alter zurück und bedauere, dass ich nicht nahe genug an meinen Eltern war, um mit ihnen über mich zu sprechen. Ich habe meinen Eltern nie gesagt, dass ihr einziger Sohn schwul ist. Die Vorstellung, dass ich mit 14 den Mut hätte aufbringen können, ein so persönliches Gespräch mit ihnen zu führen... Jacob in dieser Situation zu sehen, lässt mich denken, dass ich es vielleicht auch hätte tun können, wenn ich etwas mutiger gewesen wäre oder wenn die Welt etwas anders gewesen wäre."

Parallelen zu deutschen Nachwuchstalenten

Diese inspirierende Zusammenarbeit erinnert an ähnliche Initiativen in Deutschland, wo junge LGBTQ+-Filmemacher zunehmend Unterstützung finden. Während die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld die Erforschung und Dokumentation der LGBTQ+-Geschichte fördert, bieten Filmfestivals wie die Berlinale mit ihrem Teddy Award wichtige Plattformen für queere Filme.

In Deutschland haben junge Filmschaffende die Möglichkeit, über verschiedene Förderprogramme und Filmhochschulen ihre Projekte zu realisieren. Der deutsche queere Filmpreis, der jährlich im Rahmen des Filmfest Hamburg verliehen wird, zeichnet Filme aus, die sich auf herausragende Weise mit LGBTQ+-Themen auseinandersetzen und könnte für aufstrebende Talente wie Jacob eine Inspiration sein.

Ein Film mit wichtiger Botschaft

"Dragged Through Time" wird am 26. Juli bei der ersten Windsor and Eton Pride-Veranstaltung seine Premiere feiern. Für Jacob ist der Film nicht nur ein künstlerisches Projekt, sondern trägt auch eine wichtige Botschaft: "Es ist wichtig zu verstehen, dass Geschichte zwar vorwärts gehen kann, aber auch zurück." Eine Mahnung, die angesichts wachsender anti-LGBTQ+-Strömungen in verschiedenen Teilen der Welt, auch in Europa, besonders relevant erscheint.

Besonders bemerkenswert ist, dass für den jungen Filmemacher McKellens Bedeutung für das Projekt weniger in seiner Berühmtheit als Schauspieler liegt, sondern vielmehr in seinem Aktivismus für LGBTQ+-Rechte in den 80er und 90er Jahren – eine Zeit, in der sich auch in Deutschland die Emanzipationsbewegung gegen erheblichen Widerstand behaupten musste.

Diese generationsübergreifende Zusammenarbeit zeigt eindrucksvoll, wie wichtig der Dialog zwischen älteren LGBTQ+-Aktivist:innen und der jüngeren Generation ist, um Geschichten zu bewahren, Erfahrungen weiterzugeben und gemeinsam für eine bessere Zukunft einzutreten – eine Lektion, die auch für die deutsche LGBTQ+-Community von unschätzbarem Wert ist.


Gericht missachtet LGBTQ-Realität: Georgien trotz queerfeindlicher Gesetze als "sicher" eingestuft

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Georgien trotz zunehmender LGBTQ-Verfolgung weiterhin als "sicherer Herkunftsstaat" gilt. Wie queer.de berichtete, lehnte das Gericht den Asylantrag eines schwulen georgischen Staatsbürgers ab und bestätigte damit die umstrittene Einstufung Georgiens, die Deutschland Ende 2023 vorgenommen hatte.

Ein Urteil gegen alle Fakten

Die Entscheidung steht in drastischem Widerspruch zur Realität queerer Menschen in Georgien. Das Gericht behauptet, Georgien verfüge "noch über eine gute und umfassende Gesetzgebung zum Schutz Homosexueller" – eine Einschätzung, die angesichts der tatsächlichen Entwicklungen in dem Land kaum nachvollziehbar erscheint. Denn erst Ende letzten Jahres trat in Georgien ein Gesetz zum "Schutz von Familienwerten und Minderjährigen" in Kraft, das der russischen "Homo-Propaganda"-Gesetzgebung nachempfunden ist.

Dieses Gesetz verbietet nicht nur die "Propaganda von gleichgeschlechtlichen Beziehungen", sondern untersagt auch Eheschließungen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren, Geschlechtsanpassungen, Pride-Paraden und sogar das Zeigen der Regenbogenflagge. Filme und Bücher mit queeren Inhalten können zensiert werden. Laut Human Rights Watch sind LGBTQ-Personen in Georgien zudem mit erheblicher Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und Gewalt konfrontiert.

Kritik von deutschen LGBTQ-Organisationen

Der LSVD+ hatte bereits im vergangenen Jahr scharf kritisiert, dass die georgische Regierung mit diesem Gesetz praktisch die gesamte queere Community im Land kriminalisiere. "Alle, die sich von nun an öffentlich als Teil unserer Community zeigen oder sich mit uns solidarisieren, können wegen 'LSBT-Propaganda' angeklagt und verurteilt werden", warnte LSVD+-Vorstandsmitglied Patrick Dörr. "Spätestens seit Einführung dieses Gesetzes hat sich Georgien in die Gruppe der LSBTIQ*-Verfolgerstaaten eingereiht."

Auch Pro Asyl und andere Menschenrechtsorganisationen fordern eine differenziertere Betrachtung und eine individuelle PrĂĽfung jedes Asylantrags, insbesondere wenn es um besonders schutzbedĂĽrftige Gruppen wie LGBTQ-Personen geht.

Parallelen zu Deutschland

In Deutschland gibt es ebenfalls immer wieder Diskussionen über die Berücksichtigung der spezifischen Situation von LGBTQ-Geflüchteten im Asylverfahren. Die Einstufung von Ländern als "sichere Herkunftsstaaten" steht dabei besonders in der Kritik, da sie oft die Lebensrealität von Minderheiten nicht ausreichend berücksichtigt. Erst kürzlich hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass bei der Prüfung von Asylanträgen die individuelle Gefährdungssituation von LGBTQ-Personen stärker in den Blick genommen werden muss.

Ein Schlag ins Gesicht fĂĽr Betroffene

Für queere Menschen aus Georgien ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ein Schlag ins Gesicht. Es ignoriert die Realität eines Landes, in dem die Organisation Tbilisi Pride regelmäßig über Angriffe und Diskriminierungen gegen LGBTQ-Aktivist*innen und Community-Mitglieder berichtet. Besonders problematisch: Der Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar und soll als Orientierung für ähnliche Verfahren dienen.

Die deutsche Asylpolitik steht damit vor der grundsätzlichen Frage, wie sie mit dem Widerspruch zwischen der formalen Einstufung eines Landes als "sicher" und der tatsächlichen Gefährdung vulnerabler Gruppen umgehen will. Für queere Geflüchtete aus Georgien könnte die Entscheidung des Düsseldorfer Gerichts bedeuten, dass ihnen der dringend benötigte Schutz in Deutschland verwehrt bleibt – und das trotz einer Gesetzeslage in ihrer Heimat, die ihre Existenz faktisch kriminalisiert.


"Brutaler homophober Angriff in GroĂźbritannien: Ein Weckruf auch fĂĽr Deutschland"

Ein junger Mann wurde bei einem brutalen homophoben Angriff in West Yorkshire, England, schwer im Gesicht verletzt, wie PinkNews berichtet. Der Vorfall, der sich am vergangenen Samstag außerhalb des Old Bridge Pubs in Holmfirth ereignete, wirft erneut ein Schlaglicht auf das anhaltende Problem der LGBTQ-feindlichen Gewalt – ein Problem, das auch in Deutschland zunehmend Besorgnis erregt.

Der Vorfall in England

Das Opfer, ein Mann Mitte zwanzig, wurde von mindestens fünf jungen Männern angegriffen, die ihn schlugen und traten, was zu "schweren" Gesichtsverletzungen führte, die eine Krankenhausbehandlung erforderlich machten. Die Täter, laut Polizei zwischen 18 und 20 Jahre alt, hatten dem Opfer und seinem Partner zuvor bereits homophobe Kommentare zugerufen.

Sergeant Toni Ramsden von der örtlichen Polizei bezeichnete den Angriff als "rüpelhaft und feige" und bestätigte, dass der Vorfall aufgrund der homophoben Äußerungen als Hassverbrechen eingestuft wurde. Der örtliche Labour-Abgeordnete Paul Davies erklärte gegenüber PinkNews, er sei "zutiefst beunruhigt" über den Angriff und betonte: "Jeder hat das Recht, sich sicher zu fühlen."

Die Situation in Deutschland

Leider sind solche Vorfälle auch in Deutschland keine Seltenheit. Aktuelle Statistiken zeigen einen alarmierenden Anstieg homophober Gewalt. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 1.207 Hassverbrechen gegen LGBTQ-Personen erfasst – das entspricht etwa drei Straftaten pro Tag und stellt einen Anstieg von 14,5% gegenüber dem Vorjahr dar, wie die Tagesschau berichtete.

Besonders besorgniserregend ist die kontinuierliche Zunahme seit 2020, als 782 Hassverbrechen registriert wurden. 2021 stieg die Zahl auf 966 und 2022 wurden bereits 1.054 Fälle erfasst. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Betroffene aus Scham oder Angst vor weiteren Diskriminierungen keine Anzeige erstatten.

Aktuelle Fälle in Deutschland

Erst im April 2024 erlitt eine trans Frau in MĂĽnster schwere Verletzungen durch einen queerfeindlichen Angriff. Der Vorfall erregte bundesweite Aufmerksamkeit und fĂĽhrte zu Forderungen nach besseren SchutzmaĂźnahmen, wie queer.de berichtete.

Ähnlich wie im britischen Fall fühlen sich auch in Deutschland LGBTQ-Personen zunehmend bedroht. Ein Beispiel dafür ist ein Paar aus Norddeutschland, das sich nach wiederholten Anfeindungen ihrer Nachbarn zum Umzug gezwungen sah – eine Parallele zu dem in der britischen Nachricht erwähnten Fall aus North Yorkshire, wo ein LGBTQ-Paar nach anhaltenden Belästigungen wegzog.

Reaktionen und Forderungen

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert angesichts der steigenden Zahlen eine bessere UnterstĂĽtzung fĂĽr Betroffene und eine bundesweite Strategie gegen Homo- und Transphobie. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte die Notwendigkeit, gegen jede Form von Hass und Hetze vorzugehen.

"Die steigenden Zahlen sind ein Weckruf für die Gesellschaft", erklärt Alfonso Pantisano, Bundesvorstand des LSVD. "Wir brauchen nicht nur eine konsequentere Strafverfolgung, sondern auch mehr Präventionsarbeit und eine bessere Schulung von Polizei und Justiz im Umgang mit queerfeindlichen Straftaten."

Was kann getan werden?

Experten sind sich einig, dass eine verbesserte Erfassung von Hasskriminalität notwendig ist, da die Motive der Täter nicht immer eindeutig dokumentiert werden. Eine Sensibilisierung der Polizei und bessere Schulungen könnten dazu beitragen, solche Taten besser zu erkennen und zu erfassen.

Zudem ist es wichtig, dass Betroffene Unterstützung erhalten und ermutigt werden, Vorfälle zu melden. In Deutschland bieten verschiedene Organisationen wie MANEO in Berlin oder Vielfalt statt Gewalt in anderen Städten Hilfe und Beratung an.

Der Fall aus Großbritannien und die Situation in Deutschland zeigen, dass trotz rechtlicher Fortschritte für die LGBTQ-Community in beiden Ländern noch viel getan werden muss, um Sicherheit und Akzeptanz für alle zu gewährleisten – unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität.


"Grauer Pride" in Budapest: Ungarns LGBTQ+-Community trotzt Orbáns Verbot mit Humor und Widerstand

Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion hat die LGBTQ+-Gemeinschaft in Ungarn am vergangenen Samstag gegen das neue Pride-Verbot der Regierung demonstriert. Statt in bunten Regenbogenfarben gingen die Demonstranten in Grau auf die Straße von Budapest – eine ironische Antwort auf die zunehmend queerfeindliche Politik von Ministerpräsident Viktor Orbán. Der Originalartikel wurde auf PinkNews veröffentlicht.

Das Pride-Verbot und die kreative Antwort

Die regierende Fidesz-Partei unter Viktor Orbán hat im März 2025 ein Gesetz ins Parlament eingebracht, das LGBTQ+-Pride-Märsche faktisch verbietet. Die Befürworter behaupteten, solche Veranstaltungen könnten für Kinder "schädlich" sein. Das Gesetz wurde schnell verabschiedet und sieht Geldstrafen von bis zu 200.000 Forint (etwa 420 Euro) für Organisatoren und Teilnehmer vor. Besonders beunruhigend: Die Polizei darf Gesichtserkennungstechnologie einsetzen, um Demonstranten zu identifizieren und zu bestrafen.

Als Reaktion darauf versammelten sich am 12. April tausende Menschen zu einer "Grauen Pride" in Budapest. Die von der satirischen Zwei-Schwanz-Hunde-Partei organisierte Kundgebung setzte auf Humor als Waffe: Die Teilnehmer schwenkten graue Flaggen und hielten ironische Schilder mit Slogans wie "Gleichheit ist trendy" hoch.

"Schaut euch all diese Menschen an, die jetzt in Grau gekleidet sind – eine perfekte Darstellung dessen, wie Gleichförmigkeit aussieht", erklärte die 53-jährige Demonstrantin Kata Bicskei gegenüber AFP. "Das ist natürlich die Ironie. Wir wollen nicht, dass alle gleich sind." Ein anderer Demonstrant betonte: "Humor entlarvt das Absurde."

Parallelen und Unterschiede zu Deutschland

Während in Ungarn die Rechte der LGBTQ+-Community systematisch beschnitten werden, hat Deutschland in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gemacht. Seit 2017 ist die gleichgeschlechtliche Ehe legal, und es gibt umfassende Antidiskriminierungsgesetze, die LGBTQ+-Personen in Bereichen wie Beschäftigung, Wohnen und Dienstleistungen schützen, wie das Auswärtige Amt betont.

Die deutsche Bundesregierung hat die ungarische Gesetzgebung wiederholt scharf kritisiert und sich der EU-Klage gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verstößen gegen die Grundrechte von LGBTQ+-Personen angeschlossen, wie POLITICO berichtete. Auch deutsche Pride-Veranstaltungen wie der Christopher Street Day in Berlin oder Köln haben in der Vergangenheit auf die zunehmend prekäre Situation der LGBTQ+-Community in Ungarn aufmerksam gemacht.

Systematische Einschränkung von LGBTQ+-Rechten in Ungarn

Das jüngste Pride-Verbot ist nur der neueste Schritt in einer langen Reihe von Maßnahmen gegen die LGBTQ+-Gemeinschaft in Ungarn. Obwohl Homosexualität legal ist und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität gesetzlich verboten ist, hat die Orbán-Regierung in den letzten Jahren mehrere queerfeindliche Gesetze erlassen:

  • Ein Verbot der Darstellung von LGBTQ+-Themen in Schulen und Medien, ähnlich dem russischen "Anti-Propaganda"-Gesetz
  • Eine Verfassungsänderung, die die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert
  • Einschränkungen des Adoptionsrechts fĂĽr gleichgeschlechtliche Paare
  • Das Verbot der rechtlichen Anerkennung von transgender Personen

Diese Politik hat zu Reaktionen der Europäischen Union geführt, die rechtliche Schritte gegen Ungarn eingeleitet und Finanzmittel eingefroren hat. Die EU hat 17 Bedingungen gestellt, die das mitteleuropäische Land erfüllen muss, bevor Gelder wieder freigegeben werden.

Doch zu Beginn des Jahres 2024 verdoppelte Orbán, der seit 2010 Ministerpräsident ist, seine anti-LGBTQ+-Rhetorik und erklärte: "Es gibt nicht genug Geld auf der Welt, um uns zu zwingen, Migranten hereinzulassen, und es gibt nicht genug Geld auf der Welt, für das wir unsere Kinder oder Enkelkinder in die Hände von LGBTQ+-Aktivisten geben würden."

Budapest Pride: "Das ist kein Kinderschutz, das ist Faschismus"

Die Organisation Budapest Pride verurteilte das Gesetz in einer Erklärung: "Das ist kein Kinderschutz, das ist Faschismus. Die ungarische Regierung versucht, friedliche Proteste mit kritischer Stimme einzuschränken, indem sie eine Minderheit ins Visier nimmt. Deshalb werden wir als Bewegung für die Freiheit aller Ungarn kämpfen, zu protestieren!"

Frühere Budapest-Pride-Märsche haben regelmäßig mehr als 30.000 LGBTQ+-Personen und Verbündete angezogen. Trotz des neuen Verbots zeigt die "Graue Pride", dass die Community nicht bereit ist, sich einschüchtern zu lassen.

In Deutschland haben LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ihre Solidarität mit der ungarischen Community zum Ausdruck gebracht und fordern von der Bundesregierung und der EU weiterhin entschlossenes Handeln gegen die Rückschritte bei den Menschenrechten in Ungarn.

Der kreative und humorvolle Widerstand der ungarischen LGBTQ+-Community zeigt, dass autoritäre Maßnahmen den Kampf für Gleichberechtigung und Würde nicht stoppen können – im Gegenteil, sie führen zu neuen Formen des Protests, die die Absurdität der Repression offenlegen.


"Matt Bomer spricht ĂĽber unfreiwilliges Outing durch Medien: 'Es fĂĽhlte sich unfair an'"

Der US-amerikanische Schauspieler Matt Bomer hat sich in einem kürzlich erschienenen Interview mit Jesse Tyler Ferguson offen über die schmerzhafte Erfahrung geäußert, ohne seine Zustimmung von Medien geoutet worden zu sein. Im Podcast "Dinner's On Me" berichtete der dreifache Vater, wie ihm in den frühen 2000er Jahren durch Celebrity-Blogger wie Perez Hilton die Chance genommen wurde, seine Sexualität selbstbestimmt öffentlich zu machen.

Die Kontrolle ĂĽber die eigene Geschichte verloren

"Andere konnten deine persönliche Geschichte übernehmen, bevor du selbst die Chance dazu hattest", erklärte Bomer im Gespräch. "In meinem privaten Leben war ich bereits geoutet, aber es war eine Zeit, in der es beruflich sehr riskant war, offen homosexuell zu sein." Besonders schmerzhaft empfand der Schauspieler den Kontrollverlust: "Es fühlte sich irgendwie unfair an, dass mir das von Menschen gestohlen wurde, die damals eine Plattform hatten."

Obwohl Bomer in seinem persönlichen Umfeld bereits offen lebte, betonte er, dass die Entscheidung, wann und wie er seine Sexualität öffentlich machen wollte, ihm genommen wurde. Sein offizielles Coming-out erfolgte erst 2012 bei den Steve Chase Humanitarian Awards, wo er sich bei seinem Partner Simon Halls und ihren Kindern bedankte.

Homophobie in der Filmindustrie

In dem Podcast sprach Bomer auch über homophobe Erfahrungen in der Filmindustrie und die emotionale Belastung, Teile seiner Identität verbergen zu müssen, um sich in der Branche sicher zu fühlen. Er erzählte von einem frühen Erlebnis in seiner Karriere, bei dem er sich nicht sicher fühlte, offen zu sein: "Es wurde eine Sprache am Set verwendet und Anweisungen gegeben, bei denen bestimmte Begriffe fielen, und ich hatte niemanden um mich herum." Er bereue es jedoch nicht, damals geschwiegen zu haben.

Der "White Collar"-Star betonte, wie dankbar er für seine "liebevolle Familie" sei, die ihm in dieser schwierigen Zeit Halt gab und ihn aufgefangen hätte, falls seine Karriere aufgrund seiner Sexualität beeinträchtigt worden wäre.

Zwangsouting in Deutschland

Die Erfahrungen von Matt Bomer werfen ein Schlaglicht auf ein Problem, das auch deutsche LGBTQ+-Prominente kennen. In Deutschland haben sich in den letzten Jahren zwar immer mehr Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens selbstbestimmt geoutet, doch auch hier gibt es Fälle von Fremdoutings und deren negative Auswirkungen auf Karrieren.

Die Initiative #actout wurde 2021 ins Leben gerufen, um mehr Sichtbarkeit für queere Schauspieler:innen in Theater, Film und Fernsehen zu schaffen. 185 Schauspieler:innen outeten sich gemeinsam in einem Manifest in der Süddeutschen Zeitung, um auf die Diskriminierung in der Branche aufmerksam zu machen und ein Zeichen für mehr Diversität zu setzen.

Prominente wie Moderator Jochen Schropp, Musiker Felix Jaehn und Ex-Fußballnationalspieler Thomas Hitzlsperger haben in Deutschland den Weg des selbstbestimmten Outings gewählt. Doch wie die Schauspielerin Ramona Leiß berichtete, kann ein Coming-out auch hierzulande berufliche Konsequenzen haben. Sie sagte, dass sie als bekennende Lesbe keine Chance mehr in der "heilen Familienunterhaltung" gehabt habe.

Neue Projekte von Matt Bomer

Trotz der Herausforderungen, mit denen Bomer konfrontiert war, ist er heute ein erfolgreicher Schauspieler und setzt sich aktiv für LGBTQ+-Rechte ein. Aktuell ist er in der Hulu-Sitcom "Mid-Century Modern" zu sehen, die in Deutschland über Disney+ verfügbar ist. Die Serie handelt von drei schwulen Freunden "eines gewissen Alters", die beschließen, ihren Lebensabend gemeinsam in Palm Springs zu verbringen. Neben Bomer sind die queeren Schauspielgrößen Nathan Lane und Nathan Lee Graham zu sehen.

Matt Bomers Geschichte ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie bedeutend es ist, dass Menschen selbst entscheiden können, wann und wie sie ihre Sexualität öffentlich machen möchten. Seine Offenheit trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Herausforderungen zu schärfen, mit denen LGBTQ+-Personen im Rampenlicht konfrontiert sind – sowohl in den USA als auch in Deutschland.


Ethel Cain schreibt Transgender-Geschichte in den US-Billboard-Charts

Die Trans-Künstlerin Ethel Cain hat einen historischen Meilenstein erreicht, indem sie als erste offen transgender Musikerin mit ihrem Album "Preacher's Daughter" die Top 10 der US-Billboard 200 Charts eroberte. Wie PinkNews berichtet, landete das bereits 2022 veröffentlichte Alt-Pop-Debütalbum nach seiner kürzlichen Vinyl-Veröffentlichung auf Platz 10 der renommierten Charts.

Konzeptalbum mit tiefgrĂĽndiger Botschaft

"Preacher's Daughter" ist weit mehr als nur ein musikalisches Werk - es ist ein durchdachtes Konzeptalbum, das die Geschichte einer Teenagerin erzählt, die als Tochter eines Predigers im amerikanischen Süden mit ihrer Sexualität ringt und versucht, ihre religiöse Erziehung hinter sich zu lassen. Die Geschichte nimmt eine dunkle Wendung, als die Protagonistin in eine missbräuchliche Beziehung gerät.

Hayden Silas Anhedönia, die unter dem Künstlernamen Ethel Cain auftritt, schafft mit ihrer Musik ein eindringliches Portrait religiöser und sexueller Traumata. Der für seinen "Southern Gothic"-Sound bekannte Stil vereint Drone-Elemente, Noise, Slowcore und Ambient mit gelegentlichen Pop-Einflüssen.

Transgender-Repräsentation in der Musikwelt

Cains Erfolg markiert einen bedeutenden Moment für die Sichtbarkeit von Transgender-Künstler:innen in der Mainstream-Musikindustrie. Vor ihr hatte die deutsche Sängerin Kim Petras mit ihrem Album "Feed the Beast" lediglich Platz 44 erreichen können. Petras, die in Los Angeles lebt, wurde in Deutschland bereits in jungen Jahren durch ihre Transidentität bekannt und hat international Erfolge gefeiert.

Die Repräsentation von transgender Künstler:innen gewinnt auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Neben Kim Petras macht sich beispielsweise Lia Sahin einen Namen, eine Musikerin und Aktivistin mit türkischem Migrationshintergrund, die ihre Kunst nutzt, um sich für das Empowerment von Frauen und queeren Menschen einzusetzen.

Persönlicher Werdegang und Engagement

Ethel Cain, ursprünglich aus Florida stammend, outete sich im Alter von 12 Jahren als schwul gegenüber ihrer Familie und mit 20 Jahren als Transfrau. In einem früheren Interview mit Pitchfork beschrieb sie ihre Erfahrung: "Als ich älter wurde, entdeckte ich, dass es andere Optionen gab. Es war allen klar, dass ich nicht wie andere Menschen war. Als ich mich zu entwickeln begann, begann ich, mich als Transfrau zu entfalten. Wir waren ein geteiltes Haus – ich gegen meine ganze Stadt."

Heute identifiziert sich Cain als bisexuell und wurde als Erwachsene mit Autismus diagnostiziert. Ihr Engagement fĂĽr die Transgender-Community zeigt sich auch in ihrem sozialen Einsatz: Bei ihrer kommenden "Willoughby Tucker Forever"-Tour wird ein Dollar von jedem verkauften Ticket an die "Ally Coalition" gespendet, eine Organisation, die sich fĂĽr Trans-Belange einsetzt.

Konzerte in Deutschland

Fans in Deutschland können sich freuen: Im Rahmen ihrer internationalen Tour, die von August bis November 2025 durch Nordamerika und Europa führt, wird Ethel Cain auch in Deutschland auftreten. Laut Eventim sind Konzerte in Köln, Berlin und Hamburg für Oktober 2025 geplant.

Mit der AnkĂĽndigung ihres neuen Albums "Willoughby Tucker I'll Always Love You", das an die Narrative von "Preacher's Daughter" anknĂĽpfen soll, dĂĽrfen Fans gespannt sein, wie die KĂĽnstlerin ihre musikalische Reise fortsetzt und welche weiteren Barrieren sie noch durchbrechen wird.


Homophobie im Alltag: Schauspieler nach schwulem Kuss aus Uber geworfen

Ein schockierender Vorfall von Alltagsdiskriminierung in Berlin hat bundesweit für Aufsehen gesorgt: Der durch die Serie "Club der Dinosaurier" (2024) bekannte Schauspieler Basti Fährmann (27) wurde zusammen mit seinem Freund aus einem Uber-Fahrzeug geworfen, nachdem sie sich auf der Rückbank kurz geküsst hatten. Wie queer.de berichtet, eskalierte die Situation schnell zu einem beschämenden Beispiel für die anhaltende Diskriminierung von LGBTQ+-Personen in Deutschland.

Der Vorfall im Detail

Nach Angaben Fährmanns fuhren er und sein Partner in einem Uber nach Hause, nachdem er seinen Freund vom Flughafen abgeholt hatte. Als sie sich auf der Rückbank kurz küssten, reagierte der Fahrer unverzüglich, hielt das Fahrzeug an und forderte das Paar zum Aussteigen auf. Fährmann dokumentierte den Vorfall in einem Video, das er später auf seinem beliebten TikTok-Account veröffentlichte. In dem Video ist zu sehen, wie der Fahrer aggressiv reagiert und Fährmann sogar mit dem homophoben Schimpfwort "Schwuchtel" beleidigt.

"Wusste nicht, dass ein Kuss auf den Mund, nachdem man seinen Freund vom Flughafen abholt, so viel auslösen kann", kommentierte Fährmann in seinem Post. "Ich wünschte, der Uberfahrer würde das gleiche Engagement zeigen, sich über Liebe und Offenheit zu informieren, wie uns aus dem Auto zu schmeißen."

Steigende Queerfeindlichkeit in Deutschland

Der Vorfall reiht sich leider in eine besorgniserregende Entwicklung ein. Laut aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.770 queerfeindliche Straftaten registriert – ein dramatischer Anstieg von etwa 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2022: 1.188 Fälle), wie die Tagesschau berichtet. Besonders in Berlin ist die Situation alarmierend: Im Jahr 2022 wurden 542 Fälle im Bereich "Sexuelle Orientierung", "Geschlecht/sexuelle Identität" beziehungsweise "Geschlechtsbezogene Diversität" registriert – 13 Fälle mehr als im Jahr zuvor.

Reaktionen auf den Uber-Vorfall

Das von Fährmann veröffentlichte Video, das mittlerweile über eine Million Mal angesehen wurde, löste zahlreiche Reaktionen aus. Neben Unterstützungsbekundungen erhielt Fährmann auch erschreckend viele queerfeindliche Kommentare. Viele Nutzer, vorwiegend Männer, äußerten sich offen diskriminierend und stellten sich auf die Seite des Fahrers – ein deutliches Zeichen dafür, dass homophobe Einstellungen in Teilen der deutschen Gesellschaft nach wie vor tief verwurzelt sind.

Uber Deutschland reagierte schnell und entschuldigte sich öffentlich für den Vorfall: "Das tut uns sehr leid zu hören. Wir können versichern, dass Uber keine Form der Diskriminierung duldet." Das Unternehmen gab an, im Kontakt mit Fährmann zu stehen und den Fahrpreis bereits erstattet zu haben. Ob es Konsequenzen für den betreffenden Fahrer geben wird, ist derzeit noch unklar. Uber teilte mit, dass man mit dem verantwortlichen Mietwagenunternehmen in Kontakt stehe.

Ubers LGBTQ+-Engagement auf dem PrĂĽfstand

Dieser Vorfall wirft ein kritisches Licht auf Ubers Umgang mit LGBTQ+-Themen. Zwar unterstützt das Unternehmen offiziell LGBTQ+-Organisationen wie den CSD e.V. und den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und verfügt über Community-Richtlinien, die Diskriminierung explizit verbieten. Dennoch gibt es Kritik an der Umsetzung dieser Richtlinien und dem Umgang mit konkreten Fällen von Diskriminierung.

Rechtliche Schritte und Aufklärung

Fährmann hat angekündigt, rechtliche Schritte gegen den Fahrer einzuleiten und Anzeige wegen Beleidigung zu erstatten. In einem Folgevideo betonte er, dass er selbst mit solchen Vorfällen umgehen könne, sich aber Sorgen um Jugendliche mache, die ähnliche Erfahrungen durchleben müssten: "Mir vorzustellen, dass anstelle von uns jemand unsicheres oder jüngeres in der Position gewesen wäre, macht mich sprachlos."

Der Schauspieler nutzt den Vorfall bewusst, um auf die anhaltende Diskriminierung von LGBTQ+-Personen im Alltag aufmerksam zu machen und zu verdeutlichen, dass "Safe Spaces" für queere Menschen auch im vermeintlich weltoffenen Berlin keine Selbstverständlichkeit sind.

Ein symptomatischer Fall fĂĽr Deutschland

Obwohl eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt, dass 95 Prozent der Deutschen ein gesetzliches Diskriminierungsverbot befürworten und die klassische Homophobie nur noch von etwa 12 Prozent der Bevölkerung geteilt wird, zeigen Vorfälle wie dieser, dass der Weg zu einer vollständig akzeptierenden Gesellschaft noch weit ist.

Initiativen wie das Berliner Queer-Bündnis, ein Zusammenschluss von Unternehmen, Organisationen und Institutionen, arbeiten aktiv daran, die Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber LGBTQ+-Menschen zu fördern und Diskriminierung entgegenzuwirken.

Der Fall von Basti Fährmann macht deutlich, dass trotz aller rechtlichen Fortschritte und gesellschaftlichen Entwicklungen Diskriminierung im Alltag für queere Menschen in Deutschland nach wie vor eine schmerzhafte Realität darstellt. Es bedarf weiterhin kontinuierlicher Aufklärungsarbeit und entschlossener Maßnahmen gegen Diskriminierung, um echte Gleichstellung und Akzeptanz zu erreichen.


WorldPride 2025: Veranstalter erwägen Reisewarnung für trans Personen in die USA

Die Organisatoren der WorldPride 2025 in Washington, DC, erwägen, eine offizielle Reisewarnung für transgender Personen auszusprechen, die aus dem Ausland zur Veranstaltung anreisen möchten. Wie PinkNews berichtet, hat Ryan Bos, Geschäftsführer der Capital Pride Alliance, erklärt: "Es ist möglich, dass wir tatsächlich eine Erklärung abgeben werden, die internationalen trans Personen davon abrät zu kommen, oder wenn sie kommen, dass sie dies auf eigenes Risiko tun."

Trumps Politik als Auslöser

Die Bedenken resultieren aus einer Reihe von LGBTQ+-feindlichen Maßnahmen, die seit der Amtseinführung von Donald Trump als 47. US-Präsident am 20. Januar erlassen wurden. Besonders transgender Personen sind davon betroffen. Trump hat unter anderem per Exekutivanordnung erklärt, dass die offizielle Politik der Vereinigten Staaten nur zwei Geschlechter anerkennt, trans Menschen vom Militärdienst ausgeschlossen und geschlechtsangleichende Behandlungen für trans Personen unter 19 Jahren eingeschränkt.

Besonders besorgniserregend für internationale Besucher ist eine Anordnung, die es US-Behörden verbietet, Pässe mit einem "X"-Geschlechtseintrag auszustellen. Diese Entwicklung hat bereits dazu geführt, dass mehrere Länder, darunter auch Deutschland, offizielle Reisewarnungen für transgender und nicht-binäre Personen herausgegeben haben.

Deutsche Reisewarnung und internationale Reaktionen

Das Auswärtige Amt hat in seinen Reisehinweisen für die USA eine spezielle Warnung für transgender und nicht-binäre Reisende aufgenommen. Darin wird empfohlen, dass Personen mit einem "X"-Geschlechtseintrag im Reisepass oder einem Geschlechtseintrag, der von ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweicht, sich vor Reiseantritt mit der US-Botschaft in Deutschland in Verbindung setzen sollten, um die aktuellen Einreisebestimmungen zu erfragen.

Deutschland ist nicht allein: Auch Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, die Niederlande, Belgien und Kanada haben ähnliche Warnungen herausgegeben. Egale Canada, eine der größten LGBTQ+-Interessenvertretungen Kanadas, hat sogar angekündigt, dass ihre Mitglieder aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht an der WorldPride oder anderen Veranstaltungen in den USA teilnehmen werden.

Widerstand und Resilienz

Trotz der Bedenken gibt es auch Stimmen, die zur Teilnahme ermutigen. Devon Ojeda, Senior National Organizer bei Advocates for Trans Equality, sagte: "Das ist etwas, mit dem meine Community jeden Tag konfrontiert ist - die Sorge, ob ein Ort für sie sicher sein wird." Ojeda fügte hinzu: "Ich bin auch der Meinung, dass wir weiterhin in diesen Räumen präsent sein sollten - um zu sagen: Ich bin trans, ich bin sichtbar. Das werdet ihr mir nicht nehmen."

Die WorldPride 2025 soll vom 6. bis 7. Juni 2025 im RFK Festival Grounds in Washington, DC stattfinden. Bisher wurden Kim Petras und Tinashe als Künstlerinnen bestätigt, während Troye Sivan und Jennifer Lopez als Headliner auftreten sollen.

Empfehlungen fĂĽr deutsche Reisende

Für deutsche LGBTQ+-Reisende, die an der WorldPride teilnehmen möchten, gibt es einige wichtige Hinweise zu beachten. Experten des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD) empfehlen, sich gründlich über die aktuelle Lage zu informieren und vor allem für transgender Personen, alle Reisedokumente sorgfältig zu überprüfen und im Zweifelsfall Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

Die Capital Pride Alliance, die die WorldPride 2025 organisiert, arbeitet nach eigenen Angaben eng mit der Stadtverwaltung von Washington, DC zusammen, um die Sicherheit aller Teilnehmenden zu gewährleisten. Sie haben neue Richtlinien für internationale Besucher herausgegeben und raten allen Reisenden – insbesondere transgender und nicht-binären Personen – sich zu informieren, vorsichtig zu reisen und die potenziellen Risiken zu verstehen, bevor sie nach DC kommen.

Wie blickt die Community in die Zukunft?

Die aktuelle Situation wirft ein Schlaglicht auf die Verletzlichkeit von LGBTQ+-Rechten und zeigt, wie schnell politische Veränderungen Auswirkungen auf internationale Veranstaltungen haben können. In Deutschland blicken viele Aktivisten mit Sorge auf die Entwicklungen in den USA, sehen aber auch die Notwendigkeit, weiterhin für Sichtbarkeit und Rechte einzutreten.

Der CSD Deutschland e.V. hat seine Solidarität mit den amerikanischen LGBTQ+-Organisationen zum Ausdruck gebracht und plant, die Entwicklungen rund um die WorldPride 2025 genau zu beobachten. Die Situation erinnert viele in der deutschen Community daran, dass auch hierzulande errungene Rechte nicht als selbstverständlich angesehen werden dürfen und kontinuierlicher Einsatz notwendig ist.

Für aktuelle Informationen zur Sicherheitslage und zu den Einreisebestimmungen für die USA sollten interessierte Reisende regelmäßig die Webseite des Auswärtigen Amtes sowie die offizielle Webseite der WorldPride 2025 konsultieren.


Ungarns neuer Verfassungsschlag gegen LGBTQ+: Binäre Geschlechtsdefinition festgeschrieben

Das ungarische Parlament hat erneut einen schweren Schlag gegen die Rechte queerer Menschen geführt. Mit einer Verfassungsänderung wurde nun festgeschrieben, dass ein Mensch ausschließlich als Mann oder Frau definiert werden kann, wie queer.de berichtet. Diese Entscheidung stellt eine weitere Verschärfung der bereits restriktiven Politik der Orban-Regierung gegenüber der LGBTQ+-Community dar und steht in krassem Gegensatz zur Entwicklung in Deutschland.

Parlamentarische Mehrheit trotz Protesten

Die Verfassungsänderung wurde mit 140 Ja-Stimmen gegen 21 Nein-Stimmen verabschiedet. Die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit wurde, wie von Kritiker*innen befürchtet, problemlos erreicht. Die vom rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban geführte Regierung setzt damit ihren systematischen Abbau von LGBTQ+-Rechten fort.

Während der Abstimmung protestierten Gegner*innen im Plenarsaal mit Trompeten-Lauten, vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich zahlreiche Demonstrant*innen. Doch die symbolischen Proteste konnten die Entscheidung nicht verhindern.

Teil einer systematischen Diskriminierungsstrategie

Diese Verfassungsänderung reiht sich in eine lange Liste von Maßnahmen ein, mit denen die ungarische Regierung die LGBTQ+-Community systematisch ausgrenzt. Erst im März 2024 hat das ungarische Parlament im Eilverfahren die jährlichen Pride-Paraden verboten – Veranstaltungen, die traditionell für die Sichtbarkeit und Rechte queerer Menschen stehen.

Es handelt sich bereits um die 15. Änderung der 2011 unter Orban eingeführten Verfassung, deren Präambel bezeichnenderweise den Titel "Nationales Glaubensbekenntnis" trägt. Seit 2020 definiert diese Verfassung auch, dass "eine Mutter nur eine Frau und ein Vater nur ein Mann sein könne". Im selben Jahr trat ein Gesetz in Kraft, das es trans Menschen unmöglich macht, ihr Geschlecht amtlich ändern zu lassen. Amnesty International kritisiert scharf, dass diese Änderungen die Diskriminierung verstärken und gegen internationale Menschenrechtsstandards verstoßen.

Kontrast zu Deutschland: Selbstbestimmungsgesetz statt Diskriminierung

Während Ungarn queere Rechte systematisch abbaut, hat Deutschland kürzlich mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen bedeutenden Schritt in die entgegengesetzte Richtung gemacht. Das am 1. August 2024 in Kraft getretene Gesetz ermöglicht es trans, inter und nichtbinären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen – ohne die bisher notwendigen psychologischen Gutachten oder medizinischen Nachweise.

Deutschland erkennt damit offiziell an, was Ungarn nun verfassungsrechtlich leugnet: dass Geschlechtsidentität vielfältig ist und über binäre Kategorien hinausgehen kann. Dieser fundamentale Unterschied in der Gesetzgebung spiegelt die tiefe Kluft in den gesellschaftspolitischen Entwicklungen beider Länder wider.

EU-Reaktionen und internationale Kritik

Die fortschreitende Einschränkung der LGBTQ+-Rechte in Ungarn hat zu wachsender Kritik seitens der EU geführt. Das Europäische Parlament betont, dass die diskriminierenden Definitionen in der ungarischen Verfassung gegen EU-Grundwerte verstoßen. Aktuellen Berichten zufolge erwägt die Europäische Union rechtliche Schritte gegen Ungarn wegen dieser fortgesetzten Verstöße gegen die Grundrechte.

Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass die jüngste Verfassungsänderung nichtbinäre Menschen in Ungarn praktisch unsichtbar macht und ihnen rechtlichen Schutz entzieht. Sie fordern eine stärkere internationale Reaktion auf die systematische Diskriminierung durch die Orban-Regierung.

Auswirkungen auf die ungarische LGBTQ+-Community

Für die LGBTQ+-Community in Ungarn wird die Situation zunehmend bedrohlich. Die verfassungsrechtliche Festschreibung binärer Geschlechtsidentitäten verweigert nichtbinären Menschen die offizielle Anerkennung ihrer Identität und verstärkt gesellschaftliche Diskriminierung.

Ungarische LGBTQ+-Aktivist*innen berichten von wachsender Angst und einem zunehmend feindlichen Klima. Viele erwägen, das Land zu verlassen oder ziehen sich aus Sicherheitsgründen ins Private zurück. Die systematische Ausgrenzung durch die Regierung legitimiert in den Augen vieler Ungar*innen homophobe und transphobe Einstellungen und Verhaltensweisen.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist die Entwicklung in Ungarn ein alarmierendes Beispiel dafür, wie schnell erreichte Rechte wieder abgebaut werden können, wenn rechtspopulistische Kräfte an die Macht kommen. Sie unterstreicht die Bedeutung anhaltender Wachsamkeit und Solidarität über Landesgrenzen hinweg.


Verfassungsschutz fĂĽr die Ehe: Belgiens VorstoĂź und die Lehren fĂĽr Deutschland

Der belgische Gleichstellungsminister Rob Beenders (Vooruit) will die Ehe fĂĽr alle in der belgischen Verfassung verankern, wie queer.de berichtet. In einer Zeit, in der LGBTQ+-Rechte weltweit unter Druck geraten, soll dieser Schritt ein starkes Signal setzen und die gleichgeschlechtliche Ehe dauerhaft absichern - eine Entwicklung, die auch fĂĽr Deutschland relevante Fragen aufwirft.

Ein konstitutioneller Schutz fĂĽr die Vielfalt

Bislang ist die Ehe für alle in Belgien – ähnlich wie in Deutschland – nur durch ein einfaches Gesetz geregelt. Dies bedeutet, dass eine parlamentarische Mehrheit theoretisch ausreichen würde, um diese Rechte wieder einzuschränken. "Wir sehen in den USA täglich, wie Präsident Donald Trump Gesetze von einem Tag auf den anderen kippt. So etwas kann auch hier passieren", erklärte Beenders seine Initiative. "Wenn man das in die Verfassung schreibt, wird es schwieriger, es zu ändern."

