Trans-Rechte in Europa: Besorgniserregende Trendwende und die Rolle Deutschlands

Der neue "Trans Rights Index 2025" von Transgender Europe (TGEU) zeichnet ein alarmierendes Bild: Erstmals in der 13-jährigen Geschichte der Studie überwiegen die Rückschritte bei den Rechten von trans Personen in Europa und Zentralasien die Fortschritte. Diese Entwicklung markiert einen "neuen trans-politischen Wendepunkt" und spiegelt einen breiteren Angriff auf demokratische Grundwerte in der gesamten Region wider.

Besorgniserregende Rückschritte in mehreren Ländern

Besonders dramatisch ist die Situation in Ländern wie Georgien, Ungarn und Bosnien-Herzegowina. In Georgien wurde die rechtliche Anerkennung von Änderungen im Geschlechtseintrag vollständig verboten, während in Ungarn und Bosnien-Herzegowina Verfassungsänderungen vorgenommen wurden, die trans Personen systematisch diskriminieren. Auch im Vereinigten Königreich hat ein höchstrichterliches Urteil, das "Frausein" in einer wissenschaftlich überholten und transfeindlichen Weise definiert, bereits zu konkreten Ausschlüssen und Diskriminierungen geführt.

Richard Köhler von Transgender Europe betont die weitreichenden Folgen dieser Entwicklung: "Europa steht an einem Scheideweg. Hier geht es nicht nur um die Rechte von trans Personen – es ist ein fundamentaler Test für die Selbstbestimmung demokratischer Gesellschaften. Wie wir jetzt auf die Angriffe gegen die Zivilgesellschaft reagieren, entscheidet nicht nur über die Zukunft vulnerabler Communitys, sondern auch über die Seele Europas und seine globale Stellung."

Deutschland: Fortschritt mit Unsicherheiten

In Deutschland trat im November 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das trans und nichtbinären Menschen mehr Autonomie bei der Festlegung ihres Geschlechts ermöglicht. Das Gesetz löst das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) ab und erlaubt es volljährigen Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern. Für Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren ist die Zustimmung der Eltern oder des Familiengerichts erforderlich.

Allerdings gibt der TGEU-Bericht auch für Deutschland Anlass zur Sorge: Die CDU und andere konservative Kräfte haben bereits angekündigt, das Gesetz überprüfen zu wollen. Laut Berichten des ZDF befürchtet die CDU negative Auswirkungen auf den Schutz von Frauen und Mädchen sowie eine mögliche Zunahme von Missbrauch – Argumentationsmuster, die in ganz Europa von Gegnern der Trans-Rechte verwendet werden.

Europäische Rechtsschutzmaßnahmen als Hoffnungsschimmer

Trotz der überwiegend negativen Entwicklungen gibt es auch positive Signale. Auf europäischer Ebene hat der Europäische Gerichtshof in mehreren Urteilen klargestellt, dass trans Personen unter dem EU-Recht ausdrücklich geschützt sind, etwa in Bezug auf die Anerkennung der Änderung von Geschlechtseinträgen und den Schutz vor Diskriminierung. Diese Rechtsprechung bietet zumindest in EU-Mitgliedstaaten einen gewissen Schutz gegen die nationalen Rückschritte.

Teil einer globalen anti-demokratischen Bewegung

Der TGEU-Bericht macht deutlich, dass die Angriffe auf die Rechte von trans Personen nicht isoliert zu betrachten sind. Sie sind Teil einer koordinierten Strategie eines globalen Netzwerks von rechten und illiberalen Kräften – von der amerikanischen Rechten um Trump bis hin zu Rechtspopulisten in Osteuropa und dem Kreml. Die Einschränkung der Rechte von trans Personen wird dabei oft als erster Schritt in einem breiteren Angriff auf die Rechte aller Minderheiten und demokratische Werte gesehen.

Diese Entwicklung zeigt, dass die Verteidigung der Rechte von trans Personen nicht nur eine Frage der Identitätspolitik ist, sondern eng mit dem Schutz demokratischer Grundwerte und Menschenrechte insgesamt verknüpft ist. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob Europa den Rückschritten entgegenwirken kann oder ob sich der negative Trend fortsetzt.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland bedeutet dies, wachsam zu bleiben und die erkämpften Rechte aktiv zu verteidigen. Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, wie schnell vermeintlich gesicherte Rechte wieder in Frage gestellt werden können, wenn demokratische Kräfte nicht entschlossen gegensteuern.

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