Durchbruch nach 20 Jahren: Neue DNA-Spur im Mordfall des schwulen Barkeepers Tino Werner

Nach über 20 Jahren könnte ein ungeklärter Mordfall an einem schwulen Barkeeper in Bad Driburg endlich vor der Aufklärung stehen. Wie aus dem ursprünglichen Bericht von queer.de hervorgeht, haben Ermittler mithilfe modernster Technologie bislang unentdecktes DNA-Material an der Leiche von Tino Werner nachweisen können. Diese neue Spur weckt Hoffnung, einen der ungelösten LGBTQ+-bezogenen Mordfälle in Deutschland doch noch aufzuklären.

Der Fall Tino Werner

Der damals 29-jährige Tino Werner wurde im November 2003 tot in seiner Wohnung in Bad Driburg (Kreis Höxter) aufgefunden, nachdem er nicht zur Arbeit erschienen war. Eine Obduktion ergab, dass er erdrosselt wurde. Der Täter entwendete offenbar die Kellnergeldbörse des Opfers mit etwa 150 Euro. Ein Fall, der die ostwestfälische Gemeinde schockierte und seit zwei Jahrzehnten auf seine Aufklärung wartet.

Laut Markus Mertens, dem Leiter der Ermittlungsgruppe, gehen die Ermittler davon aus, dass Werner seinen Mörder kannte, da er ihn in seine Wohnung ließ. "Es kann sich um einen guten Bekannten, aber natürlich auch um einen flüchtigen Kontakt aus dem Internet gehandelt haben. Auch ein spontanes Kennenlernen an diesem Abend in der Bad Driburger Kneipenszene schließen wir nicht aus", erklärte Mertens. Bekannt ist, dass Werner über ein Dating-Portal Kontakte suchte.

Neue forensische Methoden führen zum Durchbruch

Nach Angaben der Polizei haben kleinteilige Untersuchungen nach neuesten forensischen Standards zum Nachweis von zuvor noch unentdecktem DNA-Material geführt. Die Spuren wurden zwar bereits bei den damaligen Ermittlungen an der Leiche gesichert, konnten aber erst jetzt mit moderner Technik analysiert werden. Ein Phänomen, das in den letzten Jahren in Deutschland und weltweit zu Durchbrüchen in zahlreichen Cold Cases geführt hat.

Wie der Stern und das Westfalen-Blatt berichten, setzen die Ermittler nun auf eine DNA-Reihenuntersuchung bei etwa 120 Personen aus dem erweiterten Bekanntenkreis des Getöteten.

Erneute DNA-Proben notwendig

Interessanterweise werden auch Kontaktpersonen, die bereits vor Jahren eine Probe abgaben, erneut um eine Speichelprobe gebeten. Dies liegt daran, dass gemäß gesetzlicher Vorgaben alle alten Proben vernichtet wurden – ein wichtiger Aspekt des Datenschutzes im deutschen Strafverfolgungssystem, der gerade in Fällen mit LGBTQ+-Bezug von besonderer Bedeutung ist.

Queere Opfer und Aufklärungsraten

Der Fall Tino Werner reiht sich ein in eine Reihe von Gewaltverbrechen gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland, die teilweise jahrelang ungelöst bleiben. Laut Studien der Antidiskriminierungsstelle des Bundes werden Hassverbrechen gegen LGBTQ+-Personen noch immer nicht mit der gleichen Intensität verfolgt wie andere Gewaltverbrechen. Die neuen Ermittlungsansätze im Fall Werner könnten ein Zeichen für einen Wandel sein.

Ähnliche Cold Cases, wie etwa der Fall des "Gay-Killers" in Hamburg, der erst nach Jahrzehnten aufgeklärt werden konnte, zeigen: Die Beharrlichkeit der Ermittler und neue forensische Methoden können auch bei lange zurückliegenden Fällen zum Erfolg führen.

Belohnung und Zeugenaufruf

Für Hinweise, die zur Ermittlung, Ergreifung und rechtskräftigen Verurteilung eines Tatverdächtigen führen, hat die Polizei eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt. Die Ermittler hoffen auch, dass der Täter möglicherweise inzwischen sein Schweigen gebrochen und mit anderen Personen über die Tat gesprochen haben könnte.

Laut Radio Hochstift, das den Fall in seiner Reihe über Kriminalfälle aus Ostwestfalen-Lippe behandelt, bleibt der Fall in der Region bis heute präsent und beschäftigt viele Menschen auch über die LGBTQ+-Community hinaus.

Fazit: Hoffnung auf späte Gerechtigkeit

Während die Ermittlungen weitergehen, bleibt die Hoffnung, dass dieser Fall nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich aufgeklärt werden kann. Für die Angehörigen von Tino Werner, aber auch für die LGBTQ+-Community, wäre dies ein wichtiges Signal, dass Verbrechen gegen queere Menschen nicht ungesühnt bleiben – unabhängig davon, wie viel Zeit vergeht.

Die DNA-Reihenuntersuchung und die neuen forensischen Erkenntnisse könnten nicht nur diesem speziellen Fall zu einem Durchbruch verhelfen, sondern auch Methoden etablieren, die bei ähnlichen ungelösten Fällen mit LGBTQ+-Bezug in Deutschland zum Einsatz kommen könnten.

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