Belgien war 2003 das zweite Land weltweit nach den Niederlanden, das die gleichgeschlechtliche Ehe einführte. Mit dem aktuellen Vorstoß könnte das Königreich erneut eine Vorreiterrolle einnehmen. "Wenn wir das machen würden, wären wir eines der ersten Länder überhaupt", betonte der Minister. "Belgien war immer ein Vorreiter bei der Gleichstellung der Rechte – das sollten wir unbedingt umsetzen."

Langwieriger Prozess mit hohen HĂĽrden

Der Weg zu einer Verfassungsänderung ist in Belgien allerdings langwierig. Laut belgischem Recht sind dafür zwei Legislaturperioden erforderlich. Zunächst müssen Regierung und beide Kammern des Parlaments je eine Liste mit Änderungswünschen einreichen. Nur Artikel, die auf allen drei Listen stehen, können in der folgenden Legislaturperiode tatsächlich geändert werden – und dann nur mit einer Zweidrittelmehrheit.

Premierminister Bart De Wever (N-VA) hat bereits alle Regierungsparteien gebeten, ihre Änderungswünsche einzureichen. Die konkreten Gespräche darüber stehen jedoch noch aus.

Die deutsche Perspektive: Verfassungsrechtlicher Schutz fehlt

In Deutschland wurde die "Ehe für alle" am 30. Juni 2017 vom Bundestag beschlossen und trat am 1. Oktober 2017 in Kraft. Wie in Belgien ist sie jedoch nur durch ein einfaches Gesetz geregelt und nicht verfassungsrechtlich abgesichert. Dies könnte in Zeiten zunehmender anti-LGBTQ+-Rhetorik problematisch werden.

Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet bereits, dass LGBTQ+-Feindlichkeit ein zunehmendes Agitationsfeld in der rechtsextremistischen Szene darstellt. Rechtsextreme Gruppen und Parteien lehnen Diversität in Bezug auf sexuelle Orientierung und alternative Partnerschaftsmodelle grundsätzlich ab und propagieren ausschließlich heterosexuelle Beziehungen und die traditionelle Kernfamilie als "natürlich".

Politische Bedrohungsszenarien

Die AfD hat sich in der Vergangenheit wiederholt gegen die "Ehe für alle" positioniert und sogar deren Abschaffung gefordert. Laut Analysen der Amadeu Antonio Stiftung ähneln ihre familienpolitischen Vorstellungen denen anderer rechtsextremer Parteien, auch wenn sie aus strategischen Gründen bestimmte Begriffe vermeidet.

Der belgische Vorstoß zeigt, dass ein verfassungsrechtlicher Schutz der Ehe für alle ein wichtiger Baustein sein kann, um LGBTQ+-Rechte langfristig abzusichern. Für Deutschland könnte dies ein interessantes Modell darstellen, besonders angesichts der zunehmenden Polarisierung in gesellschaftspolitischen Fragen.

Gesellschaftliche Bedeutung ĂĽber die Rechtsform hinaus

Der Wert einer verfassungsrechtlichen Verankerung geht weit ĂĽber den juristischen Aspekt hinaus. Sie wĂĽrde ein klares gesellschaftliches Signal setzen, dass die Gleichstellung von LGBTQ+-Personen ein fundamentaler Wert ist, der nicht zur Disposition steht.

"Eine Verfassung spiegelt die grundlegenden Werte einer Gesellschaft wider", erklärt die deutsche LGBTQ+-Aktivistin Petra Zimmermann vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland. "Die Aufnahme der Ehe für alle in die Verfassung würde bedeuten, dass die Gleichwertigkeit aller Liebes- und Lebensformen nicht nur toleriert, sondern als grundlegender Bestandteil unserer demokratischen Ordnung anerkannt wird."

Ob Belgiens Vorstoß erfolgreich sein wird und welche Signalwirkung dies für andere europäische Länder haben könnte, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass der Schutz von LGBTQ+-Rechten angesichts weltweit zunehmender autoritärer Tendenzen wichtiger denn je ist.


Homophobie im Stadion: Eintracht Frankfurt zahlt hohe Strafe fĂĽr queerfeindliches Banner

Der Bundesligist Eintracht Frankfurt muss eine empfindliche Geldstrafe in Höhe von 91.750 Euro zahlen, teilweise wegen eines als queerfeindlich eingestuften Fanbanners. Wie queer.de berichtete, war bei einem Bundesligaspiel beim FC St. Pauli im Januar ein Banner mit der Aufschrift "CBD statt CSD" im Frankfurter Fanblock zu sehen, was für erhebliche Empörung sorgte.

Kontroverse Botschaften im Stadion

Das DFB-Sportgericht ordnete an, dass die Eintracht im Rahmen der Gesamtstrafe 8.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation spenden muss. Der Verein akzeptierte das Urteil, das damit rechtskräftig ist. Die Banner-Affäre sorgte für große Empörung sowohl bei St. Pauli-Fans als auch innerhalb der Frankfurter Community selbst.

Der Spruch "CBD statt CSD" wurde als direkter Angriff auf die LGBTQ+-Community interpretiert. CBD steht für Cannabidiol, ein nicht-psychoaktiver Wirkstoff der Hanfpflanze, während der CSD (Christopher Street Day) eine der wichtigsten Veranstaltungen für die Sichtbarkeit und Rechte von queeren Menschen ist. Die St. Pauli-Fans reagierten noch während des Spiels mit einem Konter-Banner: "Ein Tag auf dem CSD – besser als ein Leben auf CBD".

Ein weiteres Banner mit dem Text "Eure Toleranz endet an der Spitze der Impfnadel – 5G" verstärkte den Eindruck einer queerfeindlichen und verschwörungstheoretischen Botschaft im Frankfurter Block.

Klare Distanzierung der VereinsfĂĽhrung

Eintracht Frankfurt distanzierte sich umgehend von den Bannern. Vereinspräsident Mathias Beck stellte in einer offiziellen Stellungnahme klar, dass bei der Eintracht alle Menschen willkommen seien, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Der Verein betonte seine Unterstützung für Vielfalt und Inklusion.

Besonders bemerkenswert war die Reaktion von Axel "Beve" Hoffmann, einem Mitarbeiter des Eintracht-Museums, der aus Protest gegen die Banner frühzeitig den Fanblock verließ und sich öffentlich kritisch äußerte. Auch die Fanorganisation "Regenbogenadler", die sich für queere Belange bei der Eintracht einsetzt, verurteilte die Vorfälle scharf.

Homophobie im deutschen FuĂźball - ein anhaltendes Problem

Der Vorfall bei Eintracht Frankfurt reiht sich in eine Serie von homophoben Vorfällen im deutschen Profifußball ein. Trotz zahlreicher Kampagnen und Initiativen gegen Diskriminierung bleibt Homophobie in Fankurven ein hartnäckiges Problem. Der Regenbogenadler, eine Initiative queerfreundlicher Eintracht-Fans, setzt sich seit Jahren gegen Diskriminierung im Stadion ein.

Während Vereine wie der FC St. Pauli für ihr klares Bekenntnis zur Vielfalt bekannt sind, zeigt dieser Vorfall, dass in anderen Fanszenen noch erhebliche Vorbehalte bestehen. Die verhängte Strafe und die Verpflichtung zur Spende an eine gemeinnützige Organisation sollen ein deutliches Zeichen setzen.

Konsequenzen und Ausblick

Die Gesamtstrafe von 91.750 Euro setzt sich aus verschiedenen Vergehen zusammen, darunter auch das Zünden von Pyrotechnik in mehreren Spielen. Der Verein hat die Möglichkeit, bis zu 30.300 Euro für eigene sicherheitstechnische oder gewaltpräventive Maßnahmen zu verwenden.

Der Fall zeigt, dass Sportverbände zunehmend bereit sind, gegen diskriminierende Äußerungen vorzugehen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der DFB haben in den vergangenen Jahren ihre Bemühungen verstärkt, gegen Homophobie und andere Formen der Diskriminierung im Fußball vorzugehen.

FĂĽr die queere Community im FuĂźball bleibt jedoch noch viel zu tun. Bis heute hat sich kein aktiver Spieler in der Bundesliga als homosexuell geoutet - ein Zeichen dafĂĽr, dass das Klima in vielen Stadien und Vereinen noch immer nicht als sicher genug empfunden wird.


Baseball-Star Triston Casas provoziert mit lackierten Nägeln bewusst Rechtskonservative

Boston Red Sox Star Triston Casas sorgt mit einem ungewöhnlichen Statement für Aufsehen im traditionell männlich geprägten Baseball-Sport: Der First Baseman lackiert sich bewusst die Fingernägel, um konservative Fans zu provozieren. Wie PinkNews berichtet, erklärte Casas in der Netflix-Dokumentation "The Clubhouse: A Year with the Red Sox", dass er gezielt alles tut, was Menschen stört - ein Statement für mehr Vielfalt und gegen überholte Geschlechternormen im Sport.

Mit Nagellack gegen Vorurteile

"Genau darum geht es mir", antwortete Casas in der kürzlich veröffentlichten Dokumentation auf die Frage eines Teamkollegen, ob er mit den lackierten Nägeln bewusst Konservative provozieren wolle. Seit seinem MLB-Debüt 2022 für die Boston Red Sox trägt Casas regelmäßig bunte Nägel und hat damit einen persönlichen Stil entwickelt, der weit über den üblichen Baseball-Look hinausgeht.

In den Szenen der Netflix-Dokumentation sieht man den Sportler bei einer PedikĂĽre, wie er zu seiner Stylistin sagt: "Oh, die knallen, Stephanie. Go off, queen." Trotz seiner BerĂĽhmtheit beschreibt sich Casas als "anspruchslos" und gibt an, dass er nicht viel zum Leben braucht - "Ein Bett und ein Fernseher, lesen, Sendungen schauen", wobei er interessanterweise hinzufĂĽgt: "Ich hasse es allerdings, Baseball zu schauen. Ich schaue nie Baseball."

Sportliche Erfolge jenseits von Stereotypen

Der 24-jährige Casas ist keineswegs nur für sein modisches Statement bekannt. Mit 43 Home Runs für die Red Sox ist er auch sportlich erfolgreich. 2017 gewann er eine Goldmedaille bei der U18-Weltmeisterschaft, und bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 holte er mit dem US-Team die Silbermedaille.

Homophobe Reaktionen auf seinen Stil lassen Casas kalt: "Es ändert nichts an der Person, die ich bin, oder an dem, was ich mitbringe. Es ist nur mein Videospiel-Charakter", erklärt er in der Dokumentation. Die Boston Red Sox unterstützen ihren Spieler aktiv und haben sogar eine spezielle Bobblehead-Figur mit lackierten Nägeln herausgebracht, was die progressive Haltung des Teams unterstreicht.

Männlichkeitsbilder im Sport - auch in Deutschland ein Thema

Während Casas in den USA für Aufsehen sorgt, sind stereotype Geschlechterrollen auch im deutschen Sport noch immer ein Thema. Obwohl in deutschen Profiligen bislang keine Baseball-Spieler mit lackierten Nägeln bekannt sind, gibt es auch hierzulande zunehmend Sportler, die traditionelle Männlichkeitsbilder in Frage stellen.

Laut Studien der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erfahren LGBTQ+-Personen in Deutschland weiterhin Diskriminierung, besonders in männlich dominierten Sportarten. Gesten wie die von Casas können daher auch in Deutschland wichtige Signale setzen und zur Diskussion über Geschlechterrollen im Sport beitragen.

Während der Baseball in Deutschland weniger populär ist als in den USA, sind vergleichbare Diskussionen über Geschlechterrollen auch in deutschen Sportarten wie Fußball, Handball oder Basketball relevant. Viele deutsche Sportvereine und -verbände haben in den letzten Jahren Initiativen für mehr Diversität und gegen Diskriminierung gestartet, doch Experten sehen noch immer Nachholbedarf.

Ein Statement mit Wirkung

Casas' bewusster Umgang mit seinem Erscheinungsbild kann als Teil einer größeren Bewegung gesehen werden, in der Sportler ihre Plattform nutzen, um gesellschaftliche Werte zu fördern. Sein Nagellack mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, doch die Botschaft dahinter ist kraftvoll: Individualität und Selbstausdruck sollten nicht durch überkommene Geschlechternormen eingeschränkt werden.

In einer Zeit, in der in vielen Ländern - auch in Deutschland - rechtskonservative Bewegungen erstarken, die traditionelle Geschlechterrollen propagieren, sind solche Statements bedeutsamer denn je. Sie ermutigen junge Menschen, ihre eigene Identität zu leben, unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen.

Ob Casas mit seinen lackierten Nägeln auch deutsche Sportler inspirieren wird, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass sein mutiges Statement über die Grenzen des Baseballfeldes und der USA hinaus Wellen schlägt und auch hierzulande Diskussionen über Geschlechterrollen im Sport anregen kann.


Trump-Regierung verweigert Kommunikation mit Journalist:innen, die ihre Pronomen angeben

Die Trump-Administration sorgt erneut für Aufsehen im Umgang mit LGBTQ+-Themen: Wie PinkNews berichtet, verweigert das Weiße Haus jegliche Kommunikation mit Journalist:innen, die in ihren E-Mail-Signaturen oder Online-Profilen ihre persönlichen Pronomen angeben. Diese Maßnahme stellt einen weiteren Schritt in der zunehmend LGBTQ+-feindlichen Politik der neuen Trump-Regierung dar.

Systematische Verweigerung der Kommunikation

Nach Angaben von PinkNews wurden in den vergangenen Wochen mindestens drei Fälle bekannt, in denen Regierungssprecher:innen die Kommunikation mit Journalist:innen verweigerten, weil diese ihre Pronomen in E-Mail-Signaturen angaben. Als die New York Times zu Gerüchten über die geplante Schließung eines Klimaforschungsobservatoriums nachfragte, antwortete die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, es sei "Richtlinie", nicht auf Anfragen von Journalist:innen mit "Pronomen in ihren Bios" zu antworten.

Eine weitere Regierungsvertreterin, Katie Miller, behauptete gegenüber einer anderen Reporterin, dass Journalist:innen, die Pronomen verwenden, "wissenschaftliche Realitäten und damit Fakten ignorieren" würden. Leavitt ergänzte später, dass ein:e Journalist:in, der/die Pronomen verwendet, "sich offensichtlich nicht um die biologische Realität oder Wahrheit kümmert und daher nicht vertrauenswürdig ist, um eine ehrliche Geschichte zu schreiben."

Teil einer breiteren Anti-LGBTQ+-Agenda

Diese neue Politik des Weißen Hauses reiht sich ein in eine Serie von Maßnahmen gegen LGBTQ+-Personen seit Beginn der zweiten Trump-Präsidentschaft. Bereits im Februar wurden alle Regierungsmitarbeiter:innen angewiesen, Pronomen aus ihren E-Mail-Signaturen zu entfernen. Wer dieser Anweisung nicht Folge leistete, musste mit "disziplinarischen Maßnahmen bis hin zur Kündigung" rechnen, wie CNN berichtete.

Diese Direktive steht im Einklang mit einer präsidialen Exekutivanordnung, die Mitarbeiter:innen vorschreibt, den Begriff "Geschlecht" durch "biologisches Geschlecht" zu ersetzen. Zudem wurde festgelegt, dass es offizielle Regierungspolitik sei, nur "zwei Geschlechter, männlich und weiblich" anzuerkennen.

Parallelen und Unterschiede zu Deutschland

In Deutschland sind solche Entwicklungen in der Medienpolitik derzeit nicht zu beobachten. Im Gegenteil: Viele deutsche Redaktionen haben in den letzten Jahren Maßnahmen ergriffen, um eine inklusivere Sprache zu fördern. Dennoch gibt es auch hierzulande Debatten um den Umgang mit geschlechtergerechter Sprache und Pronomen, wie Journalist.de berichtet.

Während in den USA unter Trump eine systematische Zurückdrängung von LGBTQ+-Rechten zu beobachten ist, genießen queere Personen in Deutschland rechtlichen Schutz. "In Deutschland darf jede Person ihre sexuelle Identität und Geschlechtsidentität frei ausleben", erklärt Handbook Germany. Dennoch nehmen auch in Deutschland queerfeindliche Straftaten zu, wie aktuelle Statistiken zeigen.

Pronomen als politisches Kampffeld

Die Existenz von Pronomen im modernen Englisch scheint für konservative Kreise zu einem schwierigen Thema geworden zu sein – wobei viele sogar ihren grundlegenden Zweck missverstehen. Ähnlich wie im Deutschen existieren Pronomen seit jeher in der englischen Sprache, um auf Personen oder Dinge zu verweisen, ohne den vollständigen Namen wiederholen zu müssen.

In Deutschland hat sich die Diskussion um Pronomen in den letzten Jahren intensiviert. Neben den traditionellen Pronomen "er" und "sie" gibt es im deutschen Sprachraum zunehmend Bestrebungen, nicht-binäre Pronomen wie "dey" oder "xier" zu etablieren, wie das Queer Lexikon dokumentiert. Anders als in den USA unter Trump wird diese Entwicklung in Deutschland nicht von staatlicher Seite bekämpft.

Kritik und Widerstand

Die trans Abgeordnete Sarah McBride, die selbst kürzlich mit Diskriminierung im US-Kapitol konfrontiert wurde, kritisierte die Republikaner scharf. Sie sieht in deren Fokus auf trans-ausgrenzende Themen einen Versuch, von realen Problemen der amerikanischen Bevölkerung abzulenken.

Die Situation zeigt exemplarisch, wie marginalisierte Gruppen als politische Ablenkungsmanöver instrumentalisiert werden können. Während die Trump-Administration einen "Kulturkampf" um Pronomen führt, stehen wirtschaftliche Probleme wie die jüngst ausgelösten Handelskonflikte mit China im Hintergrund.

In Deutschland setzen sich indessen Organisationen wie ProQuote Medien für mehr Vielfalt im Journalismus ein. Anders als in den USA unter Trump wird hierzulande die Darstellung gesellschaftlicher Vielfalt in den Medien von vielen Institutionen aktiv gefördert.

Fazit: Sprachpolitik als Machtinstrument

Die Entscheidung der Trump-Administration, mit Journalist:innen, die ihre Pronomen angeben, nicht zu kommunizieren, verdeutlicht, wie Sprachpolitik als Machtinstrument eingesetzt werden kann. Während in Deutschland der respektvolle Umgang mit Pronomen zunehmend als Zeichen von Professionalität und Respekt gilt, nutzt die US-Regierung unter Trump die Ablehnung von Pronomen als politisches Statement.

Die Entwicklung in den USA sollte auch für deutsche Beobachter:innen ein Warnsignal sein: Rechte, die selbstverständlich erscheinen, können schnell unter Druck geraten, wenn sich politische Mehrheiten ändern. Die Erfahrungen aus den USA zeigen, wie wichtig es ist, demokratische und inklusive Werte kontinuierlich zu verteidigen.

PinkNews schloss seinen Bericht mit einer ironischen Bemerkung: "Wir haben das WeiĂźe Haus um einen Kommentar gebeten. Leider haben wir Pronomen in unseren E-Mail-Signaturen."


Längst überfällige Gerechtigkeit: Rheinland-Pfalz fordert Reform des Abstammungsrechts für Zwei-Mütter-Familien

Rheinland-Pfalz hat einen wichtigen Schritt für die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien unternommen. Am vergangenen Freitag stellte Familienministerin Katharina Binz (Grüne) im Bundesrat einen Entschließungsantrag vor, der das Abstammungsrecht reformieren soll, um Kindern in Zwei-Mütter-Familien von Geburt an zwei rechtliche Elternteile zu sichern. Die ursprüngliche Meldung wurde auf queer.de veröffentlicht.

Die aktuelle rechtliche Benachteiligung

Nach geltendem Recht wird in Deutschland bei Kindern, die in eine Beziehung zweier Frauen hineingeboren werden, nur die leibliche Mutter automatisch als Elternteil anerkannt. Die nicht-gebärende Mutter muss hingegen ein langwieriges Adoptionsverfahren durchlaufen, um rechtlich als zweites Elternteil anerkannt zu werden. Im Gegensatz dazu wird bei heterosexuellen Paaren der Ehemann automatisch als Vater eingetragen, oder kann bei unverheirateten Paaren die Vaterschaft unkompliziert anerkennen.

Diese rechtliche Ungleichbehandlung führt zu gravierenden Nachteilen für die betroffenen Familien. "Bis das Adoptionsverfahren abgeschlossen ist, hat das Kind rechtlich nur ein Elternteil und befindet sich damit in einer sozial, juristisch und ökonomisch prekären Situation", wie Binz betont. Im schlimmsten Fall könnte bei einem Unfall der rechtlichen Mutter das Kind vom Jugendamt in Obhut genommen werden – trotz des Vorhandenseins eines zweiten liebenden Elternteils.

Die geforderte Reform

Der Entschließungsantrag aus Rheinland-Pfalz schlägt eine analoge Regelung zur bestehenden Vaterschaftsregelung vor. Gemäß dem Vorschlag soll die Ehefrau oder eingetragene Lebenspartnerin der Geburtsmutter automatisch als zweite rechtliche Mutter anerkannt werden – ohne den Umweg über eine diskriminierende Stiefkindadoption nehmen zu müssen. Dies würde eine Anpassung des § 1592 Nr. 1 und Nr. 2 BGB bedeuten, wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) seit langem fordert.

"Im Sinne des Kindeswohls und im Sinne der Gleichstellung der betroffenen Familien müssen wir dieses Verfahren jetzt abschaffen und dafür sorgen, dass die Kinder rechtlich abgesichert sind – indem sie von Geburt an zwei Elternteile haben", erklärte Katharina Binz während der Vorstellung des Antrags.

Acht Jahre nach der Ehe für alle – immer noch keine vollständige Gleichstellung

Besonders enttäuschend für viele Betroffene ist die Tatsache, dass die aktuelle Bundesregierung keine konkreten Pläne zur Reform des Abstammungsrechts in ihrem Koalitionsvertrag verankert hat. "Acht Jahre nach der Öffnung der Ehe ist es dringend an der Zeit, die Zwei-Mütter-Familien vollständig rechtlich gleichzustellen", mahnte die rheinland-pfälzische Familienministerin.

Der Entschließungsantrag wurde zunächst in die zuständigen Ausschüsse des Bundesrats überwiesen, wo er fachlich beraten wird. Für betroffene Familien bleibt zu hoffen, dass der Antrag später im Plenum eine Mehrheit findet und so Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden kann, entsprechende Gesetzesänderungen vorzunehmen.

Eine Frage der Gerechtigkeit und des Kindeswohls

Die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern vor allem eine Frage des Kindeswohls. Die derzeitige Rechtslage, bei der Kinder in Zwei-Mütter-Familien zunächst nur einen rechtlichen Elternteil haben, schafft unnötige Unsicherheiten und potenzielle Risiken für die betroffenen Kinder.

Katharina Binz hat sich als Familienministerin von Rheinland-Pfalz seit ihrem Amtsantritt konsequent für die Rechte von LGBTQ+-Familien eingesetzt. Mit dem aktuellen Vorstoß im Bundesrat könnte ein wichtiger Schritt in Richtung vollständiger rechtlicher Anerkennung von Regenbogenfamilien in Deutschland gelingen – vorausgesetzt, der politische Wille zur Reform ist vorhanden.

Betroffene Familien und LGBTQ+-Organisationen wie der LSVD hoffen nun, dass der Antrag aus Rheinland-Pfalz ausreichend Unterstützung findet, um die längst überfällige Reform des Abstammungsrechts endlich auf den Weg zu bringen.


Geteilte Wege: NHS-Richtlinien fĂĽr trans Jugendliche im Vergleich zur deutschen Versorgungslage

Die jüngst durch den Journalisten Jo Maugham in Großbritannien durchgesickerten NHS-Richtlinien zeigen eine besorgniserregende Entwicklung: Britische Hausärzte sollen "Shared-Care-Vereinbarungen" mit privaten Kliniken für trans Jugendliche verweigern. Was bedeutet das für Betroffene in Großbritannien und wie unterscheidet sich die Situation von der in Deutschland? Ein Blick auf zwei Gesundheitssysteme, die sich in der Versorgung von trans Menschen zunehmend in entgegengesetzte Richtungen entwickeln.

NHS-Richtlinien: Ein Schritt zurĂĽck in der Versorgung

Die durchgesickerten NHS-Richtlinien verdeutlichen eine Zuspitzung der bereits restriktiven Politik unter dem britischen Gesundheitsminister Wes Streeting. Die Dokumente weisen Hausärzte an, "Shared-Care-Vereinbarungen" für trans Jugendliche unter 18 Jahren zu verweigern – also Absprachen zwischen Hausärzten und spezialisierten Kliniken, die eine gemeinsame Betreuung ermöglichen würden. Dies betrifft auch die Verschreibung von Pubertätsblockern, die in England bereits stark eingeschränkt ist.

Besonders beunruhigend: In einer Fußnote deutet das Dokument an, dass ähnliche Einschränkungen künftig auch für erwachsene trans Personen gelten könnten. Darin heißt es, dass "unregulierte Gesundheitsdienste ein potenzielles Risiko für die Patientensicherheit in allen Altersbereichen darstellen". Eine Klinische Richtlinie für "exogene Hormone" bei Erwachsenen solle 2025/26, also erst in einem oder zwei Jahren, erarbeitet werden – was trans Menschen in Großbritannien in eine lange Phase der Unsicherheit stürzt.

Diese Verschärfung erfolgt, nachdem die Labour-Regierung unter Streeting im Dezember 2024 das von den Konservativen eingeführte Verbot von Pubertätsblockern auf unbestimmte Zeit verlängert hatte – trotz zahlreicher Studien, die zeigen, dass die Risiken vernachlässigbar sind und die Behandlung "lebensrettend" sein kann.

Deutschland: Ein anderer Weg

Im Kontrast dazu steht die Entwicklung in Deutschland, wo gerade eine neue S2k-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur "Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter" fertiggestellt wird. Diese soll die veraltete S1-Leitlinie ablösen und orientiert sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Die deutschen Leitlinienentwürfe lockern die bisherigen Anforderungen für Minderjährige, die geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen in Anspruch nehmen möchten. Sie betonen das Recht auf Selbstbestimmung und die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Der Deutsche Ethikrat unterstützt dies und betont das Recht auf ein Leben entsprechend der eigenen geschlechtlichen Identität.

Während in Großbritannien psychosoziale Interventionen als erste und oft einzige Behandlungsoption empfohlen werden, erkennen die deutschen Leitlinien an, dass die Forderung nach einer zwingenden Psychotherapie vor körperlichen Eingriffen ethisch nicht gerechtfertigt ist. Dr. Georg Romer, ein führender Experte für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland, erklärt dazu: "Pubertätsblocker können wichtig sein, um eine 'falsche' Pubertät und irreversible körperliche Veränderungen zu verhindern."

Shared-Care-Vereinbarungen: Lebenswichtig fĂĽr die Versorgung

In beiden Ländern spielen Hausärzte eine zentrale Rolle in der Versorgung von trans Personen. In Deutschland können Hausärzte, Endokrinologen oder Gynäkologen Hormone verschreiben und die Hormontherapie überwachen. Viele Hausärzte führen die Behandlung fort, wenn diese bereits von einem Spezialisten begonnen wurde.

Im Vereinigten Königreich hatten Shared-Care-Vereinbarungen bisher eine ähnliche Funktion: Sie teilten die Verantwortung zwischen Gender-Spezialisten und Hausärzten auf und ermöglichten so eine sichere Verschreibung und kontinuierliche Überwachung von Hormonbehandlungen. Die neue Richtlinie könnte dieses bewährte System für Jugendliche komplett zum Erliegen bringen.

"Die Folgen könnten verheerend sein", erklärt Dr. Julia Ehrt, Geschäftsführerin von Transgender Europe. "Wenn Hausärzte nicht mehr mit spezialisierten Einrichtungen zusammenarbeiten dürfen, werden viele trans Jugendliche in gefährliche Selbstmedikation gedrängt oder psychisch stark belastet."

Evidenzbasierte Medizin versus politische Entscheidungen

Die Debatte in beiden Ländern wird von der Frage nach der wissenschaftlichen Evidenz geprägt. In Deutschland zeigen Studien, dass sich die psychische Gesundheit von Jugendlichen, die Zugang zu trans-spezifischer Gesundheitsversorgung haben, deutlich verbessert. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass eine frühe Hormonbehandlung (im Alter von 14-17 Jahren) das Risiko von Suizidgedanken vermindern kann.

In Großbritannien hingegen beruft sich der NHS auf den umstrittenen Cass-Bericht, der zu dem Schluss kam, dass es "keine guten Beweise für die langfristigen Auswirkungen von Interventionen zur Bewältigung von geschlechtsbezogenem Leidensdruck" gebe. Kritiker werfen dem Bericht methodische Mängel und eine einseitige Interpretation der vorhandenen Studien vor.

"Es ist bemerkenswert, wie unterschiedlich dieselbe wissenschaftliche Literatur in verschiedenen Ländern interpretiert wird", sagt Prof. Dr. Mari Günther, Leiterin des Instituts für Geschlechterforschung an der Hochschule Merseburg. "In Deutschland werden die positiven Effekte der Behandlung stärker gewichtet, während in Großbritannien die Unsicherheit über langfristige Folgen in den Vordergrund gestellt wird."

Auswirkungen auf Betroffene

Die Konsequenzen dieser unterschiedlichen Ansätze sind für die betroffenen jungen Menschen erheblich. In Deutschland könnten die neuen Leitlinien den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtern und Diskriminierung abbauen. Das kürzlich in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz trägt zusätzlich dazu bei, rechtliche Hürden abzubauen.

In Großbritannien hingegen berichten Betroffene bereits von massiven Problemen. Mehrere Patienten sagten gegenüber PinkNews, sie seien "entsetzt über die Auswirkungen und hätten Selbstmedikation in Erwägung gezogen, wenn die Entscheidung nicht rückgängig gemacht würde". Diese Form der Selbstmedikation birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, da sie ohne ärztliche Überwachung stattfindet.

Paul Pölslander, Sprecher des Bundesverbands Trans* in Deutschland, sieht mit Sorge auf die Entwicklungen im Vereinigten Königreich: "Was wir dort beobachten, ist ein politisch motivierter Rückschritt, der nicht auf Wissenschaft, sondern auf Vorurteilen basiert. In Deutschland müssen wir wachsam bleiben, dass sich solche Tendenzen hier nicht durchsetzen."

Was können Betroffene in Deutschland tun?

Trotz der vergleichsweise besseren Situation in Deutschland gibt es auch hier Herausforderungen. Viele Hausärzte sind unsicher oder nicht ausreichend informiert über die Hormonbehandlung von trans Personen. Betroffene können auf spezialisierte Webseiten wie Queermed zurückgreifen, um nach queersensiblen Ärzten zu suchen.

Falls Hausärzte eine Behandlung verweigern, können sich Betroffene an Beratungsstellen wie die Bundesverband Trans* oder die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) wenden, die Unterstützung und rechtliche Informationen anbieten.

Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen in Großbritannien ist es umso wichtiger, die Rechte und den Zugang zu medizinischer Versorgung für trans Menschen in Deutschland zu schützen und weiter zu verbessern. Die unterschiedlichen Wege, die beide Länder einschlagen, verdeutlichen, wie stark politische Entscheidungen das Leben und die Gesundheit von trans Menschen beeinflussen können – im Guten wie im Schlechten.


Sommer, Sonne, Diversität: Kroatisches Pride Beach Festival 2025 lockt deutsche LGBTQ+ Community ans Meer

Im Sommer 2025 wird der Zrće Beach in Kroatien erneut zum Treffpunkt für queere Menschen aus ganz Europa: Vom 28. bis 31. August findet das Pride Beach Festival statt – ein viertägiges Zusammenkommen unter freiem Himmel, das als Europas führendes LGBTQ+ Beach Festival gilt und einen geschützten Raum für Austausch, Begegnung und gemeinsames Feiern bietet.

Mehr als nur eine Party am Meer

Das Festival versteht sich nicht nur als Partyevent, sondern vor allem als starkes Zeichen für Sichtbarkeit, Zusammenhalt und Vielfalt. In traumhafter Atmosphäre direkt am kristallklaren Meer der Adriaküste bietet das Pride Beach Festival einen Safe Space, in dem queere Identitäten gelebt, unterstützt und zelebriert werden können. Das umfangreiche Programm lockt mit queeren DJs, ausgelassenen Poolpartys, einer exklusiven Bootsparty und mitreißenden Drag-Performances – perfekt für alle, die eine Kombination aus Strandurlaub und LGBTQ+ Community-Erlebnis suchen.

Der Zrće Beach auf der Insel Pag hat sich seit der Unabhängigkeit Kroatiens zu einer beliebten Partymeile entwickelt. Besonders bei jugendlichen Besucher*innen aus Großbritannien und Deutschland erfreut sich der Strand mit seinen Open-Air-Clubs großer Beliebtheit. Mit dem Pride Beach Festival bekommt die Location nun eine bunte und vielfältige Ergänzung im Veranstaltungskalender.

Parallelen zu deutschen Pride-Veranstaltungen

Während das kroatische Festival einen Kurzurlaub mit Strand und Party verbindet, bieten die zahlreichen CSD-Veranstaltungen in Deutschland eine heimische Alternative. Von Juni bis August finden in vielen deutschen Städten Christopher Street Day Paraden und Feste statt – darunter in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München. Besonders der Cologne Pride zählt zu den größten Pride-Veranstaltungen Europas, während der Hamburg Pride mit rund 100 Veranstaltungen, darunter die Pride Parade und ein ausgedehntes Straßenfest, aufwartet.

Der Unterschied: Während die deutschen CSDs hauptsächlich in urbanen Räumen stattfinden und oft einen starken politischen Fokus haben, verbindet das Pride Beach Festival in Kroatien das Engagement für die LGBTQ+ Community mit mediterranem Urlaubsflair – eine ideale Gelegenheit, den Sommer ausklingen zu lassen und gleichzeitig Teil einer internationalen Community zu sein.

Gemeinschaft und Empowerment im Mittelpunkt

Neben musikalischen Highlights von internationalen und lokalen Künstler*innen stehen beim Pride Beach Festival vor allem Begegnung und Gemeinschaft im Mittelpunkt. Die Veranstalter*innen legen großen Wert darauf, dass Programmpunkte von und mit der Community gestaltet werden. Bereits 2024 erwies sich das Festival als ein Ort des Miteinanders, an dem sich queere Menschen in einem offenen, wertschätzenden Umfeld begegnen konnten. Für 2025 versprechen die Organisator*innen neue Impulse, mehr Raum für Austausch und eine noch größere Vielfalt.

Für deutsche LGBTQ+ Reisende bietet das Festival eine willkommene Gelegenheit, die Saison der heimischen Pride-Events zu verlängern und Teil einer internationalen Feier der Vielfalt zu werden. Wer Interesse hat, findet alle weiteren Informationen auf der offiziellen Website des Pride Beach Festivals. Zu beachten ist jedoch, dass das Festival nicht für Kinder und Haustiere geeignet ist.

Ein Tipp für die Reiseplanung: Wer das Festival mit einem längeren Kroatien-Urlaub verbinden möchte, findet in der nahegelegenen Stadt Novalja und auf der gesamten Insel Pag zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten. Alternativ bieten sich auch gay-friendly Hotels an, die auf die Bedürfnisse queerer Reisender eingestellt sind.


Besorgniserregender Anstieg queerfeindlicher Gewalt: Schwuler Mann in LĂĽbeck attackiert

In Lübeck wurde ein 29-jähriger schwuler Mann aus Bayern Opfer einer queerfeindlichen Attacke, wie die Polizei am vergangenen Freitag mitteilte. Der Vorfall, der sich bereits am Dienstag in der Innenstadt ereignete, reiht sich in eine zunehmend besorgniserregende Statistik von Hassverbrechen gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland ein. Die ursprüngliche Meldung wurde von queer.de veröffentlicht.

Der Vorfall in LĂĽbeck: Chronologie einer Attacke

Der Vorfall ereignete sich am Dienstagmittag gegen 12:10 Uhr An der Obertrave zwischen der Marlesgrube und der Straße Depenau. Nach bisherigen Ermittlungen ging der 29-jährige Mann aus Bayern mit seinem Begleiter Hand in Hand spazieren, als eine 42-jährige Frau ihn daraufhin homofeindlich beleidigte. Im Verlauf des entstehenden Streitgesprächs erschien ein 50-jähriger Begleiter der Frau, der dem Touristen unvermittelt ins Gesicht schlug.

Nachdem der Geschädigte die Polizei verständigte, fuhr ein weißer Mercedes vor, aus dem mehrere Personen ausstiegen. Eine dieser Personen – der Beschreibung nach ein etwa 30-jähriger Mann mit schwarzem Vollbart und weißem Hemd – beleidigte den 29-Jährigen erneut aufgrund seiner sexuellen Orientierung. Die Polizei konnte im Rahmen der Fahndung sowohl die 42-jährige Frau als auch den 50-jährigen Angreifer antreffen und leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung und Beleidigung ein.

Erschreckender Anstieg queerfeindlicher Straftaten in Deutschland

Der Vorfall in Lübeck ist leider kein Einzelfall. Deutschland verzeichnet einen alarmierenden Anstieg queerfeindlicher Gewalt. Laut dem Bundesministerium des Innern und für Heimat wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.785 Straftaten gegen LSBTIQ* Personen registriert – ein deutlicher Anstieg gegenüber 1.188 Fällen im Vorjahr.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) berichtet sogar von einer noch dramatischeren Entwicklung: In der Kategorie "sexuelle Orientierung" wurden 2023 bundesweit 1.499 Straftaten erfasst – ein Anstieg von etwa 49% im Vergleich zum Vorjahr. Dazu kommen 854 Straftaten im Bereich "geschlechtsbezogene Diversität", was einer Verdopplung um circa 105% entspricht.

Besonders erschreckend: Die Zahlen queerfeindlicher Straftaten haben sich seit 2010 nahezu verzehnfacht. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen, da Schätzungen zufolge 80 bis 90 Prozent aller Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht werden – sei es aus Scham, Angst oder mangelndem Vertrauen in Strafverfolgungsbehörden.

Parallelen zu anderen Fällen in Lübeck und Umgebung

Lübeck war bereits in der Vergangenheit Schauplatz queerfeindlicher Gewalt. Ein besonders gravierender Vorfall ereignete sich am Rande des Christopher Street Day (CSD) in Lübeck, bei dem eine 27-Jährige attackiert und ihr Kopf mehrfach auf das Kopfsteinpflaster geschlagen wurde. Dieser und andere Fälle werden in der Chronik der Gewalttaten gegen LSBTIQ in Deutschland des LSVD dokumentiert.

Auch im benachbarten Bundesland Bayern hat sich die Situation verschärft. Dort haben sich die Straftaten gegen queere Personen im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Polizei registrierte 190 queerfeindliche Straftaten, wie BR24 berichtete. Die Tatsache, dass der in Lübeck attackierte Mann aus Bayern stammt, verdeutlicht die überregionale Dimension des Problems.

Die gesundheitlichen Folgen von Diskriminierung und Gewalt

Queerfeindliche Gewalt und Diskriminierung haben weitreichende Folgen für die Betroffenen. Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigen, dass LGBTQI*-Menschen fast dreimal häufiger von Depressionen und Burnout betroffen sind als die restliche Bevölkerung. Auch körperliche Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Asthma und chronische Rückenschmerzen kommen weitaus häufiger vor.

Die psychische Belastung durch solche Übergriffe wird oft verstärkt durch das Gefühl, dass die eigene Sicherheit im öffentlichen Raum nicht gewährleistet ist. Dies kann zu Vermeidungsverhalten führen, wodurch Betroffene bestimmte Orte meiden oder ihre Identität verbergen, um nicht zur Zielscheibe zu werden – eine massive Einschränkung der persönlichen Freiheit.

MaĂźnahmen und Forderungen

Im Kampf gegen queerfeindliche Gewalt hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2021-2025 einen nationalen Aktionsplan zu LGBTIQ*-Rechten aufgenommen. Seit 2022 gibt es zudem erstmals einen Queer-Beauftragten der Bundesregierung, der im Bundesfamilienministerium angesiedelt ist und fĂĽr mehr sexuelle Akzeptanz und Vielfalt sorgen soll.

Der LSVD fordert darüber hinaus die Einsetzung einer unabhängigen Expert*innen-Kommission durch die Bundesregierung, um eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTIQ*-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität zu erarbeiten. Auch die polizeiliche Erfassung und Verfolgung solcher Straftaten soll verbessert werden – ein wichtiger Schritt, da die Aufklärungsquote bei LGBTIQ-feindlichen Delikten oft geringer ist als bei anderen Hassdelikten.

Zeug*innen gesucht

Im aktuellen Fall aus LĂĽbeck sucht die Polizei weiterhin nach Zeug*innen, die sich am Dienstag zwischen 11:30 und 12:15 Uhr in der StraĂźe An der Obertrave aufgehalten und den Vorfall beobachtet haben. Besonders wichtig fĂĽr die Ermittlungen sind Hinweise zum bisher unbekannten Mann aus dem weiĂźen Mercedes, der etwa 30 Jahre alt, 175 cm groĂź und mit schwarzem Vollbart und weiĂźem Hemd bekleidet gewesen sein soll.

Hinweise zum Sachverhalt oder zum unbekannten Tatverdächtigen nimmt das Kommissariat 5 der Bezirkskriminalinspektion Lübeck telefonisch unter der Telefonnummer (0451) 1310 oder per E-Mail K5.luebeck.bki@polizei.landsh.de entgegen.

Fazit: Gemeinsam gegen Queerfeindlichkeit

Der Vorfall in Lübeck verdeutlicht einmal mehr, dass trotz aller rechtlichen Fortschritte für die LGBTQ+-Community in Deutschland noch ein weiter Weg zu gehen ist, bis queere Menschen ohne Angst vor Anfeindungen und Gewalt leben können. Es braucht nicht nur konsequente Strafverfolgung, sondern auch präventive Maßnahmen, Bildung und Sensibilisierung in allen Gesellschaftsbereichen.

Von besonderer Bedeutung ist auch die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Zivilcourage in Situationen wie der in Lübeck kann entscheidend sein, um Betroffene zu unterstützen und ein klares Zeichen gegen Queerfeindlichkeit zu setzen. Für eine offene und vielfältige Gesellschaft ist es wichtig, dass queerfeindliche Vorfälle nicht nur von den Betroffenen selbst, sondern von allen Menschen als Angriff auf die demokratischen Grundwerte verstanden werden.


