Jordan Bardella und die deutsche AfD: Eine beunruhigende Parallele für LGBTQ+-Rechte in Europa

Jordan Bardella, der junge Vorsitzende des französischen Rassemblement National (RN), könnte nach der Verurteilung von Marine Le Pen zum Hoffnungsträger der französischen Rechten bei den Präsidentschaftswahlen 2027 werden. Wie der Originalartikel von PinkNews berichtet, wurde Le Pen am 31. März wegen Veruntreuung von EU-Geldern zu einer Haftstrafe verurteilt und für fünf Jahre von politischen Ämtern ausgeschlossen. Diese Entwicklung rückt den 29-jährigen Bardella, ihren politischen Ziehsohn, ins Rampenlicht - mit möglicherweise weitreichenden Folgen für LGBTQ+-Rechte in Frankreich, die auch für die deutsche LGBTQ+-Community ein warnendes Signal darstellen könnten.

Bardellas Haltung zu LGBTQ+-Rechten

Bardella versucht, ein moderateres Bild des RN zu zeichnen, indem er erklärt hat, dass er die gleichgeschlechtliche Ehe nicht abschaffen würde, da diese Debatte "abgeschlossen" sei. Dennoch bleibt er bei vielen anderen Themen auf der harten Linie seiner Partei: Er hat sich persönlich gegen Leihmutterschaft (in Frankreich "GPA" genannt) ausgesprochen und diese als "Kommodifizierung des Körpers und der Bäuche von Frauen" bezeichnet. 2019 positionierte er sich zudem klar gegen die In-vitro-Fertilisation (IVF) für lesbische Paare mit der Begründung: "Es gibt kein Recht auf Kinder. Kinder haben ein Recht auf einen Vater und eine Mutter, und dieses Gesetz schafft Kinder ohne Väter."

Diese Positionen spiegeln die traditionelle Haltung des RN wider, der historisch gegen progressive LGBTQ+-Rechte gestimmt hat - sowohl im französischen Parlament als auch auf EU-Ebene. Obwohl der RN unter Marine Le Pen und nun unter Bardella versucht hat, sein Image zu modernisieren, indem er einzelne homosexuelle Mitglieder aufgenommen und erklärt hat, gegen Homophobie zu sein, bleibt die grundsätzliche Ausrichtung der Partei problematisch für LGBTQ+-Rechte.

Parallelen zur AfD in Deutschland

Die Situation in Frankreich weist beunruhigende Parallelen zur Entwicklung in Deutschland auf, wo die Alternative für Deutschland (AfD) ähnliche Positionen vertritt. Die AfD lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe und Adoption ebenso ab wie das kürzlich verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz für transgender Personen. Wie The Independent berichtet, hat sich die AfD trotz einer offen lesbischen Spitzenkandidatin zur lautstärksten Stimme gegen LGBTQ+-Rechte im deutschen Parlament entwickelt.

Im Wahlprogramm der AfD wird unter anderem gefordert, Minderjährige vor dem zu schützen, was sie als "Trans-Kult, Frühsexualisierung und Gender-Ideologie" bezeichnet. Die Partei will geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Pubertätsblocker und Hormontherapien für minderjährige Transgender verbieten. Diese Forderungen überschneiden sich teilweise mit Positionen konservativer Parteien, was LGBTQ+-Aktivisten in Deutschland besonders beunruhigt.

Zunehmende Gewalt als Folge rechter Rhetorik

Was sowohl in Frankreich als auch in Deutschland besonders alarmierend ist: Die zunehmende Präsenz rechtsextremer Parteien geht mit einem Anstieg von Gewalt gegen LGBTQ+-Personen einher. In Frankreich ist die Zahl der gemeldeten Straftaten gegen LGBTQ+-Personen im Jahr 2023 um 40% höher als noch 2020. Ein besonders schockierender Fall ereignete sich unmittelbar nach den großen Erfolgen des RN bei den Europawahlen im Juni 2024: Vier Männer verübten in Paris einen homophoben Angriff auf einen Teenager und gaben später gegenüber der Polizei an, RN-Parteimitglieder zu sein.

Französische LGBTQ+-Organisationen wie SOS Homophobie warnen, dass die zunehmende Normalisierung rechtsextremer Rhetorik ein gesellschaftliches Klima schaffen könnte, in dem Diskriminierung und Gewalt gegen Minderheiten gedeihen. In Deutschland äußern Verbände wie der LSVD ähnliche Bedenken hinsichtlich des Einflusses der AfD auf das gesellschaftliche Klima.

Was bedeutet das für die deutsche LGBTQ+-Community?

Der Aufstieg des RN unter Bardella und die Parallelen zur AfD in Deutschland zeigen, dass LGBTQ+-Rechte in Europa zunehmend unter Druck geraten könnten. Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen in Frankreich ein wichtiges Signal: Sie zeigen, wie schnell vermeintlich gesicherte Fortschritte durch politische Machtverschiebungen in Frage gestellt werden können.

Deutsche LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) beobachten die grenzüberschreitenden Entwicklungen mit Sorge. Sie betonen, dass die Verteidigung von LGBTQ+-Rechten eine gesamteuropäische Aufgabe ist und dass Rückschritte in einem Land schnell Auswirkungen auf die politische Debatte in anderen Ländern haben können.

Besonders besorgniserregend für Aktivisten ist, dass sowohl der RN als auch die AfD zunehmend salonfähig werden und ihre Positionen in den politischen Mainstream einfließen. Während in Deutschland das neue Selbstbestimmungsgesetz für transgender Personen gerade erst in Kraft getreten ist, zeigt die Erfahrung in anderen europäischen Ländern, dass solche Errungenschaften unter dem Einfluss rechtspopulistischer Parteien schnell wieder auf dem Prüfstand stehen können.

Fazit: Wachsamkeit ist geboten

Der Aufstieg von Jordan Bardella in Frankreich und die Parallelen zur Situation in Deutschland unterstreichen, dass LGBTQ+-Rechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern ständig verteidigt werden müssen. Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen jenseits des Rheins ein Weckruf: Die zunehmende Normalisierung rechtsextremer Positionen und die damit verbundene Zunahme von Diskriminierung und Gewalt erfordern eine wachsame Zivilgesellschaft.

Während Bardella versucht, ein gemäßigteres Bild zu zeichnen, indem er die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anfechten will, bleiben seine Positionen zu Leihmutterschaft, IVF für lesbische Paare und anderen LGBTQ+-Themen tief problematisch. In Deutschland könnten ähnliche Entwicklungen drohen, sollte die AfD ihren Einfluss weiter ausbauen. Die Verteidigung der Rechte und der Sicherheit der LGBTQ+-Community muss daher auf beiden Seiten des Rheins höchste Priorität haben.

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