EuGH-Urteil: Keine verpflichtende Geschlechtsangabe mehr beim Ticketkauf

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Bahnunternehmen bei Online-Buchungen keine Angaben zum Geschlecht ihrer Fahrgäste verlangen dürfen. Die Entscheidung erfolgte nach einer Klage gegen die französische Staatsbahn SNCF, die bei Ticketkäufen zwingend die Auswahl zwischen "Herr" oder "Frau" verlangte.

Das Gericht stellte klar, dass die Erhebung von Geschlechtsdaten für den Abschluss eines Beförderungsvertrags nicht "objektiv unerlässlich" sei und damit gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoße. Stattdessen empfahl das Gericht die Verwendung einer "allgemeinen und inklusiven Höflichkeitsformel" für die Kundenansprache.

Die Klage wurde von der französischen Menschenrechtsorganisation Mousse eingereicht, nachdem die französische Datenschutzbehörde CNIL eine entsprechende Beschwerde zunächst abgewiesen hatte. Der Fall wurde dann über den französischen Staatsrat an den EuGH weitergeleitet, der nun diese grundlegende Entscheidung getroffen hat.

Für die LGBTQ+-Community bedeutet dieses Urteil einen wichtigen Fortschritt. Es stärkt insbesondere die Rechte von nicht-binären Personen und allen Menschen, die sich nicht in das klassische Geschlechtermodell einordnen möchten oder können. Die Entscheidung sendet ein klares Signal, dass die Angabe des Geschlechts keine Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen sein darf.

In Deutschland hat die Deutsche Bahn bereits reagiert und bietet in ihrem Online-Portal sowie in der DB-App die Option einer "neutralen Anrede" an. Dies zeigt, dass einige Unternehmen bereits proaktiv auf die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse und rechtlichen Anforderungen reagieren.

Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmen in der gesamten EU. Sie müssen nun ihre Online-Formulare und Datenerhebungsprozesse kritisch überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Gemäß DSGVO dürfen nur solche personenbezogenen Daten erhoben werden, die für die Erfüllung des jeweiligen Vertragszwecks absolut notwendig sind.

Diese Entwicklung ist Teil eines größeren Trends zur inklusiveren Gestaltung von Dienstleistungen und digitalen Angeboten. Sie unterstreicht die wachsende Bedeutung des Datenschutzes und der Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt in der europäischen Gesellschaft. Für viele Menschen bedeutet dies nicht nur eine praktische Erleichterung im Alltag, sondern auch eine wichtige Form der Anerkennung ihrer Identität.

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