SPDqueer zur schwarz-roten Koalition: Neutralität trotz queerpolitischer Enttäuschung

Der Bundesvorstand der SPDqueer hat sich in einer Pressemitteilung zur aktuellen Mitgliederbefragung über den schwarz-roten Koalitionsvertrag neutral positioniert, während der Berliner Queerbeauftragte Alfonso Pantisano deutliche Ablehnung signalisiert. Die Arbeitsgemeinschaft für queere Menschen in der SPD äußerte sich enttäuscht über die queerpolitischen Aspekte des Vertrags, ruft aber weder zur Zustimmung noch zur Ablehnung auf.

Bewahrung des Erreichten als Minimalziel

In ihrer Stellungnahme mit dem Titel "Queerpolitik im Schatten: Kein Rückschritt, aber auch kein Fortschritt" macht die SPDqueer deutlich, dass bereits nach der Bundestagswahl klar gewesen sei, dass eine Koalition mit den Unionsparteien queerpolitische Fortschritte erschweren würde. "Vielmehr galt es in den Sondierungsgesprächen und bei den Koalitionsverhandlungen keine Rückschritte zuzulassen und Erreichtes zu bewahren", heißt es in der Erklärung. Besonders wichtig war der Erhalt des erst kürzlich verabschiedeten Selbstbestimmungsgesetzes, das trans- und intergeschlechtlichen Menschen eine einfachere Änderung ihres Geschlechtseintrags ermöglicht.

Die Co-Vorsitzende der SPDqueer, Carola Ebhardt, kritisierte den Koalitionsvertrag scharf: "Die grundsätzlich konservative Handschrift des Koalitionsvertrages ist leider mehr als offensichtlich. Dass auf fast 150 Seiten nur 2x das Wort 'queer' zu finden ist und stattdessen völlig veraltete, entwürdigende Begriffe verwendet wurden, sagt viel darüber aus, welchen Stellenwert die Belange und Rechte queerer Menschen in der zukünftigen Koalition haben."

Kritik an mangelnder BerĂĽcksichtigung queerer Themen

Oliver Strotzer, Co-Vorsitzender der SPDqueer, bemängelte das Fehlen zentraler queerpolitischer Vorhaben: "Wichtige Themen wie die Ergänzung des Art. 3 GG um das Merkmal der sexuellen Identität, die seit langem geforderte Reform des Abstammungsrechts oder ein Bekenntnis zur Weiterentwicklung des Aktionsplans 'Queer Leben' fehlen komplett." Positiv bewertete er lediglich das Bekenntnis zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes als "echten Fortschritt".

Besonders kritisch sieht die SPDqueer die vorgesehenen Einschränkungen für queere Geflüchtete, die Ebhardt als "absolut inakzeptabel" bezeichnete. "Gefährdete Menschen brauchen eine Perspektive auf ein faires Asylverfahren", betonte sie.

Unterschiedliche Positionen innerhalb der SPD

Während der Bundesvorstand der SPDqueer keine klare Abstimmungsempfehlung abgibt, positionierte sich der Berliner Queerbeauftragte Alfonso Pantisano deutlich gegen den Koalitionsvertrag. Mit der Aussage "Nur über meine Leiche" machte er seine Ablehnung unmissverständlich klar. Pantisano, der sich seit Jahren für LGBTQ+-Rechte einsetzt, sieht offenbar die queerpolitischen Errungenschaften der vergangenen Jahre durch die Koalition gefährdet.

Die unterschiedlichen Positionen innerhalb der SPD spiegeln die Herausforderung wider, progressive queerpolitische Ziele in einer Koalition mit den konservativen Unionsparteien durchzusetzen. Die SPDqueer als Arbeitsgemeinschaft innerhalb der Partei sieht sich in der schwierigen Situation, einerseits kritisch zu bleiben, andererseits aber auch konstruktiv an der Gestaltung der Politik mitwirken zu wollen.

Ausblick fĂĽr queerpolitische Entwicklungen

Die zurückhaltende Formulierung im Koalitionsvertrag, queeres Leben "weiterhin vor Diskriminierung zu schützen", wird von der SPDqueer als unzureichend angesehen. Die Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bietet jedoch einen Ansatzpunkt für weitere Verbesserungen. Ob und wie queerpolitische Anliegen in der neuen Regierungskoalition umgesetzt werden können, wird maßgeblich vom Engagement der SPD-Vertreter:innen und vom Druck der Zivilgesellschaft abhängen.

Die SPD-Mitglieder haben nun das Wort: In der laufenden Mitgliederbefragung entscheiden sie über die Zukunft der schwarz-roten Koalition. Das Ergebnis wird zeigen, ob die queerpolitischen Bedenken bei der Basis auf Resonanz stoßen oder ob andere Themen wie Wirtschaft und Sicherheit höher gewichtet werden.


Rückschritt in Griechenland: Blutspendeverbot für homosexuelle Männer wieder eingeführt - Deutschland geht anderen Weg

Griechenland hat ein seit Jahren bestehendes Verbot für homosexuelle und bisexuelle Männer zur Blutspende wieder in Kraft gesetzt, das erst 2022 aufgehoben worden war. Der oberste Verwaltungsgerichtshof des Landes entschied, dass die damalige Aufhebung nicht durch ausreichende wissenschaftliche Beweise gestützt wurde, wie GCN berichtet. Diese Entscheidung stellt einen deutlichen Kontrast zur Entwicklung in Deutschland dar, wo seit 2023 solche Verbote der Vergangenheit angehören.

Griechenland: Ein Schritt zurĂĽck in die Vergangenheit

Das ursprüngliche Verbot in Griechenland stammte aus dem Jahr 1977 und spiegelte die damaligen Ängste während der frühen Jahre der HIV/AIDS-Epidemie wider. Im Januar 2022 hatte das griechische Gesundheitsministerium diese Regelung aufgehoben, um mehr Blutspenden während der COVID-19-Pandemie zu ermöglichen. Doch nun hat das oberste Verwaltungsgericht die Entscheidung aufgehoben mit der Begründung, dass das Ministerium keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise vorgelegt und die Empfehlungen medizinischer Expertengremien nicht eingeholt habe.

Die Wiedereinführung des Verbots kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, denn Griechenland hatte erst kürzlich bedeutende Fortschritte in LGBTQ+-Rechten erzielt. So wurde das Land Anfang 2024 zum ersten mehrheitlich orthodoxen Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisierte – trotz erheblichen Widerstands der Kirche. Zudem hatte Griechenland 2022 Konversionstherapien verboten und "geschlechtsnormalisierende" Operationen an intersexuellen Säuglingen ohne informierte Einwilligung untersagt.

Deutschland geht den entgegengesetzten Weg

Im Gegensatz zu Griechenland hat Deutschland im März 2023 ein wichtiges Zeichen für Gleichberechtigung gesetzt: Der Bundestag beschloss eine Änderung des Transfusionsgesetzes, die die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sowie Transgender-Personen bei der Blutspende beendete. Seit September 2023 spielt die sexuelle Orientierung bei der Risikobewertung für Blutspenden in Deutschland keine Rolle mehr.

"Die Bundesregierung hat mit der Gesetzesänderung ein wichtiges Signal gesetzt: Die Diskriminierung schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Menschen bei der Blutspende ist beendet. Faktisch galt für sie ein Ausschluss von der Blutspende – denn lange Zeit durften schwule und bisexuelle Männer nur dann Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen Sex mit Männern hatten," erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus nach der Gesetzesänderung.

Statt pauschal bestimmte Gruppen auszuschließen, erfolgt heute in Deutschland eine individuelle Risikobewertung. Alle Spendenwilligen werden zu ihrem Sexualverhalten und der Anzahl ihrer Partner befragt – unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Nur wenn innerhalb der letzten vier Monate ein erhöhtes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten bestand, erfolgt eine Zurückstellung.

Ein internationaler Trend zur Liberalisierung

Die Entscheidung Griechenlands läuft gegen einen internationalen Trend, denn zahlreiche Länder haben in den letzten Jahren ihre Blutspenderichtlinien liberalisiert. Frankreich schaffte das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer bereits 2022 ab, ebenso wie Litauen, England, die Niederlande, Brasilien und Ungarn. Diese Länder folgen damit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass moderne Testverfahren Infektionskrankheiten zuverlässig erkennen können und pauschale Ausschlüsse bestimmter Bevölkerungsgruppen nicht mehr zeitgemäß sind.

Besonders problematisch an der griechischen Entscheidung ist ihr Zeitpunkt. Sie erfolgt parallel zu weiteren restriktiven Maßnahmen: Der griechische Justizminister kündigte kürzlich Änderungen am Zivilgesetzbuch an, die den Zugang zur Leihmutterschaft einschränken sollen. Künftig sollen nur noch Frauen legal eine Leihmutterschaft in Anspruch nehmen dürfen – alleinstehende Männer und männliche gleichgeschlechtliche Paare wären davon ausgeschlossen.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Entscheidung

LGBTQ+-Organisationen und Menschenrechtsaktivisten haben die Wiedereinführung des Blutspendeverbots in Griechenland scharf kritisiert. Sie argumentieren, dass die Entscheidung auf veralteten Vorurteilen beruht und nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Moderne Testverfahren können HIV und andere Infektionskrankheiten mit hoher Zuverlässigkeit nachweisen, weshalb ein pauschaler Ausschluss homosexueller Männer nicht mehr zu rechtfertigen sei.

Die griechische LGBTQ+-Community sieht darin einen besorgniserregenden Rückschritt in einem Land, das gerade erst bedeutende Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung erzielt hatte. "Ein solches Verbot sendet eine gefährliche Botschaft der Stigmatisierung und unterstellt homosexuellen Männern pauschal ein höheres Risikoverhalten," erklärt Rainbow-Families, eine griechische Organisation für LGBTQ+-Familien.

Fazit: Ein Kampf der noch nicht gewonnen ist

Während Deutschland und viele andere europäische Länder diskriminierende Blutspenderichtlinien abgeschafft haben, zeigt der Fall Griechenland, dass Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten nicht als selbstverständlich angesehen werden können. Die Wiedereinführung des Verbots ist ein Warnsignal, dass die Gleichstellung der LGBTQ+-Community auch in Europa noch immer umkämpft ist und bestehende Rechte verteidigt werden müssen.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist es ein Anlass, die 2023 errungene Gleichstellung bei der Blutspende wertzuschätzen. Der deutsche Weg, individuelles Risikoverhalten statt pauschaler Gruppenausschlüsse zu bewerten, könnte als Modell für andere Länder dienen – einschließlich Griechenland, sobald das Gericht eine wissenschaftliche Neubewertung zulässt.


Demokratie in Gefahr: Tausende Ungarn protestieren gegen Orbáns Pride-Verbot

Bereits zum vierten Mal in Folge sind am vergangenen Dienstagabend mehr als 10.000 Menschen in Budapest auf die Straße gegangen, um gegen das kürzlich verabschiedete Verbot von Pride-Paraden zu demonstrieren. Die Teilnehmer*innen schwenkten ungarische und Regenbogenfahnen und forderten mit Slogans wie "Genug der Lügen" und "Nieder mit Orban! Wir wollen Demokratie" ein Ende der LGBTQ+-feindlichen Politik des Ministerpräsidenten.

Wachsender Widerstand gegen Orbáns Anti-LGBTQ+-Politik

Die Protestierenden widersetzen sich mutig einer Aufforderung der Polizei, Brücken und Hauptverkehrsstraßen zu räumen. Auf einer Pride-Flagge mit einer Schlange war in Anlehnung an die historische Gadsden-Flagge der Slogan "Tritt nicht auf mich!" zu lesen - ein kraftvolles Symbol des Widerstands gegen Unterdrückung.

Dorottya Redai von der ungarischen Lesbenorganisation Labrisz betonte in ihrer Rede, dass das CSD-Verbot weit über die Einschränkung des Grundrechts auf friedliche Versammlung hinausgehe. "Das Gesetz der Regierung zielt eindeutig darauf ab, queere Menschen aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen", warnte sie vor hunderten Zuhörer*innen.

Bemerkenswert ist, dass die Proteste nicht nur auf die Hauptstadt beschränkt bleiben. Auch im ostungarischen Miskolc demonstrierten am selben Tag Hunderte Menschen gegen das CSD-Verbot – ein für die ungarische Provinz ungewöhnliches Zeichen des Widerstands.

Das umstrittene Verbot und seine Folgen

Das ungarische Parlament hatte das Verbot von Pride-Demonstrationen Mitte März beschlossen. Die Regierung begründet diesen Schritt mit dem angeblichen "Schutz von Kindern" – eine Argumentation, die von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert wird. Verstöße gegen das neue Gesetz gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit Geldbußen von bis zu 200.000 Forint (etwa 500 Euro) bestraft werden.

Besonders beunruhigend: Die Regierung plant, Teilnehmer*innen von Pride-Demonstrationen mittels Gesichtserkennungs-Software zu identifizieren. Diese Digitalisierung der staatlichen Überwachung stellt eine neue Qualität der Repression dar und erinnert an autoritäre Überwachungsmethoden.

Trotz dieser einschüchternden Maßnahmen zeigen die Organisator*innen der Budapester Pride-Parade und der progressive Bürgermeister der Stadt Gergely Karácsony Mut: Sie haben angekündigt, dass der Christopher Street Day am 28. Juni trotz des Verbots stattfinden soll.

Internationale Solidarität und Reaktionen aus Deutschland

Die Reaktionen aus Deutschland und der EU auf Orbáns neuestes anti-LGBTQ+-Gesetz sind deutlich. Mehrere EU-Abgeordnete, darunter auch deutsche Parlamentarier*innen, haben bereits angekündigt, trotz des Verbots an der diesjährigen Pride-Parade in Budapest teilnehmen zu wollen. Dies ist ein starkes Zeichen der Solidarität mit der ungarischen LGBTQ+-Community.

In Deutschland selbst fanden bereits mehrere Solidaritätskundgebungen statt. So versammelten sich Ende März in Düsseldorf zahlreiche Menschen zu einer Demonstration gegen das Pride-Verbot in Ungarn. Die Teilnehmer*innen forderten die Bundesregierung auf, stärkeren diplomatischen Druck auf Ungarn auszuüben.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte bereits zuvor die zunehmende Beschneidung von LGBTQ+-Rechten in Ungarn verurteilt und betont, dass Deutschland sich international für die Menschenrechte von queeren Personen einsetzt – unter anderem als aktives Mitglied der Equal Rights Coalition und des Global Equality Fund.

Ein alarmierender Kontrast: Deutschland und Ungarn

Der Umgang mit LGBTQ+-Rechten in Ungarn und Deutschland könnte unterschiedlicher kaum sein. Während das deutsche Grundgesetz und zahlreiche Gesetze die Rechte von queeren Menschen schützen und Diskriminierung verbieten, hat sich Ungarn unter der Orbán-Regierung zu einem der LGBTQ+-feindlichsten Länder der EU entwickelt.

In Deutschland darf jede Person ihre sexuelle Identität und Geschlechtsidentität frei ausleben. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere, nicht-binäre und andere sexuelle Minderheiten vor Diskriminierung. CSDs werden hier nicht nur geduldet, sondern von vielen Kommunen aktiv unterstützt.

In Ungarn hingegen hat die Orbán-Regierung seit 2021 mehrere Gesetze erlassen, die den Zugang zu Informationen über Homo- und Bisexualität sowie Transgeschlechtlichkeit für Kinder und Jugendliche einschränken. Das neueste Verbot von Pride-Paraden ist nur der vorläufige Höhepunkt einer systematischen Kampagne gegen die Rechte sexueller Minderheiten.

Ein Kampf für europäische Werte

Die Proteste in Budapest sind mehr als nur ein Kampf für LGBTQ+-Rechte – sie sind ein Kampf für die Grundwerte der Europäischen Union: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Die EU scheint angesichts der zunehmenden Repressionen in Ungarn jedoch oft machtlos zu wirken, obwohl bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land laufen.

Aktivist*innen und Beobachter*innen sehen die Angriffe auf die LGBTQ+-Community als Teil einer breiteren Strategie der Orbán-Regierung, Minderheiten wie Obdachlose, Migrant*innen und queere Menschen als Sündenböcke zu instrumentalisieren, um von wirtschaftlichen und sozialen Problemen abzulenken.

Während in Deutschland Vielfalt und Inklusion zunehmend als gesellschaftliche Stärke anerkannt werden, nutzt Orbán kulturelle Polarisierung als politisches Instrument. Diese gegensätzlichen Entwicklungen innerhalb der EU verdeutlichen die Herausforderungen für ein geeintes Europa, das auf gemeinsamen Werten basieren soll.

Für die queere Community in Ungarn bleibt der Widerstand gegen das Pride-Verbot ein mutiger und notwendiger Kampf für ihre Grundrechte und ihre Sichtbarkeit in der Gesellschaft. Die internationale Solidarität, besonders aus Deutschland, wird dabei eine wichtige Rolle spielen.


Colorado verabschiedet umfassende Schutzgesetze fĂĽr Trans-Personen und Abtreibungsrechte: Ein Vorbild fĂĽr Deutschland?

Colorado etabliert sich weiterhin als Leuchtturm der Hoffnung in einer ansonsten schwierigen Zeit für die LGBTQ+-Community in den USA. Der westliche Bundesstaat hat diese Woche mehrere Gesetze verabschiedet, die sowohl die Rechte von Trans-Personen als auch den Zugang zu Abtreibungen umfassend schützen. Die ursprüngliche Nachricht wurde von PinkNews berichtet und zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung, die auch für die deutsche LGBTQ+-Community von Bedeutung ist – gerade in Zeiten, in denen Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz eigene Fortschritte erzielt hat.

Neue Schutzgesetze in Colorado

Das Parlament von Colorado verabschiedete in mehreren Sitzungen diese Woche eine Reihe von Gesetzesentwürfen, die den Schutz von Trans-Personen und Abtreibungsrechten stärken. Das Repräsentantenhaus stimmte am Sonntag (6. April) für zwei Gesetze zum Schutz von Trans-Personen: Eines verankert geschlechtsangleichende Behandlungen gesetzlich, während das andere den Schutz von Trans-Personen im Bildungsbereich verstärkt.

Das Gesetz HB1309 oder "Protect Access to Gender-Affirming Health Care" (Schutz des Zugangs zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung) zielt darauf ab, den Zugang zu geschlechtsangleichender Versorgung in Colorado zu kodifizieren und vor Einschränkungen zu schützen. Es verbietet Versicherern, "medizinisch notwendige" geschlechtsangleichende Behandlungen zu verweigern oder stark einzuschränken. Dieser Gesetzentwurf wurde mit 39-21 Stimmen verabschiedet, wobei alle Republikaner und nur eine Demokratin, Amy Paschal, dagegen stimmten.

Das zweite Gesetz, HB1312, bekannt als "Kelly Loving Act" (benannt nach Kelly Loving, einer Trans-Frau, die 2022 beim Anschlag auf den Club Q getötet wurde), erweitert den Schutz für minderjährige Trans-Personen. Es verbietet den Gerichten in Colorado, Kinder von ihren gesetzlichen Eltern oder Erziehungsberechtigten zu trennen, wenn diese ihrem Kind den Zugang zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung ermöglichen.

Parallelen zum deutschen Selbstbestimmungsgesetz

Während Colorado diese Schutzmaßnahmen einführt, hat Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das am 1. November 2024 in Kraft trat, ebenfalls einen wichtigen Schritt für die Rechte von Trans-Personen gemacht. Das SBGG vereinfacht das Verfahren für Trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister zu ändern. Anders als beim früheren Transsexuellengesetz genügt nun eine einfache Erklärung beim Standesamt – medizinische Gutachten oder Gerichtsverfahren sind nicht mehr erforderlich.

Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen den Ansätzen: Während Colorado gezielt die medizinische Versorgung von Trans-Personen gesetzlich verankert und schützt, konzentriert sich das deutsche Selbstbestimmungsgesetz hauptsächlich auf die rechtliche Anerkennung. In Deutschland werden zwar die Kosten für Hormontherapien und geschlechtsangleichende Operationen in der Regel von den Krankenkassen übernommen, aber der Zugang zu diesen Leistungen ist oft langwierig und kompliziert – in vielen Fällen sind immer noch sechs Monate Psychotherapie (oder mindestens 12 Therapiesitzungen) vor einer Empfehlung für eine Hormontherapie vorgesehen.

Abtreibungsrechte in Colorado und Deutschland

Parallel zu den Trans-Rechten stärkte der Senat von Colorado durch zwei Gesetzentwürfe auch den Schutz des Zugangs zu Abtreibungen. Der Gesetzentwurf SB183 verankert das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung für alle Einwohner Colorados, während SB129 ein Schutzgesetz für Gesundheitsdienstleister erweitert, die Abtreibungs- oder Fehlgeburtsmedikamente verschreiben.

Colorado gehört zu den wenigen US-Bundesstaaten, in denen Abtreibung in allen Phasen der Schwangerschaft legal ist, ohne jegliche Fristbeschränkungen. Im Gegensatz dazu ist Abtreibung in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig (§ 218 StGB), bleibt aber unter bestimmten Bedingungen straffrei. Ein Abbruch ist nicht strafbar, wenn er innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen nach obligatorischer Beratung erfolgt. Zwischen der Beratung und dem Eingriff müssen mindestens drei Tage "Bedenkzeit" liegen.

Während in den USA nach der Aufhebung von Roe v. Wade durch den Obersten Gerichtshof der Zugang zu Abtreibungen in vielen Bundesstaaten stark eingeschränkt wurde, setzt Colorado ein starkes Zeichen für reproduktive Rechte. In Deutschland hingegen fordern Organisationen wie Pro Familia seit langem eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch.

Bedeutung fĂĽr die LGBTQ+-Community

"Mit der Dämonisierung von Transgender-Personen durch die Mainstream-Medien und die Bundesregierung bieten staatliche Gesetze zum Schutz geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung Transgender-Amerikanern eine Chance auf Überleben und Leben", erklärte die LGBTQ+-Forscherin Allison Chapman gegenüber Truthout.

Die Ko-Sponsorin des HB1309-Gesetzes, Brianna Titone, betonte, dass das Gesetz als Reaktion auf den "langen Schatten" von Anordnungen gegen geschlechtsangleichende Versorgung auf Bundesebene formuliert wurde. "Es geht darum, die Kontrolle darüber zu übernehmen, was wir tun können, um sicherzustellen, dass unsere Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder weiterhin die Versorgung erhalten, die sie benötigen", sagte sie.

Ähnliche Diskussionen finden auch in Deutschland statt. Der Bundesverband Trans* kritisiert, dass eine menschenrechtsbasierte Gesundheitsversorgung in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt sei. Dies umfasst den Schutz vor Diskriminierung, gesicherten Zugang zu transitionsspezifischen Leistungen und die Gewährleistung einer nicht-pathologisierenden Kostenübernahme.

Fazit: Unterschiedliche Ansätze, gemeinsame Ziele

Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz rechtliche Hürden für Trans-Personen abgebaut hat, zeigt Colorado, wie ein umfassender Schutzansatz aussehen kann, der sowohl rechtliche als auch medizinische Aspekte berücksichtigt. Beide Regionen arbeiten daran, die Rechte und die Gesundheitsversorgung von LGBTQ+-Personen zu verbessern, wählen jedoch unterschiedliche Wege, um dieses Ziel zu erreichen.

Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen in Colorado ein interessantes Beispiel dafür, wie geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung und reproduktive Rechte umfassend geschützt werden können. Während Deutschland bereits wichtige Fortschritte erzielt hat, bleibt noch Raum für Verbesserungen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu medizinischer Versorgung und die vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Die Gouverneur von Colorado, Jared Polis, der 2018 als erster offen schwuler Mann zum Gouverneur eines US-Bundesstaates gewählt wurde, wird die Gesetze voraussichtlich unterzeichnen, sobald die endgültigen Abstimmungen abgeschlossen sind – ein weiterer Meilenstein für die LGBTQ+-Rechte in den USA und ein inspirierendes Beispiel für progressive Politik weltweit.


Was sagt die Bibel wirklich über Homosexualität? Jesus war kein Homophober

LGBTQ+-Aktivisten in Polen demonstrieren zur Unterstützung dreier Aktivisten, die beschuldigt wurden, ein verehrtes römisch-katholisches Ikonenbild durch Hinzufügung der LGBTQ-Regenbogenflagge entweiht und religiöse Gefühle verletzt zu haben. Diese Nachricht stammt aus einem ursprünglich auf PinkNews veröffentlichten Artikel, der die biblische Perspektive auf Homosexualität analysiert.

"Was sagt die Bibel über Homosexualität?" ist eine Frage, die besonders angesichts des rechten Trends, Christentum mit Heterosexualität gleichzusetzen und die LGBTQ+-Gemeinschaft mit Satanismus zu verbinden, immer wieder gestellt wird. Doch die biblische Realität ist komplexer und nuancierter, als viele konservative Stimmen behaupten.

Die fortschrittliche Haltung von Papst Franziskus

Als Papst Franziskus im Februar 2023 nach seiner Meinung zur Homosexualität gefragt wurde, antwortete er: "Es ist nicht richtig, LGBTQ+-Menschen zu kriminalisieren. Sie sind Kinder Gottes. Gott liebt sie und begleitet sie. Menschen deswegen zu verurteilen ist eine Sünde. Die Kriminalisierung von Menschen mit homosexuellen Neigungen ist ein Unrecht."

Im November 2023 erklärte der Papst zudem, dass Transgender-Personen getauft werden und als Paten oder Trauzeugen fungieren können – genau wie jeder andere Erwachsene. Im Dezember 2023 sorgte er weltweit für Schlagzeilen, als er ankündigte, dass Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen von der katholischen Kirche gesegnet werden können.

Diese progressive Haltung hat in Deutschland unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während progressive christliche Kreise diese Entwicklung begrüßen, gibt es auch in der deutschen Kirche konservative Stimmen, die an traditionelleren Interpretationen festhalten.

Was Jesus uns wirklich lehrt

Im Markusevangelium wird beschrieben, wie Jesus dreimal den Jerusalemer Tempel besuchte. Beim ersten Besuch "schaute er sich alles an" (11:11). Beim zweiten Besuch trieb er die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel und richtete sich gezielt gegen jene, die die Ärmsten ausbeuteten (11:15). Bei seinem dritten Besuch verbrachte er beträchtliche Zeit im Tempel (11:27-13:2) und begegnete den verschiedenen Führungsebenen, die alle die Schrift nutzten, um auszugrenzen statt einzubeziehen.

Besonders aufschlussreich ist Markus 12:24, wo Jesus zu den Sadduzäern, den konservativen Theologen ihrer Zeit, sagte: "Ist nicht dies der Grund, weshalb ihr irrt, dass ihr weder die Schrift noch die Kraft Gottes versteht?" Jesus erkannte, dass sie die Schrift auf eine Weise interpretierten, die neue Verständnisweisen verhinderte und Gottes Kraft einschränkte.

Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch hier unterschiedliche Interpretationen innerhalb der Kirchen. Während einige deutsche Landeskirchen inzwischen Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten, halten andere an konservativeren Auslegungen fest.

Sodom und Gomorra: Ein Missverständnis

Diejenigen, die Homosexuelle vom Reich Gottes ausschließen wollen, beziehen sich häufig auf das Alte Testament, insbesondere auf Genesis 19 – die Zerstörung von Sodom und Gomorra. Ihre Interpretation besagt, dass es sich dabei um eine Geschichte über Homosexualität handelt. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Geschichte dreht sich um Gastfreundschaft.

Sie beginnt in Genesis 18, als drei Besucher (Gott und zwei Engel in Menschengestalt) zu Abraham kamen. Was taten Abraham und seine Frau Sara? Sie boten Gastfreundschaft an. Die beiden Engel verlieĂźen dann Abraham und den Herrn und reisten nach Sodom (19:1), wo sie Lot, Abrahams Neffen, trafen. Was tat Lot? Er bot Gastfreundschaft an.

Die "Männer von Sodom" (19:4) boten den verkleideten Engeln nicht dieselbe Gastfreundschaft. Stattdessen versuchten sie, sie (und Lot (19:9)) zu demütigen, indem sie drohten, sie zu vergewaltigen. Die Geschichte stellt extreme Gastfreundschaft (Abraham und Lot) dem extremen Mangel an Gastfreundschaft der Männer von Sodom gegenüber. Es ist eine Geschichte über Einbeziehung, nicht Ausgrenzung.

Die deutsche Perspektive

In Deutschland spiegelt sich diese theologische Debatte in den verschiedenen Positionen der Kirchen wider. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zeigt eine zunehmende Offenheit gegenüber LGBTQ+-Personen. Viele Landeskirchen bieten inzwischen Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare an, während die katholische Kirche in Deutschland durch die Initiativen des Synodalen Wegs ebenfalls über Reformen diskutiert.

Deutsche Theologen betonen zunehmend die Notwendigkeit, biblische Texte in ihrem historischen Kontext zu lesen. Levitikus 18:22 und 20:13 beispielsweise behandeln nicht "Homosexualität" im heutigen Sinne – als fürsorgliche, liebevolle und sexuelle Beziehung zwischen Menschen gleichen Geschlechts. Diese Texte beziehen sich auf Beziehungen, die Grenzen der Reinheit (zwischen rein und unrein) und Ethnizität (Israeliten und Kanaaniter) überschreiten.

Eine Theologie der Inklusion

Im Neuen Testament sehnt sich Paulus in Galater 3:28 nach einer christlichen Gemeinschaft, in der "es nicht mehr Juden und Griechen, nicht mehr Sklaven und Freie, nicht mehr Mann und Frau gibt; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus". Paulus baute sein theologisches Argument auf dem Juden-Griechen-Unterschied auf, erweiterte es dann aber auf den Sklaven-Freien-Unterschied und den Mann-Frau-Unterschied.

Christen – egal welcher Kirche sie angehören – sollten Paulus folgen und dies auf den Heterosexuellen-Homosexuellen-Unterschied ausdehnen. Wir sind alle "in Christus gekleidet" (3:27): Gott sieht nur Christus, nicht unsere unterschiedlichen Sexualitäten.

In Deutschland setzen sich zahlreiche christliche Initiativen und Gesprächskreise für die Rechte und Akzeptanz von LGBTQ+-Personen innerhalb der Kirchen ein. Diese Gruppen fördern den Dialog und die Aufklärung über sexuelle Vielfalt und tragen zu einem tieferen Verständnis der biblischen Botschaft bei.

Die Worte von Papst Franziskus finden auch in Deutschland Widerhall: LGBTQ+-Personen sind Kinder Gottes. Die Liebe und Akzeptanz, die Jesus predigte, gilt für alle – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.


Scott Bessent: Trumps Finanzminister wird ranghöchste offen homosexuelle Person in der US-Geschichte

Der designierte US-Finanzminister Scott Bessent schreibt als erste offen homosexuelle Person in einem republikanischen Kabinett Geschichte. Der von Donald Trump nominierte Milliardär wurde am 27. Januar 2025 vom Senat bestätigt und ist nun die ranghöchste LGBTQ+-Person in der amerikanischen Regierungsgeschichte, wie PinkNews berichtet. Dies markiert einen bemerkenswerten Meilenstein für die LGBTQ+-Community in den USA - ein Kontrast zur deutschen Politik, wo queere Repräsentation in Spitzenpositionen bereits stärker etabliert ist.

Ein historischer Moment mit WidersprĂĽchen

Als Finanzminister steht Bessent an fünfter Stelle in der amerikanischen Nachfolgeordnung für das Präsidentenamt - so hoch war noch nie eine offen queere Person in der US-Regierungsgeschichte platziert. Nach Pete Buttigieg ist er erst der zweite offen homosexuelle Mann, der überhaupt in einem US-Kabinett dient. Der 62-jährige Hedgefonds-Manager, der mit seinem Ehemann John Freeman und zwei Kindern in South Carolina lebt, verfügt laut Finanzberichten über ein geschätztes Vermögen von mindestens einer Milliarde Dollar.

In Deutschland ist die Situation anders: Mit Persönlichkeiten wie Sven Lehmann (Grüne), dem Queer-Beauftragten der Bundesregierung, oder Jens Brandenburg (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, ist die Repräsentation von LGBTQ+-Personen in hohen Regierungsämtern vergleichsweise stärker etabliert.

Trumps ĂĽberraschende Personalentscheidung

Trump kündigte Bessents Nominierung im November 2024 an, nachdem dieser Millionen für Trumps Wahlkampagne gesammelt hatte. In einer Erklärung auf seiner Plattform Truth Social lobte Trump Bessent als "einen der weltweit führenden internationalen Investoren und geopolitischen und wirtschaftlichen Strategen", und fügte hinzu: "Scotts Geschichte ist die des amerikanischen Traums... gemeinsam werden wir Amerika wieder reich, wohlhabend und erschwinglich machen."

Bessent, ein ehemaliger Kollege des demokratischen Mega-Spenders George Soros, wird nach Einschätzung von Forbes wahrscheinlich zur einflussreichsten Stimme bei der Gestaltung der Trump-Wirtschaft.

Familie und Werte im Widerspruch zur Trump-Politik

Besonders bemerkenswert ist Bessents persönliche Geschichte. Er und sein Ehemann John Freeman heirateten 2011 und haben zwei Kinder, die durch Leihmutterschaft geboren wurden. In einem Interview mit dem Yale Alumni Magazine sprach Bessent über ihren Weg zur Elternschaft: "Wenn mir jemand 1984, als wir unseren Abschluss machten und Menschen an AIDS starben, gesagt hätte, dass ich 30 Jahre später legal verheiratet sein und wir zwei Kinder durch Leihmutterschaft haben würden, hätte ich das nicht geglaubt."

Diese persönliche Geschichte steht jedoch in einem gewissen Widerspruch zur Politik des Trump-Lagers. Die vorherige Trump-Administration hatte den Ehestatus von LGBTQ+-Paaren nicht anerkannt, und erst im April 2024 bezeichnete Michael Knowles, ein Trump-Unterstützer, Leihmutterschaft als "böse" und forderte lebenslange Haftstrafen für Beteiligte.

In Deutschland ist die Situation fĂĽr LGBTQ+-Familien durch das 2023 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz und die geplante Reform des Abstammungsrechts etwas fortschrittlicher. Dennoch gibt es auch hier noch rechtliche HĂĽrden bei der Leihmutterschaft, die in Deutschland weiterhin verboten ist.

Luxuriöses Leben zwischen Politik und Finanzwelt

Die Familie Bessent-Freeman lebt in einer beeindruckenden rosa Villa in Charleston, South Carolina, die Bessent 2016 für 6,5 Millionen Dollar erwarb. Das historische John Ravenel House mit acht Schlafzimmern und zehn Badezimmern wird als "Pink Palace" bezeichnet. Die aufwendige Restaurierung des Gebäudes wurde 2021 mit einem Preis der Charleston Preservation Society ausgezeichnet. Aktuell steht das Anwesen für 22,25 Millionen Dollar zum Verkauf.

Laut seinen Offenlegungsdokumenten verfügt Bessent über Vermögenswerte von mindestens 521 Millionen Dollar, darunter ein Haus auf den Bahamas, Kunst und Antiquitäten im Wert von 1 bis 5 Millionen Dollar sowie mehr als 50 Millionen Dollar in US-Staatsanleihen und erhebliche Kryptowährungsinvestitionen.

Deutschlandrelevanz und Ausblick

Während in Deutschland mit Jens Spahn (CDU), Sven Lehmann (Grüne), Doris Achelwilm (Die Linke) und anderen bereits seit Jahren offen queere Politiker*innen in hohen Ämtern tätig sind, zeigt Bessents Ernennung, dass in den USA - besonders in republikanischen Kreisen - solche Schritte noch als revolutionär gelten.

Die Beobachtung bleibt spannend: Wie wird Bessent als offen schwuler Mann in einer Regierung agieren, deren Flügel teilweise LGBTQ+-feindliche Positionen vertreten? Wird er seine Position nutzen, um mehr Akzeptanz zu fördern, oder wird er wirtschaftspolitische Prioritäten über gesellschaftspolitische Themen stellen?

Für deutsche Beobachter bietet diese Entwicklung einen interessanten Einblick in die komplexen Dynamiken amerikanischer Politik und die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der LGBTQ+-Rechte in beiden Ländern. Während in Deutschland die sexuelle Orientierung von Kabinettsmitgliedern kaum noch mediale Aufmerksamkeit erregt, markiert Bessents Ernennung in den USA einen historischen Meilenstein, der die anhaltenden Unterschiede in der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung beider Länder unterstreicht.


Trans* und Versicherungen in Deutschland: Zwischen Fortschritt und Diskriminierung

Trotz rechtlicher Fortschritte erleben trans Personen in Deutschland nach wie vor erhebliche Diskriminierung im Versicherungswesen. Wie die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) in einem aktuellen Bericht darlegt, sind die Hürden beim Zugang zu Versicherungsleistungen für trans Menschen noch immer beträchtlich.

Rechtliche Fortschritte und anhaltende Probleme

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland schützt theoretisch vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Identität. Ein bedeutender Fortschritt war die Einführung von Unisex-Tarifen im Jahr 2012, die vom Europäischen Gerichtshof veranlasst wurde und dafür sorgt, dass Versicherungen das Geschlecht bei der Tarifberechnung nicht mehr berücksichtigen dürfen.

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das im November 2024 in Kraft trat, wurde ein weiterer Meilenstein erreicht. Es ermöglicht trans Personen, ihren Geschlechtseintrag und Namen ohne die bisher erforderlichen psychologischen Gutachten ändern zu lassen, was administrative Erleichterungen im Umgang mit Versicherungen verspricht.

Berufsunfähigkeitsversicherung: Eine besondere Herausforderung

Besonders problematisch gestaltet sich für trans Personen der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Versicherungsunternehmen führen detaillierte Risikoprüfungen durch, wobei die Transition oder psychische Belastungen infolge gesellschaftlicher Diskriminierung oft negativ ausgelegt werden. Es gibt dokumentierte Fälle, in denen Versicherungen trans Personen grundsätzlich ablehnen wollten, was einen klaren Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz darstellt.

"Bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung werden oft Risikozuschläge verlangt oder Anträge komplett abgelehnt, wenn eine Transidentität angegeben wird", erklärt Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* in einem Rechtsgutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Krankenversicherung und KostenĂĽbernahme

Bei der Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Maßnahmen gibt es ebenfalls Herausforderungen. Gesetzliche Krankenkassen können die Kosten einer Geschlechtsangleichung grundsätzlich übernehmen, wenn der Leidensdruck nicht anders zu beheben ist. Es besteht jedoch kein direkter Leistungsanspruch, und der Weg zur Bewilligung ist oft langwierig und mit vielen Hürden verbunden.

Private Krankenversicherungen (PKV) ĂĽbernehmen die Kosten, wenn die medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist, wie transparent-beraten.de berichtet. Doch auch hier bedarf es oft eines langwierigen Prozesses mit mehreren Gutachten und Diagnosen, was fĂĽr Betroffene eine erhebliche psychische Belastung darstellen kann.

Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung

Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat das Projekt „InTraHealth" ins Leben gerufen, das bei den Versorgern ansetzt, um Diskriminierungen abzubauen und die Versorgungsqualität für trans und inter Personen zu fördern. Ein gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung wird dabei als wesentliche Voraussetzung für die Teilhabe am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben angesehen.

Zudem arbeiten verschiedene Organisationen wie die dgti daran, Versicherungsunternehmen zu sensibilisieren und fĂĽr die besonderen BedĂĽrfnisse von trans Personen zu sensibilisieren.

Fazit: Fortschritte erkennen, Diskriminierung bekämpfen

Die Situation für trans Personen im deutschen Versicherungswesen hat sich in den letzten Jahren verbessert, aber es besteht weiterhin erheblicher Handlungsbedarf. Während rechtliche Rahmenbedingungen wie das Selbstbestimmungsgesetz wichtige Fortschritte markieren, zeigt die Praxis, dass Diskriminierung und Ungleichbehandlung nach wie vor alltäglich sind.

Betroffene sollten sich über ihre Rechte informieren und bei Diskriminierung Unterstützung bei Beratungsstellen wie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder bei LGBTQ+-Organisationen wie der dgti suchen. Nur durch konsequente Aufklärung und die Durchsetzung bestehender Rechte kann langfristig ein diskriminierungsfreier Zugang zu Versicherungsleistungen für alle Menschen unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität erreicht werden.


Neue britische Studie bestätigt: LGBTQ+ Personen haben doppelt so hohes Suizidrisiko – ähnliche Alarmsignale auch in Deutschland

Warnung: Dieser Artikel befasst sich mit Themen wie Selbstverletzung und Suizid, die für manche Leser belastend sein könnten.

Eine neue Studie des britischen Office for National Statistics (ONS) zeigt, dass schwule, lesbische und bisexuelle Menschen doppelt so häufig an Suizid denken oder Suizidversuche unternehmen wie ihre heterosexuellen Mitmenschen. Wie PinkNews berichtet, ist das Risiko für absichtliche Selbstverletzung sogar fast dreimal so hoch. Diese alarmierenden Zahlen spiegeln ähnliche Tendenzen wider, die auch in Deutschland zu beobachten sind.

Die britischen Befunde im Detail

Die am 9. April veröffentlichten Daten des ONS zeigen, dass zwischen 2021 und 2023 etwa 50,3 von 100.000 LGBTQ+ Personen Suizidgedanken hatten oder einen Suizidversuch unternahmen, verglichen mit 23,1 pro 100.000 heterosexuellen Menschen. Bei Selbstverletzungen ist das Verhältnis noch dramatischer: 1.508,9 pro 100.000 LGBTQ+ Personen gegenüber 598,4 bei Heterosexuellen.

Besonders gefährdet sind bisexuelle Menschen, die ein 2,4-mal höheres Risiko für Selbstverletzung aufweisen als heterosexuelle Personen. Bei schwulen Männern und lesbischen Frauen liegt dieses Risiko 2,2-mal höher. Die Studie stellt außerdem fest, dass sowohl bei LGBTQ+ als auch bei heterosexuellen Menschen Frauen häufiger suizidale Gedanken haben als Männer, während junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren generell einem höheren Risiko für Selbstverletzung ausgesetzt sind.

Ähnliche Situation in Deutschland

Die Lage in Deutschland zeigt erschreckende Parallelen. Laut verschiedenen Studien ist das Suizidrisiko bei LGBTQ+ Personen hierzulande sogar bis zu viermal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Untersuchungen zeigen, dass schwule und bisexuelle Männer ein bis zu achtmal höheres Suizidrisiko haben können.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat 2022 festgestellt, dass LGBTQ+ Menschen fast dreimal häufiger unter Depressionen und Burnout leiden als der Rest der Bevölkerung. Besonders trans* Menschen sind überdurchschnittlich oft von Angststörungen betroffen.

