Die queere Einzelhandelskette Brunos gibt drei ihrer vier Geschäfte in Deutschland auf, wie Geschäftsführer Franz Landgraf-Happach am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekannt gab. "Die Standorte in München, Köln und Hamburg werden wir in wertschätzender Weise, ab dem Sommer 2025, abgeben, um uns fokussierter und zukunftsorientiert aufzustellen", so Landgraf-Happach. Lediglich der Berliner Store und der Webshop sollen bestehen bleiben.
Bedeutsame Geschichte für die LGBTQ+ Community
Brunos hat sich seit 1988 als wichtige Shopping- und Erlebniswelt für die queere Community in Deutschland etabliert. Was ursprünglich vor allem mit dem Verkauf von Büchern und Filmen begann, entwickelte sich zu einem vielseitigen Angebot, das später um Sexshop-Artikel und spezielle Unterwäsche erweitert wurde. Die Geschäfte boten weit mehr als nur Produkte – sie waren sichere Treffpunkte für queere Menschen aller Altersgruppen und dienten als kulturelle Zentren innerhalb der Szene.
"Veränderung ist ein Zeichen auch für Beständigkeit. Und genau diese Veränderung braucht unser Unternehmen – ein Marktführer, der über Jahre hinweg die Community homosexueller Männer begleitet hat", erklärte Landgraf-Happach. Die Läden in Berlin, Hamburg, Köln und München haben über Jahrzehnte hinweg Trends gesetzt und sichere Räume für die schwule Community geschaffen.
Neue Ausrichtung und Fokus auf Berlin
Die Neuausrichtung des Unternehmens soll innerhalb der nächsten drei Monate erfolgen. Dabei konzentriert sich Brunos künftig auf den Berliner Standort und seinen Online-Shop. "Dabei ist es uns ein besonderes Anliegen, weitgehendst, unser Team in Berlin und der Verwaltung zu erhalten", betonte der Geschäftsführer, "insbesondere unsere Mitarbeitenden aus der Community, die unsere Werte mittragen und unsere Kundschaft mit ihrer Expertise und ihrem Engagement beratend unterstützen".
Berlin gilt seit den 1920er Jahren als Hochburg der LGBTQ+ Szene in Deutschland. Die Stadt war und ist ein Anziehungspunkt für queere Menschen aus aller Welt. Die Entscheidung, sich auf den Berliner Standort zu konzentrieren, erscheint vor diesem historischen Hintergrund strategisch sinnvoll.
Erweiterte Zielgruppe: Künftig auch Produkte für trans Menschen
Eine bedeutende Änderung in der Geschäftsstrategie ist die Erweiterung des Sortiments für eine breitere Zielgruppe. Während Brunos traditionell vor allem schwule Männer ansprach, soll das Angebot künftig ausdrücklich auch für trans Personen erweitert werden. "Mit frischer Energie nehmen wir ab April neue Marken ins Sortiment auf – innovative Produkte, die sich in unserem Kernmarkt etablieren möchten und die Vielfalt unserer Kundschaft widerspiegeln", erklärte Landgraf-Happach.
Diese Entscheidung spiegelt einen breiteren Trend im LGBTQ+ Einzelhandel wider, inklusiver zu werden und die Bedürfnisse der gesamten queeren Community zu berücksichtigen. In einer Zeit, in der die Rechte von trans Menschen stark in der öffentlichen Diskussion stehen, kann dieser Schritt auch als politisches Statement verstanden werden.
Herausforderungen für queere Einzelhändler
Die Schließung der drei Filialen erfolgt in einer Zeit, in der stationäre Einzelhändler generell mit Herausforderungen konfrontiert sind. Der zunehmende Online-Handel und veränderte Konsumgewohnheiten haben viele traditionelle Geschäftsmodelle unter Druck gesetzt. Besonders spezialisierte Einzelhändler wie Brunos stehen vor der Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle anzupassen.
Gleichzeitig sind LGBTQ+ freundliche Unternehmen für viele Menschen eine wichtige Anlaufstelle, da sie eine Kultur der Inklusivität pflegen und sich für die Rechte von LGBTQ+ Personen einsetzen. Die persönliche Beratung und das Engagement für die Community waren stets Markenzeichen von Brunos, die das Unternehmen nun mit der neuen Strategie bewahren will.
"Diese neue Ausrichtung ist mehr als eine strategische Entscheidung: Sie ist eine Liebeserklärung an die Community, und an alle, welche die Lust neu definieren", fasst Landgraf-Happach zusammen. Für langjährige Kunden in Hamburg, Köln und München bedeutet die Entscheidung jedoch das Ende einer Ära – und möglicherweise das Verschwinden eines wichtigen queeren Treffpunkts in ihren Städten.