Drastische Kürzungen bei HIV-Hilfen: Fast drei Millionen Tote bis 2030 befürchtet – auch Deutschland in der Verantwortung

Experten und HIV-Hilfsorganisationen warnen vor den verheerenden Folgen globaler Finanzierungskürzungen bei der HIV-Prävention. Laut einer neuen Studie des Burnet Instituts in Australien könnten die drastischen Mittelkürzungen, insbesondere durch die USA unter Donald Trump, zu fast drei Millionen zusätzlichen Todesfällen bis 2030 führen. Der ursprüngliche Bericht wurde am 26. März veröffentlicht und zeigt alarmierende Prognosen für die weltweite HIV-Bekämpfung.

Globale Kürzungen mit fatalen Folgen

Die Analyse warnt, dass weltweit bis zu 10 Millionen mehr HIV-Infektionen bis 2030 auftreten könnten, wenn Geberländer wie die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die Niederlande ihre Hilfsgelder weiter kürzen. Nach der Amtsübernahme von Donald Trump wurden in den USA zahlreiche HIV-bezogene Forschungsprogramme gestrichen und im Januar Auftragnehmer des "Bureau of Global Health Security and Diplomacy" entlassen, das unter anderem HIV-Behandlungen finanziert.

Besonders besorgniserregend: Das UN-Aidsprogramm UNAIDS warnt, dass ohne die US-Gelder in den kommenden vier Jahren bis zu 6,3 Millionen zusätzliche Todesfälle im Zusammenhang mit Aids auftreten könnten. Die USA blockieren derzeit ihren Anteil von fast 73 Prozent an den globalen Entwicklungshilfegeldern für HIV/AIDS-Programme.

Anne Aslett, Geschäftsführerin der Elton John Aids Foundation, betonte: "Wenn die Finanzierung für die globale HIV-Bekämpfung in dem Ausmaß wegfällt, wie dieser Bericht befürchtet, werden Millionen weitere Menschen erkranken, und die Gesundheitsbudgets werden damit einfach nicht fertig werden können."

Deutschland: Kürzungen im eigenen Land und internationale Verantwortung

Auch in Deutschland stehen HIV-Präventionsprogramme unter Druck. Die Deutsche Aidshilfe (DAH) warnt vor geplanten Kürzungen öffentlicher Mittel, die die erfolgreiche HIV- und Aids-Prävention gefährden. In Nordrhein-Westfalen sind Kürzungen von 1,5 Millionen Euro geplant, was mehr als einem Drittel der bisherigen Mittel entspricht. Die Aidshilfe Köln befürchtet dadurch einen Stellenabbau, der besonders die Bereiche Jugendarbeit, Beratungs- und Testangebote sowie Programme für Frauen und Familien betreffen würde.

Gleichzeitig wird Deutschland angesichts der US-Kürzungen aufgefordert, international mehr Verantwortung zu übernehmen. Mehrere Nichtregierungsorganisationen drängen die Bundesregierung, einen "fair share" von 1,8 Milliarden Euro in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria einzuzahlen und die Unterstützung für multilaterale Gesundheitsinitiativen zu verstärken.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) räumte ein, dass sie dem aktuellen Haushalt mit Kürzungen im Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nur "schweren Herzens" zugestimmt habe und dass die Einschnitte auch in Deutschland spürbar sein werden.

Bedrohung jahrzehntelanger Fortschritte

Die Kürzungen bedrohen die erheblichen Fortschritte der letzten Jahrzehnte in der globalen HIV-Bekämpfung. Seit 2010 sind die weltweiten HIV-Neuinfektionen jährlich um mindestens 8,3 Prozent zurückgegangen, HIV-bedingte Todesfälle sogar um 10,3 Prozent pro Jahr.

Professorin Linda-Gail Bekker, Direktorin des Desmond Tutu HIV Centre, warnte, dass im schlimmsten Fall HIV-Infektionen "in einem Ausmaß zurückkehren könnten, wie wir es seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben". Sie fordert Regierungen auf, "zusammenzukommen und einen Plan zu vereinbaren, der auf den erstaunlichen Fortschritten aufbaut, die Infektionsraten niedrig hält und Länder beim Aufbau widerstandsfähiger Gesundheitssysteme für die Zukunft unterstützt".

Vorbildliches Engagement andernorts

Während viele Länder ihre Hilfszahlungen kürzen, gibt es auch positive Beispiele. Der britische Premierminister Keir Starmer hat sich als erster amtierender britischer Regierungschef öffentlich einem HIV-Test unterzogen, um das Stigma zu bekämpfen. "Wenn Menschen sich testen lassen, kennen sie ihren Status, und es ist besser, dass Menschen ihn kennen", erklärte er und betonte, dass Heimtestkits "kostenlos, vertraulich und einfach" seien.

Starmer hat zudem 27 Millionen Pfund für ein erweitertes NHS-Testprogramm in Großbritannien zugesagt und bekräftigt, neue HIV-Infektionen im Land bis 2030 zu beenden. Zusätzlich stellte er 37 Millionen Pfund für die Verbesserung des Zugangs zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten weltweit bereit.

Diese Maßnahmen stehen im Kontrast zu den angekündigten 40-prozentigen Kürzungen im britischen Hilfsbudget ab 2027, die laut Adrian Lovett von der Organisation One, die für wirtschaftliche Chancen und gesündere Leben in Afrika kämpft, Starmers Worte "hohl klingen lassen".

Aufruf zum Handeln

Die Situation erfordert dringend ein Umdenken bei den Geberländern. Die dramatischen Prognosen zeigen, dass Kürzungen bei der HIV-Prävention nicht nur unmittelbare Folgen für Betroffene haben, sondern auch langfristige Auswirkungen auf globale Gesundheitssysteme und -budgets.

Für Deutschland bedeutet dies eine doppelte Verantwortung: Einerseits müssen die erfolgreichen Präventionsprogramme im eigenen Land weiterhin ausreichend finanziert werden, andererseits ist angesichts der US-Kürzungen ein verstärktes internationales Engagement notwendig, um die jahrzehntelangen Fortschritte im Kampf gegen HIV nicht zu gefährden.

Wie Gesundheitsexperten betonen: Infektionskrankheiten machen nicht an Landesgrenzen halt. Investitionen in globale Gesundheitssicherheit sind daher auch im deutschen Interesse. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die internationale Gemeinschaft die notwendigen Ressourcen mobilisieren kann, um die drohende neue AIDS-Krise abzuwenden.

Regresar al blog