Eine besorgniserregende dänische Studie aus dem Jahr 2023 ergab zudem eine fast 8-fach höhere Rate an Suizidversuchen und eine 3,5-fach höhere Rate an vollendeten Suiziden bei transgender Personen im Vergleich zu cisgender Personen.

Ursachen für die erhöhte Gefährdung

Die Gründe für diese alarmierende Kluft sind vielschichtig, aber Experten identifizieren gesellschaftliche Faktoren als Hauptursachen. Jacqui Morrissey, stellvertretende Direktorin der britischen Suizidpräventionsorganisation Samaritans, betont gegenüber PinkNews: "Dringender Handlungsbedarf besteht im Gesundheitswesen, um die Barrieren abzubauen, denen LGBTQ+ Menschen bei der Suche nach Unterstützung begegnen."

Ein häufiger Faktor ist der sogenannte "Minderheitenstress" – die chronische Belastung, die durch Diskriminierung, Vorurteile und gesellschaftliche Stigmatisierung entsteht. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) weist darauf hin, dass Diskriminierungserfahrungen zu Depressionen, Schlafstörungen und Burnout führen können.

Bei Jugendlichen kommt oft noch Mobbing hinzu, was das Suizidrisiko weiter erhöht. Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigte eine fünfmal höhere Suizidgefahr bei jungen schwulen und bisexuellen Menschen im Vergleich zu heterosexuellen Jugendlichen.

Persönliches Zeugnis und Auswege

Im PinkNews-Artikel berichtet eine Person, die früher die Samaritans-Hotline genutzt hat, von ihrer Erfahrung: "Als Teenager hat mein Kampf, meine Sexualität zu akzeptieren, sowie das Gefühl der Diskriminierung meine psychische Gesundheit beeinträchtigt. Es führte zu Depressionen und Angstzuständen, und ich habe mein ganzes Erwachsenenleben mit meiner psychischen Gesundheit zu kämpfen gehabt."

Der Zugang zu angemessener Unterstützung, die auf LGBTQ+-spezifische Probleme eingeht, sei "sehr schwierig" gewesen, und staatliche Dienste hätten einen "Mangel an Respekt, Würde, Sensibilität und Fürsorge" gezeigt. Glücklicherweise fand die Person schließlich Hilfe bei Freiwilligenorganisationen, die die LGBTQ+-Gemeinschaft unterstützen.

Aktuelle Forschung und Präventionsmaßnahmen in Deutschland

In Deutschland laufen derzeit wichtige Forschungsprojekte, die sich mit der psychischen Gesundheit von LGBTQ+ Personen befassen. Die Universität Witten/Herdecke führt seit 2022 eine Längsschnittstudie durch, die bis 2025 laufen soll und wichtige Erkenntnisse über die langfristigen Auswirkungen von Diskriminierung auf die psychische Gesundheit liefern könnte.

Präventiv gibt es zunehmend Initiativen wie den Aktionsplan Suizidprävention des Bundesamts für Gesundheit, der gezielt Projekte fördert, die sich mit der Suizidprävention bei spezifischen Gruppen wie LGBTQ+ Jugendlichen beschäftigen.

Was getan werden muss

Die Expertengemeinschaft fordert mehrere konkrete MaĂźnahmen, um die Situation zu verbessern:

  • Mehr queere Beratungs- und Freizeitangebote, die niedrigschwellige UnterstĂĽtzung bieten
  • Stärkere gesetzliche Bekämpfung von Homo- und Transphobie
  • Verbesserung der medizinischen Versorgung von LGBTQ+ Personen und Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen
  • Spezifische Schulungen fĂĽr medizinisches Personal zum Umgang mit LGBTQ+ Patienten
  • Ausbau von Peer-Support-Angeboten und sicheren Räumen fĂĽr LGBTQ+ Menschen

Die Ergebnisse aus Großbritannien und die Parallelen in Deutschland machen deutlich: Der Kampf gegen die überdurchschnittlich hohe Suizidgefährdung in der LGBTQ+ Community muss als gesellschaftliche Priorität behandelt werden. Es geht nicht um abstrakte Zahlen, sondern um Menschenleben.

Wenn Sie selbst betroffen sind oder jemanden kennen, der Hilfe benötigt: Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 erreichbar. Spezifische Unterstützung für LGBTQ+ Personen bietet das bundesweite Coming-Out-Portal oder die Lambda-Jugendnetzwerke in den verschiedenen Bundesländern.


Ende einer Ära: Brunos schließt Filialen in Hamburg, Köln und München

Die queere Einzelhandelskette Brunos gibt drei ihrer vier Geschäfte in Deutschland auf, wie Geschäftsführer Franz Landgraf-Happach am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekannt gab. "Die Standorte in München, Köln und Hamburg werden wir in wertschätzender Weise, ab dem Sommer 2025, abgeben, um uns fokussierter und zukunftsorientiert aufzustellen", so Landgraf-Happach. Lediglich der Berliner Store und der Webshop sollen bestehen bleiben.

Bedeutsame Geschichte fĂĽr die LGBTQ+ Community

Brunos hat sich seit 1988 als wichtige Shopping- und Erlebniswelt für die queere Community in Deutschland etabliert. Was ursprünglich vor allem mit dem Verkauf von Büchern und Filmen begann, entwickelte sich zu einem vielseitigen Angebot, das später um Sexshop-Artikel und spezielle Unterwäsche erweitert wurde. Die Geschäfte boten weit mehr als nur Produkte – sie waren sichere Treffpunkte für queere Menschen aller Altersgruppen und dienten als kulturelle Zentren innerhalb der Szene.

"Veränderung ist ein Zeichen auch für Beständigkeit. Und genau diese Veränderung braucht unser Unternehmen – ein Marktführer, der über Jahre hinweg die Community homosexueller Männer begleitet hat", erklärte Landgraf-Happach. Die Läden in Berlin, Hamburg, Köln und München haben über Jahrzehnte hinweg Trends gesetzt und sichere Räume für die schwule Community geschaffen.

Neue Ausrichtung und Fokus auf Berlin

Die Neuausrichtung des Unternehmens soll innerhalb der nächsten drei Monate erfolgen. Dabei konzentriert sich Brunos künftig auf den Berliner Standort und seinen Online-Shop. "Dabei ist es uns ein besonderes Anliegen, weitgehendst, unser Team in Berlin und der Verwaltung zu erhalten", betonte der Geschäftsführer, "insbesondere unsere Mitarbeitenden aus der Community, die unsere Werte mittragen und unsere Kundschaft mit ihrer Expertise und ihrem Engagement beratend unterstützen".

Berlin gilt seit den 1920er Jahren als Hochburg der LGBTQ+ Szene in Deutschland. Die Stadt war und ist ein Anziehungspunkt fĂĽr queere Menschen aus aller Welt. Die Entscheidung, sich auf den Berliner Standort zu konzentrieren, erscheint vor diesem historischen Hintergrund strategisch sinnvoll.

Erweiterte Zielgruppe: KĂĽnftig auch Produkte fĂĽr trans Menschen

Eine bedeutende Änderung in der Geschäftsstrategie ist die Erweiterung des Sortiments für eine breitere Zielgruppe. Während Brunos traditionell vor allem schwule Männer ansprach, soll das Angebot künftig ausdrücklich auch für trans Personen erweitert werden. "Mit frischer Energie nehmen wir ab April neue Marken ins Sortiment auf – innovative Produkte, die sich in unserem Kernmarkt etablieren möchten und die Vielfalt unserer Kundschaft widerspiegeln", erklärte Landgraf-Happach.

Diese Entscheidung spiegelt einen breiteren Trend im LGBTQ+ Einzelhandel wider, inklusiver zu werden und die Bedürfnisse der gesamten queeren Community zu berücksichtigen. In einer Zeit, in der die Rechte von trans Menschen stark in der öffentlichen Diskussion stehen, kann dieser Schritt auch als politisches Statement verstanden werden.

Herausforderungen für queere Einzelhändler

Die Schließung der drei Filialen erfolgt in einer Zeit, in der stationäre Einzelhändler generell mit Herausforderungen konfrontiert sind. Der zunehmende Online-Handel und veränderte Konsumgewohnheiten haben viele traditionelle Geschäftsmodelle unter Druck gesetzt. Besonders spezialisierte Einzelhändler wie Brunos stehen vor der Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle anzupassen.

Gleichzeitig sind LGBTQ+ freundliche Unternehmen für viele Menschen eine wichtige Anlaufstelle, da sie eine Kultur der Inklusivität pflegen und sich für die Rechte von LGBTQ+ Personen einsetzen. Die persönliche Beratung und das Engagement für die Community waren stets Markenzeichen von Brunos, die das Unternehmen nun mit der neuen Strategie bewahren will.

"Diese neue Ausrichtung ist mehr als eine strategische Entscheidung: Sie ist eine Liebeserklärung an die Community, und an alle, welche die Lust neu definieren", fasst Landgraf-Happach zusammen. Für langjährige Kunden in Hamburg, Köln und München bedeutet die Entscheidung jedoch das Ende einer Ära – und möglicherweise das Verschwinden eines wichtigen queeren Treffpunkts in ihren Städten.


J.K. Rowling attackiert Asexualität: "Ein Tag der falschen Unterdrückung" – Kontroverse am Internationalen Tag der Asexualität

Die "Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling hat erneut für Empörung in der LGBTQ+-Community gesorgt. Wie PinkNews berichtet, veröffentlichte Rowling am 6. April, dem Internationalen Tag der Asexualität, einen kontroversen Beitrag auf ihrem X-Account, in dem sie Menschen, die sich als asexuell identifizieren, verspottete.

Rowlings umstrittene Äußerungen

"Fröhlichen Internationalen Tag der falschen Unterdrückung an alle, die wildfremden Menschen mitteilen wollen, dass sie keinen Bock auf Sex haben", schrieb Rowling über einer Grafik, die zur Aufklärung über Asexualität dienen sollte. Die Autorin, die in den letzten Jahren bereits mehrfach mit transfeindlichen Äußerungen für Aufsehen sorgte, legte in weiteren Kommentaren nach und fragte spöttisch: "Wie wissen asexuelle Menschen eigentlich, ob sie schwul oder hetero sind?" und forderte einen "Internationalen Tag der Genervtheit von diesem Mist".

Was bedeutet Asexualität?

Asexualität ist eine sexuelle Orientierung, die durch wenig bis keine sexuelle Anziehung zu anderen Menschen gekennzeichnet ist. Diese Orientierung ist Teil des LGBTQIA+-Spektrums, wobei das "A" explizit für "asexuell" steht. Wie das deutsche Queer-Lexikon erklärt, ist Asexualität äußerst vielfältig und schließt verschiedene Erfahrungen ein. Wichtig zu verstehen ist, dass asexuelle Menschen durchaus romantische Beziehungen führen können und dass Asexualität nicht mit Aromantik (fehlende romantische Anziehung) gleichzusetzen ist.

Asexualität in Deutschland

Auch in Deutschland gewinnt die asexuelle Community zunehmend an Sichtbarkeit. Organisationen wie AVEN Deutschland und A-Spektrum setzen sich für die Anerkennung und Entstigmatisierung von Asexualität ein. Der Internationale Tag der Asexualität, der jährlich am 6. April stattfindet, wird auch hierzulande mit Veranstaltungen und Aufklärungskampagnen begangen.

Lisa Müller vom Verein A-Spektrum betont im Gespräch mit Queerfeindlichkeit.de: "Die Behauptung, Asexualität sei keine 'echte' Unterdrückungserfahrung, ignoriert die realen Diskriminierungen, mit denen asexuelle Menschen konfrontiert sind – von der Pathologisierung bis hin zu korrigierender sexueller Gewalt."

Kritik und Reaktionen

Rowlings Kommentare stießen auf breite Kritik. In den sozialen Medien wiesen viele Nutzer*innen darauf hin, dass asexuelle Menschen sehr wohl Diskriminierung erfahren – sei es durch gesellschaftlichen Druck, sich anzupassen, den ständigen Zweifel an ihrer Identität oder sogar durch "korrigierende" sexuelle Übergriffe.

Ein Nutzer schrieb: "Warum ist es nötig, sich so zu verhalten? Wie schadet es Ihnen, dass diese Menschen existieren?" Ein anderer kommentierte: "Rowling versteht nicht einmal das Konzept romantischer Liebe", bezugnehmend auf ihre Frage, wie asexuelle Menschen ihre sexuelle Orientierung bestimmen könnten.

Rowlings Weg zur Kontroversität

Die Autorin, einst für ihre inklusive Botschaft in den Harry-Potter-Büchern gefeiert, steht seit Jahren wegen ihrer Äußerungen über Transgender-Personen in der Kritik. Sie hat sich wiederholt gegen die Rechte von trans Menschen positioniert und wurde dafür von vielen ehemaligen Fans und sogar Harry-Potter-Darstellern wie Daniel Radcliffe öffentlich kritisiert.

In Deutschland führten ihre Äußerungen dazu, dass zahlreiche queere Harry-Potter-Fanclubs ihre Tätigkeit einstellten oder sich ausdrücklich von der Autorin distanzierten, wie Queer.de berichtete. Die aktuelle Kontroverse um ihre Kommentare zur Asexualität reiht sich in eine lange Liste von polarisierenden Aussagen ein, die die Autorin in den letzten Jahren getätigt hat.

Die Bedeutung von Sichtbarkeit fĂĽr asexuelle Menschen

Während Rowling Asexualität als "falsche Unterdrückung" abtut, betonen Expert*innen die Wichtigkeit von Sichtbarkeit und Anerkennung für diese oft übersehene Gruppe. In Deutschland schätzt man, dass etwa 1% der Bevölkerung asexuell ist. Dennoch fehlt es an Repräsentation in Medien und öffentlichen Diskursen.

Thomas Köhler von der Beratungsstelle für LSBTIQ+ in München erklärt: "Die Abwertung von Asexualität und die Behauptung, es handele sich nicht um eine 'echte' Identität, ist eine Form von Diskriminierung, die wir leider häufig erleben. Solche Aussagen von prominenten Persönlichkeiten können großen Schaden anrichten und das Coming-out für asexuelle Menschen noch schwieriger machen."

Der Fall Rowling zeigt einmal mehr, wie wichtig kontinuierliche Aufklärungsarbeit und Solidarität innerhalb der queeren Community ist – besonders für Identitäten, die oft unsichtbar bleiben oder deren Legitimität in Frage gestellt wird.


Können Transfrauen schwanger werden? Der aktuelle Stand der Gebärmuttertransplantationen

Können Transfrauen schwanger werden? Die Antwort lautet: möglicherweise in der Zukunft, wenn alles gut geht. Ein britischer Chirurg, der die erste Gebärmuttertransplantation bei einer cisgeschlechtlichen Frau im Vereinigten Königreich durchgeführt hat, erklärte, dass ähnliche Transplantationen für Transfrauen wahrscheinlich noch 10 bis 20 Jahre entfernt sind. Die ursprüngliche Meldung stammt von PinkNews, die über den aktuellen Stand der Forschung berichtet.

Der aktuelle Stand in GroĂźbritannien

Im Februar 2023 führten Professor James Smith vom Imperial College London und seine Kollegin Isabel Quiroga vom Oxford Transplant Centre eine Gebärmuttertransplantation bei einer verheirateten Frau durch. Die 40-jährige Schwester der Empfängerin spendete ihre Gebärmutter, nachdem sie bereits zwei Kinder geboren hatte. Die 34-jährige Empfängerin, die in England lebt und anonym bleiben möchte, erhielt die Transplantation während einer mehr als neunstündigen Operation im Churchill Hospital in Oxford.

Es wird gehofft, dass in Zukunft Gebärmuttertransplantationen auch bei Transfrauen durchgeführt werden können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, schwanger zu werden und ein Kind zu bekommen. Professor Smith betonte jedoch, dass die Realität dieser Möglichkeit noch Jahrzehnte entfernt sei.

Medizinische Herausforderungen

Derzeit gibt es laut Smith keine "technische Machbarkeit" für die Durchführung dieser Operation bei Transfrauen aufgrund von Unterschieden in der Becken- und Gefäßanatomie, der Form des Beckens und Problemen mit dem Mikrobiom – dem Netzwerk von Mikroorganismen, die im menschlichen Körper leben.

Smith erklärte gegenüber der britischen Zeitung "I": "Meine persönliche Einschätzung ist, dass Transplantationen bei Transgender-Personen, wenn sie stattfinden werden, noch viele Jahre entfernt sind. Es sind noch sehr viele Schritte zu bewältigen. Ich vermute, mindestens 10 bis 20 Jahre."

Fortschritte in Deutschland

In Deutschland wurden die ersten Gebärmuttertransplantationen 2016 am Universitätsklinikum Tübingen durchgeführt. Die Operationen erfolgten in Zusammenarbeit mit Ärzten aus Göteborg, Schweden, die als Pioniere auf diesem Gebiet gelten. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland die ersten beiden Kinder nach Gebärmuttertransplantationen geboren - ein wichtiger Meilenstein in der deutschen Reproduktionsmedizin.

Bei den bisherigen Transplantationen in Deutschland waren die Empfängerinnen Frauen, die aufgrund des Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndroms ohne Gebärmutter geboren wurden. Die Anwendung dieser Technik bei Transfrauen ist in Deutschland bisher nicht dokumentiert und wird, ähnlich wie in Großbritannien, als Zukunftsperspektive betrachtet.

Internationale Entwicklungen

Ein medizinischer Bericht, der im Januar 2023 in der Fachzeitschrift "Fertility and Sterility" veröffentlicht wurde, prognostizierte: "Die erste Gebärmuttertransplantation bei einer transgender Frau im 21. Jahrhundert wird voraussichtlich in den nächsten Jahren, wenn nicht früher, stattfinden."

Dr. Narendra Kaushik, ein Chirurg in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi, erklärte im Mai 2022, dass die Transplantation von Gebärmüttern in Transfrauen "die Zukunft" sei. Er verfügt über 15 Jahre Erfahrung in geschlechtsangleichenden Operationen und sagte: "Wir können nicht genau vorhersagen, wann dies geschehen wird, aber es wird bald geschehen. Wir haben unsere Pläne und sind sehr optimistisch."

Uterustransplantationen weltweit

Gebärmuttertransplantationen sind derzeit seltene, kostspielige und experimentelle Operationen, die typischerweise auf Spenderorgane angewiesen sind. Sie werden oft bei Menschen durchgeführt, die ohne Gebärmutter geboren wurden, damit sie schwanger werden und gebären können.

Die erste erfolgreiche Gebärmuttertransplantation fand 2014 an der Universität Göteborg in Schweden statt. Zwei Jahre später wurde die Operation in den USA erfolgreich wiederholt. Weltweit gab es bisher etwa 40 Transplantationen dieser Art, mit über 10 erfolgreichen Geburten.

Ethische und rechtliche Fragen in Deutschland

In Deutschland wirft die Anwendung der Gebärmuttertransplantation bei Transfrauen ethische und rechtliche Fragen auf. Anders als in Großbritannien, wo das Gleichstellungsgesetz möglicherweise verlangen könnte, dass niemandem aufgrund des Geschlechts der Zugang zu einer Gebärmuttertransplantation verweigert werden darf, ist die Rechtslage in Deutschland komplexer.

Zudem stellt sich die Frage der Kostenübernahme. Es ist unklar, ob diese Eingriffe als Teil der medizinischen Versorgung von der Allgemeinheit getragen werden sollten oder als Wahleingriffe gelten würden. Alternativen zur Gebärmuttertransplantation für Menschen mit Kinderwunsch sind Leihmutterschaft (die in Deutschland rechtlich nicht möglich ist) und Adoption.

Zukunftsaussichten

Weitere Forschung ist erforderlich, um die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder zu untersuchen, die nach Gebärmuttertransplantationen geboren werden. Weltweit wird an der Optimierung des Verfahrens gearbeitet, um die Methode als standardisiertes Angebot im Rahmen der Reproduktionsmedizin anzubieten.

Für Transfrauen in Deutschland bedeutet dies, dass die Möglichkeit einer Schwangerschaft zwar in ferner Zukunft liegen könnte, derzeit aber noch viele medizinische, ethische und rechtliche Hürden zu überwinden sind. Die deutsche Forschung auf diesem Gebiet bleibt jedoch aktiv und könnte in den kommenden Jahrzehnten neue Möglichkeiten eröffnen.


Kein einziges Rezept für Pubertätsblocker seit über einem Jahr: NHS England lässt trans Jugendliche im Stich

Der britische Gesundheitsdienst NHS England hat seit über einem Jahr kein einziges neues Rezept für geschlechtsangleichende Medikamente an trans Personen unter 18 Jahren ausgestellt, wie offizielle Stellen jetzt bestätigten. Die ursprüngliche Meldung wurde von PinkNews veröffentlicht.

Laut einer Erklärung des NHS wurden seit der Schließung der Londoner Tavistock-Klinik im März 2024 keine neuen Patienten mehr "identifiziert", die geschlechtsangleichende Behandlungen benötigen – einschließlich der physisch reversiblen Pubertätsblocker.

Klinische Studien verzögern sich - Jugendliche bleiben im Ungewissen

Im selben Monat hatte NHS England bekannt gegeben, dass Pubertätsblocker für unter 18-Jährige nur noch im Rahmen klinischer Forschungsstudien verfügbar sein würden. Eines der wenigen Mittel für trans Jugendliche, um über den NHS in England Pubertätsblocker zu erhalten, ist durch eine klinische Studie, die im März vom National Institute for Health and Care Research (NIHR) in Auftrag gegeben wurde.

Das NIHR teilte mit, dass mehr als 10 Millionen Pfund (12,8 Millionen Dollar) für eine von einem Forscherteam des King's College London geleitete Studie bereitgestellt würden, um verschiedene Bereiche der Geschlechterversorgung für Minderjährige zu analysieren. Bis dahin bleiben trans Jugendliche jedoch in der Schwebe.

Die Situation in Deutschland: Ein anderer Ansatz

Im Gegensatz zu Großbritannien gibt es in Deutschland kein pauschales Verbot von Pubertätsblockern. Obwohl die Bundesregierung deren Einnahme nicht ausdrücklich empfiehlt, liegt die Entscheidung über die Verschreibung im Ermessen der behandelnden Fachärzte, wie CNA Deutschland berichtet.

Die AWMF-Leitlinie in Deutschland betont, dass eine fachgerechte Behandlungsempfehlung eine individuelle Abwägung von Nutzen und Risiken voraussetzt, die mit Patienten und Sorgeberechtigten eingehend erörtert werden muss. Dieser individuelle Ansatz steht in deutlichem Kontrast zu den strikten Einschränkungen in Großbritannien.

Diskussion ĂĽber Risiken und psychische Gesundheit

Die britische Entscheidung folgt auf den Cass-Bericht, der einen Mangel an ausreichenden Daten zu den langfristigen Auswirkungen von Pubertätsblockern kritisierte. James Palmer, medizinischer Direktor für spezialisierte Dienste bei NHS England, erklärte: "Die Dienste müssen die Möglichkeit haben, jemanden mit maskulinisierenden oder feminisierenden Hormonen zu behandeln, wenn dies wirklich der wichtigste Eingriff ist. Aber die Dienste haben noch keine Person identifiziert, für die dies ein wirklich wichtiger Teil ihres Behandlungswegs wäre."

Während einige Studien auf positive Auswirkungen von Pubertätsblockern auf den Leidensdruck bei Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie hinweisen, wie RiffReporter berichtet, bestehen in anderen Ländern Bedenken hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen auf die Knochendichte und psychische Gesundheit.

Internationale Trends und Auswirkungen

England ist nicht das einzige Land, das Einschränkungen eingeführt hat. Auch Finnland, Schweden und Norwegen haben ähnliche Maßnahmen ergriffen. Gleichzeitig hat in Großbritannien Gesundheitsminister Wes Streeting ein Verbot privater Verschreibungen von Pubertätsblockern auf alle Regionen des Vereinigten Königreichs ausgedehnt – eine Beschränkung, die bereits von der vorherigen konservativen Regierung eingeführt worden war.

Für Betroffene ist die Situation besonders belastend. Eine Studie vom Mai letzten Jahres zeigte, dass nur 0,47 Prozent der trans Menschen ihre medizinische Transition rückgängig machen. Im Vergleich dazu können Operationen wie Brustvergrößerungen Bedauernsraten von bis zu 47 Prozent haben.

Kritik von LGBTQ+-Organisationen

Die gemeinnützige LGBTQ+-Organisation TransActual äußerte sich besorgt über die "potenziellen Motivationen" hinter der Erstellung eines Detransitions-Pfades, der vom NHS England entwickelt wird – insbesondere in einer Zeit, in der die Ressourcen für Geschlechtsidentitätskliniken bereits stark belastet sind.

"Die überwiegende Mehrheit der trans Menschen detransitioniert überhaupt nicht", erklärte ein Sprecher von TransActual. "Bei denjenigen, die es tun, beeinflussen vielfältige Gründe und Umstände die Entscheidung, einige oder alle Aspekte der medizinischen Transition zu stoppen, zu pausieren oder rückgängig zu machen."

Die Überprüfung der Erwachsenengeschlechtsdienste durch NHS England "muss anerkennen, dass die Transitionsziele jeder Person unterschiedlich sind", fügte der TransActual-Sprecher hinzu. "Die Transition muss keinem vorgegebenen linearen Weg folgen. Verschiedene Menschen benötigen zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Unterstützungsniveaus."


Trumps Anti-Diversitäts-Kurs erreicht deutsche Unternehmen: Telekom-Tochter beendet DEI-Programme in den USA

Die US-Tochter der Deutschen Telekom, T-Mobile, hat ihre Initiativen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) weitgehend aufgegeben, wie queer.de berichtet. In einem Schreiben an die amerikanische Telekom-Regulierungsbehörde FCC verpflichtete sich das Unternehmen, spezifische Ziele in diesem Bereich aufzugeben und zwei thematische Beiräte aufzulösen.

Politischer Druck aus Washington

Der Schritt erfolgt vor dem Hintergrund des intensiven Drucks der Trump-Administration auf Unternehmen, ihre Diversitätsprogramme einzustellen. Die Deutsche Telekom ist damit nicht allein: Zahlreiche US-Unternehmen wie Google und Meta haben ihre DEI-Programme bereits zurückgefahren. Auch deutsche Unternehmen mit US-Geschäft geraten zunehmend unter Druck.

Brandan Carr, Vorsitzender der FCC und Vertrauter von US-Präsident Donald Trump, hatte zuvor angekündigt, dass die Behörde keine Fusionen und Übernahmen von Unternehmen genehmigen werde, die "noch immer unlautere Formen der DEI-Diskriminierung fördern". Nur einen Tag nach dem Schreiben von T-Mobile genehmigte die FCC die von T-Mobile angestrebte Übernahme des Kabelnetzbetreibers Lumos.

Deutsche Unternehmen im Zwiespalt

Die aktuelle Entwicklung stellt deutsche Unternehmen mit US-Präsenz vor ein Dilemma. Während in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einen klaren rechtlichen Rahmen für Antidiskriminierung setzt, verfolgt die Trump-Administration einen entgegengesetzten Kurs.

Nach Informationen deutscher Medien haben rund zwei Dutzend in Deutschland ansässige Unternehmen Schreiben von der US-Botschaft erhalten, in denen sie aufgefordert werden, sich von Programmen zur Förderung von Diversität zu distanzieren. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat diese Einflussnahme bestätigt.

Die Reaktion der Deutschen Telekom

Ein Sprecher des Bonner Mutterkonzerns betonte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die Deutsche Telekom ihren Werten verpflichtet bleibe. Gleichzeitig stelle man "die vollständige Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben in Europa und den USA" sicher – eine Formulierung, die den schwierigen Spagat des Unternehmens verdeutlicht.

Bemerkenswert ist, dass die Deutsche Telekom in Deutschland weiterhin ihr LGBT*IQ Mitarbeiter-Netzwerk MagentaPride unterstützt, das sich für den Abbau von Vorurteilen und die Förderung von Vielfalt einsetzt. In den USA hatte T-Mobile zuvor ebenfalls verschiedene Employee Resource Groups (ERGs) gefördert, darunter eine Pride-Gruppe für LGBTQ+ Mitarbeiter:innen.

Argumente gegen Diversitätsprogramme

Die Gegner der DEI-Programme argumentieren, dass durch die Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen andere benachteiligt würden. Trump, seine Minister:innen und auch Tech-Milliardär Elon Musk behaupten, durch solche Initiativen leide die Kompetenz. Belege für diese Behauptungen gibt es allerdings nicht.

Im Gegenteil: Zahlreiche Studien belegen, dass diverse Teams innovativer und erfolgreicher arbeiten. Zudem sind DEI-Initiativen besonders für jüngere Generationen von Bedeutung, die bevorzugt für Unternehmen arbeiten wollen, die Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion aktiv fördern, wie eine Analyse von Tivian zeigt.

Diversität trotz Gegenwind

T-Mobile USA betont in seinem Schreiben an die FCC, dass das Unternehmen dennoch am besten sei, "wenn seine Belegschaft und seine Lieferanten eine Vielzahl an Fähigkeiten und Hintergründen einbringen in unser gemeinsames Bestreben, das beste Mobilfunk-Unternehmen im Land zu sein." Und stellt klar: "Wir werden diesen Grundsätzen weiter verpflichtet bleiben."

Die widersprüchlichen Signale verdeutlichen das Dilemma, in dem sich internationale Unternehmen befinden: Einerseits möchten sie ihre Werte aufrechterhalten, andererseits müssen sie den politischen Realitäten in wichtigen Märkten Rechnung tragen.

Für die LGBTQ+ Community in Deutschland und in den USA bedeutet diese Entwicklung einen weiteren Rückschlag im Kampf um Gleichberechtigung und Anerkennung im Arbeitsumfeld. Während in Deutschland Diversitätsprogramme durch das AGG gestützt werden, könnte der Druck aus den USA langfristig auch die hiesige Unternehmenskultur beeinflussen.

Bleibt zu hoffen, dass deutsche Unternehmen trotz des Drucks aus den USA an ihren Grundwerten festhalten und weiterhin für eine vielfältige und inklusive Arbeitsumgebung einstehen – auch wenn dies zunehmend schwieriger wird.


Homophobe Beleidigung bei CBS: Moderatorin Gayle King sorgt fĂĽr Kontroverse in US-FrĂĽhstĂĽcksfernsehen

In einer kürzlichen Sendung der US-amerikanischen Frühstücksfernsehsendung "CBS Mornings" hat Moderatorin Gayle King für Empörung gesorgt, als sie während eines Interviews mit dem schwulen Komiker Matteo Lane eine homophobe Beleidigung verwendete. Die Kontroverse, über die PinkNews berichtete, wirft wichtige Fragen zum angemessenen Umgang mit potenziell verletzenden Begriffen in den Medien auf – ein Thema, das auch in Deutschland immer wieder für Diskussionen sorgt.

Was ist passiert?

Am 3. April interviewte King den offen schwulen Komiker Matteo Lane zu seinem neuen Kochbuch "Your Pasta Sucks". Als das Gespräch auf Lanes Stand-up-Karriere kam, zitierte King einen seiner Witze, in dem das sogenannte F-Wort (eine schwulenfeindliche Beleidigung im Englischen) vorkam. "Kann ich nur einen Witz erwähnen? Ich hoffe, ich bekomme keinen Ärger", leitete King ein, bevor sie die Beleidigung aussprach.

Diese Äußerung löste umgehend negative Reaktionen in den sozialen Medien aus. Viele Zuschauer zeigten sich schockiert, dass eine solche Beleidigung im Frühstücksfernsehen ausgesprochen wurde, unabhängig davon, dass King lediglich einen Witz des Komikers zitierte. CBS reagierte prompt und erklärte, dass das Wort aus den späteren Ausstrahlungen der Sendung sowie aus allen Online-Clips entfernt wurde.

Historischer Kontext und Bedeutung

Das F-Wort im Englischen hat eine besonders belastete Geschichte und wurde über Jahrzehnte als Werkzeug zur Demütigung und Diskriminierung von schwulen Männern eingesetzt. Ähnlich wie das deutsche Wort "schwul" einst als Beleidigung verwendet wurde, bevor es von der Community zurückerobert und als neutrale Selbstbezeichnung etabliert wurde, versuchen einige LGBTQ+-Personen, das F-Wort für sich zurückzugewinnen.

Allerdings bleibt die Verwendung solcher Begriffe hochsensibel. Während Personen innerhalb der Community sie manchmal als Akt der Selbstermächtigung verwenden, gilt ihre Nutzung durch Außenstehende – selbst beim bloßen Zitieren – als problematisch und potenziell verletzend. Dieser Unterschied zwischen interner und externer Verwendung ist entscheidend für das Verständnis der Kontroverse um Gayle King.

Parallelen zu deutschen Mediendebatten

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Diskussionen ĂĽber die Verwendung diskriminierender Sprache in den Medien. Eine Untersuchung des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD) zeigt, dass Medien beim Versuch, zu polarisieren, oft die Grenze zur Reproduktion von Homo- und Transfeindlichkeit ĂĽberschreiten.

In den letzten Jahren hat die Sensibilität für diskriminierende Sprache in deutschen Medien zugenommen, dennoch kommt es immer wieder zu Kontroversen. Dabei spielt der Presserat eine wichtige Rolle, der Richtlinien zur Vermeidung von Diskriminierung in der Berichterstattung herausgibt.

Die Frage der RĂĽckeroberung von Beleidigungen

Die Rückeroberung oder das "Reclaiming" von abwertenden Begriffen ist ein komplexes Thema in der LGBTQ+-Community. Durch die Verwendung ehemals abwertender Begriffe zur Selbstbezeichnung können diese für einige Menschen zu einem Instrument der Selbstermächtigung werden. Allerdings bleibt der Kontext entscheidend: Was innerhalb einer Community akzeptabel sein mag, kann von außen kommend weiterhin verletzend wirken.

In Deutschland wurde beispielsweise das Wort "schwul" erfolgreich von der Community zurĂĽckerobert und hat heute seine negative Konnotation weitgehend verloren. Dennoch wird es im Schulhof noch immer als Schimpfwort verwendet, wie Studien der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigen.

Die Bedeutung von Medienkompetenz

Der Fall Gayle King unterstreicht die Notwendigkeit einer wachsenden Medienkompetenz sowohl bei Medienschaffenden als auch beim Publikum. Journalisten und Moderatoren tragen eine besondere Verantwortung im Umgang mit potenziell verletzender Sprache, da sie öffentliche Diskurse prägen und beeinflussen.

Die schnelle Reaktion von CBS, das Wort aus späteren Ausstrahlungen zu entfernen, zeigt ein wachsendes Bewusstsein für diese Verantwortung. Gleichzeitig verdeutlicht die Kontroverse, wie wichtig ein offener Dialog über Sprache und ihre Wirkungen ist.

Fazit

Die Kontroverse um Gayle King ist mehr als ein isolierter Vorfall – sie ist Teil einer größeren gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Sprache, Macht und Diskriminierung. Auch wenn King und Lane selbst sich bisher nicht öffentlich zu dem Vorfall geäußert haben, hat die Diskussion erneut das Bewusstsein für die Wirkungsmacht von Sprache geschärft.

Für deutsche Medienkonsumenten bietet der Fall eine Gelegenheit, über ähnliche Debatten in der heimischen Medienlandschaft nachzudenken und die eigene Sensibilität für diskriminierende Sprache zu reflektieren. Letztlich geht es dabei nicht um "political correctness", sondern um den respektvollen Umgang miteinander in einer vielfältigen Gesellschaft.


Transfeindliche Attacke in Manchester: Männer verbrennen Pride-Flagge und bedrohen Teilnehmer eines Trans-Picknicks mit Messer

In Manchester kam es am vergangenen Donnerstag (3. April) zu einem besorgniserregenden Vorfall von Hassverbrechen gegen Mitglieder der LGBTQ+-Community. Wie PinkNews berichtet, verbrannten Männer eine Pride-Flagge und bedrohten Teilnehmer:innen eines Trans-Picknicks mit einem Messer. Der Vorfall reiht sich in eine beunruhigende Serie zunehmender Hassverbrechen gegen trans Personen ein – ein Phänomen, das leider auch in Deutschland zu beobachten ist.

Der Vorfall in Manchester

Die Organisation "Trans Mutual Aid Manchester" veranstaltete am 3. April ein gemeinschaftliches Trans-Picknick im Park. Laut Berichten näherten sich der Gruppe an diesem Tag zweimal verschiedene Männergruppen mit der Absicht, die Teilnehmer:innen zu belästigen und einzuschüchtern. Im ersten Vorfall rissen zwei Männer eine Progress-Pride-Flagge herunter, verbrannten sie vor der Gruppe und drohten, ein Mitglied mit einem Messer anzugreifen. Später erschien eine weitere Gruppe von Männern, die Beschimpfungen rief und die verbliebenen Trans- und nicht-binären Pride-Flaggen herunterriss.

Glücklicherweise wurde dank des schnellen Eingreifens mehrerer Gruppenmitglieder niemand körperlich verletzt. Die Vorfälle wurden der Polizei gemeldet. In einer Erklärung bezeichnete die Organisation den Vorfall als "offensichtlichen Angriff auf unsere Gemeinschaft, verübt von Personen, die wissen, dass sie keine Konsequenzen für ihren Angriff befürchten müssen".

Zunahme von Hassverbrechen gegen trans Personen

Zahlen vom Oktober 2024 zeigten eine "zutiefst beunruhigende" Anzahl von Hassverbrechen gegen trans Personen im Vereinigten Königreich. Im Jahr bis März 2024 wurden 4.780 transfeindliche Hassverbrechen gemeldet. Simon Blake, Geschäftsführer der britischen LGBTQ+-Organisation Stonewall, betonte: "Ein Anstieg des Hasses gegen eine marginalisierte Gruppe schadet allen, einschließlich der LGBTQ+-Community, und hat eine zersetzende Wirkung auf die gesamte Gesellschaft."

Parallele Entwicklung in Deutschland

Auch in Deutschland zeigt sich ein ähnlich besorgniserregender Trend. Laut Statistiken des Bundeskriminalamts (BKA) wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.785 Straftaten gegen LSBTIQ*-Personen erfasst, was einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr darstellt. Besonders alarmierend: Im Bereich "geschlechtsbezogene Diversität", der Hassverbrechen gegen trans Personen einschließt, wurden 854 Fälle registriert, wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) berichtet.

Die Leipziger Autoritarismus Studie 2024 zeigt zudem, dass transfeindliche Einstellungen in Deutschland weit verbreitet sind. Über ein Drittel (37%) der Deutschen vertritt ein geschlossen transfeindliches Weltbild. Die Studie verweist auch auf einen hohen Zusammenhang zwischen transfeindlichen und extrem rechten, autoritären Einstellungen.

Dunkelziffer deutlich höher

Expert:innen gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl transfeindlicher Übergriffe sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland deutlich höher liegt als die offiziellen Statistiken. Viele Betroffene zeigen Vorfälle aus Angst, Scham oder Misstrauen gegenüber Behörden nicht an.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die steigenden Zahlen als "erschreckend" und betonte die Notwendigkeit, queerfeindliche Gewalt klar zu benennen und gezielt zu verfolgen. Der LSVD fordert eine Verbesserung des Rechtsschutzes für LSBTIQ*-Personen und mehr Ressourcen für die Bekämpfung queerfeindlicher Hasskriminalität.

Community-Solidarität und Schutzmaßnahmen

Die Organisation "Trans Mutual Aid Manchester" kündigte nach dem Vorfall an, verstärkte Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer Veranstaltungen und ihrer Gemeinschaft zu ergreifen. "An diejenigen außerhalb der Trans-Community: Wir hoffen, dass dies ein Weckruf sein kann, um zu erkennen, welcher Art von grassierendem Missbrauch wir durch diejenigen ausgesetzt sind, die wissen, dass sie uns ungestraft angreifen können", erklärte die Gruppe.

Auch in Deutschland setzen Organisationen wie der Bundesverband Trans* und lokale Selbsthilfegruppen verstärkt auf Sicherheitskonzepte bei ihren Veranstaltungen. Bei Pride-Events und dem Christopher Street Day (CSD) werden zunehmend Awareness-Teams und Sicherheitspersonal eingesetzt, um die Teilnehmer:innen zu schützen.

Hilfe und UnterstĂĽtzung

Wer in Deutschland transfeindliche Übergriffe erlebt oder beobachtet hat, kann sich an verschiedene Stellen wenden. Neben der Polizei (Notruf 110) bieten auch spezialisierte Beratungsstellen wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder lokale LGBTQ+-Zentren Unterstützung an. Die bundesweite Organisation Strong! – Support für queere Gewaltbetroffene bietet zudem spezialisierte Hilfe für Betroffene queerfeindlicher Gewalt an.

Der Vorfall in Manchester ist ein erneuter Weckruf, dass der Kampf gegen Transfeindlichkeit und fĂĽr die Sicherheit und WĂĽrde aller LGBTQ+-Personen sowohl in GroĂźbritannien als auch in Deutschland fortgesetzt werden muss.


Wirtschaftlicher Widerstand: Wie die queere Community in Deutschland auf Trumps Handelskrieg reagieren kann

Die USA unter Präsident Trump befinden sich in einem Handelskrieg mit mehreren Ländern, und die EU hat bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet. Wie ein aktueller Kommentar auf queer.de vorschlägt, könnte die LGBTQ+-Community in Deutschland aktiv werden und wirtschaftlichen Druck ausüben. Aber was bedeutet das konkret und wie effektiv sind solche Maßnahmen wirklich?

Handelskonflikte als Chance fĂĽr politischen Aktivismus

Donald Trumps Zollpolitik hat weltweit für Unruhe auf den Märkten gesorgt. Die Europäische Kommission hat bereits Gegenmaßnahmen eingeführt, um auf die US-Zölle zu reagieren. Dieser Handelskonflikt bietet auch der LGBTQ+-Community in Deutschland eine Plattform, um gegen die queerfeindliche Politik der Trump-Administration aktiv zu werden.

Besonders bedenklich für queere Menschen ist Trumps aktuelle Kampagne gegen Diversitätsprogramme in Unternehmen. Diese Programme sind entscheidend für die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz und werden nun sowohl in den USA als auch international unter Druck gesetzt. Ferda Ataman, die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, hat diese Einmischung in die Unternehmenskultur anderer Länder bereits scharf kritisiert.

Die Macht des Konsumverhaltens

Welche Mittel haben queere Menschen in Deutschland, um wirtschaftlichen Druck auszuüben? Der Schlüssel liegt im bewussten Konsumverhalten. Die LGBTQ+-Community in Deutschland ist nicht nur zahlenmäßig stark, sondern auch wirtschaftlich relevant. Bei CSDs, queeren Festivals und anderen Veranstaltungen können bewusste Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Unternehmen unterstützt werden.

