Ein Berufungsgericht in Trinidad und Tobago hat am 25. März 2025 ein wegweisendes Urteil von 2018 aufgehoben, das Homosexualität im Land entkriminalisiert hatte. Diese Entwicklung, über die PinkNews ausführlich berichtet, bedeutet einen schwerwiegenden Rückschritt für die LGBTQ+-Gemeinschaft in dem karibischen Inselstaat.
Der juristische Rückschlag
Die Richter Nolan Bereaux und Charmaine Pemberton entschieden, dass die Abschnitte 13 und 16 des Sexualstrafgesetzes, die aus der britischen Kolonialzeit stammen, beibehalten werden müssen. Mit dieser Entscheidung steht gleichgeschlechtlicher Sex in Trinidad und Tobago nun wieder unter Strafe – mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Der LGBTQ+-Aktivist Jason Jones, der die ursprüngliche Klage eingereicht hatte, erklärte, dieses "rückschrittliche Urteil hat meinen Status als Bürger von Trinidad und Tobago zerrissen und macht mich in den Augen des Gesetzes wieder zu einem unverfolgten Kriminellen."
Besonders problematisch ist die sogenannte "Savings Law"-Klausel in der Verfassung von Trinidad und Tobago, die Gesetze aus der Kolonialzeit vor verfassungsrechtlichen Anfechtungen schützt. Das Gericht räumte zwar ein, dass diese Gesetze in einer modernen Gesellschaft kaum zu rechtfertigen seien, berief sich jedoch auf diese verfassungsrechtliche Besonderheit.
Parallelen und Unterschiede zu Deutschland
Während in Trinidad und Tobago ein Rückschritt zu verzeichnen ist, hat Deutschland in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten gemacht. Seit der vollständigen Entkriminalisierung homosexueller Handlungen und der Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017 hat Deutschland einen langen Weg zurückgelegt. Zuletzt trat im August 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das es Transgender-, Intersex- und nicht-binären Personen erleichtert, ihren Namen und Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten zu ändern.
Dennoch sollte die Entwicklung in Trinidad und Tobago auch für die deutsche LGBTQ+-Gemeinschaft ein Warnsignal sein. Dr. Petra Thorn, Psychotherapeutin und LGBTQ+-Beraterin aus Frankfurt, erklärt im Gespräch mit Pride.Direct: "Die Rechte von LGBTQ+-Personen sind nie vollständig gesichert. In zahlreichen Ländern erleben wir, wie hart erkämpfte Fortschritte wieder zurückgenommen werden. Auch in Deutschland sehen wir mit dem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte besorgniserregende Tendenzen."
Zunehmende Bedrohungen auch in Europa
Tatsächlich gibt es auch in Europa Anzeichen für gegenläufige Entwicklungen. In Ungarn und Polen wurden in den letzten Jahren LGBTQ+-feindliche Gesetze verabschiedet. In Deutschland selbst haben rechtspopulistische Parteien an Einfluss gewonnen, die offen gegen LGBTQ+-Rechte hetzen. Einige Bundesländer haben zudem begonnen, die Verwendung von gendergerechter Sprache einzuschränken, was von vielen als symbolischer Angriff auf die Sichtbarkeit diverser Identitäten gewertet wird.
Die Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) hat wiederholt auf die Gefahr hingewiesen, dass auch in Deutschland erreichte Fortschritte nicht als selbstverständlich angesehen werden sollten. "Der Fall Trinidad und Tobago zeigt, wie fragil Rechtsfortschritte sein können. Als deutsche LGBTQ+-Community müssen wir solidarisch mit unseren Geschwistern weltweit sein und gleichzeitig wachsam bleiben, um unsere eigenen Errungenschaften zu schützen", betont Alfonso Pantisano, Bundesvorstand des LSVD.
Internationale Reaktionen und Ausblick
Menschenrechtsorganisationen haben das Urteil in Trinidad und Tobago scharf verurteilt. Die lokale LGBTQ+-Community hat angekündigt, vor dem Privy Council in London Berufung einzulegen, dem obersten Gerichtshof für Trinidad und Tobago als Teil des Commonwealth.
Der Fall verdeutlicht, wie wichtig internationaler Druck und Solidarität für den Schutz von LGBTQ+-Rechten weltweit sind. Deutschland als eines der führenden Länder in Europa für LGBTQ+-Rechte hat hier eine besondere Verantwortung. Die Förderung und der Schutz der Menschenrechte von LGBTQ+-Personen ist offiziell Teil der deutschen Außenpolitik.
Für die betroffenen Menschen in Trinidad und Tobago bedeutet das Urteil eine unmittelbare Bedrohung ihrer persönlichen Freiheit und Sicherheit. Viele fürchten nun zunehmende Diskriminierung und Gewalt, da das Gesetz LGBTQ+-Personen, wie Jason Jones es ausdrückte, "ein Ziel auf den Rücken gemalt hat".
Während wir in Deutschland weiterhin für vollständige Gleichberechtigung kämpfen, sollten wir die weltweiten Entwicklungen aufmerksam verfolgen und uns mit LGBTQ+-Gemeinschaften in Ländern solidarisieren, die mit Rückschritten konfrontiert sind. Die Geschichte hat gezeigt, dass Rechte, die hart erkämpft wurden, auch wieder verloren gehen können, wenn sie nicht kontinuierlich verteidigt werden.