Die Nachricht über eine Gewalttat in einem Münchner Bordell wurde kürzlich von mehreren Medien aufgegriffen. Wie queer.de berichtet, kam es zu einer gefährlichen Auseinandersetzung, bei der ein 33-jähriger Mann eine Stichverletzung im Rückenbereich erlitt und eine 41-jährige Person, die in dem Etablissement arbeitete, festgenommen wurde.
Die Fakten zum Vorfall
Laut Polizeibericht ereignete sich der Vorfall am Sonntagabend in einem Münchner Bordell. Nach einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Personen kam es zu der Gewalttat. Das Opfer brach später auf offener Straße zusammen und wurde von Zeug*innen entdeckt, die den Rettungsdienst alarmierten. Die mutmaßliche Tatwaffe wurde sichergestellt, zudem wurden im Bordell Drogen gefunden und beschlagnahmt. Die festgenommene Person sollte einem Haftrichter vorgeführt werden.
Über die Hintergründe und Motive der Auseinandersetzung liegen derzeit keine gesicherten Informationen vor. Die Ermittlungen der Polizei dauern an.
Kritische Reflexion zur Berichterstattung
Auffällig an der Berichterstattung zu diesem Vorfall ist die prominente Hervorhebung der Geschlechtsidentität einer beteiligten Person bereits in der Überschrift. Dies wirft wichtige Fragen zur medialen Darstellung von trans Personen auf. In der journalistischen Ethik gilt grundsätzlich, dass persönliche Merkmale wie Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft oder Religion nur dann erwähnt werden sollten, wenn sie für das Verständnis des Geschehens relevant sind.
Der Deutsche Pressekodex betont in Ziffer 12, dass bei der Berichterstattung über Straftaten die Zugehörigkeit der Verdächtigen zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden soll, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Diese Richtlinie lässt sich sinngemäß auch auf die Geschlechtsidentität anwenden.
Kontext in Deutschland
In Deutschland werden Straftaten von und gegen LGBTQ+ Personen seit 2020 in der polizeilichen Kriminalstatistik gesondert erfasst. Nach Angaben des Bundeskriminalamts handelt es sich dabei überwiegend um Hasskriminalität gegen queere Menschen, nicht um Straftaten, die von LGBTQ+ Personen begangen werden.
Die Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) und andere Organisationen wie TransInterQueer e.V. weisen regelmäßig darauf hin, dass trans Personen in den Medien oft verzerrt dargestellt werden und Einzelfälle dazu beitragen können, negative Stereotype zu verstärken.
Verantwortungsvolle Kriminalberichterstattung
Eine differenzierte Kriminalberichterstattung sollte den Fokus auf die Tat und ihre Umstände legen, nicht auf unveränderliche Merkmale der beteiligten Personen, wenn diese für den Tathergang nicht relevant sind. Dies gilt insbesondere bei der Berichterstattung über marginalisierte Gruppen, die ohnehin mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert sind.
Straftaten sollten grundsätzlich als individuelle Handlungen betrachtet werden und nicht als repräsentativ für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet hierzu umfassende Materialien zur Medienethik und verantwortungsvollen Berichterstattung an.
Fazit
Während die Gewalttat an sich selbstverständlich verurteilt werden muss und die juristischen Konsequenzen ihren Lauf nehmen sollten, ist eine kritische Reflexion der medialen Darstellung solcher Vorfälle unerlässlich. Eine verantwortungsvolle Berichterstattung trägt dazu bei, Stigmatisierung zu vermeiden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Wir bei Pride.Direct setzen uns für eine differenzierte und respektvolle Darstellung aller Menschen ein und appellieren an Medienschaffende, bei der Berichterstattung über Straftaten die relevanten ethischen Grundsätze zu beachten.