Ein Beispiel für die Wirksamkeit von Boykotten zeigt sich am Umgang mit Tesla. Die Verkaufszahlen des E-Auto-Herstellers sind in der EU im Jahresvergleich um etwa 49 Prozent gesunken. In Deutschland verzeichnet Tesla ebenfalls einen erheblichen Rückgang. Der Vorstandsvorsitzende Elon Musk ist für seine kontroversen Äußerungen bekannt und unterstützt sowohl Trump als auch in Deutschland rechte Parteien, was bei vielen Menschen zu einer kritischen Haltung gegenüber seinen Unternehmen geführt hat.

Diversitätsprogramme als Entscheidungskriterium

Ein wichtiges Kriterium für Kaufentscheidungen kann der Umgang von Unternehmen mit Diversitätsprogrammen sein. Diese Programme sollen sicherstellen, dass Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft oder Behinderungen gleiche Chancen am Arbeitsplatz haben. Die Trump-Administration fordert die Abschaffung solcher Programme, und leider haben bereits viele Unternehmen, darunter auch die US-Telekom-Tochter T-Mobile, nachgegeben.

Deutsche Verbraucher*innen können hier bewusst Unternehmen unterstützen, die sich klar zu Diversität und Inklusion bekennen. Das Diversity-Netzwerk in Deutschland bietet Informationen zu Unternehmen, die sich verpflichtet haben, Vielfalt zu fördern. Eine solche Orientierung beim Einkauf kann langfristig Auswirkungen auf die Unternehmenskultur haben.

Internationale Solidarität

Die Boykottbewegung gegen US-Produkte breitet sich international aus. In Schweden haben Umfragen ergeben, dass sich 70 Prozent der Konsument*innen vorstellen können, US-Produkte zu meiden. In Kanada, einem der queerfreundlichsten Länder der Welt, haben einige Supermärkte begonnen, US-Produkte aus ihren Regalen zu entfernen.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland bietet diese internationale Bewegung die Möglichkeit, Teil eines größeren Widerstands zu werden. Durch Vernetzung mit queeren Organisationen in anderen Ländern können koordinierte Aktionen geplant werden, die eine stärkere Wirkung entfalten.

Wie geht es weiter?

Wirtschaftlicher Aktivismus ist ein mächtiges Werkzeug, aber er funktioniert nur, wenn er koordiniert und konsequent durchgeführt wird. Die LGBTQ+-Community in Deutschland kann durch folgende Maßnahmen aktiv werden:

  • Informieren Sie sich ĂĽber die Haltung von Unternehmen zu LGBTQ+-Rechten und Diversitätsprogrammen
  • UnterstĂĽtzen Sie lokale und queere Unternehmen, die sich fĂĽr Vielfalt einsetzen
  • Sprechen Sie offen ĂĽber Ihre Konsumentscheidungen in sozialen Medien und im persönlichen Umfeld
  • Fordern Sie bei CSD-Veranstaltungen ethische Sponsoring-Richtlinien
  • Vernetzen Sie sich mit anderen Aktivist*innen fĂĽr koordinierte Aktionen

Der Einsatz wirtschaftlicher Mittel im Kampf für LGBTQ+-Rechte ist nicht neu, aber angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen besonders relevant. Letztendlich geht es nicht nur um den Boykott einzelner Produkte, sondern um ein Bekenntnis zu Werten wie Gleichheit, Respekt und Diversität – Werte, die durch die aktuelle US-Politik und ihre Unterstützer*innen bedroht werden.

Die queere Community in Deutschland hat die Möglichkeit, durch bewusstes Konsumverhalten ein starkes Signal zu senden und gleichzeitig zur Stärkung einer vielfältigen Wirtschaft beizutragen. In Zeiten, in denen traditionelle Protestformen allein nicht ausreichen, könnte dieser wirtschaftliche Aktivismus ein wichtiger Baustein im Kampf für gleiche Rechte sein.


Trump-Regierung will "Bedauern" nach Geschlechtsangleichung erforschen – Ein Kontrastblick nach Deutschland

Die Trump-Administration hat das US-amerikanische National Institutes of Health (NIH) angewiesen, die angebliche "Reue" bei transgender Personen nach geschlechtsangleichenden Behandlungen zu erforschen, wie Pink News berichtet. Diese Anweisung erfolgt in einer Zeit, in der die Regierung unter Donald Trump zahlreiche weitere antitransgender Maßnahmen ergriffen hat – während Deutschland gerade den entgegengesetzten Weg einschlägt und mit dem Selbstbestimmungsgesetz mehr Rechte für trans Personen schafft.

Ideologisch motivierte Forschungsanweisungen

Laut anonymen NIH-Mitarbeitern, die mit dem Wissenschaftsmagazin Nature sprachen, hat das Weiße Haus die Gesundheitsbehörde angewiesen, das "Bedauern" nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen zu untersuchen. Der amtierende NIH-Direktor Matthew Memoli soll in einer E-Mail vom März mitgeteilt haben, dass das Gesundheitsministerium "angewiesen wurde, Forschung in einigen spezifischen Bereichen zu finanzieren", die mit der sogenannten "chemischen und chirurgischen Verstümmelung" von Kindern und Erwachsenen zusammenhängen. "Dies ist dem Präsidenten sehr wichtig", fügte er hinzu.

Dies geschieht, nachdem Berichten zufolge etwa 187 NIH-ForschungszuschĂĽsse im Zusammenhang mit Transgender-Gesundheit im Wert von rund 187 Millionen Dollar gestrichen wurden. Kritiker werfen der Regierung vor, die Wissenschaft zu politisieren, um geschlechtsangleichende Versorgung zu diskreditieren.

Wissenschaftliche Fakten stehen im Widerspruch

Harry Barbee vom Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore erklärte gegenüber Nature, dass der Begriff "chemische und chirurgische Verstümmelung" "wissenschaftlich unhaltbar" sei und "Angst und Stigmatisierung" in der Transgender-Gemeinschaft hervorrufen werde. "Wenn Ideologie über wissenschaftliche Qualität gestellt wird, gefährdet das das gesamte wissenschaftliche Unterfangen", so Barbee.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Transgender-Personen ihre geschlechtsangleichenden Behandlungen nicht bereut. Eine Studie aus dem Jahr 2023 der National Library of Medicine ergab, dass nur 0,3 Prozent der Transgender-Männer und 0,6 Prozent der Transgender-Frauen ihre geschlechtsangleichende Operation bereuten. Im Vergleich dazu bereuen etwa 14 Prozent aller Menschen irgendeine Art von Operation.

Deutschland geht den entgegengesetzten Weg

Während die USA unter Trump einen restriktiven Kurs einschlagen, hat Deutschland kürzlich einen bedeutenden Fortschritt für die Rechte von Transgender-Personen erzielt. Am 12. April 2024 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz, das ab November 2024 in Kraft tritt. Dieses Gesetz ermöglicht es Einzelpersonen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in Ausweisdokumenten durch einfache Selbstauskunft beim Standesamt zu ändern – ohne psychologische Gutachten oder medizinische Eingriffe.

Auch im medizinischen Bereich geht Deutschland andere Wege. Neue medizinische Richtlinien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bekräftigen die Bedeutung der geschlechtsangleichenden Behandlung für Transgender-Jugendliche. Diese Leitlinien stellen eine bedeutende Weiterentwicklung der Transgender-Gesundheitsversorgung in diesen Ländern dar und verstärken einen wachsenden Trend in Europa hin zu einem Ausbau und nicht zu einer Einschränkung des Zugangs zu geschlechtsangleichender Versorgung.

Herausforderungen bleiben auch in Deutschland

Trotz des progressiven gesetzlichen Rahmens bleibt die medizinische Versorgung für Transgender-Personen in Deutschland herausfordernd. Der Bundesverband Trans* erklärte kürzlich, dass eine auf Menschenrechten basierende Gesundheitsversorgung in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt ist.

Zu den Hauptproblemen gehören lange Wartezeiten für spezialisierte Gesundheitsdienstleister, ein Mangel an sachkundigem medizinischem Personal sowie strukturelle Hürden bei der Kostenübernahme durch Krankenkassen. Ein Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2023 führte sogar zu Bedenken, dass das deutsche Gesundheitssystem möglicherweise die Finanzierung von bestimmten Transgender-Operationen einschränken könnte.

Politisierung der Wissenschaft

Die Anweisung der Trump-Administration, "Bedauern" nach Transition zu erforschen, wird von Experten als Teil einer breiteren anti-transgender Agenda gesehen. Seit seiner Rückkehr ins Amt im Januar hat Trump mehrere anti-LGBTQ+-Erlasse unterzeichnet, die hauptsächlich die Transgender-Gemeinschaft betreffen.

Dazu gehören Erklärungen, dass die offizielle Politik der Vereinigten Staaten nur zwei Geschlechter anerkennt, Versuche, Transgender-Personen vom Militärdienst auszuschließen, sowie Einschränkungen der geschlechtsangleichenden Gesundheitsversorgung für Transgender-Personen unter 19 Jahren. Auch wurden Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) in der Regierung und den Streitkräften abgeschafft.

Die Organisation GLAAD kritisierte: "Die besessene Fixierung der Trump-Administration auf Angriffe gegen Transgender-Personen und ihre Gesundheitsversorgung spiegelt weder medizinische Fakten wider noch repräsentiert sie die Realität von Transgender-Personen, Jugendlichen und ihrer Freiheit, sie selbst zu sein und ihre eigenen Gesundheitsentscheidungen zu treffen, ohne diskriminiert und belogen zu werden."

Protestbewegung formiert sich

Der Widerstand gegen Trumps anti-LGBTQ+ Politik wächst. Am 5. April fanden in mehreren US-amerikanischen Städten die größten Anti-Trump-Proteste seit seinem Amtsantritt im Januar statt. Viele Demonstranten trugen dabei LGBTQ+ und Transgender-Pride-Flaggen.

Während die Trump-Regierung versucht, wissenschaftliche Institutionen für ihre ideologischen Ziele zu instrumentalisieren, zeigt der Vergleich mit Deutschland, dass progressive Ansätze in der Transgender-Politik möglich sind – auch wenn in beiden Ländern noch viel Arbeit bleibt, um eine wirklich inklusive und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten.


"Ein Kampf um Akzeptanz: J.K. Rowling attackiert Internationalen Tag der Asexualität"

Die Mitbegründerin des Internationalen Tags der Asexualität, Yasmin Benoit, hat die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling scharf kritisiert, nachdem diese den Aktionstag öffentlich verhöhnt hatte. Laut dem ursprünglichen Bericht von PinkNews bezeichnete Rowling den Aktionstag als "Tag der gefälschten Unterdrückung" und machte sich über Menschen lustig, die "vollkommen Fremden mitteilen wollen, dass sie keinen Sex wollen".

Kapern des Diskurses durch prominente Stimme

"Viele Menschen haben den Internationalen Tag der Asexualität nun erstmals durch J.K. Rowlings Hass darauf kennengelernt", erklärte die britische Aktivistin Benoit gegenüber PinkNews. "Es wird jetzt in vielen Räumen diskutiert, in denen ich es zuvor nicht gesehen habe, aber aus negativen Gründen. Sie hat den Anlass gewissermaßen gekapert."

Rowling, die seit Jahren mit kontroversen Äußerungen zu geschlechtlicher Identität für Aufsehen sorgt, veröffentlichte am 6. April 2025 - dem Internationalen Tag der Asexualität - eine Reihe von Beiträgen auf der Plattform X (ehemals Twitter), in denen sie grundlegende Aspekte von Asexualität falsch darstellte und die Legitimität dieser sexuellen Orientierung in Frage stellte.

Asexualität in Deutschland: Zwischen Schutz und Diskriminierung

Auch in Deutschland kämpfen asexuelle Menschen um Anerkennung und Sichtbarkeit. Obwohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet, erleben asexuelle Personen häufig Unverständnis, Vorurteile und Ausgrenzung im Alltag.

Organisationen wie Aspec*German und ACES NRW setzen sich hierzulande für die Rechte und die Sichtbarkeit von asexuellen Menschen ein. Der Internationale Tag der Asexualität wird auch in deutschen Städten mit Veranstaltungen und Aktionen begangen, um Aufklärungsarbeit zu leisten und Community-Vernetzung zu fördern.

Besorgniserregende Studienergebnisse

Eine von Benoit mitveröffentlichte Studie des King's College London offenbart erschreckende Zahlen: Über 40 Prozent der britischen Bevölkerung glauben, dass sich asexuelle Menschen nicht als solche bezeichnen können, wenn sie Sex haben. 26 Prozent meinen, Asexuelle hätten einfach "noch nicht die richtige Person getroffen". Besonders alarmierend: 11 Prozent der Befragten glauben, dass asexuelle Menschen überhaupt nicht existieren.

"Solche pauschalen Aussagen über die asexuelle Community haben zur Zunahme acephober Rhetorik und Fehlinformationen beigetragen, was sehr beunruhigend ist", erklärt Benoit. Ähnliche Einstellungen sind auch in Deutschland verbreitet, wie Umfragen und Berichte immer wieder zeigen.

Was ist Asexualität?

Asexualität ist ein Oberbegriff für verschiedene Identitäten, die durch ein fehlendes oder sehr geringes sexuelles Verlangen gekennzeichnet sind. Dies umfasst Bezeichnungen wie demisexuell (sexuelle Anziehung entsteht erst nach dem Aufbau einer emotionalen Bindung), grauasexuell oder "Grey-A" (gelegentliche oder schwache sexuelle Anziehung) und andere Identitäten im asexuellen Spektrum.

Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen asexuell (keine oder geringe sexuelle Anziehung) und aromantisch (keine oder geringe romantische Anziehung) – ein Unterschied, den Rowling in ihren Kommentaren offenbar nicht verstanden hatte, als sie fragte: "Wie soll man wissen, welche [Sexualität] man hat, wenn man keine sexuelle Anziehung erlebt?"

Positive Entwicklungen trotz Kontroverse

Trotz der negativen Kommentare sieht Benoit auch positive Entwicklungen: "Die Kontroverse hat die Diskussion ins Bewusstsein der Menschen gerückt, allerdings auf eine Weise, bei der sie uns verteidigen, was ich schön finde. Ich weiß nicht, was die Mainstream-Medien tun werden, aber zumindest gibt es Teile des Internets, die sagen: 'Das ist nicht richtig.'"

Ähnliche Entwicklungen sind auch in Deutschland zu beobachten. In den sozialen Medien solidarisieren sich immer mehr Menschen mit der asexuellen Community und fordern mehr Aufklärung und Respekt. Der Internationale Tag der Asexualität, der erst seit wenigen Jahren begangen wird, gewinnt auch hierzulande an Bedeutung und Sichtbarkeit – ungewollt verstärkt durch die Kontroverse um J.K. Rowlings Äußerungen.

Für Benoit unterstreicht der Vorfall die Notwendigkeit gesetzlicher Schutzmaßnahmen für asexuelle Menschen. Ein Anliegen, das auch in Deutschland zunehmend Gehör findet, wo die Vielfalt sexueller und romantischer Orientierungen in der Gesellschaftsdebatte immer mehr Raum einnimmt.


Religiöse Überzeugungen beeinflussen Einstellungen gegenüber LGBTQ+ Menschen: Eine vergleichende Studie unter Pädagogikstudierenden

Eine neue Studie aus Polen, Tschechien und der Slowakei zeigt deutliche Unterschiede in den Einstellungen gegenüber LGBTQ+ Menschen zwischen gläubigen und nicht-gläubigen Pädagogikstudierenden. Die Forschung, durchgeführt von Sylwia Ryszawy von der Universität Schlesien in Katowice, bietet wertvolle Einblicke in den Zusammenhang zwischen religiösen Überzeugungen und der Akzeptanz sexueller Minderheiten.

Hintergrund und Methodik der Studie

Die Studie untersuchte die Einstellungen von 314 Pädagogikstudierenden aus drei Nachbarländern mit unterschiedlichen Religiositätsgraden: Polen (stark religiös), Slowakei (mäßig religiös) und Tschechien (stark säkular). Die Wahl fiel auf Pädagogikstudierende aufgrund ihrer zukünftigen Rolle bei der Formung der Einstellungen junger Generationen.

Die Forschung basierte auf der Theorie der sozialen Identität, die davon ausgeht, dass Menschen sich selbst und andere in soziale Gruppen kategorisieren, was ihre Wahrnehmung beeinflusst. Die Studie nutzte eine diagnostische Umfragemethode mit Fragen zu persönlichen Einstellungen gegenüber verschiedenen LGBTQ+ Gruppen, zur Wahrnehmung von Homosexualität und zur Bewertung der Rechte homosexueller Menschen.

Hauptergebnisse: Religiöse Überzeugungen beeinflussen Akzeptanz

Die Untersuchung ergab signifikante Unterschiede in den Einstellungen gegenüber LGBTQ+ Menschen in Abhängigkeit vom Glauben der Befragten. Das Akzeptanzniveau war unter Nicht-Gläubigen durchweg höher als unter Gläubigen. Beide Gruppen zeigten die höchste Akzeptanz gegenüber Lesben und Schwulen, während Transgender-Personen auf weniger Akzeptanz stießen.

Besonders deutlich waren die Unterschiede in den folgenden Bereichen:

  • Generelle Einstellung gegenĂĽber LGBTQ+ Menschen (höher bei Nicht-Gläubigen)
  • Einstellung zu den Rechten homosexueller Menschen (deutlich höher bei Nicht-Gläubigen)
  • Wahrnehmung von Homosexualität als normal und tolerierbar (häufiger bei Nicht-Gläubigen)

Nicht-Gläubige erklärten eine größere Unterstützung für die Rechte von Lesben und Schwulen in allen untersuchten Aspekten (Eingehen von Partnerschaften, Kinderhaben, öffentliches Zeigen von Zuneigung) und stimmten häufiger der Aussage zu, dass Menschen mit homosexueller Orientierung für gleiche Rechte kämpfen sollten.

Länderspezifische Unterschiede

Die Studie zeigte auch klare Unterschiede zwischen den drei untersuchten Ländern:

  • In Polen, wo 88,2% der befragten Studierenden gläubig waren, zeigten sich die größten Unterschiede in der Akzeptanz von Transgender-Personen zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen.
  • In Tschechien, wo nur 26% der Befragten gläubig waren, gab es signifikante Unterschiede in der Einstellung gegenĂĽber Schwulen und bisexuellen Männern.
  • In der Slowakei, wo 72,2% der Studierenden gläubig waren, waren die Unterschiede zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen weniger ausgeprägt als in Polen.

Weitere Einflussfaktoren: Geschlecht und Wohnort

Neben religiösen Überzeugungen spielten auch andere Faktoren eine Rolle:

Weibliche Studierende zeigten durchweg positivere Einstellungen gegenüber LGBTQ+ Menschen als männliche Studierende. Sie bewerteten die Rechte von Homosexuellen positiver und wiesen niedrigere Aggressionswerte (verbal und physisch) auf als ihre männlichen Kommilitonen.

Studierende aus städtischen Gebieten zeigten positivere Einstellungen zu den Rechten von LGBTQ+ Menschen als solche aus ländlichen Gebieten. Besonders bei der physischen Aggression gegen LGBTQ+ Personen war ein Unterschied feststellbar - sie war höher in der Gruppe der Studierenden aus ländlichen Gebieten.

Bedeutung für die pädagogische Praxis

Die Studienergebnisse sind besonders relevant für die Ausbildung zukünftiger Pädagogen. Da Lehrende eine wichtige Rolle bei der Formung der Einstellungen junger Menschen spielen, könnte es sinnvoll sein, zusätzliche Bildungsprogramme an Universitäten einzuführen, wie Kurse, Workshops oder Trainings zu sexueller Vielfalt, Toleranz und Inklusion.

Die Autorin schlägt vor, dass solche Initiativen zukünftigen Pädagogen helfen könnten, Empathie zu entwickeln und eine sichere, unterstützende Umgebung für alle Schüler zu schaffen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.

Fazit

Die Untersuchung bestätigt, dass Religiosität einen signifikanten Einfluss auf die Einstellungen gegenüber LGBTQ+ Menschen hat. Pädagogikstudierende, die Glauben bekennen, zeigen eine weniger positive Einstellung gegenüber LGBTQ+ Menschen als nicht-gläubige Studierende.

Diese Unterschiede sind in allen untersuchten Ländern sichtbar: Polen, Tschechien und der Slowakei, wobei Polen mit dem höchsten Prozentsatz religiöser Menschen ein niedrigeres Akzeptanzniveau gegenüber LGBTQ+ Menschen aufweist. Tschechien als Land mit geringer Religiosität zeichnet sich durch eine höhere Akzeptanz aus.

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Glaube und damit verbundene Doktrinen eine Rolle bei der negativeren Wahrnehmung von LGBTQ+ Menschen spielen, während Nicht-Gläubige offener, toleranter und akzeptierender gegenüber sexuellen Minderheiten sind.


Missbrauchsprozess in Essen: Ex-Kaplan gesteht Übergriffe – Wie die katholische Kirche mit ihrer Vergangenheit ringt

In einem aufsehenerregenden Missbrauchsprozess vor dem Essener Landgericht räumte der ehemalige Kaplan Peter H. (77) sexuelle Übergriffe an einem damals elfjährigen Jungen ein und bat um Entschuldigung. Der Fall aus dem Jahr 1979 schlägt erneut Wellen in der Debatte um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche und angemessene Entschädigungen für die Betroffenen. Wie queer.de berichtet, soll eine Entscheidung über die geforderte Entschädigungssumme am 25. April verkündet werden.

Ein mutiger Mann kämpft um Gerechtigkeit

Der Kläger Wilfried Fesselmann, heute 56 Jahre alt, beschreibt den laufenden Prozess als "Befreiung". Er fordert vom Bistum Essen mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld, nachdem er bereits in der Vergangenheit Zahlungen in Höhe von insgesamt 45.000 Euro erhalten hatte. Seine Schilderungen der Ereignisse wurden vom Gericht als "glaubwürdig und nachvollziehbar" eingestuft.

Nach Fesselmanns Darstellung wurde er im Sommer 1979 vom damaligen Kaplan in dessen Wohnung zum Alkoholkonsum genötigt und später missbraucht. Am nächsten Morgen fand er einen Zettel mit der Aufforderung, über die Ereignisse zu schweigen: "Das bleibt unser Geheimnis. Du kannst jederzeit wiederkommen."

Die späte Reue des Täters

Im Gerichtssaal zeigte sich der Ex-Kaplan reuig. "Es tut mir leid wegen der Folgen für ihn", sagte Peter H. mit Blick auf den Kläger. "Es tut mir auch leid für meine Kirche." Er räumte ein, mit dem Jungen nackt im Bett gelegen und versucht zu haben, ihn im Intimbereich zu berühren. Allerdings behauptete er, seine Erinnerung sei lückenhaft, und bestritt, dass es zu Oralverkehr gekommen sei, wie vom Kläger beschrieben.

Besonders brisant: Nach den Vorfällen in Essen wurde der Geistliche Anfang der 1980er Jahre nach Bayern versetzt, angeblich um eine Therapie zu durchlaufen. Dort setzte er jedoch laut Bistum Essen seinen Missbrauch mit zahlreichen weiteren Fällen fort. Erst 2010 – drei Jahrzehnte später – wurde er aus dem kirchlichen Dienst entlassen und später in den Laienstand zurückversetzt.

Ein strukturelles Problem der Kirche

Der Fall reiht sich ein in eine lange Liste von Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland. Seit 2010 bemüht sich die Kirche verstärkt um die Aufarbeitung dieser dunklen Kapitel. Das Bistum Essen hat nach Angaben des DOMRADIO bislang über 4,4 Millionen Euro an Opfer sexuellen Missbrauchs ausgezahlt.

Zwischen 2021 und 2023 wurden im Ruhrbistum 194 Anträge von Betroffenen bearbeitet, wobei die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) mehr als 3,2 Millionen Euro bewilligte. Die Entschädigungssummen variieren je nach Schwere des Falls.

Präzedenzfall für höhere Entschädigungen?

Die von Fesselmann geforderte Summe von mindestens 300.000 Euro orientiert sich an einem Urteil des Landgerichts Köln aus dem Sommer 2023, das einem früheren Ministranten diese Summe zugesprochen hatte. Es handelte sich dabei um eine der höchsten Entschädigungen, die bisher in Deutschland für kirchlichen Missbrauch gezahlt wurden.

Der Vorsitzende Richter im aktuellen Essener Verfahren merkte jedoch an, dass eine solche Summe "relativ weit oben" im Vergleich mit anderen Schmerzensgeldurteilen liege. Bedeutsam ist auch, dass sich das Bistum Essen in diesem Prozess nicht auf Verjährung beruft, wie es katholisch.de berichtet.

Die lebenslangen Folgen fĂĽr Betroffene

Fesselmann führt als Begründung für seine Forderung die schwerwiegenden Folgen des Missbrauchs an: Er sei alkoholsüchtig geworden, leide an Angststörungen und Sexualstörungen. 24 Jahre lang sei er arbeitsunfähig gewesen und habe von Sozialleistungen leben müssen.

Diese traumatischen Langzeitfolgen sind typisch für Missbrauchsopfer und werden in der Debatte um angemessene Entschädigungen zunehmend berücksichtigt. Viele Betroffene kämpfen jahrzehntelang mit den psychischen und sozialen Konsequenzen der erlebten Übergriffe.

Aufarbeitung als langwieriger Prozess

Die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche bleibt ein langwieriger und für viele Betroffene schmerzlicher Prozess. Die deutschen Bischöfe veröffentlichten 2018 eine Studie, die Missbrauchsfälle im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zwischen 1946 und 2014 dokumentiert.

Das Bistum Essen hat, wie viele andere Diözesen, inzwischen Ansprechpersonen für Betroffene ernannt und bemüht sich um transparente Verfahren. Dennoch kritisieren Opferverbände häufig, dass die Aufarbeitung zu langsam voranschreite und die Entschädigungen in keinem Verhältnis zu den lebenslangen Schäden stünden.

Der Fall des Ex-Kaplans Peter H. zeigt einmal mehr, wie wichtig eine konsequente Aufarbeitung der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche ist – nicht nur für die individuellen Betroffenen, sondern auch für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit institutionellem Machtmissbrauch und dessen Folgen.


Kim Petras: Zweite Trans-Frau mit eigener Wachsfigur bei Madame Tussauds Berlin

Grammy-Gewinnerin Kim Petras wurde mit einer eigenen Wachsfigur im Madame Tussauds Berlin geehrt und ist damit erst die zweite Transgender-Frau in der 200-jährigen Geschichte des Wachsfigurenkabinetts, die diese Auszeichnung erhält. Der Originalartikel wurde auf PinkNews veröffentlicht.

Deutsche Pop-Ikone im Wachsfigurenkabinett verewigt

"Der Höhepunkt meiner Karriere ist zweifellos meine Wachsfigur bei Madame Tussauds", erklärte die aus Düsseldorf stammende Sängerin in einem Video auf der Website von Madame Tussauds Berlin. Die Enthüllung fand Anfang April 2025 im Rahmen der Eröffnung des neuen "Berlin Vibes"-Bereichs statt, der die pulsierende Straßenkultur der deutschen Hauptstadt repräsentieren soll.

Die 32-jährige Musikerin verbrachte vier Stunden mit den Technikern von Madame Tussauds in Los Angeles, um alle notwendigen Maße und Scans für ihre lebensechte Figur zu erstellen. Das Ergebnis ist beeindruckend detailgetreu und zeigt Petras in dem ikonischen roten Kleid, das sie bei den Grammy Awards 2023 trug, als sie gemeinsam mit Sam Smith für ihren Hit "Unholy" ausgezeichnet wurde.

Meilenstein fĂĽr die Trans-Community

Petras' Wachsfigur markiert einen wichtigen Moment fĂĽr die Sichtbarkeit von Transgender-Personen in der Popkultur. Vor ihr wurde 2015 die US-amerikanische Schauspielerin Laverne Cox als erste Trans-Person ĂĽberhaupt mit einer Wachsfigur bei Madame Tussauds geehrt. Damals wurde Coxs Figur im Madame Tussauds San Francisco zum Auftakt des San Francisco Pride enthĂĽllt.

"Ich bin zutiefst geehrt, Teil des Vermächtnisses von Madame Tussauds zu sein", sagte Cox damals. "Ich hoffe, dass dies eine Inspirationsquelle für alle sein wird, die darauf stoßen, zu glauben, dass ihre Träume wichtig sind und verwirklicht werden können."

Diese Worte könnten auch von Petras stammen, die sich in den letzten Jahren zu einer wichtigen Stimme für Trans-Rechte entwickelt hat. In zahlreichen Interviews sprach sie offen darüber, wie "extrem alarmiert" sie über die gesellschaftliche Behandlung von Trans-Menschen im aktuellen politischen Klima sei.

Von DĂĽsseldorf in die Welt

Die am 27. August 1992 in DĂĽsseldorf geborene Petras hatte bereits als Teenager internationale Aufmerksamkeit erregt. Im Alter von 16 Jahren unterzog sie sich einer geschlechtsangleichenden Operation, was damals in internationalen Medien als eine der jĂĽngsten dokumentierten Transitionen dieser Art berichtet wurde.

Auf die Frage, ob sie sich nun wie eine Frau fühle, antwortete Petras damals den Reportern: "Die Wahrheit ist, dass ich mich schon immer als Frau gefühlt habe – ich bin nur im falschen Körper gelandet."

Heute gehört Kim Petras zu den erfolgreichsten deutschen Popstars im internationalen Musikgeschäft. Mit Hits wie "Heart to Break", "Malibu" und besonders "Unholy" hat sie sich einen festen Platz in der globalen Musikszene gesichert. Ihr Grammy-Gewinn 2023 machte sie zur ersten offen trans Frau, die diese prestigeträchtige Auszeichnung erhielt.

Berlin Vibes: Neue Attraktion bei Madame Tussauds

Petras' Wachsfigur ist Teil des neu eröffneten "Berlin Vibes"-Bereichs im Madame Tussauds Berlin. Diese Abteilung soll Besuchern die Möglichkeit bieten, in die Atmosphäre der Berliner U-Bahn einzutauchen und die Energie der Straßenkultur zu erleben. Zu den interaktiven Elementen gehören eine Teledisko, eine Fotokabine und die Chance, als DJ in einem nachgebildeten Berliner Club zu agieren.

Neben Kim Petras wurden auch Wachsfiguren der britischen Popsängerin Dua Lipa und des deutschen Rappers Kontra K enthüllt, die ebenfalls Teil des neuen Bereichs sind. Durch die Platzierung in diesem kulturellen Hotspot wird Petras' Bedeutung für die deutsche Musikszene zusätzlich unterstrichen, trotz ihrer internationalen Karriere.

Vorbild fĂĽr junge LGBTQ+ Menschen

Für die deutsche LGBTQ+ Community hat die Ehrung von Kim Petras eine besondere Bedeutung. Als eine der prominentesten deutschen Transgender-Persönlichkeiten dient sie als Vorbild für viele junge Menschen. Ihre Wachsfigur in einem der meistbesuchten Touristenattraktionen Berlins trägt dazu bei, die Sichtbarkeit von Trans-Personen im öffentlichen Raum zu erhöhen.

Während in Deutschland und weltweit die Rechte von Transgender-Personen immer wieder in Frage gestellt werden, setzt die Präsenz von Petras' Wachsfigur ein wichtiges Zeichen. Sie zeigt, dass Trans-Personen einen bedeutenden kulturellen Beitrag leisten und Anerkennung verdienen – sowohl in der Musikindustrie als auch in der Gesellschaft insgesamt.


USA Fechten disqualifiziert Stephanie Turner nach Weigerung, gegen Transgender-Athletin anzutreten - Ein Vergleich mit deutschen Sportrichtlinien

USA Fechten hat eine offizielle Erklärung veröffentlicht, nachdem die Fechterin Stephanie Turner disqualifiziert wurde, weil sie sich weigerte, gegen eine Transgender-Athletin anzutreten. Der Vorfall, der sich kürzlich bei einem Turnier ereignete, wirft Fragen zur Teilnahme von Transgender-Athleten im Sport auf – ein Thema, das auch in Deutschland unterschiedlich gehandhabt wird. Die ursprüngliche Berichterstattung findet sich auf PinkNews.

Der Vorfall: Turners Protest und Disqualifikation

Die 31-jährige Stephanie Turner erhielt während eines Frauen-Florett-Turniers am 30. März an der University of Maryland die "Schwarze Karte" (Disqualifikation), nachdem sie sich geweigert hatte, gegen die Transgender-Athletin Redmond Sullivan anzutreten. Vor dem Beginn des Gefechts kniete Turner vor Sullivan nieder und verweigerte den Kampf.

Laut Augenzeugenberichten wandte sich Turner an den Schiedsrichter mit den Worten: "Es tut mir leid, ich kann das nicht tun. Ich bin eine Frau, und das ist ein Mann, und dies ist ein Frauen-Turnier. Ich werde nicht gegen diese Person fechten." Die Disqualifikation erfolgte gemäß den Richtlinien des Internationalen Fechtverbandes (FIE), die festlegen, dass sich ein Fechter nicht ohne triftigen Grund weigern darf, gegen einen ordnungsgemäß gemeldeten Gegner anzutreten.

Die Reaktion von USA Fechten

USA Fechten veröffentlichte am 3. April eine Erklärung, in der der Verband betonte, dass er "Hassrede oder gezielten Hass jeglicher Art" nicht toleriere. "USA Fechten bleibt einer inklusiven, respektvollen Gemeinschaft für alle in unserem Sport verpflichtet", heißt es in der Erklärung. "Wir glauben an das Prinzip, sichere Gemeinschaften zu schaffen, in denen alle Athleten und Gemeinschaftsmitglieder einen Platz haben."

Der Verband erklärte weiter, dass sie verstehen, dass es "eine Reihe von Perspektiven" gibt, und fügte hinzu, dass sie einen "respektvollen, forschungsbasierten Dialog" anstreben und die Richtlinien im Einklang mit der Entwicklung der Olympischen und Paralympischen Bewegung sowie des nationalen Rechts überprüfen werden.

Gegenüber BBC Sport betonte USA Fechten, dass "im Fall von Stephanie Turner" die Disqualifikation "nicht mit einer persönlichen Äußerung zusammenhängt, sondern lediglich das direkte Ergebnis ihrer Entscheidung war, nicht gegen einen berechtigten Gegner anzutreten."

Vergleich mit deutschen Sportrichtlinien

Während in den USA die Debatte über Transgender-Athleten im Sport kontrovers bleibt, hat Deutschland in einigen Sportarten einen progressiveren Ansatz gewählt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat beispielsweise 2022 beschlossen, dass Transgender-, intersexuelle und nicht-binäre Spieler*innen selbst entscheiden dürfen, ob sie in Frauen- oder Männermannschaften spielen möchten. Diese wegweisende Entscheidung basiert auf der Überzeugung, dass unterschiedliche körperliche Stärken und Fähigkeiten bei allen Menschen ohnehin vorhanden sind und nur im Team zum Erfolg führen.

Deutschland gilt allgemein als eines der LGBTQ+-freundlichsten Länder in Europa und nimmt auch bei der Integration von Transgender-Personen im Sport eine Vorreiterrolle ein. Verschiedene deutsche Sportverbände entwickeln zunehmend inklusivere Richtlinien, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und gleichzeitig versuchen, allen Athleten gerecht zu werden.

Die breitere Debatte

Die Kontroverse um Turners Disqualifikation fällt in eine Zeit, in der die Zukunft der Transgender-Inklusion bei den Olympischen Spielen und Paralympics durch die Ernennung der neuen IOC-Chefin Kirsty Coventry unsicher erscheint. Coventry hat angekündigt, dass sie darauf abzielt, "die weibliche Kategorie" vor Transgender-Athleten zu "schützen".

In Deutschland wird dagegen zunehmend der Ansatz verfolgt, individuelle Lösungen zu finden, die sowohl die Inklusion fördern als auch einen fairen Wettbewerb gewährleisten. Hier wird verstärkt auf Bildung, Dialog und wissenschaftliche Forschung gesetzt, um tragfähige Regelungen zu entwickeln.

USA Fechten schloss seine Erklärung mit dem Hinweis: "USA Fechten wird sich immer auf die Seite der Inklusion stellen, und wir sind bestrebt, die Richtlinien zu ändern, wenn mehr relevante evidenzbasierte Forschungsergebnisse vorliegen." Redmond Sullivan beendete das Turnier auf dem 24. Platz unter 39 Teilnehmerinnen.

Fazit: Unterschiedliche Ansätze zur Inklusion

Der Fall Stephanie Turner zeigt exemplarisch die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Frage der Transgender-Teilnahme im Sport. Während in den USA oft noch kontroverse Debatten geführt werden, hat Deutschland in einigen Sportarten bereits konkrete Schritte unternommen, um eine Balance zwischen Inklusion und Fairness zu finden. Die Sammlung von "Good Practices" zur institutionellen Inklusion von Athleten unterschiedlicher Geschlechter, die Erfahrungen aus verschiedenen europäischen Ländern zusammenführt, könnte dabei als Vorbild für internationale Sportverbände dienen.

Letztendlich geht es darum, Wege zu finden, wie der Sport inklusiver werden kann, ohne die Grundprinzipien des fairen Wettbewerbs zu gefährden – eine Herausforderung, der sich Sportverbände weltweit stellen müssen.


Steinmeier warnt vor gesellschaftlichem Rollback bei LGBTI-Akzeptanz und zunehmender Hasskriminalität

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der gesellschaftlichen Akzeptanz von queeren Menschen vor besorgniserregenden Rückschritten gewarnt. Bei einem Empfang im Schloss Bellevue anlässlich des 35. Gründungsjubiläums des LSVD+ – Verband Queere Vielfalt bezeichnete er die Situation für LGBTI-Personen in Deutschland als "sehr ambivalent", wie queer.de berichtet.

Steinmeier betonte, dass die deutsche Gesellschaft einerseits aufgeklärter und toleranter geworden sei. Eine Mehrheit befürworte inzwischen gleiche Rechte wie die Ehe für alle oder gleiche Adoptionsrechte. Gleichzeitig warnte der Bundespräsident jedoch eindringlich: "Ich sehe mit Sorge die Gefahr eines gesellschaftlichen Rollback – in Deutschland und weltweit."

Zunehmende Hasskriminalität gegen queere Menschen

Aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) bestätigen Steinmeiers Sorge. Im Jahr 2023 wurden 1.785 Straftaten erfasst, die sich gegen LGBTIQ*-Personen richteten – ein alarmierender Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zu den häufigsten Delikten zählen Beleidigungen, Gewalttaten, Volksverhetzungen, Nötigungen und Bedrohungen, wie der Tagesspiegel berichtet.

"Die Stimmen gegen die queere Gemeinschaft werden lauter und darunter sind mächtige Stimmen," warnte Steinmeier in seiner Rede. Als Beleg nannte er die Zunahme homo- und transfeindlicher Hasskriminalität sowie die Tatsache, dass die Polizei im vergangenen Jahr viele Christopher-Street-Day-Paraden schützen musste, weil Teilnehmende von Neonazis bedroht wurden.

Gefahr der rechtlichen RĂĽckschritte

Der Bundespräsident verwies explizit auf die USA unter Donald Trump als mahnendes Beispiel. Die Anerkennung von nur noch zwei Geschlechtern, der geplante Ausschluss von trans Menschen aus der Armee und die Einstellung von Diversitätsprogrammen zeigten, dass in den USA eine "selbsternannte Elite die Zeit zurückdrehen" wolle.

Solche Tendenzen dürften nicht hingenommen werden, mahnte Steinmeier. Toleranz und Respekt seien keine Selbstverständlichkeit, sondern müssten aktiv verteidigt werden, um Rückschritte zu verhindern.

LSVD+ feiert 35-jähriges Jubiläum

Anlässlich des Jubiläums hatte Steinmeier 180 Mitglieder des LSVD+ zu einem Empfang ins Schloss Bellevue eingeladen. Der LSVD wurde 1990 gegründet und hat sich im März 2024 in "LSVD+ – Verband Queere Vielfalt" umbenannt, um die Vielfalt der Community besser widerzuspiegeln. Der Verband setzt sich seit 35 Jahren für die Gleichberechtigung und Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Menschen ein.

Ursprünglich war der Empfang bereits für das Jubiläumsjahr 2020 geplant, musste aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden. Bundespräsident Steinmeier hat sich in der Vergangenheit mehrfach für die Belange von LGBTQ-Personen eingesetzt und staatliches Unrecht anerkannt.

Ambivalente Akzeptanz in der Bevölkerung

Studien belegen Steinmeiers Einschätzung einer ambivalenten Situation: Obwohl eine Mehrheit der Deutschen die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren befürwortet, ist die Akzeptanz für die Ehe für alle und Regenbogenfamilien seit 2021 gesunken, wie aus verschiedenen Umfragen hervorgeht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angesichts der steigenden Zahlen queerfeindlicher Straftaten mehr Unterstützung für Betroffene gefordert und eine konsequente Verfolgung von Hasskriminalität angekündigt. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle aus.

Steinmeiers Warnung vor einem "gesellschaftlichen Rollback" unterstreicht die Notwendigkeit, die erreichten Fortschritte in der Gleichstellung und gesellschaftlichen Akzeptanz queerer Menschen zu verteidigen – eine Aufgabe, die angesichts der aktuellen Entwicklungen dringlicher denn je erscheint.


"Martyns Gesetz": Neue Anti-Terror-MaĂźnahmen in GroĂźbritannien mit Bedeutung fĂĽr Deutschland

Premierminister Keir Starmer hat die Mutter von Martyn Hett, einem schwulen Opfer des Bombenanschlags in der Manchester Arena, getroffen, um die Verabschiedung des nach ihrem Sohn benannten Gesetzes zum Schutz vor Terroranschlägen zu feiern. Die neue Gesetzgebung wurde am 3. April 2025 offiziell verabschiedet und markiert das Ende einer sechsjährigen Kampagne der Familie.

Wer war Martyn Hett?

Martyn Hett war ein 29-jähriger PR-Manager und Social-Media-Star, der beim Terroranschlag nach einem Ariana Grande-Konzert in der Manchester Arena am 22. Mai 2017 ums Leben kam. Bei diesem Anschlag starben insgesamt 22 Menschen, viele weitere wurden verletzt. Hett war in der LGBT+-Community bekannt und beliebt, unter anderem für seine Liebe zur britischen Seifenoper "Coronation Street" und seine lebhafte Persönlichkeit. Sein Humor und sein offener Umgang mit seiner Sexualität machten ihn zu einer Identifikationsfigur für viele junge schwule Menschen.

