Die Trump-Administration hat das US-amerikanische National Institutes of Health (NIH) angewiesen, die angebliche "Reue" bei transgender Personen nach geschlechtsangleichenden Behandlungen zu erforschen, wie Pink News berichtet. Diese Anweisung erfolgt in einer Zeit, in der die Regierung unter Donald Trump zahlreiche weitere antitransgender Maßnahmen ergriffen hat – während Deutschland gerade den entgegengesetzten Weg einschlägt und mit dem Selbstbestimmungsgesetz mehr Rechte für trans Personen schafft.
Ideologisch motivierte Forschungsanweisungen
Laut anonymen NIH-Mitarbeitern, die mit dem Wissenschaftsmagazin Nature sprachen, hat das Weiße Haus die Gesundheitsbehörde angewiesen, das "Bedauern" nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen zu untersuchen. Der amtierende NIH-Direktor Matthew Memoli soll in einer E-Mail vom März mitgeteilt haben, dass das Gesundheitsministerium "angewiesen wurde, Forschung in einigen spezifischen Bereichen zu finanzieren", die mit der sogenannten "chemischen und chirurgischen Verstümmelung" von Kindern und Erwachsenen zusammenhängen. "Dies ist dem Präsidenten sehr wichtig", fügte er hinzu.
Dies geschieht, nachdem Berichten zufolge etwa 187 NIH-Forschungszuschüsse im Zusammenhang mit Transgender-Gesundheit im Wert von rund 187 Millionen Dollar gestrichen wurden. Kritiker werfen der Regierung vor, die Wissenschaft zu politisieren, um geschlechtsangleichende Versorgung zu diskreditieren.
Wissenschaftliche Fakten stehen im Widerspruch
Harry Barbee vom Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore erklärte gegenüber Nature, dass der Begriff "chemische und chirurgische Verstümmelung" "wissenschaftlich unhaltbar" sei und "Angst und Stigmatisierung" in der Transgender-Gemeinschaft hervorrufen werde. "Wenn Ideologie über wissenschaftliche Qualität gestellt wird, gefährdet das das gesamte wissenschaftliche Unterfangen", so Barbee.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Transgender-Personen ihre geschlechtsangleichenden Behandlungen nicht bereut. Eine Studie aus dem Jahr 2023 der National Library of Medicine ergab, dass nur 0,3 Prozent der Transgender-Männer und 0,6 Prozent der Transgender-Frauen ihre geschlechtsangleichende Operation bereuten. Im Vergleich dazu bereuen etwa 14 Prozent aller Menschen irgendeine Art von Operation.
Deutschland geht den entgegengesetzten Weg
Während die USA unter Trump einen restriktiven Kurs einschlagen, hat Deutschland kürzlich einen bedeutenden Fortschritt für die Rechte von Transgender-Personen erzielt. Am 12. April 2024 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz, das ab November 2024 in Kraft tritt. Dieses Gesetz ermöglicht es Einzelpersonen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in Ausweisdokumenten durch einfache Selbstauskunft beim Standesamt zu ändern – ohne psychologische Gutachten oder medizinische Eingriffe.
Auch im medizinischen Bereich geht Deutschland andere Wege. Neue medizinische Richtlinien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bekräftigen die Bedeutung der geschlechtsangleichenden Behandlung für Transgender-Jugendliche. Diese Leitlinien stellen eine bedeutende Weiterentwicklung der Transgender-Gesundheitsversorgung in diesen Ländern dar und verstärken einen wachsenden Trend in Europa hin zu einem Ausbau und nicht zu einer Einschränkung des Zugangs zu geschlechtsangleichender Versorgung.
Herausforderungen bleiben auch in Deutschland
Trotz des progressiven gesetzlichen Rahmens bleibt die medizinische Versorgung für Transgender-Personen in Deutschland herausfordernd. Der Bundesverband Trans* erklärte kürzlich, dass eine auf Menschenrechten basierende Gesundheitsversorgung in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt ist.
Zu den Hauptproblemen gehören lange Wartezeiten für spezialisierte Gesundheitsdienstleister, ein Mangel an sachkundigem medizinischem Personal sowie strukturelle Hürden bei der Kostenübernahme durch Krankenkassen. Ein Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2023 führte sogar zu Bedenken, dass das deutsche Gesundheitssystem möglicherweise die Finanzierung von bestimmten Transgender-Operationen einschränken könnte.
Politisierung der Wissenschaft
Die Anweisung der Trump-Administration, "Bedauern" nach Transition zu erforschen, wird von Experten als Teil einer breiteren anti-transgender Agenda gesehen. Seit seiner Rückkehr ins Amt im Januar hat Trump mehrere anti-LGBTQ+-Erlasse unterzeichnet, die hauptsächlich die Transgender-Gemeinschaft betreffen.
Dazu gehören Erklärungen, dass die offizielle Politik der Vereinigten Staaten nur zwei Geschlechter anerkennt, Versuche, Transgender-Personen vom Militärdienst auszuschließen, sowie Einschränkungen der geschlechtsangleichenden Gesundheitsversorgung für Transgender-Personen unter 19 Jahren. Auch wurden Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) in der Regierung und den Streitkräften abgeschafft.
Die Organisation GLAAD kritisierte: "Die besessene Fixierung der Trump-Administration auf Angriffe gegen Transgender-Personen und ihre Gesundheitsversorgung spiegelt weder medizinische Fakten wider noch repräsentiert sie die Realität von Transgender-Personen, Jugendlichen und ihrer Freiheit, sie selbst zu sein und ihre eigenen Gesundheitsentscheidungen zu treffen, ohne diskriminiert und belogen zu werden."
Protestbewegung formiert sich
Der Widerstand gegen Trumps anti-LGBTQ+ Politik wächst. Am 5. April fanden in mehreren US-amerikanischen Städten die größten Anti-Trump-Proteste seit seinem Amtsantritt im Januar statt. Viele Demonstranten trugen dabei LGBTQ+ und Transgender-Pride-Flaggen.
Während die Trump-Regierung versucht, wissenschaftliche Institutionen für ihre ideologischen Ziele zu instrumentalisieren, zeigt der Vergleich mit Deutschland, dass progressive Ansätze in der Transgender-Politik möglich sind – auch wenn in beiden Ländern noch viel Arbeit bleibt, um eine wirklich inklusive und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten.