Der Christopher Street Day (CSD) in Schönebeck (Sachsen-Anhalt) wurde kürzlich durch Ordnungsamt und Polizei abgebrochen. Wie queer.de berichtet, laufen nun weitere Ermittlungen: Laut Angaben des "Spiegel" sollen zwei Personen vor dem Abbruch der Demonstration einen Hitlergruß in Richtung der LGBTQ+-Veranstaltung gezeigt haben. Zusätzlich wird gegen einen betrunkenen Fahrradfahrer wegen Beleidigung ermittelt.
Wiederkehrende rechtsextreme Bedrohungen in Sachsen-Anhalt
Dies ist leider kein Einzelfall. Bereits in den vergangenen Jahren waren CSDs in Sachsen-Anhalt, insbesondere in Schönebeck, Ziel rechtsextremer Aufmärsche und Bedrohungen. Im September 2023 kam es zu einem ähnlichen Vorfall, bei dem laut MDR-Berichten der CSD in Schönebeck ebenfalls vorzeitig beendet werden musste, nachdem ein Mann mehrfach den Hitlergruß gezeigt hatte. Die Vorfälle wurden damals vom Staatsschutz untersucht.
Die wiederholten Angriffe auf Pride-Veranstaltungen in der Region sind Teil eines besorgniserregenden Trends, der schon 2023 im Landtag von Sachsen-Anhalt thematisiert wurde. Die Linke kritisierte damals, dass die Polizei die Demonstrationen nicht ausreichend schütze.
Umstrittener Abbruch der Demonstration
Besonders kontrovers ist die Begründung für den aktuellen Abbruch der Demonstration. Während die Stadt offiziell Sicherheitsbedenken anführt, sollen Mitarbeitende des Ordnungsamts zuvor einen ganz anderen Grund genannt haben: Die Veranstaltung sei "nicht politisch genug" gewesen, unter anderem weil ein Liebeslied gespielt werden sollte. Der CSD-Verein spricht von "Schikane und Willkür".
Diese widersprüchlichen Begründungen haben inzwischen rechtliche Konsequenzen: Sowohl Organisator*innen als auch eine Moderatorin des CSD haben Strafanzeige gegen Mitarbeitende der Stadt gestellt und eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Ordnungsbehörden eingereicht. Der Verein CSD Deutschland fordert: "Sollte sich der Anfangsverdacht des Amtsdelikts bestätigen, fordern wir sowohl strafrechtliche als auch politische Konsequenzen".
Politische Aufarbeitung gefordert
Die Landtagsabgeordnete Susan Sziborra-Seidlitz (Grüne), die als einzige Abgeordnete am CSD in der 30.000 Einwohner*innen zählenden Stadt teilgenommen hatte, kündigte an, eine Anfrage an die regierende Deutschland-Koalition zu stellen, um die Vorgänge aufzuklären.
Die Vorfälle in Schönebeck reihen sich ein in eine bundesweite Zunahme von Angriffen auf queere Veranstaltungen. Insbesondere in ostdeutschen Bundesländern berichten Organisator*innen von Pride-Veranstaltungen immer wieder von rechtsextremen Störaktionen und mangelndem Schutz durch Behörden. Expert*innen sehen darin einen Ausdruck des erstarkenden Rechtsextremismus und einer zunehmenden LGBTQ+-Feindlichkeit in Deutschland.
Die Entwicklungen in Schönebeck werfen grundlegende Fragen auf: Wie kann der Schutz von LGBTQ+-Veranstaltungen verbessert werden? Und warum werden ausgerechnet Betroffene rechter Gewalt durch behördliche Maßnahmen eingeschränkt, anstatt gegen die eigentlichen Störer vorzugehen? Die queere Community fordert klare Antworten und ein konsequentes Vorgehen gegen rechte Gewalt.