Was beinhaltet "Martyns Gesetz"?

Das offiziell als "Terrorism (Protection of Premises) Bill" bezeichnete Gesetz verpflichtet Veranstaltungsorte mit einer Kapazität von 200 oder mehr Personen, Vorkehrungen für den Fall eines Terroranschlags zu treffen. Größere Veranstaltungsorte mit über 800 Personen müssen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wie beispielsweise Überwachungskameras, Taschenkontrollen oder Fahrzeugkontrollen, wo es angemessen erscheint.

Die strategischen Ziele des Gesetzes sind klar definiert: die Auswirkungen von Terroranschlägen zu reduzieren, Klarheit über Verantwortlichkeiten für Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen und die Konsistenz der Sicherheitsstandards zu verbessern. Zudem soll es mehr Unterstützung für diejenigen bieten, die für die Sicherheit an öffentlichen Orten verantwortlich sind.

Die besondere Rolle von Figen Murray

Seit dem Tod ihres Sohnes hat Figen Murray, Martyns Mutter, unermüdlich für die Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen an öffentlichen Veranstaltungsorten gekämpft. Beim Treffen mit Premierminister Starmer blätterten beide durch ein Familienalbum mit Fotos von Martyn. Starmer betonte dabei: "Das Gesetz wäre ohne Ihr Engagement nicht zustande gekommen. Ich hoffe, Sie sehen darin ein würdiges Vermächtnis für Martyn."

Murray antwortete darauf: "Das tut es, ja. Es gibt Martyns Tod zumindest eine gewisse Bedeutung." Diese Worte unterstreichen die tiefe persönliche Bedeutung hinter dem politischen Erfolg.

Relevanz fĂĽr Deutschland

Anders als Großbritannien verfügt Deutschland nicht über eine umfassende, separate Gesetzgebung zur Terrorismusbekämpfung. Die meisten terrorismusbezogenen Straftaten werden nach dem allgemeinen Strafrecht behandelt, obwohl es spezifische Regelungen zur Terrorismusfinanzierung und zur Bildung terroristischer Vereinigungen gibt. Die deutschen Behörden sehen derzeit rassistisch oder ethnisch motivierte Extremisten als größte Bedrohung für die innere Sicherheit.

In Deutschland ist das Bundeskriminalamt (BKA) für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus zuständig, wenn eine Bedrohung die Grenzen eines Bundeslandes überschreitet. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin, das die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern koordiniert.

Experten für öffentliche Sicherheit in Deutschland beobachten die Entwicklung in Großbritannien mit Interesse. "Die Frage nach verbindlichen Sicherheitsstandards für Veranstaltungsorte wird auch in Deutschland zunehmend diskutiert", erklärt Dr. Thomas Weber vom Deutschen Forum für Kriminalprävention. "Nach den Anschlägen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin oder zuletzt beim Messerangriff in Solingen gibt es auch hierzulande Forderungen nach stärkeren präventiven Maßnahmen."

Ein Vorbild fĂĽr Europa?

Während die britische Regierung das Gesetz als einen "Meilenstein für die Sicherheit unseres Landes" bezeichnet, stellt sich die Frage, ob ähnliche Regelungen auch in anderen europäischen Ländern eingeführt werden könnten. In Deutschland stünde dem der föderale Aufbau entgegen, da Sicherheitsbelange größtenteils in der Verantwortung der Bundesländer liegen.

Dennoch könnten einzelne Elemente von "Martyns Gesetz" auch für die deutsche Sicherheitsarchitektur interessant sein. Insbesondere die klare Definition von Verantwortlichkeiten und Mindeststandards für Veranstaltungsorte könnte als Vorbild dienen.

Die Verabschiedung von "Martyns Gesetz" zeigt eindrucksvoll, wie persönliches Engagement und Aktivismus zu konkreten politischen Veränderungen führen können. Für die LGBT+-Community in Großbritannien und darüber hinaus ist es zudem ein wichtiges Zeichen, dass das Gedenken an ein schwules Opfer eines Terroranschlags zu einem bedeutsamen gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen hat.

Während sich Großbritannien auf die Umsetzung des neuen Gesetzes vorbereitet, bleibt zu hoffen, dass der Geist von Martyns Vermächtnis auch in anderen Ländern zu einer sichereren Gesellschaft für alle beitragen wird – unabhängig von sexueller Orientierung, Geschlecht oder Herkunft.


Transfrau in Texas gezwungen zu kündigen: Rechte Online-Kampagne zerstört Lehrerinnen-Karriere - Deutsche Lehrkräfte ebenfalls unter Druck

Eine Transgender-Lehrerin in Texas wurde nach einer gezielten Online-Kampagne gezwungen, ihren Beruf aufzugeben. Wie PinkNews berichtet, reichte Rosie Sandri am 31. März ihre Kündigung ein, nachdem die rechtsgerichtete Social-Media-Plattform "Libs of TikTok" eines ihrer Videos aufgegriffen und millionenfach verbreitet hatte.

Eine Lehrerin im Visier rechter Online-Hetze

Rosie Sandri unterrichtete seit drei Jahren Englisch an der Red Oak High School in Texas. Vor sieben Monaten outete sie sich als Transfrau. In ihren TikTok-Videos sprach sie offen über ihre Erfahrungen und teilte mit, dass ihre 15- und 16-jährigen Schüler:innen ihre Identität respektierten und die korrekten Pronomen verwendeten. In einem Video bezeichnete sie sich als "transgender goddess".

Die Situation eskalierte, als der rechte Social-Media-Account "Libs of TikTok" mit mehr als vier Millionen Followern eines ihrer Videos teilte, sie dabei bewusst mit ihrem früheren Namen benannte (Deadnaming) und falsche Pronomen verwendete. Der begleitende Text fragte provokativ: "Würden Sie sich wohlfühlen, wenn diese Person Ihr Kind unterrichten würde?" Der Post wurde über sechs Millionen Mal angesehen und löste eine Welle der Empörung aus.

Der republikanische Abgeordnete Brian Harrison teilte den Beitrag auf X/Twitter und forderte die sofortige Entlassung Sandris mit den Worten: "Öffentliche Schulen (und die Grundsteuern, die sie finanzieren) sind für Bildung... nicht für linke Indoktrination da!" Nach der Kündigung äußerte er sich stolz darauf, zu ihrer Entfernung beigetragen zu haben.

Ein zerstörter Traumberuf

"Als ich diese Kündigung unterschrieb, fühlte es sich an, als würde mir mein Traum genommen", erklärte Sandri gegenüber NBC News. Sie hatte seit ihrem fünften Lebensjahr davon geträumt, Lehrerin zu werden. Vor ihrer Kündigung wurde sie für zwei Tage beurlaubt, während eine Untersuchung stattfand. Die Schule hatte zudem Drohungen erhalten.

Nach Sandris Rücktritt erhielten andere Lehrkräfte eine E-Mail mit dem Hinweis: "Ihre Meinungsfreiheit ist nicht frei von Konsequenzen, wenn sie zu einer Störung Ihrer Arbeitsfähigkeit führt."

Systematische Angriffe auf LGBTQ+-Lehrpersonen

Der Fall Sandri ist kein Einzelfall. "Libs of TikTok" hat sich auf das gezielte "Outing" von LGBTQ+-freundlichen Lehrkräften und Veranstaltungen spezialisiert. Eine Untersuchung von Vice aus dem Jahr 2023 belegte, dass Schulen in den USA Bombendrohungen erhielten, nachdem sie von dem Account ins Visier genommen worden waren.

Expert:innen bezeichnen "Libs of TikTok" als Teil einer Radikalisierungs-Pipeline der amerikanischen Rechten, die Transfeindlichkeit schürt und das Narrativ des "Schutzes der Kinder" als Vorwand nutzt, um gegen LGBTQ+-Personen vorzugehen und sie mit Pädophilen gleichzusetzen.

Auch in Deutschland: Transfeindlichkeit an Schulen

Auch in Deutschland sind Schulen häufig Orte von Homo- und Transfeindlichkeit. Schule der Vielfalt, ein bundesweites Netzwerk gegen Diskriminierung, berät Schulen und Lehrkräfte in 14 von 16 Bundesländern, um ein diskriminierungsfreies Umfeld zu schaffen.

Studien zeigen, dass diskriminierende Verhaltensweisen wie die Verwendung von "schwul" als Schimpfwort an deutschen Schulen weit verbreitet sind. Viele LGBTQ+-Personen vermeiden es, ihre Identität in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz oder in der Schule zu zeigen, was den falschen Eindruck erwecken kann, dass Homo- und Transfeindlichkeit kein relevantes Problem sei.

Während in Deutschland systematische Online-Kampagnen gegen einzelne LGBTQ+-Lehrkräfte bisher weniger verbreitet sind als in den USA, zeigt der Fall Sandri, wie schnell soziale Medien zur Waffe gegen vulnerable Gruppen werden können – und welche realen Konsequenzen dies für die Betroffenen hat.

Präventive Maßnahmen wie das Durchsetzen eines Verbots aller homophoben und transphoben Schimpfworte, die Aufklärung über sexuelle Vielfalt im Unterricht und die Einladung von Bildungsträgern für Workshops zu diesem Thema können helfen, ein respektvolles und inklusives Schulklima zu schaffen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet Beratung und Unterstützung für Betroffene von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität.


"Historischer Schritt: Evangelische Kirche in Bayern beschlieĂźt Trauung fĂĽr alle"

In einer wegweisenden Entscheidung hat die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) am Donnerstag in Augsburg mit großer Mehrheit beschlossen, künftig auch queeren Menschen eine kirchliche Trauung zu ermöglichen. Wie queer.de berichtet, wird damit die bisher geltende Unterscheidung zwischen "Trauung" für heterosexuelle Paare und "Segnung" für gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben.

Ein längst überfälliger Schritt zur Gleichstellung

Mit diesem Beschluss passt die ELKB ihre kirchliche Praxis an die staatlichen Regelungen an, die seit 2017 die "Ehe für alle" in Deutschland ermöglichen. Der Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung wird künftig für alle Paare einheitlich als "Trauung" bezeichnet. Die Entscheidung folgt einer Empfehlung der Arbeitsgruppe "Queer", die seit Herbst 2023 intensiv an der Aufarbeitung des Umgangs der Kirche mit queeren Menschen gearbeitet hatte.

Die Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, die "Diskriminierung queer lebender Personen in der Vergangenheit" aufzuarbeiten, für die Gegenwart zu analysieren und Maßnahmen zu entwickeln, wie solche Diskriminierungen auf rechtlichen und strukturellen Ebenen in Zukunft reduziert werden können. Voraussetzung für die kirchliche Trauung ist, wie SCHWULISSIMO.de berichtet, eine bereits vollzogene standesamtliche Eheschließung oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft.

Anerkennung von Schuld und Bitte um Vergebung

Besonders bemerkenswert war das deutliche Schuldeingeständnis der Kirche. Bereits am Mittwochabend hatte Synodenpräsidentin Annekathrin Preidel zu einer Schweigeminute aufgerufen, um des Leids zu gedenken, das queere Menschen in der Kirche erfahren haben. In ihrer bewegenden Ansprache benannte sie konkret die verschiedenen Formen der Diskriminierung, die queere Menschen in der Kirche erlitten haben:

"Dienstliche Ungleichbehandlungen, Behinderung von Karrieren, Durchgriff ins Privatleben mit Zwangsfolgen für die Lebensläufe und die Aufforderung zum Leben in Doppelmoral haben zwar der damals geltenden Rechtslage nicht widersprochen, waren und sind jedoch unangemessen, ungerechtfertigt und diskriminierend", erklärte Preidel. Sie fügte hinzu: "Einzelne Verantwortliche und die Kirche als Ganze sind an betroffenen Personen schuldig geworden."

Gewissensschutz bleibt bestehen

Ein wichtiger Aspekt der neuen Regelung ist, dass Pfarrerinnen und Pfarrer weiterhin unter dem Schutz der Gewissensfreiheit stehen. Dies bedeutet, dass keine Pfarrperson zur Trauung queerer Paare gezwungen werden kann, wie evangelisch.de erläutert. Allerdings sind diese Geistlichen dann verpflichtet, den Paaren Alternativen innerhalb der Landeskirche aufzuzeigen, um einen Traugottesdienst zu feiern.

Positive Reaktionen aus der queeren Community

Die Evangelische Jugend in Bayern zeigte sich erfreut ĂĽber die BeschlĂĽsse der Synode. Der Vorsitzende Malte Scholz teilte mit, dass mit der Trauung fĂĽr alle, der Aufarbeitung von Diskriminierung und Schuld sowie einem ebenfalls angestoĂźenen queeren Aktionsplan die Landeskirche einen wichtigen Schritt in Richtung einer Kirche geht, "die Vielfalt nicht nur anerkennt, sondern aktiv lebt und schĂĽtzt".

Bernhard Offenberger, Vertreter des lesbisch-schwulen Konvents Bayern, betonte laut epd die Bedeutung des Schuldeingeständnisses: "Es ist wichtig, dass Schuld benannt worden ist, damit die Heilung von Verletzungen beginnen kann."

Kritische Stimmen aus konservativen Kreisen

Wie zu erwarten, gab es auch kritische Reaktionen auf die Entscheidung. Der konservative Arbeitskreis ABC warnte laut Bayerischem Rundfunk vor einer "weiteren Provinzialisierung und ökumenischen Isolierung", da Partnerkirchen in anderen Ländern gleichgeschlechtliche Trauungen ablehnen. Diese Bedenken konnten jedoch die große Mehrheit der Synodalen nicht überzeugen.

Teil einer größeren Entwicklung in Deutschland

Die Entscheidung der bayerischen Landeskirche reiht sich in eine zunehmende Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Trauungen in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands ein. Bereits 2018 hatte die Landessynode der ELKB die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt. Mit der jetzigen Entscheidung geht Bayern einen Schritt weiter und hebt die begriffliche und inhaltliche Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der kirchlichen EheschlieĂźung auf.

Der Beschluss der bayerischen Landessynode zeigt, dass auch traditionell konservativere Landeskirchen einen Weg finden, theologische Überzeugungen mit der gesellschaftlichen Realität in Einklang zu bringen und queeren Menschen in ihrer Mitte vollständige Anerkennung zu gewähren. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern setzt damit ein wichtiges Zeichen für Inklusion und gegen Diskriminierung innerhalb der christlichen Gemeinschaft.


Trinidad und Tobago kriminalisiert Homosexualität erneut - Ein Rückschritt, der auch in Deutschland zur Wachsamkeit mahnt

Ein Berufungsgericht in Trinidad und Tobago hat am 25. März 2025 ein wegweisendes Urteil von 2018 aufgehoben, das Homosexualität im Land entkriminalisiert hatte. Diese Entwicklung, über die PinkNews ausführlich berichtet, bedeutet einen schwerwiegenden Rückschritt für die LGBTQ+-Gemeinschaft in dem karibischen Inselstaat.

Der juristische RĂĽckschlag

Die Richter Nolan Bereaux und Charmaine Pemberton entschieden, dass die Abschnitte 13 und 16 des Sexualstrafgesetzes, die aus der britischen Kolonialzeit stammen, beibehalten werden müssen. Mit dieser Entscheidung steht gleichgeschlechtlicher Sex in Trinidad und Tobago nun wieder unter Strafe – mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Der LGBTQ+-Aktivist Jason Jones, der die ursprüngliche Klage eingereicht hatte, erklärte, dieses "rückschrittliche Urteil hat meinen Status als Bürger von Trinidad und Tobago zerrissen und macht mich in den Augen des Gesetzes wieder zu einem unverfolgten Kriminellen."

Besonders problematisch ist die sogenannte "Savings Law"-Klausel in der Verfassung von Trinidad und Tobago, die Gesetze aus der Kolonialzeit vor verfassungsrechtlichen Anfechtungen schützt. Das Gericht räumte zwar ein, dass diese Gesetze in einer modernen Gesellschaft kaum zu rechtfertigen seien, berief sich jedoch auf diese verfassungsrechtliche Besonderheit.

Parallelen und Unterschiede zu Deutschland

Während in Trinidad und Tobago ein Rückschritt zu verzeichnen ist, hat Deutschland in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten gemacht. Seit der vollständigen Entkriminalisierung homosexueller Handlungen und der Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017 hat Deutschland einen langen Weg zurückgelegt. Zuletzt trat im August 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das es Transgender-, Intersex- und nicht-binären Personen erleichtert, ihren Namen und Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten zu ändern.

Dennoch sollte die Entwicklung in Trinidad und Tobago auch für die deutsche LGBTQ+-Gemeinschaft ein Warnsignal sein. Dr. Petra Thorn, Psychotherapeutin und LGBTQ+-Beraterin aus Frankfurt, erklärt im Gespräch mit Pride.Direct: "Die Rechte von LGBTQ+-Personen sind nie vollständig gesichert. In zahlreichen Ländern erleben wir, wie hart erkämpfte Fortschritte wieder zurückgenommen werden. Auch in Deutschland sehen wir mit dem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte besorgniserregende Tendenzen."

Zunehmende Bedrohungen auch in Europa

Tatsächlich gibt es auch in Europa Anzeichen für gegenläufige Entwicklungen. In Ungarn und Polen wurden in den letzten Jahren LGBTQ+-feindliche Gesetze verabschiedet. In Deutschland selbst haben rechtspopulistische Parteien an Einfluss gewonnen, die offen gegen LGBTQ+-Rechte hetzen. Einige Bundesländer haben zudem begonnen, die Verwendung von gendergerechter Sprache einzuschränken, was von vielen als symbolischer Angriff auf die Sichtbarkeit diverser Identitäten gewertet wird.

Die Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) hat wiederholt auf die Gefahr hingewiesen, dass auch in Deutschland erreichte Fortschritte nicht als selbstverständlich angesehen werden sollten. "Der Fall Trinidad und Tobago zeigt, wie fragil Rechtsfortschritte sein können. Als deutsche LGBTQ+-Community müssen wir solidarisch mit unseren Geschwistern weltweit sein und gleichzeitig wachsam bleiben, um unsere eigenen Errungenschaften zu schützen", betont Alfonso Pantisano, Bundesvorstand des LSVD.

Internationale Reaktionen und Ausblick

Menschenrechtsorganisationen haben das Urteil in Trinidad und Tobago scharf verurteilt. Die lokale LGBTQ+-Community hat angekĂĽndigt, vor dem Privy Council in London Berufung einzulegen, dem obersten Gerichtshof fĂĽr Trinidad und Tobago als Teil des Commonwealth.

Der Fall verdeutlicht, wie wichtig internationaler Druck und Solidarität für den Schutz von LGBTQ+-Rechten weltweit sind. Deutschland als eines der führenden Länder in Europa für LGBTQ+-Rechte hat hier eine besondere Verantwortung. Die Förderung und der Schutz der Menschenrechte von LGBTQ+-Personen ist offiziell Teil der deutschen Außenpolitik.

Für die betroffenen Menschen in Trinidad und Tobago bedeutet das Urteil eine unmittelbare Bedrohung ihrer persönlichen Freiheit und Sicherheit. Viele fürchten nun zunehmende Diskriminierung und Gewalt, da das Gesetz LGBTQ+-Personen, wie Jason Jones es ausdrückte, "ein Ziel auf den Rücken gemalt hat".

Während wir in Deutschland weiterhin für vollständige Gleichberechtigung kämpfen, sollten wir die weltweiten Entwicklungen aufmerksam verfolgen und uns mit LGBTQ+-Gemeinschaften in Ländern solidarisieren, die mit Rückschritten konfrontiert sind. Die Geschichte hat gezeigt, dass Rechte, die hart erkämpft wurden, auch wieder verloren gehen können, wenn sie nicht kontinuierlich verteidigt werden.


Homophober Vorfall am Bahnhof Zoo: Mehr als ein Einzelfall in Berlins Alltagsrealität

Ein Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten wurde am Mittwochvormittag Opfer homophober Beleidigungen und Drohungen, wie queer.de berichtet. Der Vorfall, der zur vorläufigen Festnahme eines 32-jährigen Mannes führte, reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung von LGBTQ-feindlichen Übergriffen in der Hauptstadt ein.

Der Vorfall im Detail

Laut Polizeibericht erhielten Einsatzkräfte gegen 9 Uhr den Auftrag, zu einer randalierenden Person in der Jebensstraße zu fahren. Ein 28-jähriger Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung gab an, im Rahmen seines sozialen Dienstes in einen Disput mit einem Bedürftigen geraten zu sein. Der 32-jährige Tatverdächtige wollte sich nicht von dem Hilfeleistenden bedienen lassen und soll diesen daraufhin mehrfach homophob beleidigt und bedroht haben.

Der Mann wurde vorläufig festgenommen und zur erkennungsdienstlichen Behandlung in ein Polizeigewahrsam gebracht. Selbst auf dem Weg dorthin äußerte er sich weiterhin abfällig. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurde er entlassen, erhielt jedoch einen Platzverweis für die kirchliche Einrichtung am Bahnhof Zoo.

Ein wachsendes Problem in Deutschland

Der Vorfall am Bahnhof Zoo ist leider kein Einzelfall. Laut dem Bundesministerium des Innern und für Heimat wurden im Jahr 2023 bundesweit 1.785 Fälle von Hasskriminalität gegen LSBTIQ*-Personen erfasst – ein dramatischer Anstieg gegenüber 1.188 Fällen im Vorjahr. Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnete diese Zahlen als "erschreckend" und betonte die Notwendigkeit, Betroffene besser zu schützen.

Berlin verzeichnet dabei einen besonders hohen Anteil der bundesweit erfassten Hasskriminalität gegen queere Menschen. Innerhalb der Hauptstadt sind die Bezirke Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg sowie Charlottenburg-Wilmersdorf besonders betroffen, wie Schwulissimo berichtet.

Die Dunkelziffer ist alarmierend

Experten gehen davon aus, dass etwa 90 Prozent der Hassverbrechen gegen LSBTIQ*-Personen nicht zur Anzeige gebracht werden. Gründe hierfür sind häufig Scham, Angst vor weiteren Repressalien und mangelndes Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden. Die tatsächliche Dimension des Problems dürfte daher noch weitaus größer sein.

Bei den Tätern handelt es sich laut Untersuchungen überwiegend um junge Männer, die oft in Gruppen agieren und durch solche Übergriffe ihre vermeintliche Männlichkeit unter Beweis stellen wollen. Diese Muster zeigen sich in Berlin ebenso wie in anderen deutschen Großstädten.

Berlins spezialisierte Ansprechstellen

Die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft haben auf diese Entwicklung reagiert. Als eine der wenigen Städte in Deutschland verfügt Berlin über spezialisierte Ansprechpersonen für LGBTQ-Menschen bei beiden Behörden. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat eine Sonderzuständigkeit für die Verfolgung von homo- und transphober Hasskriminalität eingerichtet, wie Berlin.de mitteilt.

Diese spezialisierten Stellen erleichtern es, Strafanzeigen zu stellen und entsprechende UnterstĂĽtzung zu erhalten. Zudem gibt es in Berlin zahlreiche Beratungsstellen und Hilfsangebote fĂĽr Betroffene von queerfeindlicher Diskriminierung und Gewalt.

Gesellschaftliche Konsequenzen

Queerfeindliche Hasskriminalität betrifft nicht nur die individuellen Opfer, sondern hat weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen. Die Angst vor Übergriffen kann dazu führen, dass LGBTQ-Personen bestimmte Orte meiden, ihre Identität verbergen oder sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen.

"Ein Angriff auf einen queeren Menschen ist ein Angriff auf uns alle und unsere freiheitliche Gesellschaft", betonte kĂĽrzlich Berlins Regierender BĂĽrgermeister Kai Wegner bei einer Veranstaltung zum Christopher Street Day.

Der aktuelle Vorfall am Bahnhof Zoo unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen und entschlossener Strafverfolgung. Nur durch ein konsequentes Vorgehen gegen Hasskriminalität und eine breite gesellschaftliche Unterstützung für die Betroffenen kann diesem besorgniserregenden Trend Einhalt geboten werden.


Studie bestätigt: Geschlechtsangleichende Behandlung verbessert Lebensqualität von Transmensch-Männern deutlich

Eine neue Studie der Nottingham Trent University (NTU) und der Breda University of Applied Sciences in den Niederlanden bestätigt, was für viele keine Überraschung sein dürfte: Geschlechtsangleichende Behandlungen verbessern die Lebensqualität von Transmännern erheblich. Die am 31. März im International Journal of Transgender Health veröffentlichte Forschungsarbeit untersuchte 166 Transmänner und deren Erfahrungen mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen.

Eindeutige Verbesserung der Lebenssituation

Die Studie zeigt, dass Transmänner nach Beginn einer geschlechtsangleichenden Behandlung nicht nur eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Körper erleben, sondern auch eine insgesamt verbesserte Lebensqualität berichten. Besonders wenn ihr äußeres Erscheinungsbild stärker mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt, steigt das Wohlbefinden signifikant.

Laut Hauptforscher Dr. Liam Cahill, Senior Dozent für LGBTQ+-Psychologie an der School of Social Sciences der NTU, ist das Verständnis dieser Zusammenhänge entscheidend für die Entwicklung angemessener Unterstützungsangebote für Transmänner. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit zugänglicher, geschlechtsspezifischer Versorgung, die sowohl die Geschlechtskongruenz als auch die Körperzufriedenheit unterstützt.

Parallelen zu Erkenntnissen in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es ähnliche Forschungsergebnisse. Eine retrospektive Studie zur Lebensqualität nach Frau-zu-Mann-Geschlechtsangleichungen zeigte eine statistisch signifikante Verbesserung im Bereich "Gesundheit", wie Forschungen der TU München belegen. Besonders die körperlichen Veränderungen durch Hormontherapien wie Bartwuchs, Muskelwachstum und veränderte Fettverteilung tragen wesentlich zum Selbstbewusstsein bei.

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat zudem festgestellt, dass die Hormontherapie bei Transmännern die Stresshormonreaktion abschwächen und möglicherweise depressive Symptome reduzieren kann, was ebenfalls zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt.

Verschiedene Dimensionen der Lebensqualität

Die britisch-niederländische Studie untersuchte vier Bereiche der Lebensqualität: physiologisch, psychologisch, sozial und umweltbezogen. Während die positiven Auswirkungen auf körperliche und psychologische Aspekte besonders ausgeprägt waren, zeigten sich bei sozialen und umweltbezogenen Faktoren geringere Effekte.

Dies könnte, so die Forscher, auf die einzigartigen Bindungen hindeuten, die innerhalb der Trans-Community entstehen. Diese Gemeinschaft bietet oft wichtige Unterstützung, unabhängig vom Stadium der Transition.

Bedeutung ganzheitlicher Betreuung

Experten betonen die Wichtigkeit einer interdisziplinären Behandlung durch Spezialisten verschiedener Fachrichtungen. In Deutschland empfehlen medizinische Leitlinien eine umfassende Betreuung durch Psychologen, Psychiater, Endokrinologen und gegebenenfalls Chirurgen, um den oft hohen Leidensdruck zu mindern.

Besonders wichtig ist eine einfĂĽhlsame und umfassende Beratung vor und nach geschlechtsangleichenden MaĂźnahmen. Wie Experten betonen, liegt die Rate des Bedauerns nach geschlechtsangleichenden Operationen mit 0,3% bis 2% zwar sehr niedrig, dennoch ist kontinuierliche psychologische UnterstĂĽtzung ein wichtiger Faktor fĂĽr langfristige Zufriedenheit.

Fazit: Wissenschaftliche Bestätigung für die Notwendigkeit geschlechtsangleichender Maßnahmen

Die neue Studie unterstreicht einmal mehr mit wissenschaftlicher Evidenz, was viele Transmenschen aus eigener Erfahrung wissen: Geschlechtsangleichende Behandlungen sind kein Luxus, sondern medizinisch notwendige Maßnahmen, die die Lebensqualität erheblich verbessern können. Diese Erkenntnisse sind besonders relevant in Zeiten, in denen der Zugang zu solcher Versorgung in manchen Ländern zunehmend eingeschränkt wird.

Für Deutschland mit seiner aktualisierten S3-Leitlinie zur Behandlung von Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie bestätigt die Studie den eingeschlagenen Weg einer patientenzentrierten, evidenzbasierten Versorgung von Transmenschen.


AfD will Regenbogenfahnen verbieten: Symbolkampf um LGBTQ+ Rechte in Rostock

Die AfD im Landkreis Rostock sorgt mit einem kontroversen Antrag für Aufsehen: Die Partei will das Hissen der Regenbogenflagge an Dienstgebäuden des Landkreises untersagen. Wie queer.de berichtet, sollte der Antrag ursprünglich sogar als Dringlichkeitsantrag behandelt werden, was jedoch am Mittwoch keine Mehrheit fand. Nun steht die Debatte für den 4. Juni auf der Tagesordnung.

Flagge als "Zirkus" verunglimpft

"Wir möchten, dass ausschließlich hoheitliche Flaggen an den Dienstgebäuden angebracht werden", begründete AfD-Fraktionsgeschäftsführerin Steffi Burmeister den Antrag gegenüber der Ostsee-Zeitung. Ihre Begründung: "Diese Art von Beflaggung" habe "an unseren Dienstgebäuden nichts zu suchen". Der Landkreis sei kein "Zirkuszelt". AfD-Fraktionschef Hans-Werner Moltzen ergänzte: "Wir mögen auch bunt, natürlich: Schwarz-Rot-Gold".

Kritik kam prompt von queeren Organisationen. Tom Lüth vom Zentrum "Rat und Tat" bezeichnete den AfD-Antrag als "Angriff auf queere Menschen". Besonders alarmierend äußerte sich Karolin Mrosek vom LSVD Queer MV: "Wir haben nicht für unsere Rechte gekämpft, um jetzt wieder ins Jahr 1933 zurückzukehren."

Teil einer bundesweiten Strategie

Der Vorstoß in Rostock reiht sich ein in eine Serie ähnlicher Initiativen der AfD in ganz Deutschland. Ende Januar scheiterte die Partei im brandenburgischen Falkensee mit einem vergleichbaren Antrag. Auch in Gifhorn und Wittenberg gab es ähnliche Bestrebungen. Besonders drastisch verlief die Situation in Neubrandenburg, wo der schwule Bürgermeister nach einem beschlossenen Verbot sogar zurücktrat – das Verbot wurde später wieder aufgehoben.

Diese Anträge folgen einem erkennbaren Muster: Die AfD hat sich in der Vergangenheit wiederholt gegen LGBTQ+-Rechte positioniert. Die Partei stimmte gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe und fordert in ihrem Wahlprogramm, Kinder und Jugendliche vor "Frühsexualisierung" und "Gender-Ideologie" zu schützen, wie The Independent berichtet.

Symbolpolitik mit realen Auswirkungen

Die Regenbogenflagge ist weit mehr als ein buntes Symbol – sie steht für Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit. Im Landkreis Rostock wurde sie im vergangenen Jahr zum Deutschen Diversity Tag gehisst und wehte für etwa einen Monat während des Pride-Monats Juni. Die AfD stört sich auch an anderen Symbolen: In der Debatte kritisierte Burmeister, dass bereits im März eine "nicht-hoheitliche Flagge" gehisst worden sei – vermutlich bezog sie sich auf Flaggen zu den "Internationalen Wochen gegen Rassismus".

Die politischen Machtverhältnisse im Kreistag könnten den Ausgang der Debatte beeinflussen: Mit 19 Abgeordneten ist die AfD die stärkste Fraktion, während die CDU nach dem Austritt eines Abgeordneten einen Sitz weniger hat. Die SPD verfügt über 10, die Linke über 6 Sitze.

Gesamtgesellschaftliche Relevanz

Solche Anträge zum Verbot von Regenbogenflaggen sind keine isolierten Vorfälle, sondern Teil einer breiteren Debatte über LGBTQ+-Rechte in Deutschland. In Rostock selbst hing zuletzt im November 2023 eine Regenbogenflagge am Rathaus – als Zeichen der Solidarität nach einem Brandanschlag auf eine queere Bar.

Während in vielen Teilen Deutschlands die Akzeptanz für die LGBTQ+-Community wächst, gibt es parallel Bestrebungen, ihre Sichtbarkeit einzuschränken. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Renz vermutete in der Debatte über den Dringlichkeitsantrag, dass es der AfD vor allem darum gehe, "sich zu profilieren und eine Show abzuziehen".

Ob der Antrag am 4. Juni eine Mehrheit finden wird, bleibt abzuwarten. Für die queere Community in Mecklenburg-Vorpommern steht jedenfalls mehr auf dem Spiel als nur eine Flagge – es geht um Anerkennung, Sichtbarkeit und letztlich um gesellschaftliche Teilhabe.


Russlands Angriff auf die Aids-Bekämpfung: Elton Johns Stiftung als "unerwünscht" eingestuft - während Deutschland Fortschritte macht

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat die Elton John AIDS Foundation als "unerwünschte ausländische Organisation" eingestuft und damit faktisch ihre Tätigkeit in Russland verboten. Wie queer.de berichtet, wirft die Behörde der Stiftung des britischen Sängers vor, eine negative Haltung gegenüber Ländern wie Russland einzunehmen, die angeblich "traditionelle spirituelle und moralische Werte" schützen.

Hintergrund des Verbots

Die von Elton John 1992 gegründete Stiftung hat bislang über 600 Millionen US-Dollar in 54 Ländern für HIV-Prävention und Pflege bereitgestellt. Der Vorsitzende ist Elton Johns Ehemann David Furnish. Besonders pikant: Die russischen Behörden erwähnten in ihrer Begründung explizit das "Homo-Propaganda-Gesetz" und spielten auf die Homosexualität des Sängers an.

"Die NGOs beteiligen sich aktiv an einer vom 'kollektiven Westen' orchestrierten Informationskampagne, um traditionelle Werte zu diskreditieren und soziale Spannungen zu eskalieren", so die Staatsanwaltschaft in ihrer Erklärung. Weiter warf sie den Stiftungen die Förderung "von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen, von westlichen Familienmodellen und Geschlechtsumwandlungen" vor.

Teil einer größeren Repressionswelle

Die Einstufung als "unerwünschte Organisation" bedeutet laut russischem Gesetz von 2015, dass die Stiftung ihre Tätigkeit in Russland einstellen muss. Konten und eventuelles Eigentum werden blockiert, Vertretungen geschlossen. Betroffen sind mit Stand Februar über 200 Einrichtungen, darunter auch die Stiftungen deutscher Parteien.

Diese Maßnahme reiht sich ein in eine lange Liste repressiver Aktionen gegen die LGBTQ+-Community in Russland. 2013 wurde das Gesetz gegen "Homo-Propaganda" erlassen, das nach einer Verschärfung auch die "Bewerbung" von LGBTQ+-Themen gegenüber Erwachsenen unter Strafe stellt. 2023 untersagte Russland geschlechtsangleichende Operationen und deren rechtliche Anerkennung. Im selben Jahr erklärte das Oberste Gericht "die internationale LGBT-Bewegung als extremistisch" und verbot ihre Aktivitäten im Land.

Besonders besorgniserregend: Trotz der hohen HIV-Infektionsraten in Russland und des Mangels an lebensrettenden Medikamenten geht die Regierung gezielt gegen Organisationen vor, die sich für die Bekämpfung von HIV und AIDS einsetzen, wie TVP World berichtet.

Kontrast zu Deutschland

Während in Russland LGBTQ+-Rechte massiv eingeschränkt werden, sind in Deutschland zuletzt wichtige Fortschritte erzielt worden. Seit dem 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen die Änderung ihres Geschlechtseintrags und Vornamens erleichtert.

Auch auf kommunaler Ebene gibt es positive Entwicklungen: Mit breiter Mehrheit hat beispielsweise der Dortmunder Stadtrat kĂĽrzlich einen umfassenden Aktionsplan zur Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt beschlossen, wie der LSVD Baden-WĂĽrttemberg berichtet.

Dennoch gibt es auch hierzulande weiterhin Handlungsbedarf. Der LSVD (Lesben- und Schwulenverband) fordert eine Erweiterung des Grundgesetzes zum besseren Schutz queerer Menschen. Zudem zeigt ein aktueller Bericht der Bundesregierung, dass die Akzeptanzwerte zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland erstmals seit Jahrzehnten sinken – ein beunruhigendes Signal.

Elton Johns Engagement

Elton John selbst war mehrfach in Russland aufgetreten, hatte aber gleichzeitig die antiqueere Politik des Landes und den Umgang mit HIV kritisiert. 2016 traf er gezielt Aids- und LGBTI-Aktivist*innen in Moskau, um auf die Situation aufmerksam zu machen.

Seine Stiftung hat sich seit ihrer Gründung nicht nur für die medizinische Versorgung von HIV-positiven Menschen eingesetzt, sondern auch gegen die Stigmatisierung der LGBTQ+-Gemeinschaft gekämpft – ein Engagement, das in Russland nun als unerwünscht gilt, während es in demokratischen Gesellschaften als wichtiger Beitrag zur öffentlichen Gesundheit und Menschenrechten anerkannt wird.


5 autistische LGBTQ+ Prominente, die Sie im Autismus-Akzeptanz-Monat kennen sollten

Im Rahmen des Autismus-Akzeptanz-Monats stellen wir Ihnen fünf LGBTQ+ Persönlichkeiten vor, die offen über ihre Erfahrungen mit Autismus sprechen. Der ursprüngliche Artikel stammt von PinkNews und wurde für ein deutsches Publikum aufbereitet.

Der April ist weltweit als Autismus-Akzeptanz-Monat bekannt und bietet eine Gelegenheit, das Bewusstsein für Autismus zu schärfen und die Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern. Laut Autismus Deutschland e.V. leben schätzungsweise etwa 800.000 Menschen in Deutschland mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Seit 2007 wird am 2. April auch der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Welt-Autismus-Tag begangen.

Was ist Autismus?

Autismus ist keine Krankheit, sondern beschreibt eine neurobiologische Entwicklungsbesonderheit, bei der das Gehirn anders funktioniert. Menschen im Autismus-Spektrum können unter anderem Herausforderungen in der sozialen Kommunikation erleben und Informationen anders verarbeiten. Die Diagnose erfolgt in Deutschland oft später als wünschenswert, besonders bei Frauen und Mädchen, die häufig unterdiagnostiziert bleiben.

Diese LGBTQ+ Prominenten sprechen offen ĂĽber Autismus

Hier sind fünf LGBTQ+ Persönlichkeiten, die über ihre Erfahrungen mit Autismus sprechen und damit wichtige Sichtbarkeit schaffen:

1. Wentworth Miller

Der aus der Serie "Prison Break" bekannte Schauspieler Wentworth Miller teilte 2021 mit, dass er als Erwachsener die Diagnose Autismus erhielt. Der schwule Schauspieler beschrieb die Diagnose gegenĂĽber seinen 2,1 Millionen Instagram-Followern als "ein Schock, aber keine Ăśberraschung".

"Im Moment besteht meine Arbeit darin, mein Verständnis weiterzuentwickeln", schrieb Miller damals. "Fünf Jahrzehnte gelebte Erfahrung durch eine neue Linse zu betrachten. Das wird Zeit brauchen."

Miller erkannte dabei sein Privileg, Zugang zu einer Diagnose zu haben - etwas, das vielen Menschen verwehrt bleibt. Auch in Deutschland berichten viele Betroffene von langen Wartezeiten und HĂĽrden bei der Diagnostik, wie der Bundesverband Autismus Deutschland e.V. dokumentiert.

2. Bradley Riches

Der "Heartstopper"-Star Bradley Riches, der mit neun Jahren seine Autismus-Diagnose erhielt, sprach in der britischen Version von "Celebrity Big Brother" offen über seine Erfahrungen. In einem Interview mit der Metro erklärte er, dass er Repräsentation für junge autistische Menschen bieten möchte.

"Ich habe nie einen Schauspieler gesehen, der offen autistisch war. Aber wir bewegen uns in die richtige Richtung, mit mehr autistischen Schauspielern, die autistische Rollen spielen, was immer der Fall sein sollte, sonst ist es keine wahrheitsgetreue Darstellung", sagte er 2022.

In Deutschland gewinnt das Thema autistische Repräsentation in Medien ebenfalls an Bedeutung. Die Initiative Neurodiversität setzt sich dafür ein, dass mehr authentische Darstellungen in Film und Fernsehen zu sehen sind.

3. Hannah Gadsby

Die australische Komikerin Hannah Gadsby wurde mit ihrem bahnbrechenden Comedy-Special "Nanette" international bekannt und sprach darin erstmals offen über ihre Autismus-Diagnose. Im Jahr 2023 erzählte Gadsby gegenüber PinkNews: "Es gibt viel äußeres Chaos, das ich zu ordnen versuche. Die Diagnose hat enorm geholfen, weil ich jetzt weiß, dass ich wahrscheinlich nicht immer das ganze Bild sehe, und darin steckt Humor, den ich nutzen kann."

Auch in der deutschen Comedy-Szene gibt es zunehmend Künstler*innen, die offen mit ihrer Neurodiversität umgehen, wie etwa die Komikerin Hazel Brugger, die über ihre ADHS-Diagnose spricht, was oft mit Autismus überlappende Charakteristika aufweist.

4. Josh Thomas

Der schwule Komiker und Schauspieler Josh Thomas wurde von der LGBTQ+ Community fĂĽr seine Darstellung des schwulen Millennials-Lebens in der gefeierten Comedy-Serie "Please Like Me" gelobt. 2020 folgte die Serie "Everything's Going To Be OK" ĂĽber einen schwulen Entomologen mit Autismus-Diagnose.

Im Gespräch mit The Guardian über seine eigene Autismus-Diagnose im Alter von 33 Jahren sagte er: "Mir war mehr bewusst, dass ich in manchen Dingen nicht gut bin... Menschen dazu zu bringen, sich wohl zu fühlen und über sich selbst zu sprechen – ich würde nicht sagen, dass ich der Favorit für diesen Job bin. Was uns interessante Interviews einbrachte, weil ich so direkt bin und niemand klingt, als würde er Unsinn reden oder eine Show abziehen."

Thomas moderiert derzeit seinen eigenen Podcast mit dem Titel "How To Be Gay". In Deutschland gibt es ähnliche Formate wie den Podcast "Aspies", in dem autistische Menschen aus der LGBTQ+ Community über ihre Erfahrungen sprechen.

5. Sheldon Riley

Der australische Sänger Sheldon Riley vertrat Australien beim Eurovision Song Contest 2022 mit seinem Song "Not the Same", der seine Erfahrungen als autistischer und queerer Mensch thematisiert. Riley erhielt seine Autismus-Diagnose mit sechs, neun und zwölf Jahren.

