Großbritannien stürzt bei LGBTQ+-Rechten ab – Deutschland klettert in europäischem Ranking nach oben

Großbritannien, einst Spitzenreiter in Europa für LGBTQ+-Rechte, ist im aktuellen ILGA-Europe Rainbow Index erneut abgestürzt. Die jüngsten Ergebnisse, veröffentlicht am 14. Mai 2025, zeigen das Vereinigte Königreich nur noch auf Platz 22 – ein dramatischer Absturz für ein Land, das noch vor zehn Jahren die Rangliste anführte. Während Großbritannien an Boden verliert, verbessert sich Deutschland und rückt in die Top 10 vor.

Vom Vorbild zum Nachzügler: Großbritanniens dramatischer Abstieg

Mit einer Gesamtbewertung von nur noch 46 Prozent ist das Vereinigte Königreich inzwischen das zweitschlechteste Land für LGBTQ+-Rechte in Westeuropa und Skandinavien – nur Italien schneidet noch schlechter ab. 2015 führte Großbritannien die Rangliste noch mit beeindruckenden 86 Prozent an. Der aktuelle Absturz um sieben Plätze im Vergleich zum Vorjahr resultiert hauptsächlich aus einem Urteil des Obersten Gerichtshofs, das die "geschützte Eigenschaft" des Geschlechts im Gleichstellungsgesetz von 2010 als "biologisch" definierte und trans Personen ausschloss.

Besonders alarmierend: Bei Gesetzen zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von trans Personen rangiert Großbritannien nur noch auf Platz 45 von 49 europäischen Ländern. ILGA-Europe stuft das Urteil des Obersten Gerichtshofs als rechtliche Blockade für die wirksame Anerkennung der Identität von trans Menschen ein. Die einzigen anderen europäischen Länder in einer ähnlichen Position sind Bulgarien, Georgien, Ungarn und Russland.

Deutschland klettert in die Top 10

Im Gegensatz dazu hat sich Deutschland im Rainbow Index 2025 deutlich verbessert und liegt nun mit einer Bewertung von 69 Prozent auf Platz 8 der 49 untersuchten europäischen Länder. Dies bedeutet einen Aufstieg um drei Plätze im Vergleich zum Vorjahr. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärte, dass Deutschland "nach Jahren des Stillstandes bei der Gleichstellung von LSBTIQ* endlich zu den Top 10 in Europa gehört".

Die positive Entwicklung ist maßgeblich auf die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes zurückzuführen, das am 1. November 2024 in Kraft trat und die Rechte von trans, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen stärkt. Das Gesetz ermöglicht es Betroffenen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern – ohne die zuvor erforderlichen psychiatrischen Gutachten und Gerichtsverfahren.

Malta führt, Großbritannien fällt

An der Spitze der Rangliste steht weiterhin Malta mit einer Bewertung von 89 Prozent, gefolgt von Belgien (85 Prozent), Island (84 Prozent), Dänemark (80 Prozent) und Spanien (78 Prozent). Andere Länder, die über Großbritannien rangieren, sind Finnland (70 Prozent), Irland (63 Prozent), Österreich (54 Prozent), Kroatien (49 Prozent) und Estland (46 Prozent).

Chaber, Geschäftsführer:in von ILGA-Europe, warnte: "Jetzt ist die Zeit, Widerstand zu leisten, bevor die gezielten Angriffe, die wir in Ländern wie Ungarn, Großbritannien und Georgien sehen, zur Norm statt zur Ausnahme werden. Politische Führungspersönlichkeiten müssen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Worte in Taten umsetzen."

Warnung für Deutschland?

Obwohl Deutschland sich verbessert hat, sehen Expert:innen den Fall Großbritanniens als Warnung. Der britische Abstieg zeigt, wie schnell Fortschritte bei LGBTQ+-Rechten zurückgedreht werden können. "Was in Großbritannien passiert, könnte überall passieren", warnt Henny Engels vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). "Wir beobachten auch in Deutschland zunehmend Angriffe auf die Rechte von trans Personen und müssen wachsam bleiben."

Die Situation in Großbritannien wird von ILGA-Europe als Teil einer allgemeinen Aushöhlung demokratischer Rechte in Europa gesehen. Die Organisation weist darauf hin, dass die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beispielsweise bei Pride-Paraden in mindestens vierzehn Ländern für die LGBTQ+-Community eingeschränkt wird.

Vic Valentine von Scottish Trans fasste die Situation treffend zusammen: "Von außen betrachtet wird das Vereinigte Königreich als warnendes Beispiel dafür angesehen, wie Dinge rückwärts statt vorwärts gehen können. Aber nichts davon ist unvermeidlich."

Diese Erkenntnis gilt auch für Deutschland: Trotz positiver Entwicklungen zeigt der Fall Großbritannien, dass Fortschritte nicht selbstverständlich sind und kontinuierliches Engagement für die Rechte der LGBTQ+-Community notwendig bleibt.

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