Verbrennung einer "Regenbogenpuppe" in Hamburg: Tradition oder Queerfeindlichkeit?

In Hamburg-Blankenese sorgt ein Vorfall beim traditionellen Osterfeuer für Diskussion: Eine Strohpuppe mit regenbogenfarbenen Haaren wurde am Karsamstag vor jubelndem Publikum verbrannt. Wie queer.de berichtet, deuteten einige Besucher*innen dies als queerfeindliche Geste, während die Organisatoren alle Vorwürfe zurückweisen.

Traditionen und Symbole im Konflikt

Die Osterfeuer haben in Hamburg, besonders im wohlhabenden Stadtteil Blankenese, eine lange Tradition. Jährlich werden Strohpuppen verbrannt, die den Winter oder böse Geister symbolisieren sollen. Doch die diesjährige Gestaltung der Puppe mit ihren auffälligen Regenbogenhaaren – international als Symbol der LGBTQ+-Community bekannt – löste bei Besucher*innen wie Julius B. Unbehagen aus. In der taz wird der Vorfall als "makaber" und "seltsam" beschrieben, besonders vor dem Hintergrund zunehmender queerfeindlicher Straftaten in Deutschland.

Nach Angaben der Bundesregierung wurden 2023 insgesamt 1.758 Straftaten gegen LGBTQ+-Personen registriert – eine besorgniserregende Zahl, die den Kontext für die Kritik an der Veranstaltung bildet.

Absicht oder Zufall?

Die "Feuermacher", eine informelle Gruppe von Anwohner*innen, die das Feuer organisieren, weisen jede diskriminierende Absicht entschieden zurück. Laut ihrer Aussage hätten Kinder die Puppe gebastelt und sie "möglichst bunt gestaltet", damit sie "lustig aussieht". Man versuche jedes Jahr, das Feuer "neutral" zu gestalten.

Auch Vertreter*innen des Bezirksamts Altona, die während der Veranstaltung anwesend waren, erkannten keine queerfeindlichen Intentionen. Dennoch wurde für zukünftige Veranstaltungen ein "sensiblerer und bewussterer Umgang" angekündigt.

Keine Einzelfälle in Europa

Der Hamburger Vorfall reiht sich in eine beunruhigende Liste ähnlicher Ereignisse in Europa ein. Besonders in Kroatien kam es mehrfach zu gezielten Verbrennungen queerer Symbole: Beim Karneval im kroatischen Imotski wurden 2020 Puppen verbrannt, die einem bekannten schwulen Aktivistenpaar nachempfunden waren. Zwei Jahre zuvor hatten Erwachsene beim Kinderkarneval in der kroatischen Kleinstadt Kaštela eine Plakatwand mit Darstellungen von Regenbogenfamilien verbrannt.

Auch in der Schweiz sorgte 2022 die Gemeinde Bassersdorf für Schlagzeilen, als eine Figur mit Brüsten, Penis und Regenbogen-Rock öffentlich verbrannt wurde.

Kulturelle Sensibilisierung notwendig

Die Kontroverse in Hamburg-Blankenese wirft wichtige Fragen über die Grenzen zwischen Brauchtum und Diskriminierung auf. Wie bei vielen traditionellen Festen und Bräuchen in Deutschland steht die Gesellschaft vor der Herausforderung, kulturelles Erbe zu bewahren und gleichzeitig für die Symbolik und potenzielle Verletzungen marginalisierter Gruppen sensibel zu sein.

Während die Verantwortlichen in Blankenese jede queerfeindliche Absicht abstreiten, bleibt die Frage, ob es nicht einer bewussteren Auseinandersetzung mit der Gestaltung solcher Traditionen bedarf – besonders in Zeiten, in denen die Rechte und die Sicherheit der LGBTQ+-Community zunehmend unter Druck geraten.

Brauchtum kann und sollte ohne diskriminierende Elemente auskommen. Der Fall zeigt, dass auch vermeintlich harmlose oder unbeabsichtigte Darstellungen in einem größeren gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssen, in dem Symbole wie der Regenbogen eine klare Bedeutung haben und ihre Verbrennung daher nicht als neutral betrachtet werden kann.

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