Im Gespräch mit SBS News teilte er mit: "Mir wurde lange Zeit gesagt, dass ich nicht in der Lage sein würde, mich als normal funktionierender Mensch zu verhalten, Arbeit zu finden, Freunde zu haben oder einen Partner zu haben."

Er sagte, dass die Auswahl als Vertreter Australiens beim Eurovision eine große Bestätigung für ihn war: "Ich bin nicht nur eine Reality-TV-Person oder jemand, der sich verkleidet, weil er es liebt, sich zu verkleiden. Ich bin Musiker. Ich schreibe meine eigene Musik, ich bin völlig unabhängig."

Autismus und LGBTQ+ in Deutschland

In Deutschland gibt es eine wachsende Community von Menschen, die sowohl im Autismus-Spektrum sind als auch der LGBTQ+ Gemeinschaft angehören. Organisationen wie Pride & Autismus bieten spezifische Unterstützung und Austausch. Studien deuten darauf hin, dass neurodivergente Menschen häufiger geschlechtliche und sexuelle Vielfalt erleben, was möglicherweise mit einer geringeren Beeinflussung durch gesellschaftliche Normen zusammenhängt.

Der diesjährige Autismus-Akzeptanz-Monat steht unter dem Motto "Unterschiede feiern" und betont die Bedeutung der Neurodiversität in einer inklusiven Gesellschaft. Durch die Sichtbarkeit von Persönlichkeiten wie den hier vorgestellten wird das Bewusstsein geschärft und Vorurteile können abgebaut werden.


Fechterin disqualifiziert nach Protest gegen Trans-Gegnerin: Die Debatte um Inklusion im Sport erreicht Deutschland

In einem Vorfall, der international für Aufsehen sorgt und auch in Deutschland Diskussionen über Transgender-Inklusion im Sport entfacht, wurde die amerikanische Fechterin Stephanie Turner disqualifiziert, nachdem sie sich weigerte, gegen eine Transgender-Athletin anzutreten. Die ursprüngliche Berichterstattung stammt von PinkNews, doch der Fall wirft Fragen auf, die auch für den deutschen Sport relevant sind – besonders angesichts des neuen Selbstbestimmungsgesetzes, das im November 2024 in Kraft tritt.

Was ist passiert?

Beim Cherry Blossom Open Turnier an der University of Maryland weigerte sich Stephanie Turner von der Fencing Academy of Philadelphia, gegen Redmond Sullivan anzutreten, die 2024 vom männlichen zum weiblichen Team des Wagner College wechselte. Turner, die bereits vier Gegnerinnen erfolgreich bekämpft hatte, nahm stattdessen demonstrativ ihr Visier ab und kniete nieder, als sie auf Sullivan treffen sollte. Für diese Weigerung zeigte ihr der Schiedsrichter die schwarze Karte, was zur sofortigen Disqualifikation führte.

In einer später veröffentlichten Erklärung sagte Turner: "Ich wusste, was ich tun musste, weil USA Fencing nicht auf die Einwände von Frauen hört." Als sie niederkniete, zeigte sich Sullivan zunächst besorgt und fragte, ob Turner verletzt sei. Turner entgegnete jedoch: "Es tut mir leid, ich habe viel Liebe und Respekt für dich, aber ich werde nicht gegen dich fechten."

Die Richtlinien von USA Fencing

USA Fencing verfügt seit 2023 über eine spezifische Richtlinie für Transgender-Athletinnen. Diese besagt, dass Transgender-Frauen nur dann in Frauenwettbewerben antreten dürfen, wenn sie sich einer einjährigen Testosteron-Unterdrückungstherapie unterzogen haben. Der Verband betonte in einer Stellungnahme zum Vorfall, dass ihre Politik "darauf basiert, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, am Sport teilzunehmen" und dass sie "stets auf der Seite der Inklusion stehen werden".

Die Organisation stellte klar, dass Turners Disqualifikation nicht mit ihrer persönlichen Meinung zusammenhing, sondern ausschließlich mit ihrer Weigerung, gegen eine nach den geltenden Regeln teilnahmeberechtigte Gegnerin anzutreten – ein Verstoß gegen die Regeln der International Fencing Federation (FIE).

Internationale Reaktionen und deutsche Perspektive

Der Vorfall hat international polarisierende Reaktionen ausgelöst. Die ehemalige Tennislegende Martina Navratilova, bekannt für ihre kritische Haltung zur Teilnahme von Transgender-Athletinnen im Frauensport, äußerte auf sozialen Medien ihre Empörung: "Das passiert, wenn weibliche Athleten protestieren. Ich bin außer mir... Schande über USA Fencing."

In Deutschland gibt es derzeit keine einheitlichen Regelungen für Transgender-Athletinnen im Sport. Eine Umfrage der ARD unter 45 internationalen Sportfachverbänden ergab, dass nur 21 der angefragten Weltverbände ihre Regularien auf medizinische Expertisen stützen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat mittlerweile einen neuen Regelrahmen vorgelegt, der es jedem Weltverband ermöglicht, eigene Entscheidungen über die Teilnahme von Transgender-Athleten zu treffen, ohne einheitliche Testosteron-Grenzwerte vorzugeben.

Auswirkungen des deutschen Selbstbestimmungsgesetzes

Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 in Deutschland in Kraft tritt, wird die Änderung des Geschlechtseintrags und Vornamens für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen vereinfacht. Für den Sport ergeben sich dadurch neue Fragestellungen: Wie werden deutsche Sportverbände mit Teilnahmeberechtigungen umgehen? Werden sie dem Beispiel internationaler Verbände folgen oder eigene Regelungen entwickeln?

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat sich bisher nicht mit konkreten Richtlinien positioniert, sondern folgt größtenteils den Regelungen der internationalen Fachverbände. Jedoch wird der Druck wachsen, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl die Inklusion fördern als auch faire Wettbewerbsbedingungen gewährleisten.

Verschiedene Perspektiven in der Community

Innerhalb der LGBTQ+-Community gibt es unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema. Während viele die vollständige Inklusion von Transgender-Athletinnen im Frauensport befürworten, betonen andere die Komplexität biologischer Faktoren und deren mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb.

Aktivisten wie Anja Müller vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) betonen die Bedeutung von Teilhabe: "Transgender-Personen haben das Recht auf vollständige gesellschaftliche Teilhabe, und dazu gehört auch der Sport. Die Debatte sollte evidenzbasiert und ohne Vorurteile geführt werden."

Gleichzeitig gibt es auch unter Transgender-Personen selbst unterschiedliche Meinungen. Die Transgender-Athletin Joanna Harper, die selbst wissenschaftlich zu diesem Thema forscht, hat betont, dass gewisse Regularien notwendig sein könnten, um Fairness zu gewährleisten, ohne dabei den Ausschluss von Transgender-Personen zu fördern.

Ausblick und Handlungsbedarf

Der Fall Turner/Sullivan zeigt exemplarisch die Herausforderungen, mit denen Sportverbände weltweit konfrontiert sind. Auch in Deutschland wird die Debatte in den kommenden Monaten an Bedeutung gewinnen, besonders mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes.

Sportverbände stehen vor der Aufgabe, Richtlinien zu entwickeln, die sowohl die Rechte und Würde von Transgender-Athletinnen respektieren als auch faire Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. Dies erfordert einen evidenzbasierten Ansatz, der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt und den Dialog mit allen Beteiligten sucht.

Für die deutsche Sportwelt wird es wichtig sein, von internationalen Erfahrungen zu lernen und gleichzeitig eigene, auf den deutschen Kontext zugeschnittene Lösungen zu finden. Der respektvolle Dialog zwischen Athleten, Verbänden, Wissenschaftlern und der LGBTQ+-Community wird dabei entscheidend sein, um Richtlinien zu entwickeln, die Inklusion fördern, ohne den Grundsatz der Fairness zu vernachlässigen.


Verhaftet: Mutmaßlicher Täter einer homophoben Attacke in Augsburg gefasst

Die Polizei in Augsburg hat einen wichtigen Fahndungserfolg erzielt. Nach einem queerfeindlichen Angriff auf ein Männerpaar in Augsburg im März 2024 konnte nun der gesuchte Hauptverdächtige Halid Saada festgenommen werden, wie aus dem ursprünglichen Bericht von queer.de hervorgeht. Der 22-Jährige wurde am 3. April in Gersthofen gefasst, nachdem die Polizei mit Fahndungsfotos an die Öffentlichkeit gegangen war.

Brutaler Angriff auf Männerpaar

Die Tat ereignete sich am 23. März 2024 in der Augsburger Innenstadt. Zwei Männer im Alter von 26 und 28 Jahren waren als Paar durch die Maximilianstraße gelaufen, als sie von einer Gruppe junger Männer zunächst homophob beleidigt und anschließend brutal attackiert wurden. Die Angreifer schlugen auf die beiden Männer ein und traten dabei gezielt gegen Kopf und Oberkörper. Der 28-Jährige wurde dabei so schwer verletzt, dass er zu Boden ging. Als sein Partner ihm helfen wollte, wurde auch er angegriffen.

Ermittlungen wegen Hasskriminalität

Die Generalstaatsanwaltschaft München, genauer gesagt die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), hat die Ermittlungen übernommen. Dies unterstreicht die Schwere des Falls, der als Hasskriminalität eingestuft wird. Insgesamt sind fünf Tatverdächtige im Alter zwischen 22 und 24 Jahren an dem Angriff beteiligt gewesen. Vier der Tatverdächtigen konnten bereits kurz nach der Tat ermittelt werden, drei kamen zunächst in Untersuchungshaft, einer wurde inzwischen wieder entlassen.

Saada bereits vorbestraft wegen tödlicher Attacke

Besonders brisant ist die Vorgeschichte des nun gefassten Hauptverdächtigen. Halid Saada ist in Augsburg kein Unbekannter. Im Jahr 2019 hatte er als damals 17-Jähriger einen 49-jährigen Feuerwehrmann mit einem einzigen Faustschlag getötet. Das Opfer war mit seiner Ehefrau und Freunden auf dem Rückweg von einem Weihnachtsmarkt- und Restaurantbesuch, als es zu einem Streit mit Saada und anderen Jugendlichen kam. Der Mann starb infolge eines wuchtigen Schlags ins Gesicht binnen kurzer Zeit an einer Hirnblutung.

Diese Tat hatte damals bundesweit Entsetzen ausgelöst. Saada wurde zu einer Jugendstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Nach seiner Haftentlassung ist er nun erneut wegen eines schweren Gewaltdelikts in den Fokus der Ermittlungen geraten.

Queerfeindliche Gewalt nimmt zu

Der Fall in Augsburg reiht sich ein in eine besorgniserregende Zunahme queerfeindlicher Gewalt in Deutschland. Laut dem Bundesinnenministerium wurden im Jahr 2022 insgesamt 1.005 Straftaten im Bereich "geschlechtsbezogene Diversität/sexuelle Orientierung" erfasst – ein deutlicher Anstieg gegenüber den Vorjahren.

Besonders alarmierend: Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Betroffene aus Angst oder mangelndem Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden keine Anzeige erstatten. Die Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) fordert daher schon lange bessere Präventionsmaßnahmen und mehr Sensibilisierung bei Polizei und Justiz.

UnterstĂĽtzung fĂĽr Betroffene

Für Menschen, die von queerfeindlicher Gewalt betroffen sind, gibt es in Deutschland verschiedene Anlaufstellen. In Augsburg selbst bietet die Diversity Augsburg Unterstützung an. Bundesweit können sich Betroffene an den LSVD oder an spezialisierte Beratungsstellen wie Broken Rainbow wenden.

Der Fall in Augsburg zeigt einmal mehr, wie wichtig konsequente Strafverfolgung, aber auch gesamtgesellschaftliche Aufklärungsarbeit gegen Homophobie und andere Formen von Menschenfeindlichkeit sind. Dass ein bereits wegen einer tödlichen Gewalttat verurteilter Täter offenbar erneut zugeschlagen hat, wirft zudem Fragen nach der Wirksamkeit von Resozialisierungsmaßnahmen im Jugendstrafvollzug auf.


IS-Anhänger in Österreich wegen geplanter Anschläge auf Vienna Pride angeklagt - Ähnliche Gefahren in Deutschland?

Drei Personen, die im vergangenen Jahr einen Anschlag auf die Wiener Regenbogenparade planten, wurden nun in Österreich angeklagt. Wie queer.de berichtet, handelt es sich um zwei Jugendliche, die zum Tatzeitpunkt 14 und 17 Jahre alt waren, sowie einen 20-Jährigen. Sie diskutierten in einem Telegram-Chat über einen möglichen Angriff mit Messern oder Fahrzeugen und wurden am Morgen vor der Demonstration festgenommen.

VorwĂĽrfe der Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung

Den Beschuldigten wird Mitgliedschaft in einer terroristischen und kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Dem jüngsten werden zusätzlich die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat angelastet, da er Dokumente zur Herstellung von Sprengsätzen verbreitete. Laut der österreichischen Tageszeitung "Die Presse" liegt eine 35-seitige Anklageschrift vor, wonach die drei sich dem afghanischen Ableger des Islamischen Staates (IS) angeschlossen haben sollen.

In diversen sozialen Medien wie Telegram, WhatsApp, TikTok und weiteren Plattformen verwendeten sie Aliasse, die an Namen von IS-AnfĂĽhrern angelehnt waren, teilten Propagandavideos und zeigten sich mit der Tauhid-Geste, einem Erkennungszeichen islamistischer Gruppen. Kurz vor dem Vienna Pride versuchten sie zudem, in einem Einkaufszentrum hinter der tschechischen Grenze Waffen zu kaufen, die explizit fĂĽr die Regenbogenparade gedacht gewesen sein sollen.

Online-Radikalisierung durch islamistische TikTok-Prediger

Besonders besorgniserregend: Die Beschuldigten sollen sich nicht in lokalen Islamisten-Kreisen, sondern über Social-Media-Plattformen wie TikTok durch islamistische Prediger radikalisiert haben. Diese Form der digitalen Radikalisierung stellt Sicherheitsbehörden in ganz Europa vor neue Herausforderungen.

Trotz belastender Beweise wie einschlägiger Chats und dem Besitz von islamistischen Schriften sowie Bombenbauanleitungen bestreiten die Verdächtigen die Anschlagspläne. Bei einer Verurteilung drohen dem Ältesten bis zu zehn Jahre Haft, den beiden anderen bis zu fünf Jahre.

Parallele Gefährdungslage in Deutschland

Auch in Deutschland werden Pride-Veranstaltungen zunehmend als potenzielle Ziele für extremistische Angriffe betrachtet. Nach Recherchen von Pride.Direct wurden in den vergangenen Jahren die Sicherheitsmaßnahmen bei deutschen CSD-Paraden deutlich verstärkt. Die Tagesschau berichtete über erhöhte Polizeipräsenz und den Einsatz privater Sicherheitskräfte bei vielen Pride-Events.

Islamismus-Experte Ahmad Mansour warnte bereits vor einem gefährlichen "Kuschelkurs" von Politik und queerer Community im Umgang mit dem Thema Islamismus. Ähnlich wie im österreichischen Fall beobachten deutsche Behörden besonders die Online-Radikalisierung junger Menschen über soziale Medien.

Ein konkretes Beispiel für islamistisch motivierte Gewalt gegen LGBTQ-Personen in Deutschland war der Messerangriff in Dresden 2020, bei dem ein 21-jähriger Syrer ein schwules Paar attackierte. Der Täter wurde wegen dieser als islamistisch eingestuften Tat zu lebenslanger Haft verurteilt, wie Deutsche Welle berichtete.

Sicherheitskonzepte und Präventionsmaßnahmen

Vor dem Hintergrund dieser Bedrohungen setzen deutsche Pride-Veranstaltungen zunehmend auf ausgefeilte Sicherheitskonzepte. Der CSD München beispielsweise nutzt ein Ampelwarnsystem, um Besucher:innen über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren. In Städten wie Magdeburg und Zeitz wurden die Sicherheitsmaßnahmen aufgrund extremistischer Mobilisierungen verstärkt.

Deutschlands Inlandsgeheimdienstchef warnte Ende 2023, dass die Gefahr islamistischer Anschläge "real und höher als seit langem" sei. Präventionsmaßnahmen werden zunehmend in das Vorfeld möglicher Radikalisierungsprozesse verlagert, wobei besonders die Online-Radikalisierung über Plattformen wie TikTok in den Fokus rückt.

Der österreichische Fall zeigt einmal mehr, dass die Bedrohung durch islamistischen Extremismus für queere Veranstaltungen in ganz Europa real ist und dass insbesondere die digitale Radikalisierung junger Menschen eine wachsende Herausforderung für Sicherheitsbehörden darstellt.


Anklage nach vereiteltem Anschlagsplan auf Vienna Pride: Parallelen und Sicherheitsbedenken bei deutschen Pride-Veranstaltungen

Knapp zwei Jahre nach ihrer Festnahme wurden drei Personen, darunter zwei Jugendliche, wegen geplanter Anschläge auf den Vienna Pride 2023 angeklagt. Wie queer.de berichtet, wurden die damals 14- und 17-jährigen Jugendlichen sowie ein 20-Jähriger unmittelbar vor der Demonstration festgenommen, nachdem sie in Telegram-Chats über mögliche Angriffe mit Messern oder Fahrzeugen diskutiert hatten.

Die Anklage und ihre HintergrĂĽnde

Laut der 35-seitigen Anklageschrift, die der Wiener Tageszeitung "Die Presse" vorliegt, werden die drei Personen nun der Mitgliedschaft in einer terroristischen und kriminellen Vereinigung beschuldigt. Dem jüngsten Angeklagten wird zusätzlich die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat vorgeworfen, da er Bombenbauanleitungen verbreitet hatte. Die zwei Brüder aus St. Pölten und der Jugendliche aus Wien sollen sich dem afghanischen Ableger des IS angeschlossen haben und waren in islamistischen Telegram-Gruppen aktiv.

Besonders beunruhigend ist die Art der Radikalisierung: Anders als bei früheren Fällen wurden die Verdächtigen nicht durch lokale islamistische Netzwerke radikalisiert, sondern hauptsächlich über soziale Medien wie TikTok durch islamistische Prediger. Dieses Phänomen der Online-Radikalisierung stellt Sicherheitsbehörden in Deutschland und Österreich vor neue Herausforderungen.

Parallelen in Deutschland

In Deutschland beobachten Sicherheitsbehörden ähnliche Entwicklungen. Die Berichte des Bundesamts für Verfassungsschutz zeigen, dass auch hier die Online-Radikalisierung durch islamistische Inhalte auf sozialen Medien zunimmt. Nach den Anschlagsplänen auf die Vienna Pride wurden die Sicherheitsmaßnahmen für Pride-Veranstaltungen in Deutschland deutlich verstärkt.

Der CSD Berlin, Deutschlands größte Pride-Veranstaltung, reagierte unmittelbar nach Bekanntwerden der Festnahmen in Wien mit zusätzlichen Sicherheitskonzepten. "Wir stehen in ständigem Austausch mit den Sicherheitsbehörden", erklärte damals ein Sprecher des Berliner CSD gegenüber queer.de. Auch in anderen deutschen Städten wurden die Sicherheitsmaßnahmen bei Pride-Veranstaltungen erhöht.

Die Rolle sozialer Medien bei der Radikalisierung

Der Fall der drei Angeklagten in Wien verdeutlicht, wie soziale Medien zunehmend als Werkzeug für die Radikalisierung junger Menschen dienen. Die Verdächtigen nutzten nicht nur Telegram, sondern auch WhatsApp, TikTok, Snapchat, Threema, PlayStation und Discord, um extremistische Inhalte zu verbreiten und andere zu beeinflussen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung warnt bereits seit längerem vor dieser Form der Radikalisierung und bietet Materialien für Eltern, Lehrer und Jugendarbeiter an, um frühzeitig Anzeichen zu erkennen. Experten betonen, dass besonders die Algorithmen von TikTok und YouTube problematisch sein können, da sie Nutzern immer extremere Inhalte anzeigen, sobald ein gewisses Interesse erkannt wird.

Deradikalisierungsprogramme als Lösungsansatz

Seit fast zwei Jahren befinden sich die drei Angeklagten in einem Deradikalisierungsprogramm und sind auf Bewährung frei. In Deutschland gibt es ähnliche Programme wie Violence Prevention Network, die speziell auf die Deradikalisierung junger Menschen ausgerichtet sind, die mit extremistischen Ideologien sympathisieren.

Diese Programme setzen auf einen kombinierten Ansatz aus politischer Bildung, psychologischer Betreuung und religiöser Aufklärung. Die Erfolgsraten solcher Programme sind jedoch umstritten und schwer zu messen. Kritiker fordern eine engere wissenschaftliche Begleitung und Evaluation.

Folgen fĂĽr die LGBTQ+-Community

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland und Österreich bedeuten solche Bedrohungen eine zusätzliche Belastung. Die Statistiken des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD) zeigen eine Zunahme von Hassverbrechen gegen LGBTQ+-Personen in den letzten Jahren. Die Bedrohung durch religiös motivierten Extremismus kommt zu einer ohnehin angespannten Sicherheitslage hinzu.

Trotz dieser Bedrohungen betonen Organisatoren von Pride-Veranstaltungen die Wichtigkeit, öffentlich sichtbar zu bleiben. "Sich zurückzuziehen wäre genau das, was die Extremisten wollen", erklärt Alfonso Pantisano, Vorstandsmitglied im Berliner CSD e.V. "Wir werden weiterhin für unsere Rechte und unsere Sichtbarkeit einstehen – mit den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen."

Sollten die Angeklagten in Wien schuldig gesprochen werden, drohen dem Ältesten bis zu zehn Jahre Haft, den beiden jüngeren bis zu fünf Jahre. Der Prozess wird von Sicherheitsexperten und LGBTQ+-Organisationen in Deutschland aufmerksam verfolgt, da er Aufschluss über die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen und die Entwicklung extremistischer Bedrohungen gegen die Community geben könnte.


RFK Jr's "gefährliche" Stellenkürzungen gefährden jahrelange HIV-Präventionsforschung - Was bedeutet das für Deutschland?

Die massiven Stellenkürzungen im US-Gesundheitsministerium unter der Leitung von Robert F. Kennedy Jr. (RFK Jr.) könnten "gefährliche" Auswirkungen auf die Prävention von HIV und sexuell übertragbaren Infektionen haben, wie Experten warnen. Laut dem Originalbericht von PinkNews sind mehr als 10.000 Stellen im US-Gesundheitsministerium (HHS) verschwunden, seit RFK Jr. zum Gesundheitsminister ernannt wurde. Diese Entwicklung wirft nicht nur in den USA Fragen auf, sondern auch in Deutschland, wo ein ganz anderer Ansatz in der HIV-Politik verfolgt wird.

Massive KĂĽrzungen mit weitreichenden Folgen

Die Stellenstreichungen betreffen zentrale Bereiche der US-Gesundheitspolitik, darunter das Büro für Infektionskrankheiten und HIV/AIDS-Politik sowie die weltbekannten Zentren für Seuchenkontrolle und Prävention (CDC). Besonders alarmierend ist die Auflösung der Abteilung für PrEP-Implementierung und die Kürzung von HIV-Aufklärungskampagnen. Diese Maßnahmen sind Teil eines umfassenderen Plans der Trump-Administration, bei dem insgesamt rund 20.000 HHS-Stellen gestrichen werden sollen, wie CBS News berichtet.

RFK Jr. ist bekannt für seine verschwörungstheoretischen Ansichten zu Gesundheit und medizinischer Behandlung, insbesondere wenn es um die LGBTQ+-Gemeinschaft geht. Der Impfskeptiker behauptete einst, dass Chemikalien in der Atmosphäre Kinder trans machen könnten und hat in der Vergangenheit sogar den wissenschaftlich gesicherten Zusammenhang zwischen HIV und AIDS in Frage gestellt.

Expertenwarnungen werden laut

Die Human Rights Campaign (HRC) bezeichnet die Pläne als "unverantwortlich" und warnt vor "verheerenden Folgen" für die öffentliche Gesundheit, insbesondere für die LGBTQ+-Gemeinschaft, die historisch im Gesundheitswesen oft benachteiligt wurde. Matthew Rose, ein Sozialgerechtigkeitsexperte bei der HRC, bezeichnet die Kürzungen als "direkten Schlag gegen die Gesundheit und das Wohlbefinden von LGBTQ+-Gemeinschaften im ganzen Land."

Carl Schmid, Geschäftsführer des HIV+ Hepatitis Policy Institute, warnte gegenüber der Washington Blade: "Die Fachkompetenz der Mitarbeiter und ihre jahrzehntelange Führungsrolle wurden zerstört und können nicht ersetzt werden. Wir werden die Auswirkungen dieser Entscheidungen noch jahrelang spüren, und sie werden sicherlich zu einem Anstieg der HIV-Neuinfektionen und höheren medizinischen Kosten führen."

Der deutsche Ansatz: Ein Kontrastprogramm

Im Gegensatz zu den Kürzungen in den USA verfolgt Deutschland einen integrierten und umfassenden Ansatz zur HIV/AIDS-Prävention und -Behandlung. Die deutsche HIV/AIDS-Strategie des Bundesministeriums für Gesundheit beruht auf sieben sich ergänzenden Aktionsbereichen: Aufklärung und Prävention, Zugang zu HIV-Tests und -Behandlung, Solidarität und Antidiskriminierung, Koordination und Kooperation, Epidemiologie, biomedizinische und sozialwissenschaftliche Forschung sowie Evaluation und Qualitätssicherung.

Ein zentraler Grundsatz der deutschen Strategie ist, dass Prävention nur möglich ist, wenn die von HIV betroffenen oder besonders gefährdeten Menschen in die Gesellschaft integriert und Teil der Präventionsbewegung sind. Dies steht im starken Kontrast zu den Kürzungen und dem fehlenden Engagement für wissenschaftsbasierte HIV-Politik in der aktuellen US-Administration.

Zudem bietet Deutschland umfassenden Schutz vor Diskriminierung für Menschen mit HIV. Artikel 3(3) des Grundgesetzes verbietet die Benachteiligung aufgrund von Behinderung, und HIV fällt unter die Definition von "Behinderung" nach deutschem Recht, wie AIDS Action Europe berichtet.

Globale Auswirkungen

Die Folgen dieser US-Politik könnten weit über die Landesgrenzen hinausreichen. Eine Analyse internationaler HIV-Hilfskurzungen in den USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden zeigte, dass die globalen Fallzahlen bis 2030 um 10 Millionen ansteigen könnten, während HIV-bedingte Todesfälle bis zum Beginn des nächsten Jahrzehnts um 2,9 Millionen zunehmen könnten.

Forscher am Burnet Institute in Australien haben davor gewarnt, dass die globalen Infektionsraten in die Höhe schnellen könnten, wenn die HIV-Finanzierung weiter gekürzt wird. Anne Aslett, Geschäftsführerin der Elton John AIDS Foundation, sagte: "Wenn die HIV-Finanzierung weiter gekürzt wird, werden Millionen Menschen krank, und die Gesundheitsbudgets werden einfach nicht mehr mithalten können."

Was bedeutet das fĂĽr die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit?

Für Deutschland und andere europäische Länder, die eng mit den USA in globalen Gesundheitsinitiativen zusammenarbeiten, stellt sich die Frage, wie man auf diese Entwicklung reagieren sollte. Deutsche Gesundheitsexperten wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung betonen seit langem die Bedeutung internationaler Kooperation im Kampf gegen HIV/AIDS.

Deutsche Organisationen könnten nun in die Bresche springen müssen, um die entstehende Lücke in der internationalen HIV-Forschung und -Prävention zu füllen. Die Deutsche AIDS-Hilfe und andere Institutionen haben bereits Bedenken geäußert, dass die globalen Fortschritte im Kampf gegen HIV/AIDS durch solche politischen Entscheidungen gefährdet werden könnten.

Fazit: Ein Weckruf fĂĽr internationales Engagement

Die Entwicklungen in den USA sollten als Weckruf für Deutschland und andere Länder dienen, ihr Engagement für HIV-Prävention und -Forschung zu verstärken. Der deutsche Ansatz, der auf Integration, Antidiskriminierung und wissenschaftsbasierter Politik beruht, könnte als Modell für andere Länder dienen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind.

Während die USA unter RFK Jr. möglicherweise einen Rückschritt in der HIV-Politik erleben, hat Deutschland die Chance, seine führende Rolle in diesem Bereich weiter auszubauen und sicherzustellen, dass die jahrzehntelangen Fortschritte im Kampf gegen HIV/AIDS nicht verloren gehen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die internationale Gemeinschaft in der Lage ist, die durch die US-Politik entstehenden Lücken zu füllen.


Solidarität aus der EU: Deutsche und europäische Politiker wollen trotz Verbots nach Budapest zum CSD reisen

In einem bemerkenswerten Akt der internationalen Solidarität haben mehrere EU-Abgeordnete angekündigt, trotz des kürzlich erlassenen Verbots an der diesjährigen Pride-Parade in Budapest teilnehmen zu wollen. Die ursprüngliche Meldung wurde von queer.de veröffentlicht und zeigt, wie der Kampf um LGBTQ+-Rechte in Ungarn zunehmend zu einem europäischen Anliegen wird.

EU-Abgeordnete kĂĽndigen Teilnahme an

"Ich freue mich darauf, nach Budapest zu fahren", erklärte der luxemburgische EU-Abgeordnete Marc Angel, Co-Vorsitzender der LGBTIQ* Intergroup im Europäischen Parlament, die mehr als 100 Abgeordnete vertritt. Auch Iratxe García, Vorsitzende der sozialdemokratischen S&D-Fraktion, hat ihre Abgeordneten dazu aufgerufen, sich an der CSD-Demonstration in Budapest zu beteiligen.

Terry Reintke, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, plant ebenfalls nach Budapest zu reisen, sollte das Verbot bestehen bleiben. Sie rechnet mit vielen weiteren grünen Abgeordneten aus dem europäischen und aus nationalen Parlamenten. Der deutsche FDP-Abgeordnete Moritz Körner, Mitglied der LGBTIQ+-Intergroup, erwägt ebenfalls eine Teilnahme.

Drakonische MaĂźnahmen gegen die Pride

Das ungarische Parlament hatte vor zwei Wochen im Eilverfahren einen Gesetzesvorschlag des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zum Verbot der Pride-Parade gebilligt. Verstöße gegen das Verbot gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit Geldbußen von bis zu 200.000 Forint (rund 500 Euro) bestraft werden. Besonders beunruhigend: Die Behörden planen den Einsatz von Gesichtserkennungs-Software, um Teilnehmer*innen zu identifizieren und zu bestrafen.

Die repressive Maßnahme reiht sich ein in eine lange Liste von Angriffen auf die Rechte der LGBTQ+-Community in Ungarn. Bereits 2021 verabschiedete das ungarische Parlament ein Gesetz, das die Darstellung von LGBTIQ*-Inhalten in den Medien einschränkt – angeblich zum Schutz von Kindern.

Massenproteste in Ungarn

Die Zivilgesellschaft in Ungarn wehrt sich entschlossen gegen diese Einschränkungen. Am vergangenen Dienstag demonstrierten nach AFP-Schätzungen mehr als 10.000 Menschen in Budapest gegen das CSD-Verbot. Mit ungarischen und Regenbogenflaggen sowie Plakaten mit Aufschriften wie "Genug der Lügen" und "Nieder mit Orban! Wir wollen Demokratie" brachten sie ihren Unmut zum Ausdruck.

Der unabhängige Abgeordnete und Protest-Organisator Akos Hadhazy kündigte an, dass die Proteste "nicht aufhören werden, bis das Gesetz aufgehoben ist". Die Organisator*innen der Budapester Pride-Parade sowie der Bürgermeister der Stadt haben trotz des Verbots angekündigt, dass der CSD am 28. Juni stattfinden soll.

Verfassungsänderung geplant

Im ungarischen Parlament wird bereits die nächste Attacke auf die Rechte von queeren Menschen vorbereitet. Eine geplante Verfassungsänderung könnte dem CSD-Verbot eine "verfassungsrechtliche Grundlage" verschaffen, warnte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty.

Die Regierung von Viktor Orban plant, den Begriff "Geschlechtsidentität" durch "geschlechtsspezifische Identität" zu ersetzen – eine subtile, aber bedeutsame Änderung, die O'Flaherty als "unnötig und bedauerlich" bezeichnete und die gegen die von Ungarn ratifizierte Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen könnte.

Solidarität aus Deutschland

Auch in Deutschland wächst die Unterstützung für die ungarische LGBTQ+-Community. Beim CSD München wurde die Situation in Ungarn thematisiert und zur Solidarität aufgerufen. Der CSD Berlin, der am 26. Juli 2025 stattfinden wird, plant ebenfalls Solidaritätsaktionen mit Vertreter*innen der Budapest Pride.

Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, werden den Berliner CSD eröffnen und dabei vermutlich auch die Lage in Ungarn ansprechen. Deutsche Politiker*innen verschiedener Parteien haben sich besorgt über die Entwicklungen geäußert und ihre Unterstützung für die queere Community in Ungarn zum Ausdruck gebracht.

EU-Reaktionen gefordert

Die Angriffe auf die LGBTQ+-Gemeinschaft in Ungarn rufen auch Forderungen nach konkreten Maßnahmen der Europäischen Union hervor. Der deutsche Grünen-Abgeordnete Daniel Freund forderte im Europäischen Parlament den Entzug des Stimmrechts Ungarns und die Einstellung von EU-Zahlungen. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob das Verbot gegen EU-Recht verstößt.

Die Solidaritätsbekundungen und geplante Teilnahme europäischer Politiker*innen an der Budapester Pride zeigen, dass der Kampf um LGBTQ+-Rechte in Ungarn zu einer gemeinsamen europäischen Angelegenheit geworden ist. Es bleibt abzuwarten, ob dieser internationale Druck die ungarische Regierung zum Einlenken bewegen kann.

Für die ungarische LGBTQ+-Community ist die internationale Unterstützung ein wichtiges Signal, dass sie in ihrem Kampf für Gleichberechtigung und Würde nicht allein steht. Der 28. Juni könnte zu einem wichtigen Tag für die Zukunft der Pride-Bewegung in Ungarn und darüber hinaus werden.


Angriff auf Vielfalt: Deutschland im Kreuzfeuer zwischen Trump und Diversitätsprogrammen

Die Trump-Administration erhöht den Druck auf europäische Unternehmen, ihre Diversitätsprogramme einzustellen – und nach Frankreich wehrt sich nun auch Spanien gegen diese Einmischung. Wie queer.de berichtet, bezeichnet das spanische Arbeitsministerium die Forderungen der USA als "eklatanten Verstoß gegen die in unserem Land geltende Gesetzgebung".

Europäische Front gegen US-Einmischung

Die von Yolanda Díaz geleitete Behörde stellt unmissverständlich klar: Spanische Unternehmen müssen die nationalen Verordnungen zur Gleichstellung und zum Schutz der Vielfalt strikt einhalten. Eine Umgehung des geltenden Rechtsrahmens, um Geschäfte mit den USA zu betreiben, werde nicht gestattet. Damit schließt sich Spanien der Haltung Frankreichs an, das die US-Intervention bereits als "inakzeptabel" zurückgewiesen hatte.

Nach verschiedenen Medienberichten wurden Briefe der US-Botschaften an Unternehmen in mehreren EU-Ländern verschickt, die von ihnen verlangen, keine Gleichstellungs- und Diversitätspolitik mehr zu betreiben, wenn sie mit den USA zusammenarbeiten wollen. Die französische Zeitung "Le Figaro" veröffentlichte einen solchen Brief.

Deutsche Unternehmen im Spannungsfeld

Obwohl das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt, dass entsprechende Schreiben an deutsche Unternehmen nicht bekannt seien, befinden sich auch deutsche Konzerne mit starker US-Präsenz in einer schwierigen Lage. Wie der Deutschlandfunk berichtet, prüfen viele deutsche Unternehmen die rechtlichen Konsequenzen der US-Forderungen.

Einige Firmen haben bereits reagiert: So haben nach Recherchen deutscher Medien mehrere Unternehmen wie Aldi Süd ihre Bekenntnisse zu Diversität von ihren US-Websites entfernt. Andere Konzerne setzen ihre Teilnahme an Umfragen zur LGBTQ+-Integration am Arbeitsplatz aus, um nicht in das Visier der Trump-Administration zu geraten.

DEI-Programme unter Beschuss

Im Zentrum der Kontroverse stehen die sogenannten DEI-Programme (Diversität, Gleichstellung, Inklusion). Diese zielen darauf ab, systembedingte Hindernisse für den Aufstieg von historisch benachteiligten Gruppen abzubauen – darunter auch LGBTQ+-Personen. Donald Trump hat als Präsident ein Dekret erlassen, das Bundesbehörden anweist, ihre DEI-Programme als "diskriminierend und illegal" einzustellen.

Trump und seine Unterstützer argumentieren, dass diese Programme weiße Menschen, insbesondere Männer, diskriminieren würden. Kritiker hingegen sehen in diesem Vorgehen einen gefährlichen Rückschritt für die Rechte marginalisierter Gruppen.

Kulturelle Unterschiede in der Diversitätspolitik

Deutschland und andere europäische Länder haben ein anderes Verständnis von Diversität und Gleichstellung als die USA. Während in Europa Diversitätsprogramme oft gesetzlich verankert und als gesellschaftlicher Fortschritt betrachtet werden, hat sich in den USA unter konservativen Kräften eine Gegenbewegung formiert, die solche Initiativen als "Wokeness" ablehnt.

Laut einem Bericht des Manager Magazins müssen deutsche Unternehmen nun einen Balanceakt vollführen: Einerseits wollen sie ihre Werte verteidigen und gesetzliche Vorgaben in Deutschland erfüllen, andererseits können sie es sich nicht leisten, den Zugang zum wichtigen US-Markt zu verlieren.

LGBTQ+-Community besonders betroffen

Für die LGBTQ+-Community ist diese Entwicklung besonders besorgniserregend. Diversitätsprogramme haben in den vergangenen Jahren erheblich zur Verbesserung der Situation von LGBTQ+-Personen am Arbeitsplatz beigetragen. Einige Unternehmen, darunter auch die Lufthansa, hatten Zeichen gesetzt, indem sie beispielsweise Flugzeuge in Regenbogenfarben lackierten.

Interessanterweise verhalten sich deutsche Unternehmen unterschiedlich in dieser Krise. Während einige an ihren Diversitätsprogrammen festhalten und ihre Verpflichtung zu Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt betonen, ziehen es andere vor, sich nicht öffentlich zu äußern, um nicht in Konflikt mit der US-Regierung zu geraten.

Zukunftsaussichten für Diversität in Unternehmen

Die Auswirkungen dieses Konflikts zwischen der europäischen Haltung zur Diversität und den Forderungen der USA könnten weitreichend sein. Der Druck aus den USA hat bereits dazu geführt, dass viele US-Konzerne ihre DEI-Programme zurückfahren und Entlassungen in entsprechenden Positionen vornehmen.

Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob europäische und insbesondere deutsche Unternehmen dem Druck standhalten und ihre Werte verteidigen können, ohne wirtschaftliche Nachteile zu erleiden. Die klare Positionierung Spaniens und Frankreichs könnte anderen europäischen Ländern als Vorbild dienen und zu einer gemeinsamen europäischen Haltung gegen die US-Einmischung führen.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland bleibt zu hoffen, dass die Errungenschaften im Bereich der betrieblichen Vielfalt und Inklusion nicht durch geopolitische Spannungen gefährdet werden. Der Einsatz für eine diverse und inklusive Arbeitswelt bleibt ein wichtiger Bestandteil des Kampfes für LGBTQ+-Rechte – sowohl in Deutschland als auch international.


"Transphobisches Kleinkind" in britischem Kindergarten suspendiert? Die HintergrĂĽnde der umstrittenen Schlagzeile und die Situation in Deutschland

Der britische Telegraph berichtete Anfang April über einen außergewöhnlichen Fall: Ein Kleinkind im Alter von drei oder vier Jahren soll in Großbritannien vom Kindergarten suspendiert worden sein - angeblich wegen "transphobischen Verhaltens". Die Schlagzeile löste eine heftige Kontroverse aus und wurde von rechtskonservativen Medien schnell aufgegriffen. Doch wie so oft steckt hinter der reißerischen Überschrift eine komplexere Realität.

Was wirklich hinter der Schlagzeile steckt

Der umstrittene Bericht des Telegraph, der am 31. März veröffentlicht wurde, berief sich auf Daten, die über eine Anfrage nach dem Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz) eingeholt wurden. Demnach soll ein Kind im Vorschulalter während des Schuljahres 2022-23 wegen "Missbrauchs gegen sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität" suspendiert worden sein.

Der Bericht wurde schnell von anderen rechtsgerichteten Medien wie GB News, Fox News und der Daily Mail aufgegriffen. Die Autorin J.K. Rowling, bekannt für ihre kritische Haltung gegenüber Transgender-Rechten, bezeichnete den Vorfall in den sozialen Medien sogar als "totalitären Wahnsinn".

Doch was an der Berichterstattung auffällt: Sie enthält kaum konkrete Details zum tatsächlichen Vorfall. Weder die betroffene Bildungseinrichtung wird genannt, noch werden die genauen Umstände erläutert, die zur Suspendierung geführt haben. Das Portal PinkNews weist darauf hin, dass die Berichterstattung "versäumt, klare Details über den Vorfall oder Beweise dafür zu liefern, dass Transphobie allein der Grund für die Entfernung des Kindes war".

Trotz der dünnen Faktenlage wurden in dem Telegraph-Artikel Stimmen wie die von Helen Joyce, Beraterin der Organisation Sex Matters, zitiert, die die "Extreme der Gender-Ideologie" für den angeblichen Vorfall verantwortlich machte - ohne den tatsächlichen Sachverhalt zu kennen.

Offizieller Kontext in GroĂźbritannien

Die britische Regierung weist in ihren Richtlinien für Schulen darauf hin, dass Suspendierungen und dauerhafte Ausschlüsse nur in den "schwerwiegendsten Fällen" eingesetzt werden sollten. Die Entscheidungen darüber hängen von den individuellen Richtlinien jeder Schule ab sowie von den konkreten Fakten des jeweiligen Falls - beides Details, die in der Telegraph-Berichterstattung fehlen.

Ein Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer distanzierte sich von dem angeblichen Vorfall und betonte: "Offensichtlich würde der Premierminister solche Maßnahmen nicht unterstützen." Weiter führte er aus: "Schüler und Mitarbeiter sollten niemals Missbrauch ausgesetzt sein, aber jede Maßnahme zur Bekämpfung von Verhalten sollte auch verhältnismäßig sein."

