Was sagt die Bibel wirklich über Homosexualität? Jesus war kein Homophober

LGBTQ+-Aktivisten in Polen demonstrieren zur Unterstützung dreier Aktivisten, die beschuldigt wurden, ein verehrtes römisch-katholisches Ikonenbild durch Hinzufügung der LGBTQ-Regenbogenflagge entweiht und religiöse Gefühle verletzt zu haben. Diese Nachricht stammt aus einem ursprünglich auf PinkNews veröffentlichten Artikel, der die biblische Perspektive auf Homosexualität analysiert.

"Was sagt die Bibel über Homosexualität?" ist eine Frage, die besonders angesichts des rechten Trends, Christentum mit Heterosexualität gleichzusetzen und die LGBTQ+-Gemeinschaft mit Satanismus zu verbinden, immer wieder gestellt wird. Doch die biblische Realität ist komplexer und nuancierter, als viele konservative Stimmen behaupten.

Die fortschrittliche Haltung von Papst Franziskus

Als Papst Franziskus im Februar 2023 nach seiner Meinung zur Homosexualität gefragt wurde, antwortete er: "Es ist nicht richtig, LGBTQ+-Menschen zu kriminalisieren. Sie sind Kinder Gottes. Gott liebt sie und begleitet sie. Menschen deswegen zu verurteilen ist eine Sünde. Die Kriminalisierung von Menschen mit homosexuellen Neigungen ist ein Unrecht."

Im November 2023 erklärte der Papst zudem, dass Transgender-Personen getauft werden und als Paten oder Trauzeugen fungieren können – genau wie jeder andere Erwachsene. Im Dezember 2023 sorgte er weltweit für Schlagzeilen, als er ankündigte, dass Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen von der katholischen Kirche gesegnet werden können.

Diese progressive Haltung hat in Deutschland unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während progressive christliche Kreise diese Entwicklung begrüßen, gibt es auch in der deutschen Kirche konservative Stimmen, die an traditionelleren Interpretationen festhalten.

Was Jesus uns wirklich lehrt

Im Markusevangelium wird beschrieben, wie Jesus dreimal den Jerusalemer Tempel besuchte. Beim ersten Besuch "schaute er sich alles an" (11:11). Beim zweiten Besuch trieb er die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel und richtete sich gezielt gegen jene, die die Ärmsten ausbeuteten (11:15). Bei seinem dritten Besuch verbrachte er beträchtliche Zeit im Tempel (11:27-13:2) und begegnete den verschiedenen Führungsebenen, die alle die Schrift nutzten, um auszugrenzen statt einzubeziehen.

Besonders aufschlussreich ist Markus 12:24, wo Jesus zu den Sadduzäern, den konservativen Theologen ihrer Zeit, sagte: "Ist nicht dies der Grund, weshalb ihr irrt, dass ihr weder die Schrift noch die Kraft Gottes versteht?" Jesus erkannte, dass sie die Schrift auf eine Weise interpretierten, die neue Verständnisweisen verhinderte und Gottes Kraft einschränkte.

Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch hier unterschiedliche Interpretationen innerhalb der Kirchen. Während einige deutsche Landeskirchen inzwischen Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten, halten andere an konservativeren Auslegungen fest.

Sodom und Gomorra: Ein Missverständnis

Diejenigen, die Homosexuelle vom Reich Gottes ausschließen wollen, beziehen sich häufig auf das Alte Testament, insbesondere auf Genesis 19 – die Zerstörung von Sodom und Gomorra. Ihre Interpretation besagt, dass es sich dabei um eine Geschichte über Homosexualität handelt. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Geschichte dreht sich um Gastfreundschaft.

Sie beginnt in Genesis 18, als drei Besucher (Gott und zwei Engel in Menschengestalt) zu Abraham kamen. Was taten Abraham und seine Frau Sara? Sie boten Gastfreundschaft an. Die beiden Engel verließen dann Abraham und den Herrn und reisten nach Sodom (19:1), wo sie Lot, Abrahams Neffen, trafen. Was tat Lot? Er bot Gastfreundschaft an.

Die "Männer von Sodom" (19:4) boten den verkleideten Engeln nicht dieselbe Gastfreundschaft. Stattdessen versuchten sie, sie (und Lot (19:9)) zu demütigen, indem sie drohten, sie zu vergewaltigen. Die Geschichte stellt extreme Gastfreundschaft (Abraham und Lot) dem extremen Mangel an Gastfreundschaft der Männer von Sodom gegenüber. Es ist eine Geschichte über Einbeziehung, nicht Ausgrenzung.

Die deutsche Perspektive

In Deutschland spiegelt sich diese theologische Debatte in den verschiedenen Positionen der Kirchen wider. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zeigt eine zunehmende Offenheit gegenüber LGBTQ+-Personen. Viele Landeskirchen bieten inzwischen Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare an, während die katholische Kirche in Deutschland durch die Initiativen des Synodalen Wegs ebenfalls über Reformen diskutiert.

Deutsche Theologen betonen zunehmend die Notwendigkeit, biblische Texte in ihrem historischen Kontext zu lesen. Levitikus 18:22 und 20:13 beispielsweise behandeln nicht "Homosexualität" im heutigen Sinne – als fürsorgliche, liebevolle und sexuelle Beziehung zwischen Menschen gleichen Geschlechts. Diese Texte beziehen sich auf Beziehungen, die Grenzen der Reinheit (zwischen rein und unrein) und Ethnizität (Israeliten und Kanaaniter) überschreiten.

Eine Theologie der Inklusion

Im Neuen Testament sehnt sich Paulus in Galater 3:28 nach einer christlichen Gemeinschaft, in der "es nicht mehr Juden und Griechen, nicht mehr Sklaven und Freie, nicht mehr Mann und Frau gibt; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus". Paulus baute sein theologisches Argument auf dem Juden-Griechen-Unterschied auf, erweiterte es dann aber auf den Sklaven-Freien-Unterschied und den Mann-Frau-Unterschied.

Christen – egal welcher Kirche sie angehören – sollten Paulus folgen und dies auf den Heterosexuellen-Homosexuellen-Unterschied ausdehnen. Wir sind alle "in Christus gekleidet" (3:27): Gott sieht nur Christus, nicht unsere unterschiedlichen Sexualitäten.

In Deutschland setzen sich zahlreiche christliche Initiativen und Gesprächskreise für die Rechte und Akzeptanz von LGBTQ+-Personen innerhalb der Kirchen ein. Diese Gruppen fördern den Dialog und die Aufklärung über sexuelle Vielfalt und tragen zu einem tieferen Verständnis der biblischen Botschaft bei.

Die Worte von Papst Franziskus finden auch in Deutschland Widerhall: LGBTQ+-Personen sind Kinder Gottes. Die Liebe und Akzeptanz, die Jesus predigte, gilt für alle – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.

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