Rückschritt in Griechenland: Blutspendeverbot für homosexuelle Männer wieder eingeführt - Deutschland geht anderen Weg

Griechenland hat ein seit Jahren bestehendes Verbot für homosexuelle und bisexuelle Männer zur Blutspende wieder in Kraft gesetzt, das erst 2022 aufgehoben worden war. Der oberste Verwaltungsgerichtshof des Landes entschied, dass die damalige Aufhebung nicht durch ausreichende wissenschaftliche Beweise gestützt wurde, wie GCN berichtet. Diese Entscheidung stellt einen deutlichen Kontrast zur Entwicklung in Deutschland dar, wo seit 2023 solche Verbote der Vergangenheit angehören.

Griechenland: Ein Schritt zurück in die Vergangenheit

Das ursprüngliche Verbot in Griechenland stammte aus dem Jahr 1977 und spiegelte die damaligen Ängste während der frühen Jahre der HIV/AIDS-Epidemie wider. Im Januar 2022 hatte das griechische Gesundheitsministerium diese Regelung aufgehoben, um mehr Blutspenden während der COVID-19-Pandemie zu ermöglichen. Doch nun hat das oberste Verwaltungsgericht die Entscheidung aufgehoben mit der Begründung, dass das Ministerium keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise vorgelegt und die Empfehlungen medizinischer Expertengremien nicht eingeholt habe.

Die Wiedereinführung des Verbots kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, denn Griechenland hatte erst kürzlich bedeutende Fortschritte in LGBTQ+-Rechten erzielt. So wurde das Land Anfang 2024 zum ersten mehrheitlich orthodoxen Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisierte – trotz erheblichen Widerstands der Kirche. Zudem hatte Griechenland 2022 Konversionstherapien verboten und "geschlechtsnormalisierende" Operationen an intersexuellen Säuglingen ohne informierte Einwilligung untersagt.

Deutschland geht den entgegengesetzten Weg

Im Gegensatz zu Griechenland hat Deutschland im März 2023 ein wichtiges Zeichen für Gleichberechtigung gesetzt: Der Bundestag beschloss eine Änderung des Transfusionsgesetzes, die die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sowie Transgender-Personen bei der Blutspende beendete. Seit September 2023 spielt die sexuelle Orientierung bei der Risikobewertung für Blutspenden in Deutschland keine Rolle mehr.

"Die Bundesregierung hat mit der Gesetzesänderung ein wichtiges Signal gesetzt: Die Diskriminierung schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Menschen bei der Blutspende ist beendet. Faktisch galt für sie ein Ausschluss von der Blutspende – denn lange Zeit durften schwule und bisexuelle Männer nur dann Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen Sex mit Männern hatten," erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus nach der Gesetzesänderung.

Statt pauschal bestimmte Gruppen auszuschließen, erfolgt heute in Deutschland eine individuelle Risikobewertung. Alle Spendenwilligen werden zu ihrem Sexualverhalten und der Anzahl ihrer Partner befragt – unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Nur wenn innerhalb der letzten vier Monate ein erhöhtes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten bestand, erfolgt eine Zurückstellung.

Ein internationaler Trend zur Liberalisierung

Die Entscheidung Griechenlands läuft gegen einen internationalen Trend, denn zahlreiche Länder haben in den letzten Jahren ihre Blutspenderichtlinien liberalisiert. Frankreich schaffte das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer bereits 2022 ab, ebenso wie Litauen, England, die Niederlande, Brasilien und Ungarn. Diese Länder folgen damit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass moderne Testverfahren Infektionskrankheiten zuverlässig erkennen können und pauschale Ausschlüsse bestimmter Bevölkerungsgruppen nicht mehr zeitgemäß sind.

Besonders problematisch an der griechischen Entscheidung ist ihr Zeitpunkt. Sie erfolgt parallel zu weiteren restriktiven Maßnahmen: Der griechische Justizminister kündigte kürzlich Änderungen am Zivilgesetzbuch an, die den Zugang zur Leihmutterschaft einschränken sollen. Künftig sollen nur noch Frauen legal eine Leihmutterschaft in Anspruch nehmen dürfen – alleinstehende Männer und männliche gleichgeschlechtliche Paare wären davon ausgeschlossen.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Entscheidung

LGBTQ+-Organisationen und Menschenrechtsaktivisten haben die Wiedereinführung des Blutspendeverbots in Griechenland scharf kritisiert. Sie argumentieren, dass die Entscheidung auf veralteten Vorurteilen beruht und nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Moderne Testverfahren können HIV und andere Infektionskrankheiten mit hoher Zuverlässigkeit nachweisen, weshalb ein pauschaler Ausschluss homosexueller Männer nicht mehr zu rechtfertigen sei.

Die griechische LGBTQ+-Community sieht darin einen besorgniserregenden Rückschritt in einem Land, das gerade erst bedeutende Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung erzielt hatte. "Ein solches Verbot sendet eine gefährliche Botschaft der Stigmatisierung und unterstellt homosexuellen Männern pauschal ein höheres Risikoverhalten," erklärt Rainbow-Families, eine griechische Organisation für LGBTQ+-Familien.

Fazit: Ein Kampf der noch nicht gewonnen ist

Während Deutschland und viele andere europäische Länder diskriminierende Blutspenderichtlinien abgeschafft haben, zeigt der Fall Griechenland, dass Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten nicht als selbstverständlich angesehen werden können. Die Wiedereinführung des Verbots ist ein Warnsignal, dass die Gleichstellung der LGBTQ+-Community auch in Europa noch immer umkämpft ist und bestehende Rechte verteidigt werden müssen.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist es ein Anlass, die 2023 errungene Gleichstellung bei der Blutspende wertzuschätzen. Der deutsche Weg, individuelles Risikoverhalten statt pauschaler Gruppenausschlüsse zu bewerten, könnte als Modell für andere Länder dienen – einschließlich Griechenland, sobald das Gericht eine wissenschaftliche Neubewertung zulässt.

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