Kardinal Pietro Parolin als möglicher Papst: Seine Haltung zu LGBTQ+-Rechten im deutschen Kontext

Nach Spekulationen über die Nachfolge von Papst Franziskus gilt der 70-jährige Kardinal Pietro Parolin als einer der Top-Favoriten für das Papstamt, wie PinkNews berichtet. Wettanbieter räumen ihm mit 11/4 Quoten (entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 26,7 Prozent) die besten Chancen ein. Als derzeitiger Staatssekretär des Vatikans und enger Vertrauter von Papst Franziskus steht Parolin seit Jahren im diplomatischen Dienst der Kirche – doch wie steht es um seine Haltung zu LGBTQ+-Rechten, und welche Bedeutung hätte seine mögliche Wahl für die katholische Kirche in Deutschland?

Ein Diplomat mit konservativen Ansichten

Kardinal Pietro Parolin gilt als erfahrener Diplomat und Stratege mit weltweiten Verbindungen. Seit 2013 bekleidet er das Amt des Staatssekretärs des Vatikans – die zweithöchste Position nach dem Papst – und hat sich in dieser Rolle in verschiedenen internationalen Konflikten als Vermittler eingebracht. T-Online beschreibt ihn als "pragmatischen Strategen", der für Kontinuität und Stabilität innerhalb der Kirche stehen könnte.

In Bezug auf LGBTQ+-Themen zeigt sich Parolin jedoch deutlich konservativer. So bezeichnete er die Anerkennung von Transgender-Identitäten als "äußerst gefährlich" und kritisierte die Einführung der Ehe für alle in Irland im Jahr 2015 als "Niederlage für die Menschheit". Ähnlich wie Papst Franziskus hat er sich kritisch gegenüber der sogenannten "Gender-Ideologie" geäußert, die seiner Meinung nach "Unterschiede aufhebt und behauptet, alle gleich zu machen".

Andererseits hat Parolin differenziertere Positionen vertreten, die eine gewisse Offenheit erkennen lassen. So wies er 2023 entschieden den oft behaupteten Zusammenhang zwischen Homosexualität und sexuellem Missbrauch durch Kleriker zurück und bezeichnete eine solche Verbindung als "ernsthafte und wissenschaftlich unhaltbare Assoziation". Gay Express zitierte ihn mit den Worten: "Homosexuelle Orientierung kann weder als Ursache noch als typischer Aspekt des Missbrauchs betrachtet werden, umso mehr, wenn sie von der allgemeinen Persönlichkeitsstruktur entkoppelt ist."

Spannungsfeld in der deutschen Kirche

Die Frage nach dem Umgang mit LGBTQ+-Personen ist in der katholischen Kirche in Deutschland besonders brisant. Der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Ludger Schepers, bat erst im Juni 2024 homosexuelle Männer um Vergebung für die Kriminalisierung durch die Kirche. Er betonte dabei, dass die Kirche eine falsche Haltung gegenüber homosexuellen Menschen gehabt habe und dass sexuelle Vielfalt Teil der Schöpfung sei.

Im Rahmen des deutschen "Synodalen Wegs" haben sich viele Kirchenvertreter für eine liberalere Haltung gegenüber LGBTQ+-Personen ausgesprochen. Kardinal Parolin hingegen sandte 2023 einen Brief an deutsche Kirchenführer, in dem er Bedenken gegen eine Liberalisierung der kirchlichen Lehre zur Homosexualität äußerte – ein Zeichen, dass er in dieser Hinsicht eher der traditionellen Linie des Vatikans folgt.

Was würde ein Papst Parolin für die LGBTQ+-Community bedeuten?

Sollte Pietro Parolin tatsächlich zum Papst gewählt werden, ist eine grundlegende Änderung der kirchlichen Lehre zu Homosexualität und Geschlechtsidentität unwahrscheinlich. Seine bisherigen Äußerungen deuten darauf hin, dass er in diesen Fragen eher konservative Positionen vertritt. Gleichzeitig ist er als Diplomat bekannt für seine Fähigkeit zum Dialog und zum Ausgleich verschiedener Interessen.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland könnte ein Papst Parolin bedeuten, dass die Spannungen zwischen den progressiveren Strömungen in der deutschen Kirche und dem Vatikan weiter bestehen bleiben. Die deutschen Bemühungen um mehr Akzeptanz und Inklusion könnten auf vatikanischen Widerstand stoßen, wie es bereits in der Vergangenheit der Fall war.

Anders als der in der ursprünglichen Meldung erwähnte Text suggeriert, ist Papst Franziskus übrigens nicht verstorben. Der 87-jährige Pontifex ist weiterhin im Amt, auch wenn aufgrund seines Alters und gelegentlicher gesundheitlicher Probleme immer wieder über seine mögliche Nachfolge spekuliert wird.

Fazit: Ein Papst der Kontinuität

Als möglicher Nachfolger von Papst Franziskus würde Kardinal Pietro Parolin vermutlich für Kontinuität in vielen Bereichen sorgen. In Bezug auf LGBTQ+-Rechte ist jedoch keine wesentliche Liberalisierung zu erwarten. Seine diplomatischen Fähigkeiten könnten allerdings dazu beitragen, dass Gespräche zwischen verschiedenen Flügeln der Kirche – auch mit den progressiveren Stimmen in Deutschland – fortgeführt werden.

Für die LGBTQ+-Community bleibt die katholische Kirche somit ein Ort voller Widersprüche: Einerseits gibt es, besonders in Deutschland, Bestrebungen für mehr Akzeptanz und Inklusion, andererseits hält der Vatikan unter seiner derzeitigen und vermutlich auch künftigen Führung an traditionellen Lehren fest, die homosexuelle Handlungen als "nicht in Ordnung" betrachten.

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