UK-Urteil verlangt männliche Durchsuchungen für Transfrauen - Deutschland geht anderen Weg mit Selbstbestimmungsgesetz

Nach einem Grundsatzurteil des obersten Gerichtshofs in Großbritannien müssen Transfrauen, die von der British Transport Police in Gewahrsam genommen werden, nun von männlichen Beamten durchsucht werden. Die Entscheidung steht im deutlichen Kontrast zur deutschen Gesetzgebung, die mit dem erst kürzlich in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz einen progressiveren Weg eingeschlagen hat. Die ursprüngliche Meldung über die Situation in Großbritannien wurde von PinkNews veröffentlicht.

Das britische Urteil und seine Auswirkungen

Am 16. April entschied der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs in einem wegweisenden Verfahren, das von der genderkritischen Gruppe "For Women Scotland" gegen die schottische Regierung eingereicht wurde, dass die rechtliche Definition einer Frau Transfrauen ausschließt. Das Gericht stellte fest, dass das geschützte Merkmal "Geschlecht" nach dem britischen Gleichstellungsgesetz von 2010 sich auf das biologische Geschlecht bezieht.

Als direkte Folge dieses Urteils hat die British Transport Police – die Polizei, die für das Eisenbahnnetz in England, Wales und Schottland zuständig ist – eine "Übergangsregelung" eingeführt. Ein Sprecher erklärte gegenüber Sky News: "Nach unserer bisherigen Richtlinie konnten Personen mit einer Geschlechtsanerkennungsurkunde (GRC) entsprechend ihrem angenommenen Geschlecht durchsucht werden. Als Übergangsmaßnahme, während wir das heutige Urteil prüfen, haben wir jedoch unsere Beamten angewiesen, dass alle gleichgeschlechtlichen Durchsuchungen im Gewahrsam entsprechend dem biologischen Geburtsgeschlecht des Inhaftierten durchgeführt werden müssen."

Dies bedeutet, dass Transfrauen, die von der Polizei festgehalten werden, nun von männlichen Beamten durchsucht werden, während Polizeibeamtinnen, die trans sind, keine Frauen mehr im Gewahrsam durchsuchen dürfen.

Deutschland schlägt anderen Weg ein

Im Gegensatz zum restriktiven Ansatz in Großbritannien hat Deutschland mit dem am 1. November 2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) einen deutlich progressiveren Weg eingeschlagen. Das SBGG ersetzt das frühere Transsexuellengesetz (TSG) und ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern – ohne die zuvor erforderlichen gerichtlichen Entscheidungen oder psychiatrischen Gutachten.

Die Polizei Berlin hat ihre Richtlinien entsprechend angepasst und "Qualitätsstandards zur Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung bei trans- und intergeschlechtlichen Personen" entwickelt. Diese Standards geben trans- und intergeschlechtlichen Personen das Recht, bei bedrohtem Schamgefühl von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht zu werden, wobei das primäre Geschlechtsorgan nicht mehr das alleinige Kriterium ist. Dies steht in starkem Kontrast zu der nun in Großbritannien geltenden Praxis.

Gesellschaftliche und rechtliche Konsequenzen

Das britische Urteil könnte weitreichende Folgen haben, die weit über Polizeidurchsuchungen hinausgehen. Die britische Gleichstellungs- und Menschenrechtskommission (EHRC) hat bereits angekündigt, dass sie den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) "verfolgen" werde, wenn dieser seine Richtlinien zu geschlechtergetrennten Räumen nicht entsprechend dem Urteil des Obersten Gerichtshofs ändere.

Derzeit erlaubt der NHS die Behandlung von Transpersonen entsprechend ihrem Geschlecht. Beispielsweise werden Transfrauen als Patientinnen auf der Frauenstation untergebracht, und transgender Mitarbeiterinnen können Umkleideräume für Frauen nutzen. Die EHRC-Vorsitzende Baroness Kishwer Falkner wurde von der BBC mit den Worten zitiert: "Wir sprechen seit ungewöhnlich langer Zeit mit dem Gesundheitsdienst, wir werden sie nun fragen, wann sie ihre Beratung aktualisieren werden."

In Deutschland hingegen deutet nichts auf eine ähnliche Entwicklung hin. Im Gegenteil: Mit dem Selbstbestimmungsgesetz hat die deutsche Bundesregierung ein klares Zeichen für die Stärkung der Rechte von Transpersonen gesetzt. Die deutsche Bundesregierung betont, dass das Gesetz das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung stärkt und administrative Hürden abbaut.

Bedeutung für die LGBTQ+-Community

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die Entwicklung in Großbritannien ein besorgniserregendes Signal. Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen Schritt in Richtung mehr Akzeptanz und Anerkennung von Geschlechtsidentitäten gemacht hat, scheint Großbritannien einen Rückschritt zu machen, der Transfrauen von geschützten Räumen und Dienstleistungen ausschließt.

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) weist darauf hin, dass trans* Personen aus Angst vor queerfeindlichen Reaktionen ohnehin seltener Vorfälle bei der Polizei melden. Die Befürchtung ist, dass ein Urteil wie in Großbritannien, sollte es in ähnlicher Form in Deutschland gefällt werden, diese Situation noch verschlimmern könnte.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass das britische Gericht trotz seiner einschränkenden Definition von "Frauen" betont hat, dass Transpersonen weiterhin vor Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsumwandlung geschützt sind. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die praktische Umsetzung dieses Urteils auf das tägliche Leben von Transpersonen in Großbritannien auswirken wird.

Fazit: Unterschiedliche Wege in Europa

Die gegensätzlichen Entwicklungen in Deutschland und Großbritannien zeigen, dass in Europa unterschiedliche Wege im Umgang mit Transrechten beschritten werden. Während das deutsche Selbstbestimmungsgesetz auf Selbstbestimmung und Würde setzt, schlägt das britische Urteil eine biologisch definierte Richtung ein, die von Kritikern als Rückschritt betrachtet wird.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist es wichtig, die internationalen Entwicklungen im Auge zu behalten und gleichzeitig die Errungenschaften des Selbstbestimmungsgesetzes zu würdigen und zu schützen. Die unterschiedlichen Rechtslagen in europäischen Nachbarländern verdeutlichen, dass der Kampf für Transrechte noch lange nicht abgeschlossen ist und weiterhin Engagement und Wachsamkeit erfordert.

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