Der Oberste Gerichtshof der USA befasst sich mit einer Klage von Eltern, die ihre Kinder vom Unterricht mit queeren Themen befreien lassen wollen. Der Fall Mahmoud v. Taylor aus Maryland könnte weitreichende Folgen für den Umgang mit LGBTQ+-Inhalten an amerikanischen Schulen haben. Wie queer.de berichtet, steht dabei die Präsenz von Büchern mit queeren Inhalten in Kindergärten und Grundschulen auf dem Prüfstand – ein Thema, das auch in Deutschland immer wieder für Diskussionen sorgt.
Worum geht es im Fall Mahmoud v. Taylor?
Im Kern geht es um sieben Kinderbücher, die von der Schulbehörde Montgomery County Public Schools in Maryland als ergänzende Literatur in den Lehrplan aufgenommen wurden. Darunter befinden sich Titel wie "Pride Puppy" und "Uncle Bobby's Wedding", die gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Familien mit queeren Eltern zeigen. Eine Gruppe muslimischer, katholischer und orthodoxer Eltern klagt nun auf das Recht, ihre Kinder vom Unterricht fernhalten zu dürfen, wenn diese Bücher behandelt werden – mit der Begründung, die Inhalte würden gegen ihre religiösen Überzeugungen verstoßen.
Die Kläger werfen der Schulbehörde vor, sie wolle die Eltern davon abhalten, ihren Glauben an ihre Kinder weiterzugeben. Die Bücher würden "eine einseitige Transgender-Ideologie fördern" und "zum Geschlechtswechsel ermutigen". Die Trump-Regierung unterstützt die klagenden Eltern und argumentiert mit einer "Einmischung in die Religionsfreiheit".
Die Schulbehörde verteidigt ihr Vorgehen damit, dass die Bücher niemandem etwas aufzwingen würden, sondern lediglich die Schüler*innen mit verschiedenen Lebensweisen und Familienformen vertraut machen sollen. Sie ergänzten das bestehende Angebot an "klassischer" Kinderliteratur wie Schneewittchen oder Peter Pan.
Grundsätzliche Bedeutung für die USA
Der Fall hat das Potenzial, weitreichende Folgen für den Umgang mit LGBTQ+-Themen an amerikanischen Schulen zu haben. Die mündliche Verhandlung vor dem Supreme Court ist für den 22. April 2025 angesetzt. Bemerkenswert ist, dass die Kläger in den Vorinstanzen gescheitert sind. Der 4. Circuit Court of Appeals stellte fest, dass die Eltern nicht ausreichend nachgewiesen hätten, dass die Konfrontation mit den Büchern sie zur Verletzung ihrer religiösen Überzeugungen zwingen würde.
In mehreren republikanisch regierten US-Bundesstaaten gelten bereits Gesetze gegen Bücher zu queeren Themen. Florida etwa verbietet mit dem umstrittenen "Don't Say Gay"-Gesetz die Behandlung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität im Unterricht vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse.
Parallelen in Deutschland
Auch in Deutschland wird die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Themen im Schulunterricht immer wieder diskutiert. Im Gegensatz zu den USA gibt es hierzulande jedoch keinen vergleichbaren Rechtsstreit. Stattdessen zeigt sich ein anderes Bild: Es besteht vielmehr ein Bedarf an mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Schulen.
Organisationen wie das Bundesnetzwerk "Schule der Vielfalt" oder der Bundesausschuss Queer der GEW setzen sich für einen diskriminierungsfreien Umgang und mehr Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen an Schulen ein. Studien zeigen jedoch, dass viele queere Schüler*innen in Deutschland noch immer Mobbing und Ausgrenzung erleben.
"Es besteht ein Bedarf, Regenbogen-Kompetenz in die Aus- und Fortbildung von Lehrer*innen zu integrieren", erklärt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) auf seiner Website. Eine gleichstellungsorientierte, diskriminierungs- und machtkritische Pädagogik wird von Fachleuten als wichtiger Bestandteil einer zeitgemäßen Bildung angesehen.
Vielfalt in Kinderbüchern
Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine wachsende Anzahl von Kinderbüchern, die verschiedene Formen von Liebe und vielfältige Familien- und Lebensmodelle thematisieren. Verlage wie dtv oder Fischer Sauerländer bieten spezielle Sammlungen mit LGBTQIA+-Büchern für Kinder und Jugendliche an.
Während in den USA ein erbitterter Kampf um die Präsenz solcher Bücher in Schulen tobt, geht es in Deutschland eher darum, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen und in den pädagogischen Alltag zu integrieren. Experten sind sich einig: Kinderbücher, die verschiedene Lebensweisen repräsentieren, können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Miteinander zu fördern.
Ausblick
Die Entscheidung des US-Supreme Courts im Fall Mahmoud v. Taylor könnte auch für die internationale Diskussion um LGBTQ+-Inhalte im Bildungswesen richtungsweisend sein. In Deutschland wird es spannend sein zu beobachten, ob der Fall eine Debatte über den Umgang mit queeren Themen im Unterricht anstößt.
Für die deutsche Bildungslandschaft bleibt die Herausforderung bestehen, einen Weg zu finden, der sowohl die Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Lebensweisen fördert als auch die Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen respektiert. Die Erfahrungen aus den USA könnten dabei als wichtige Referenz dienen – sei es als Vorbild oder als mahnendes Beispiel.