Ein US-Bezirksgericht in Boston hat die von Donald Trump eingeführten Passvorschriften, die trans und nichtbinäre Menschen diskriminieren, als verfassungswidrig eingestuft. Wie queer.de berichtet, erließ Richterin Julia Kobick eine einstweilige Verfügung, die die Anwendung der diskriminierenden Regeln für sechs Kläger*innen stoppt. Diese Entscheidung könnte wegweisend für den Schutz von LGBTQ+-Rechten in den USA sein – und steht in starkem Kontrast zur progressiven Entwicklung in Deutschland.
Gericht: Trumps Erlass basiert auf "irrationalen Vorurteilen"
In ihrer Urteilsbegründung stellte die von Joe Biden ernannte Richterin Kobick klar: "Der Erlass und die entsprechenden Passmaßnahmen basieren auf irrationalen Vorurteilen gegenüber trans Amerikanern und verletzen daher die verfassungsmäßige Verpflichtung unserer Nation zum gleichen Schutz für alle Amerikaner." Das Gericht ordnete an, dass die sechs Kläger*innen Pässe mit der Geschlechtsangabe erhalten, die mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt.
Die umstrittene Politik der Trump-Regierung hatte im Januar per Dekret festgelegt, dass die US-Regierung künftig nur noch die Kategorien "männlich" und "weiblich" anerkennen will und dass dabei das "Geschlecht zur Geburt" maßgeblich sein soll. Damit wurde die 2022 unter Biden eingeführte Möglichkeit, ein "X" als neutrale Geschlechtsangabe in US-Reisepässen einzutragen, abgeschafft.
Rechtliche Anerkennung von trans Personen auf Bundesebene ausgehebelt
Die American Civil Liberties Union (ACLU), die die Kläger*innen vertrat, argumentierte, dass die neuen Regeln trans, nichtbinären und intergeschlechtlichen Amerikaner*innen faktisch das Recht auf einen korrekten Pass verweigert. Ein besonders prominentes Beispiel für die Auswirkungen ist die trans Schauspielerin Hunter Schafer, der ein Reisepass mit männlichem "M"-Marker ausgestellt wurde – was zu erheblichen Problemen bei Auslandsreisen führen kann.
Trotz des Erfolgs für die sechs Kläger*innen lehnte Richterin Kobick den Antrag auf eine landesweite Blockierung der Politik ab. Das bedeutet, dass die diskriminierenden Passregeln für alle anderen trans und nichtbinären US-Bürger*innen weiterhin gelten können, bis weitere Klagen erfolgreich sind oder die Politik auf Bundesebene geändert wird.
Deutsche Gesetzgebung als positiver Kontrast
Die Entwicklung in den USA steht in deutlichem Kontrast zur Situation in Deutschland, wo seit dem 1. November 2024 das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft ist. Dieses Gesetz erleichtert es trans, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen erheblich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern – ohne die komplexen Gerichtsverfahren und Gutachten, die früher erforderlich waren.
In Deutschland gibt es seit 2018 die Möglichkeit, im Personenstandsregister neben "männlich" und "weiblich" auch "divers" oder "ohne Angabe" zu wählen. Diese dritte Option wurde nach einer wegweisenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, das feststellte, dass das Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen.
Bei deutschen Reisepässen wird nach einer Änderung des Geschlechtseintrags ein "X" eingetragen, wenn die Person nicht als männlich oder weiblich gemeldet ist. Für Reisende in Länder, die den Eintrag "X" nicht akzeptieren, besteht die Möglichkeit, einen zweiten Reisepass mit dem alten binären Geschlechtseintrag zu beantragen – allerdings nur mit einer ärztlichen Bescheinigung über eine "Variante der Geschlechtsentwicklung".
Internationale Implikationen für Reisende
Für deutsche LGBTQ+-Reisende in die USA bedeuten die neuen US-Regelungen potenzielle Komplikationen. Laut den aktualisierten Reisehinweisen des deutschen Auswärtigen Amtes zu US-Visa müssen bei Abweichungen des Geschlechtseintrags von jenem aus dem Reisepass "zusätzlich die Geburtsurkunde mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlechtseintrag bzw. ein beglaubigter Ausdruck aus dem Geburtenregister mitgeführt werden".
Die Entscheidung des US-Gerichts ist zwar ein wichtiger Schritt, aber der Kontrast zur deutschen Gesetzgebung zeigt, wie unterschiedlich die Entwicklung der LGBTQ+-Rechte in verschiedenen demokratischen Ländern verlaufen kann. Während Deutschland durch das Selbstbestimmungsgesetz einen bedeutenden Fortschritt erzielt hat, kämpfen trans und nichtbinäre Menschen in den USA weiterhin um grundlegende Anerkennung ihrer Identität in offiziellen Dokumenten.
LGBTQ+-Organisationen in den USA hoffen nun, dass die Entscheidung des Bostoner Gerichts ein erster Schritt ist, um die diskriminierenden Passregelungen landesweit zu kippen und die Rechte von trans und nichtbinären US-Bürger*innen zu schützen.