Interessanterweise zeigen die offiziellen Daten des britischen Bildungsministeriums, dass von den 787.221 Schülern, die im Schuljahr 2022-23 suspendiert wurden, nur 178 wegen homophobem oder transphobem Verhalten vom Unterricht ausgeschlossen wurden - was die Seltenheit solcher Fälle unterstreicht.

Die Situation in Deutschland

Auch in Deutschland ist der Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Bildungssystem ein viel diskutiertes Thema. Anders als in Großbritannien sind uns jedoch keine vergleichbaren Fälle von Suspendierungen so junger Kinder wegen angeblich transphobem Verhalten bekannt.

Studien zeigen jedoch, dass Transgender-Personen in deutschen Schulen überdurchschnittlich oft Diskriminierung erfahren. Laut LSVD-Untersuchungen erlebt ein erheblicher Prozentsatz von LSBTIQ*-Personen in Deutschland Diskriminierung im schulischen Kontext. Eine Umfrage zeigt, dass fast alle Lehrkräfte Homo- und Transphobie an der Schule mitbekommen, und 59% der Lehrkräfte berichten über feindseliges Verhalten gegenüber Schülern, die queer sind oder dafür gehalten werden.

Anders als der britische Fall suggeriert, zeigen Studien allerdings, dass es in Deutschland eher an Unterstützung für transgender Kinder und Jugendliche mangelt als an Sanktionen gegen diskriminierendes Verhalten. Just Like Us, eine LGBTQ+ Wohltätigkeitsorganisation, stellte in einer Untersuchung fest, dass transgender Schüler:innen fünfmal häufiger täglich gemobbt werden als ihre cisgender Mitschüler:innen.

Herausforderungen im deutschen Bildungssystem

In Deutschland bestehen fĂĽr den Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt im Bildungssystem mehrere Herausforderungen:

  • Viele Lehrkräfte fĂĽhlen sich nicht ausreichend kompetent im Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt
  • Abwertende Sprache und diskriminierende Bezeichnungen wie die pejorative Verwendung des Wortes "schwul" sind an vielen Schulen noch immer verbreitet
  • Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern, was die Integration von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Lehrpläne betrifft
  • Transgender-Jugendliche, die in der Schule Ablehnung erfahren, haben ein höheres Risiko fĂĽr psychische Belastungen, einschlieĂźlich Suizidgedanken

Positive Ansätze in Deutschland

Trotz der Herausforderungen gibt es in Deutschland auch positive Entwicklungen. Programme wie "Schule der Vielfalt" setzen sich aktiv für den Abbau von Homo- und Transphobie ein und fördern Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensweisen an Schulen.

Einige Bundesländer haben bereits klare Vorgaben zur Integration von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Schulunterricht etabliert. Schulische Sexualerziehung soll explizit einen Beitrag zum Abbau von Homo- und Transphobie leisten.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) empfiehlt Schulen konkrete MaĂźnahmen wie:

  • Lernende mit den von ihnen bevorzugten Vornamen und Pronomen ansprechen, ohne dass dafĂĽr eine offizielle Bescheinigung nötig ist
  • Zugang zu Toiletten und Umkleideräumen ermöglichen, die der Geschlechtsidentität des Kindes entsprechen
  • Teilnahme am Sportunterricht und an sportlichen Aktivitäten entsprechend der Geschlechtsidentität erlauben
  • Bewertung von Leistungen ohne Benachteiligung von Transgender-SchĂĽler:innen sicherstellen

Fazit: Differenzierter Blick statt Sensationsschlagzeilen

Der Fall des angeblich "transphobischen Kleinkinds" aus Großbritannien zeigt, wie schnell aus unvollständigen Informationen polarisierende Schlagzeilen werden können. Ohne die konkreten Umstände zu kennen, wurden vorschnell ideologische Schlussfolgerungen gezogen.

In Deutschland steht nicht die Sorge um übermäßige Sanktionen gegen diskriminierendes Verhalten im Vordergrund, sondern vielmehr der Bedarf an besserer Unterstützung für LGBTQ+-Schüler:innen und mehr Kompetenzvermittlung für Lehrkräfte. The Proud Trust, eine LGBTQ+-Organisation, betont: "Alle Schulen haben sowohl eine rechtliche als auch eine moralische Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich transgender Schüler:innen gleichermaßen willkommen, integriert und sicher fühlen und die gleiche Möglichkeit haben, ihr volles Potenzial zu entfalten wie alle anderen."

Statt medialer Empörung braucht es einen sachlichen, auf Fakten basierenden Dialog über den angemessenen Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt in Bildungseinrichtungen - zum Wohle aller Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität.


Millionen intime Bilder aus queeren Dating-Apps ungeschĂĽtzt im Netz: Ein alarmierendes Datenschutzproblem

Ein schwerwiegender DatenschutzverstoĂź erschĂĽttert die Online-Dating-Welt: Wie das litauische Portal Cybernews aufdeckte, sind fast 1,5 Millionen private Nutzerfotos von mehreren LGBTQ+-Dating-Apps des Entwicklers M.A.D. Mobile praktisch ungeschĂĽtzt im Internet verfĂĽgbar. Die ursprĂĽngliche Meldung stammt von queer.de und wirft ein Schlaglicht auf die anhaltenden Datenschutzprobleme bei Dating-Apps.

Die betroffenen Apps und das AusmaĂź des Datenlecks

Zu den betroffenen Anwendungen gehören die Kink-Plattform "BDSM People", die Luxus-Dating-App "Chica" sowie die auf queere Communities ausgerichteten Apps "Pink" (lesbisch), "Brish" (schwul) und "Translove" (für geschlechtliche Minderheiten). Laut BBC werden diese Dienste von geschätzt 800.000 bis 900.000 Menschen weltweit genutzt.

Besonders beunruhigend: Die öffentlich einsehbaren Bilder stammen nicht nur aus öffentlichen Profilen, sondern auch aus privaten Direktnachrichten. Zudem waren Profilfotos, Bilder zur Profilverifizierung und sogar wegen Regelverstößen entfernte Aufnahmen zugänglich. Für die Nutzer:innen dieser Apps bedeutet dies ein erhebliches Risiko für ihre Privatsphäre und persönliche Sicherheit.

Mögliche Konsequenzen für die Betroffenen

Die Folgen eines solchen Datenlecks können gravierend sein. Cybernews warnt vor verschiedenen Szenarien: Unbefugte könnten Zugriff auf Profile erhalten, die Bilder könnten für Erpressungsversuche missbraucht werden oder das Ansehen der betroffenen Personen schädigen. In Deutschland könnte dies unter anderem arbeitsrechtliche Konsequenzen haben oder zu sozialer Ausgrenzung führen.

Besonders alarmierend ist die Gefahr für LGBTQ+-Personen, die in Ländern mit queerfeindlichen Gesetzen leben. In zahlreichen Staaten weltweit ist Homosexualität nach wie vor strafbar, in einigen sogar mit der Todesstrafe bedroht. Die ungeschützte Veröffentlichung intimer Bilder könnte für diese Menschen lebensbedrohliche Konsequenzen haben.

Verzögerte Reaktion des Unternehmens

Noch problematischer erscheint die Tatsache, dass M.A.D. Mobile bereits seit dem 20. Januar von dem Datenleck wusste, aber erst letzte Woche darauf reagierte. Ein Unternehmenssprecher erklärte, man arbeite an einer Lösung des Problems durch ein Update. Warum die Firma wochenlang untätig blieb, wurde nicht erklärt. Auch bleibt unklar, ob in der Zwischenzeit Dritte Zugriff auf die Daten erlangt haben.

Datenschutz bei Dating-Apps: Ein anhaltendes Problem

Dieser Fall reiht sich ein in eine lange Liste von Datenschutzverstößen bei Dating-Apps. In Deutschland haben Stiftung Warentest und andere Verbraucherschutzorganisationen wiederholt vor den Datenschutzrisiken bei Dating-Anwendungen gewarnt. Besonders Apps wie Grindr standen immer wieder in der Kritik. Die Plattform wurde 2021 in Norwegen zu einer Geldstrafe von 5,7 Millionen Euro verurteilt – wegen Verstößen gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Laut Datenschutzexperte.de sollten Nutzer:innen von Dating-Apps die Datenschutzbestimmungen sorgfältig prüfen und sich bewusst machen, welche Daten sie preisgeben. Experten empfehlen, persönliche Informationen zu minimieren, Standortfreigaben einzuschränken und bei der Auswahl von Profilbildern vorsichtig zu sein.

Rechtliche Situation in Deutschland

In Deutschland bieten die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) einen rechtlichen Rahmen zum Schutz persönlicher Daten. Diese Gesetze geben Nutzer:innen das Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Bei Verstößen können Betroffene Beschwerde bei den zuständigen Datenschutzbehörden einlegen.

Der aktuelle Fall könnte weitreichende rechtliche Konsequenzen für M.A.D. Mobile haben. Gemäß der DSGVO können Verstöße mit Bußgeldern von bis zu 4% des weltweiten Jahresumsatzes oder 20 Millionen Euro geahndet werden – je nachdem, welcher Betrag höher ist.

SchutzmaĂźnahmen fĂĽr Nutzer:innen

Für Nutzer:innen von Dating-Apps – insbesondere solchen, die sich an die LGBTQ+-Community richten – empfehlen Experten verschiedene Schutzmaßnahmen:

  • Verzicht auf erkennbare Gesichtsbilder in öffentlichen Profilen
  • Keine Weitergabe intimer Fotos ĂĽber Dating-Plattformen
  • Verwendung von Pseudonymen statt Klarnamen
  • Regelmäßige ĂśberprĂĽfung der Privatsphäre-Einstellungen
  • Nutzung von Apps mit End-zu-End-VerschlĂĽsselung fĂĽr sensible Kommunikation
  • Vorsicht bei der Preisgabe persönlicher Informationen wie Wohnort oder Arbeitsplatz

Dieser aktuelle Fall unterstreicht einmal mehr die Bedeutung eines verantwortungsvollen Umgangs mit persönlichen Daten im digitalen Raum – besonders für Mitglieder der LGBTQ+-Community, die in vielen Kontexten nach wie vor mit Diskriminierung und Ausgrenzung konfrontiert sind. Dating-App-Anbieter stehen in der Pflicht, die Privatsphäre ihrer Nutzer:innen konsequent zu schützen und Datensicherheit zur obersten Priorität zu machen.


Gefährliches Online-Dating: Acht Jugendliche in Malta bekennen sich schuldig im Fall von Dating-App-Attacke – Parallelen in Deutschland

Acht Jugendliche in Malta haben sich schuldig bekannt, einen 18-Jährigen angegriffen zu haben, den sie über eine Dating-App aufgrund seiner vermeintlichen sexuellen Orientierung in eine Falle gelockt hatten. Die ursprüngliche Nachricht wurde von PinkNews veröffentlicht. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf ein weltweites Problem, das auch in Deutschland zunehmend Besorgnis erregt.

Die Gruppe im Alter zwischen 15 und 17 Jahren – sieben Jungen und ein Mädchen – bekannte sich am Sonntag (30. März) schuldig zu schweren Körperverletzungen, schwerem Diebstahl und illegaler Freiheitsberaubung, verschärft durch Hass gegen die Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung.

Das Opfer wurde über eine Dating-App zu einem verlassenen Hotel in der Nähe des Red Tower in Mellieħa gelockt, wo die Jugendlichen ihn schlugen und sein Handy stahlen. Die Täter wurden gegen Kaution freigelassen, unter der Bedingung, sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden und zwischen 20:30 Uhr und 6:00 Uhr zu Hause zu bleiben.

Auch in Deutschland ein wachsendes Problem

Solche Vorfälle sind leider kein Einzelfall – auch in Deutschland nehmen Hassverbrechen gegen LGBTQ+-Personen zu. Laut offiziellen Statistiken wurden 2022 über 1000 Fälle von Hasskriminalität im Zusammenhang mit sexueller Orientierung und über 400 Fälle im Zusammenhang mit Geschlechtervielfalt registriert. Besonders alarmierend ist die Situation in Berlin, wo die Zahl der von der Polizei erfassten queerfeindlichen Straftaten im Jahr 2023 auf einen Höchststand von 588 Fällen stieg, wie das Berliner Monitoring für queerfeindliche Gewalt berichtet.

Besonders Dating-Apps werden immer wieder für solche Angriffe missbraucht. "Wir sehen eine besorgniserregende Zunahme von Fällen, in denen LGBTQ+-Personen über Dating-Plattformen in gefährliche Situationen gelockt werden", erklärt Bastian Finke vom Berliner Anti-Gewalt-Projekt MANEO gegenüber Pride.Direct. "Die Täter nutzen gezielt die Verletzlichkeit von Menschen aus, die aufgrund gesellschaftlicher Stigmatisierung oft diskrete Treffen suchen."

Globales Phänomen mit lokalen Auswirkungen

Der Fall aus Malta reiht sich in eine beunruhigende weltweite Serie ähnlicher Vorfälle ein. In Indien nutzte eine Bande Grindr, um bis zu 20 queere Opfer anzugreifen und auszurauben. In Schottland wurde ein pensionierter Lehrer über Gay-Dating-Apps kontaktiert und später getötet. In Südafrika gab es einen Anstieg von Entführungen und Erpressungen über Dating-Apps.

In Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas werden LGBTQ+-Personen sogar von Sicherheitskräften über Dating-Apps ausspioniert, was zu Verhaftungen und Misshandlungen führt, wie Middle East Eye berichtet.

MaĂźnahmen in Deutschland

Die Bundesregierung hat als Reaktion auf die steigende Zahl queerfeindlicher Übergriffe angekündigt, einen nationalen Aktionsplan für die Akzeptanz und den Schutz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu erstellen. Dies geschieht parallel zur LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020-2025 der Europäischen Kommission.

In Berlin konzentriert sich die Polizei verstärkt auf queerfeindliche Hasskriminalität, um das Bewusstsein zu schärfen und die Verfolgung solcher Straftaten zu verbessern. Zudem bieten Organisationen wie die Berliner Beratungsstelle für LGBTQ+-Opfer von Gewalt spezialisierte Unterstützung an.

Sicherheitstipps fĂĽr Dating-App-Nutzer:innen

Um sich bei der Nutzung von Dating-Apps zu schĂĽtzen, empfehlen Expert:innen folgende MaĂźnahmen:

  • ĂśberprĂĽfen Sie Profile sorgfältig – fĂĽhren Sie bei Zweifeln eine umgekehrte Bildersuche durch oder bitten Sie um ein aktuelles Selfie
  • Seien Sie zurĂĽckhaltend mit persönlichen Informationen und vermeiden Sie es, genaue Wohnorte preiszugeben
  • Informieren Sie Freund:innen ĂĽber geplante Treffen – teilen Sie Standort und Kontaktdaten der Person mit
  • Treffen Sie sich zunächst an belebten öffentlichen Orten
  • Nutzen Sie ein VPN, um Ihre Daten zu schĂĽtzen, besonders wenn Sie sich in Gebieten mit höherer LGBTQ+-Feindlichkeit aufhalten
  • Melden Sie verdächtige Profile oder Verhaltensweisen sofort den App-Betreibern
  • Scheuen Sie sich nicht, bei Ăśbergriffen die Polizei einzuschalten und spezialisierte Beratungsstellen zu kontaktieren

"Sicherheit muss immer an erster Stelle stehen", betont Petra Wessely von der Münchner Aids-Hilfe. "Dating-Apps bieten großartige Möglichkeiten zur Vernetzung innerhalb der Community, aber wir müssen uns der Risiken bewusst sein und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen."

Der Fall aus Malta verdeutlicht, dass Hassverbrechen gegen die LGBTQ+-Community ein grenzüberschreitendes Problem darstellen, das sowohl gemeinsame internationale Anstrengungen als auch lokale Sensibilisierung und Schutzmaßnahmen erfordert. Die verstärkten Bemühungen in Deutschland sind ein wichtiger Schritt, doch bleibt noch viel zu tun, um die Sicherheit aller LGBTQ+-Personen zu gewährleisten – online wie offline.


Rückschritt für LGBTQ+-Rechte: Trinidad und Tobago kriminalisiert Homosexualität erneut

Ein Berufungsgericht im karibischen Inselstaat Trinidad und Tobago hat vergangene Woche die 2018 erfolgte Entkriminalisierung von Homosexualität zurückgenommen. Wie der "Daily Express" berichtet, hat das Gericht in der Hauptstadt Port of Spain mit einer 2:1-Mehrheit dem Einspruch der Regierung stattgegeben. Diese Entscheidung markiert einen dramatischen Rückschritt für LGBTQ+-Rechte in der Region.

Vom Fortschritt zum RĂĽckschritt

Der aus Trinidad und Tobago stammende queere Aktivist Jason Jones, der mittlerweile in Großbritannien lebt, hatte 2017 gegen die Paragrafen 13 und 16 des Sexualstrafrechts geklagt. Diese aus der britischen Kolonialzeit stammenden Gesetze sahen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren für gleichgeschlechtlichen Sex oder Analverkehr vor – sowohl für homo- als auch für heterosexuelle Paare. Im Jahr 2018 errang Jones einen bedeutenden Sieg, als der Verfassungsgerichtshof diese Paragrafen für verfassungswidrig erklärte und damit Homosexualität entkriminalisierte.

Die Regierung legte jedoch Berufung ein, und nun hat das Berufungsgericht die frühere Entscheidung aufgehoben. Als kleines Zugeständnis reduzierte die Richter-Mehrheit immerhin das maximale Strafmaß von 25 auf fünf Jahre Haft – ein schwacher Trost für die betroffene Community.

Kritik an religiös motivierter Rechtsprechung

Jason Jones zeigte sich über das Urteil zutiefst entsetzt. In einem emotionalen Facebook-Post beschuldigte der 60-Jährige die Richter Nolan Bereaux und Richterin Charmaine Pemberton, die für die Rekriminalisierung gestimmt hatten, "die Bibel wichtiger zu nehmen als ihre Pflicht, die Rechte ALLER Bürger zu schützen". Mit ihrer Entscheidung hätten sie "eine Welle von homophobem Hass losgetreten". Jones kündigte an, den Kampf fortzusetzen: "Ihr habt es vielleicht geschafft, mich mit euren Worten zum Weinen zu bringen, aber diese werden mich nicht brechen. DER KAMPF GEHT WEITER."

Rechtlicher Weg noch nicht ausgeschöpft

Jones hat bereits angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Als letzte Instanz fungiert das sogenannte "Judicial Committee of the Privy Council", ein Gericht für Staaten, die dem postkolonialen britischen Commonwealth angehören. Allerdings gibt es wenig Grund zur Hoffnung: Dieses in London ansässige Appellationsgericht entschied 2022 gegen LGBTQ+-Rechte, indem es das Eheverbot für schwule und lesbische Paare auf Bermuda und den Caymaninseln für rechtmäßig erklärte.

LGBTQ+-Rechte in der Karibik – ein gemischtes Bild

Die Situation fĂĽr LGBTQ+-Personen in der Karibik bleibt herausfordernd. Mehrere karibische Staaten, darunter Jamaika, Dominica, Grenada, St. Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen, haben nach wie vor Gesetze, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren, wie Human Rights Watch dokumentiert.

In den letzten Jahren gab es jedoch auch einige Fortschritte in der Region. So entschied beispielsweise das Oberste Gericht von Barbados 2023, dass bestimmte Gesetze, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen kriminalisierten, verfassungswidrig sind. Der RĂĽckschritt in Trinidad und Tobago ist daher besonders besorgniserregend, da er einen bereits gewonnenen Fortschritt wieder zunichtemacht.

Kontrastbild Deutschland

Während in Trinidad und Tobago Homosexualität wieder unter Strafe gestellt wird, genießen LGBTQ+-Personen in Deutschland weitreichende rechtliche Absicherung. Seit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 haben gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland nahezu die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare, einschließlich des Adoptionsrechts. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet zudem Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

Doch trotz der rechtlichen Fortschritte in Deutschland und einigen anderen Ländern weltweit mahnt der Fall Trinidad und Tobago, dass erkämpfte LGBTQ+-Rechte nicht als selbstverständlich angesehen werden können. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zeigt, dass Fortschritte in der Gleichstellung auch wieder rückgängig gemacht werden können – eine Warnung, die auch für die hiesige Community von Bedeutung ist.

Aktivisten wie Jason Jones setzen ihren Kampf für Gleichberechtigung fort, trotz der aktuellen Rückschläge. Sie erinnern uns daran, dass der Einsatz für LGBTQ+-Rechte ein fortwährender Prozess ist, der unermüdliches Engagement erfordert – in Trinidad und Tobago ebenso wie weltweit.


Freiheit um jeden Preis: Tennisspielerin Daria Kasatkina wechselt wegen ihrer Homosexualität nach Australien

Die russische Tennisspielerin Daria Kasatkina hat bestätigt, dass sie aufgrund ihrer Homosexualität und ihrer kritischen Haltung zum Ukraine-Krieg keine andere Wahl hatte, als ihre Staatsbürgerschaft zu wechseln. Wie auf PinkNews berichtet wird, erhielt die 27-jährige Weltranglisten-12. im März die dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in Australien und vertritt nun offiziell das Land bei Turnieren.

„Ich hatte keine andere Wahl"

„Mit allem, was in meinem früheren Land vor sich geht, hatte ich nicht viel Wahl", erklärte Kasatkina am Montag vor dem Charleston Open gegenüber Journalisten. „Für mich als offen homosexuelle Frau, wenn ich ich selbst sein will, musste ich diesen Schritt machen, und das habe ich getan."

Kasatkina, die seit 2022 in einer Beziehung mit der russischen Eiskunstläuferin Natalia Zabiiako lebt, hat Russland seit zweieinhalb Jahren nicht mehr besucht. Ihr Coming-out und ihre Kritik am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine machten eine Rückkehr praktisch unmöglich.

LGBTQ+ Rechte in Russland: Eine bedrohliche Lage

In den letzten Jahren hat Russland die Rechte von LGBTQ+-Personen drastisch eingeschränkt. Die russische Regierung hat die LGBTQ+-Bewegung als „extremistisch" eingestuft, was strafrechtliche Verfolgung ermöglicht. Das sogenannte „Propaganda-Gesetz" führte bereits zur Inhaftierung von Barbetreibern, der Festnahme von über 50 Clubbesuchern und sogar zum Universitätsausschluss eines schwulen Studenten wegen Make-up-Videos.

Auch kritische Äußerungen zum Ukraine-Krieg werden hart bestraft, mit Geldstrafen und Gefängnisstrafen für Antikriegsaktivisten. In diesem repressiven Umfeld sah Kasatkina keine Zukunft für sich.

Parallelen zu deutschen LGBTQ+-Sportlern

Auch in Deutschland haben Sportlerinnen und Sportler mit Diskriminierung zu kämpfen, obwohl die rechtliche Situation deutlich besser ist. Deutschland gilt mit 87% Akzeptanz für Homosexualität in der Bevölkerung als eines der LGBTQ+-freundlichsten Länder der Welt – noch vor Australien mit 79%, wie Umfragen zeigen.

Der deutsche Fußballprofi Thomas Hitzlsperger wagte sein Coming-out allerdings erst nach seiner aktiven Karriere, und bis heute gibt es keinen offen homosexuellen aktiven Spieler in der Männer-Bundesliga. Im Tennis hingegen gibt es mit Spielerinnen wie Amélie Mauresmo, die schon 1999 ihr Coming-out hatte, eine längere Tradition der Offenheit.

Ein neues Kapitel in Australien

Für Kasatkina beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. „Australien ist ein Ort, den ich liebe, der unglaublich einladend ist und an dem ich mich absolut zu Hause fühle", erklärte sie in ihrem Statement. „Ich freue mich darauf, mein Zuhause in Melbourne aufzubauen."

Tennis Australia begrüßte die Spielerin offiziell: „Tennis Australia heißt Daria, die derzeit auf Platz 12 der Weltrangliste steht, herzlich in der australischen Tennisfamilie willkommen. Mit sofortiger Wirkung wird Daria als Australierin antreten, und wir wünschen ihr alles Gute für ihre kommenden Turniere."

Die globale Dimension von LGBTQ+-Rechten

Kasatkinas Geschichte verdeutlicht die dramatischen Unterschiede bei LGBTQ+-Rechten weltweit. Während in Deutschland und anderen westlichen Ländern die gleichgeschlechtliche Ehe legal ist und Diskriminierungsschutz besteht, werden in Russland und vielen anderen Ländern grundlegende Menschenrechte für LGBTQ+-Personen eingeschränkt.

Der LGBTQI+ Travel Safety Index und andere Vergleichsindizes zeigen die enormen globalen Unterschiede auf. Diese Realität zwingt viele LGBTQ+-Personen dazu, ihre Heimat zu verlassen – selbst erfolgreiche Sportlerinnen wie Daria Kasatkina.

Ihr Schritt erinnert daran, dass der Kampf für LGBTQ+-Rechte global geführt werden muss und dass Zufluchtsorte wie Deutschland und Australien eine wichtige Rolle spielen, um Schutz und Freiheit zu bieten. Für Kasatkina beginnt nun ein neues Kapitel – eines, in dem sie sowohl ihre sportliche Karriere fortsetzen als auch offen und frei leben kann.


Jordan Bardella und die deutsche AfD: Eine beunruhigende Parallele fĂĽr LGBTQ+-Rechte in Europa

Jordan Bardella, der junge Vorsitzende des französischen Rassemblement National (RN), könnte nach der Verurteilung von Marine Le Pen zum Hoffnungsträger der französischen Rechten bei den Präsidentschaftswahlen 2027 werden. Wie der Originalartikel von PinkNews berichtet, wurde Le Pen am 31. März wegen Veruntreuung von EU-Geldern zu einer Haftstrafe verurteilt und für fünf Jahre von politischen Ämtern ausgeschlossen. Diese Entwicklung rückt den 29-jährigen Bardella, ihren politischen Ziehsohn, ins Rampenlicht - mit möglicherweise weitreichenden Folgen für LGBTQ+-Rechte in Frankreich, die auch für die deutsche LGBTQ+-Community ein warnendes Signal darstellen könnten.

Bardellas Haltung zu LGBTQ+-Rechten

Bardella versucht, ein moderateres Bild des RN zu zeichnen, indem er erklärt hat, dass er die gleichgeschlechtliche Ehe nicht abschaffen würde, da diese Debatte "abgeschlossen" sei. Dennoch bleibt er bei vielen anderen Themen auf der harten Linie seiner Partei: Er hat sich persönlich gegen Leihmutterschaft (in Frankreich "GPA" genannt) ausgesprochen und diese als "Kommodifizierung des Körpers und der Bäuche von Frauen" bezeichnet. 2019 positionierte er sich zudem klar gegen die In-vitro-Fertilisation (IVF) für lesbische Paare mit der Begründung: "Es gibt kein Recht auf Kinder. Kinder haben ein Recht auf einen Vater und eine Mutter, und dieses Gesetz schafft Kinder ohne Väter."

Diese Positionen spiegeln die traditionelle Haltung des RN wider, der historisch gegen progressive LGBTQ+-Rechte gestimmt hat - sowohl im französischen Parlament als auch auf EU-Ebene. Obwohl der RN unter Marine Le Pen und nun unter Bardella versucht hat, sein Image zu modernisieren, indem er einzelne homosexuelle Mitglieder aufgenommen und erklärt hat, gegen Homophobie zu sein, bleibt die grundsätzliche Ausrichtung der Partei problematisch für LGBTQ+-Rechte.

Parallelen zur AfD in Deutschland

Die Situation in Frankreich weist beunruhigende Parallelen zur Entwicklung in Deutschland auf, wo die Alternative für Deutschland (AfD) ähnliche Positionen vertritt. Die AfD lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe und Adoption ebenso ab wie das kürzlich verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz für transgender Personen. Wie The Independent berichtet, hat sich die AfD trotz einer offen lesbischen Spitzenkandidatin zur lautstärksten Stimme gegen LGBTQ+-Rechte im deutschen Parlament entwickelt.

Im Wahlprogramm der AfD wird unter anderem gefordert, Minderjährige vor dem zu schützen, was sie als "Trans-Kult, Frühsexualisierung und Gender-Ideologie" bezeichnet. Die Partei will geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Pubertätsblocker und Hormontherapien für minderjährige Transgender verbieten. Diese Forderungen überschneiden sich teilweise mit Positionen konservativer Parteien, was LGBTQ+-Aktivisten in Deutschland besonders beunruhigt.

Zunehmende Gewalt als Folge rechter Rhetorik

Was sowohl in Frankreich als auch in Deutschland besonders alarmierend ist: Die zunehmende Präsenz rechtsextremer Parteien geht mit einem Anstieg von Gewalt gegen LGBTQ+-Personen einher. In Frankreich ist die Zahl der gemeldeten Straftaten gegen LGBTQ+-Personen im Jahr 2023 um 40% höher als noch 2020. Ein besonders schockierender Fall ereignete sich unmittelbar nach den großen Erfolgen des RN bei den Europawahlen im Juni 2024: Vier Männer verübten in Paris einen homophoben Angriff auf einen Teenager und gaben später gegenüber der Polizei an, RN-Parteimitglieder zu sein.

Französische LGBTQ+-Organisationen wie SOS Homophobie warnen, dass die zunehmende Normalisierung rechtsextremer Rhetorik ein gesellschaftliches Klima schaffen könnte, in dem Diskriminierung und Gewalt gegen Minderheiten gedeihen. In Deutschland äußern Verbände wie der LSVD ähnliche Bedenken hinsichtlich des Einflusses der AfD auf das gesellschaftliche Klima.

Was bedeutet das fĂĽr die deutsche LGBTQ+-Community?

Der Aufstieg des RN unter Bardella und die Parallelen zur AfD in Deutschland zeigen, dass LGBTQ+-Rechte in Europa zunehmend unter Druck geraten könnten. Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen in Frankreich ein wichtiges Signal: Sie zeigen, wie schnell vermeintlich gesicherte Fortschritte durch politische Machtverschiebungen in Frage gestellt werden können.

Deutsche LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) beobachten die grenzüberschreitenden Entwicklungen mit Sorge. Sie betonen, dass die Verteidigung von LGBTQ+-Rechten eine gesamteuropäische Aufgabe ist und dass Rückschritte in einem Land schnell Auswirkungen auf die politische Debatte in anderen Ländern haben können.

Besonders besorgniserregend für Aktivisten ist, dass sowohl der RN als auch die AfD zunehmend salonfähig werden und ihre Positionen in den politischen Mainstream einfließen. Während in Deutschland das neue Selbstbestimmungsgesetz für transgender Personen gerade erst in Kraft getreten ist, zeigt die Erfahrung in anderen europäischen Ländern, dass solche Errungenschaften unter dem Einfluss rechtspopulistischer Parteien schnell wieder auf dem Prüfstand stehen können.

Fazit: Wachsamkeit ist geboten

Der Aufstieg von Jordan Bardella in Frankreich und die Parallelen zur Situation in Deutschland unterstreichen, dass LGBTQ+-Rechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern ständig verteidigt werden müssen. Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen jenseits des Rheins ein Weckruf: Die zunehmende Normalisierung rechtsextremer Positionen und die damit verbundene Zunahme von Diskriminierung und Gewalt erfordern eine wachsame Zivilgesellschaft.

Während Bardella versucht, ein gemäßigteres Bild zu zeichnen, indem er die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anfechten will, bleiben seine Positionen zu Leihmutterschaft, IVF für lesbische Paare und anderen LGBTQ+-Themen tief problematisch. In Deutschland könnten ähnliche Entwicklungen drohen, sollte die AfD ihren Einfluss weiter ausbauen. Die Verteidigung der Rechte und der Sicherheit der LGBTQ+-Community muss daher auf beiden Seiten des Rheins höchste Priorität haben.


Homophobe Gewalt in Augsburg: Polizei fahndet nach verurteiltem Gewalttäter - Bayern ohne Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit

In Augsburg kam es zu einer schweren Gewalttat gegen zwei junge Männer mit offenbar homophobem Hintergrund. Die Augsburger Polizei teilte vergangene Woche mit, dass drei Männer im Alter zwischen 22 und 24 Jahren nach einer homosexuellenfeindlichen Attacke festgenommen wurden, wie queer.de berichtete. Die Verdächtigen befinden sich in Untersuchungshaft, nachdem sie zwei Männer im Alter von 26 und 28 Jahren homophob beleidigt und so schwer zusammengeschlagen hatten, dass die Opfer stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten.

Bekannter Gewalttäter Halid S. unter Verdacht

Wie nun bekannt wurde, richtet sich der Verdacht in diesem Fall auch gegen den polizeibekannten Straftäter Halid S., der sich derzeit auf der Flucht befinden soll. Dies bestätigte dessen Anwalt gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Halid S., der die deutsche, türkische und libanesische Staatsbürgerschaft besitzt, ist in Augsburg kein Unbekannter: Im Dezember 2019 hatte er als damals 17-Jähriger im Streit einen 49-jährigen Feuerwehrmann auf dem Königsplatz mit einem Faustschlag getötet. Für diese Tat wurde er wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von mehr als vier Jahren verurteilt.

Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus ermittelt

Der Fall wird aufgrund des mutmaßlich queerfeindlichen Hintergrunds von der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München zusammen mit der Kriminalpolizei Augsburg untersucht. "Straftaten aus dem Bereich der Hasskriminalität werden von Generalstaatsanwaltschaft und Polizei konsequent verfolgt", betonten die Behörden in ihrer Mitteilung. Die Tatsache, dass die ZET die Ermittlungen übernommen hat, unterstreicht die Schwere des Falls und die zunehmende Aufmerksamkeit, die queerfeindliche Gewalt erhält.

Anstieg queerfeindlicher Straftaten in Deutschland

Der Vorfall in Augsburg steht stellvertretend für ein deutschlandweites Problem: Laut Bundeskriminalamt (BKA) ist die Zahl queerfeindlicher Straftaten in Deutschland stark angestiegen. Im Jahr 2023 wurden bundesweit 1.785 Fälle erfasst, was einem Anstieg von etwa 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, wie tagesschau.de berichtete. Zu den häufigsten Vergehen zählen Beleidigungen, Gewalttaten, Volksverhetzungen, Nötigungen und Bedrohungen. Beunruhigend ist auch, dass die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher liegt, da viele Betroffene aus Angst oder mangelndem Vertrauen in die Behörden keine Anzeige erstatten.

In Bayern wurden im vergangenen Jahr 177 queerfeindliche Straftaten zur Anzeige gebracht. Experten gehen jedoch auch hier von einer hohen Dunkelziffer aus. Der Anstieg dieser Delikte wird von Fachleuten mit zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung und einer stärkeren Verbreitung queerfeindlicher Narrative in sozialen Medien in Verbindung gebracht.

Bayern als einziges Bundesland ohne Aktionsplan

Besonders brisant: Bayern ist aktuell das einzige Bundesland in Deutschland, das noch keinen Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit implementiert hat. Während Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Wahlkampf 2023 einen solchen Plan angekündigt hatte, fand das Thema im später verabschiedeten Koalitionsvertrag der bayerischen Regierung keine Erwähnung, wie queer.de berichtete.

Allerdings gibt es mittlerweile Bewegung in dieser Frage: Die bayerische Staatsregierung arbeitet an einem "Bayerischen Aktionsplan QUEER", der Teil einer "Agenda für Vielfalt und gegen Ausgrenzung" sein soll. Im Jahr 2024 wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen und über eine Online-Beteiligungsplattform Inhalte für diesen Aktionsplan gesammelt. Die tatsächliche Umsetzung ist jedoch erst für die Zeit ab 2026 geplant, wie die Bayerische Staatsregierung mitteilt.

Der LSVD Bayern (Lesben- und Schwulenverband) hat bereits einen umfangreichen zivilgesellschaftlichen Maßnahmenkatalog mit über 120 konkreten queerpolitischen Vorschlägen vorgelegt, der als Grundlage für den weiteren Erarbeitungsprozess dienen soll. Kritiker bemängeln jedoch das langsame Tempo und fordern angesichts der zunehmenden Gewalt schnellere und entschiedenere Maßnahmen.

Community fordert mehr Schutz und Aufklärung

Der brutale Übergriff in Augsburg hat in der lokalen LGBTQ+-Community Betroffenheit und Angst ausgelöst. Gleichzeitig wächst die Entschlossenheit, sichtbar zu bleiben und für ein friedliches Miteinander einzutreten. Vertreter von LGBTQ+-Organisationen fordern verstärkte Präventionsmaßnahmen, bessere Sensibilisierung der Polizei und Justiz sowie mehr Aufklärungsarbeit in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.

Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig koordinierte Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit sind – sowohl auf institutioneller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Nur durch ein klares Bekenntnis zu Vielfalt und entschiedenes Handeln gegen Diskriminierung und Gewalt kann langfristig ein sicheres Umfeld für alle Menschen geschaffen werden, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität.


AfD scheitert mit Regenbogenfahnen-Verbot an Schulen in Sachsen-Anhalt - Ein Angriff auf Toleranz und Vielfalt

Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat am vergangenen Freitag einen Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt, der das Zeigen von Regenbogenfahnen an Schulen verbieten sollte. Die rechte Partei ist mit ihrem Vorstoß klar gescheitert, da alle anderen Fraktionen im Landesparlament – CDU, Linke, SPD, FDP und Grüne – geschlossen dagegen stimmten. Die ursprüngliche Berichterstattung stammt von queer.de.

Der AfD-Antrag und seine BegrĂĽndung

In ihrem Antrag behauptete die AfD-Fraktion, die Regenbogenfahne sei ein "politisches Bekenntnis zur LGBTQ-Bewegung" und für Heranwachsende "in höchstem Maße schädlich". Der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider, der den Antrag im Landtag vorstellte, ging sogar noch weiter und bezeichnete die Regenbogenfahne als "extremistisches Symbol", das "bei den meisten Menschen Abscheu" erzeuge.

Die Partei unterstellte der queeren Community, das "natürliche und traditionelle Familienbild der Mehrheit" dekonstruieren zu wollen. In der Begründung des Antrags zeigte sich deutlich die Sorge der AfD, dass junge Menschen durch den Anblick der Regenbogenflagge die "Ehe aus Mann und Frau" nicht mehr als "Vorbild" akzeptieren könnten.

Breite Ablehnung und Kritik

Der Lesben-, Schwulen- und Queerpolitische Runde Tisch Sachsen-Anhalt (LSQpRT) reagierte entsetzt auf den Vorstoß der AfD. "Dieser Antrag ist nichts weniger als ein Angriff auf die Lebensrealität vieler queerer Schüler*innen, Lehrkräfte und Eltern", erklärte LSQpRT-Sprecher*in Mika Taube. Die Organisation wertete den Antrag als Versuch, "Schulen zu Orten der Angst zu machen, an denen queere Jugendliche sich verstecken müssen".

Auch Susan Sziborra-Seidlitz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen in Sachsen-Anhalt, kritisierte den Vorstoß scharf als "ideologisch aufgeladene Hetze gegen queere Menschen und gegen eine offene Gesellschaft". Sie betonte, dass die Regenbogenfahne für Liebe, Respekt und Schutzräume stehe, wie HalleSpektrum.de berichtete.

Kritiker*innen zogen auch Parallelen zu autoritären Regimen – wer Symbole der Offenheit verbieten wolle, denke autoritär und folge dem politischen Stil von Autokraten wie Putin oder Orbán, die in ihren Ländern ebenfalls gegen LGBTQ+-Rechte vorgehen.

Bildungsministerin verteidigt Vielfalt an Schulen

Landesbildungsministerin Eva Feußner (CDU) stellte in der Debatte klar, dass Schulen Kinder und Jugendliche auch zur "Achtung der Würde des Menschen" erziehen sollten. "In Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags sind die Schulen gehalten, Schülerinnen und Schülern Kenntnisse und Fähigkeiten und Werthaltungen zu vermitteln, welche die Gleichachtung und Gleichberechtigung der Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Identität fördern. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", so Feußner.

Andere Abgeordnete kritisierten die grundsätzliche Stoßrichtung der AfD. "Natürlich geht es hier um ihren Kampf gegen Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt von Lebensformen", erklärte die Sozialdemokratin Katja Pähle. Thomas Lippmann von der Linken attestierte: "Solche Anträge sind reine Provokation."

Besessene Fokussierung der AfD auf queere Themen

Bemerkenswert war die Reaktion des FDP-Abgeordneten Konstantin Pott, der die Obsession der AfD mit queeren Themen hinterfragte: "Es wird von Ihrer Seite, liebe Kollegen der AfD, immer wieder gesagt: 'Es gibt ja andere Themen, die deutlich wichtiger sind.' […] Ich frage mich: Wenn es aus Ihrer Sicht viel wichtigere Sachen gibt, warum beantragen Sie denn immer wieder etwas zur LGBTQ-Community?"

Hans-Thomas Tillschneider, der Antragsteller, ist in der Vergangenheit bereits wiederholt mit queerfeindlichen Äußerungen aufgefallen. So bezeichnete er das "Regenbogen-Imperium" als Feind der "Normalen" und behauptete, Aids-Kranke seien der Preis für ein "dekadentes Gesellschaftsmodell". Bei einer früheren Debatte im Landtag zum Thema "Queere Propaganda spaltet – Olympia muss verbinden" beendete er seine Rede sogar mit den Worten: "Gott ist mit uns. Gott ist mit der AfD!"

Parallelen zu anderen Bundesländern und internationalen Entwicklungen

Während die AfD in Sachsen-Anhalt ein Verbot der Regenbogenfahne an Schulen fordert, hat Niedersachsen einen entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Dort dürfen Schulen offiziell die Regenbogenflagge hissen, um ein Zeichen gegen sexuelle Diskriminierung zu setzen, wie T-Online berichtete.

Der Vorstoß der AfD in Sachsen-Anhalt steht in einer Reihe mit ähnlichen Versuchen in anderen Ländern Europas, LGBTQ+-Symbole aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. In Ungarn unter Viktor Orbán und in Russland unter Wladimir Putin wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Gesetze verabschiedet, die die Rechte und die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen einschränken.

Zivilgesellschaftliche Reaktion

Als Reaktion auf den AfD-Antrag rief der Christopher Street Day Sachsen-Anhalt e.V. zu einer Demonstration vor dem Landtag auf. Die Ablehnung des Antrags durch alle anderen Fraktionen zeigt, dass trotz zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung die Mehrheit der politischen Kräfte in Sachsen-Anhalt für Vielfalt und gegen Diskriminierung eintritt.

FĂĽr die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die geschlossene Ablehnung des AfD-Antrags ein wichtiges Signal, dass trotz zunehmender Angriffe auf ihre Rechte die demokratischen Parteien weiterhin hinter den Errungenschaften der vergangenen Jahre stehen. Der Vorfall zeigt jedoch auch, dass die Auseinandersetzung um die Sichtbarkeit und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in unserer Gesellschaft weiterhin gefĂĽhrt werden muss.